VwGH 19.10.2006, 2006/19/0383
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Die Behörde zweiter Instanz hätte die Berufung, die keinen begründeten Berufungsantrag enthielt, gemäß § 13 Abs. 3 AVG einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen und sie bei Nichtverbesserung zurückzuweisen gehabt. Zu einer Abweisung der noch gar nicht begründeten Berufung - mit Hinweis darauf, dass der erstinstanzlichen Beweiswürdigung darin nicht entgegengetreten werde - war die Behörde zweiter Instanz funktionell nicht zuständig, was der Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifen hat (vgl. das zu § 275 BAO ergangene Erkenntnis vom , Zl. 148/76, VwSlg 5078 F/1977, samt zahlreichen Folgeerkenntnissen und hinsichtlich der Konsequenzen des Fehlens eines zulässigen Berufungsantrages etwa auch die Erkenntnisse vom , Zl. 96/06/0110, vom , Zl. 96/19/3389, und vom , Zl. 99/12/0120). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Nedwed, die Hofrätin Dr. Pollak und den Hofrat Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der P in W, vertreten durch Dr. Andreas Grohs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Helferstorferstraße 4/12, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 232.406/0-VI/18/02, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge
Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Armeniens, reiste im September 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag nach Einvernahme der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Armenien gemäß § 8 AsylG für zulässig. Es schenkte ihren Angaben keinen Glauben.
Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen diesen ihr am in der Schubhaft ausgefolgten Bescheid mit einem als "Berufung" überschriebenen Schriftsatz vom selben Tag, in dem sie ausführte, sie "berufe hiermit" gegen den Bescheid und werde "innerhalb der Berufungsfrist eine Begründung schriftlich nachreichen".
Mit dem angefochten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde aus, die Berufung habe sich auf die Erklärung beschränkt, "dass der erstinstanzliche Bescheid des Bundesasylamtes angefochten wird". Die angekündigte "weitergehende Begründung" sei "jedoch bis zum heutigen Tage bei den Asylbehörden nicht eingelangt". Die Berufung zeige "somit nicht auf, was konkret in der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes unschlüssig oder gar falsch sein sollte, die Antragstellerin behauptet in ihrer vorliegenden Berufung nicht einmal, dass das Bundesasylamt einen wahrheitswidrigen Sachverhalt angenommen hätte." Bei dieser Sachlage könne die erstinstanzliche Entscheidung ohne mündliche Berufungsverhandlung bestätigt werden, "zumal" der Sachverhalt "aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung als geklärt anzusehen" sei.
Dem steht entgegen, dass die belangte Behörde die Berufung, die keinen begründeten Berufungsantrag enthielt, gemäß § 13 Abs. 3 AVG einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen und sie bei Nichtverbesserung zurückzuweisen gehabt hätte. Zu einer Abweisung der noch gar nicht begründeten Berufung - mit Hinweis darauf, dass der erstinstanzlichen Beweiswürdigung darin nicht entgegengetreten werde - war die belangte Behörde funktionell nicht zuständig, was der Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifen hat (vgl. das zu § 275 BAO ergangene Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5078/F, samt zahlreichen Folgeerkenntnissen und hinsichtlich der Konsequenzen des Fehlens eines zulässigen Berufungsantrages etwa auch die Erkenntnisse vom , Zl. 85/15/0052, vom , Zl. 96/06/0110, vom , Zl. 96/19/3389, und vom , Zl. 99/12/0120).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2006:2006190383.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-57716