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VwGH 31.03.2006, 2004/12/0174

VwGH 31.03.2006, 2004/12/0174

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art132;
VwGG §27;
RS 1
Die Voraussetzungen für eine Beschwerdeführung nach Art. 132 B-VG in Verbindung mit § 27 VwGG liegen dann nicht vor, wenn die Verpflichtung der belangten Behörde nicht auf die Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (eines Bescheides), sondern auf die Ausstellung einer Bescheinigung (Beurkundung) oder auf eine sonstige Leistung, wie etwa die Erteilung einer Auskunft, gerichtet ist (Hinweis B , 85/01/0147, und B , 88/01/0040, mwH).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2002/12/0010 B RS 1
Norm
VwGG §27;
RS 2
Der VwGH kann aus dem Titel der Verletzung einer Entscheidungspflicht nur dann angerufen werden, wenn eine Behörde mit einer gegenüber der Partei zu erlassenden Sachentscheidung in Verzug geblieben ist. (Der VwGH kann daher etwa nicht die Zustellung eines Bescheides an Stelle einer insoweit säumig gewordenen Behörde bewirken)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0300/70 B RS 1 (hier: ohne den Klammerausdruck)
Normen
AVG §17;
B-VG Art132;
VwGG §27;
RS 3
Der Antrag der Beschwerdeführerin selbst war nicht auf die Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung, sondern zunächst auf ein tatsächliches behördliches Verhalten, nämlich der Gewährung von Akteneinsicht gerichtet. Ein solches tatsächliches Verhalten könnte aber der Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung der Säumnisbeschwerde nicht an Stelle der belangten Behörde setzen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0334, in welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, dass das Verlangen nach der Setzung eines tatsächlichen Vorganges für sich genommen keine Verpflichtung der Behörden zur Erlassung einer Sachentscheidung auslöst; eine solche tritt vielmehr erst dann ein, wenn die Behörde durch konkrete Handlungen oder Unterlassungen die Akteneinsicht real verweigert).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2002/12/0010 B RS 4

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des Dr. R in J, vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 1, gegen den Bundesminister für Finanzen, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Antrag auf Akteneinsicht, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Am richtete er ein Schreiben an die Finanzlandesdirektion für Tirol, seine damalige Dienstbehörde. In dem genannten Schreiben verlangte er die Erteilung von Auskünften gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz über sechs (näher ausgeführte) Fragen. Er erwarte unter Hinweis auf das "allgemein propagierte kundenorientierte Verhalten" die Beantwortung dieser Fragen bis . Für den Fall, dass diese Auskünfte ganz oder teilweise verweigert werden sollten, verlange er insoweit eine bescheidmäßige Absprache. Weiters beantrage er Akteneinsicht, am besten im Wege des Finanzamtes Schwaz. Flexibilität und guten Willen vorausgesetzt, sollte auch das bis möglich sein.

Durch das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG), BGBl. Nr. 18/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 124/2003, wurden die Finanzlandesdirektionen mit Ablauf des aufgelöst. Mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom , BGBl. II Nr. 168, wurde auf Grund des § 2 iVm § 17a AVOG eine Steuer- und Zollkoordination mit Wirksamkeit ab eingerichtet. Seither gehört der Beschwerdeführer der Steuer- und Zollkoordination Region West an. Seine Dienstbehörde ist der Bundesminister für Finanzen.

Am verfasste die belangte Behörde nach Einschreiten der Volksanwaltschaft ein Antwortschreiben zu den vom Beschwerdeführer im Schreiben vom begehrten Auskünften.

Mit der am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, über seinen am eingebrachten Antrag auf Akteneinsicht sei bis heute nicht entschieden worden.

Am trug der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen, da eine Entscheidungspflicht nicht vorgelegen bzw. nicht verletzt worden sei.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Beschwerde führt aus, die belangte Behörde habe über den Antrag auf Akteneinsicht vom nicht entschieden, obwohl sie dazu gemäß § 73 Abs. 1 AVG iVm § 1 Abs. 1 DVG innerhalb von sechs Monaten verpflichtet gewesen wäre. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der begehrten Auskünfte wird nicht geltend gemacht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Voraussetzungen für eine Beschwerdeführung nach Art. 132 B-VG in Verbindung mit § 27 VwGG dann nicht vor, wenn die Verpflichtung der belangten Behörde nicht auf die Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (eines Bescheides), sondern auf die Ausstellung einer Bescheinigung (Beurkundung) oder auf eine sonstige Leistung, wie etwa die Erteilung einer Auskunft oder die Gewährung von Akteneinsicht gerichtet ist. Der Verwaltungsgerichtshof kann aus dem Titel der Verletzung der Entscheidungspflicht nur dann angerufen werden, wenn eine Behörde mit einer gegenüber der Partei zu erlassenden Sachentscheidung in Verzug geblieben ist. Ein tatsächliches Verhalten - nämlich z.B. die Gewährung von Akteneinsicht - könnte vom Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung der Säumnisbeschwerde nicht an Stelle der belangten Behörde gesetzt werden. Das Verlangen nach der Setzung eines tatsächlichen Vorganges für sich genommen löst keine Verpflichtung der Behörden zur Erlassung einer Sachentscheidung aus, eine solche tritt vielmehr erst dann ein, wenn die Behörde durch konkrete Handlungen oder Unterlassungen die Akteneinsicht real verweigert (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/12/0010, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0334, jeweils mwN).

Der Beschwerdeführer hat hier lediglich in Ansehung der Auskünfte, nicht aber hinsichtlich seines Begehrens auf Akteneinsicht die Erlassung eines Bescheides beantragt. Die Dienstbehörde verweigerte auch niemals die Akteneinsicht, vielmehr hat der Beschwerdeführer seit der Verfassung seines Antrages am ohnehin Akteneinsicht genommen. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass nach § 17 Abs. 1 AVG keine Verpflichtung besteht, den Akt entsprechend dem Ersuchen des Beschwerdeführers an eine andere Behörde zu übermitteln (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0031).

Die belangte Behörde hat daher keine Pflicht zur Entscheidung getroffen, sodass eine solche auch nicht verletzt werden konnte. Die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §17;
B-VG Art132;
VwGG §27;
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein
Inhalt der Säumnisbeschwerde
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche
Angelegenheiten
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2006:2004120174.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-57506