VwGH 15.12.2003, 2003/17/0313
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Bei einer Sukzessivbeschwerde hat der VwGH auch über einen im (Verfassungsgerichtshofbeschwerde-)Schriftsatz gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden, wenn die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den VfGH unter Verzicht auf die Prüfung der Rechtzeitigkeit erfolgt, dem Beschluß des VfGH im Grunde des Art 144 Abs 2 B-VG somit kein Abspruch über die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Beschwerdefrist zu entnehmen ist und der VfGH auch keine Entscheidung über den (an ihn gerichteten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist getroffen hat. Der VwGH kann somit die Rechtzeitigkeit der vorliegenden, ihm nach Art 144 Abs 3 in Verbindung mit Art 144 Abs 2 B-VG abgetretenen Beschwerde nur dann überprüfen, wenn er über den in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Rechtzeitigkeit der Beschwerde stehenden, bereits in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 88/17/0205 B RS 2
(hier nur erster Satz) |
Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 2 | Zur Fristwahrung wäre es erforderlich gewesen, entweder (rechtzeitig) für die Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einen Vertreter zu bestellen oder sich selbst durch geeignete Nachforschungen ein konkretes Bild über den Ablauf der Beschwerdefrist, die der Beschwerdeführerin in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht worden war, zu machen und dieses Fristende selbst in Evidenz zu halten. Dass die Beschwerdeführerin dies unterlassen hat, bildet ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden, welches die begehrte Wiedereinsetzung hindert. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2003/17/0323
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über den Antrag der EP in G, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Dr. Peter Krempl und Mag. Manfred Seidl, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Sebastian Hörl Straße 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (hg. Zl. 2003/17/0323) und die Beschwerde derselben gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. 17.367/363-I A 7a/01, betreffend Mutterkuhprämie (hg. Zl. 2003/17/0313), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
Mit ihrem Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom , ihr die Mutterkuhprämie für 61 Stück Rinder zu gewähren, ab.
In ihrer dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin unter anderem vor, der Bescheid der belangten Behörde vom sei ihr am zugestellt worden; die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (Verfassungsgerichtshof) sei daher bereits am abgelaufen. Die Beschwerdeführerin habe nach Zustellung des vorerwähnten Bescheides ihren Ehegatten ersucht, Rat und Hilfe bei der zuständigen Bezirksbauernkammer zu suchen, was dieser auch getan habe. Zu dem habe sich der "Bauernfunktionär und Nationalratsabgeordnete" F.H. eingeschaltet, dem die bezughabenden Unterlagen übergeben worden seien, weil er versprochen habe, "beim zuständigen Ministerium für die Beschwerdeführerin zu intervenieren". F.H. habe in der Hoffnung auf eine positive Erledigung durch das Ministerium die Unterlagen so spät zurückgegeben, dass es dem Ehegatten der Beschwerdeführerin erst am (somit nach Ablauf der Beschwerdefrist) möglich gewesen sei, einen Rechtsanwalt aufzusuchen. F.H. habe gegenüber dem nunmehrigen Vertreter der Beschwerdeführerin auf telefonische Anfrage auch ausdrücklich bestätigt, dass er gegenüber dem Ehegatten der Beschwerdeführerin den als letzten Tag für die Erhebung der Beschwerde an den "Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof" genannt habe.
Die Beschwerdeführerin treffe somit an der Versäumung der Frist kein oder zumindest kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden. Die Fristversäumnis sei erstmals am in der Kanzlei der Vertreter der Beschwerdeführerin erkannt worden; die am (an den Verfassungsgerichtshof) zur Post gegebene Beschwerde sei daher rechtzeitig (innerhalb der Frist zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) erhoben worden.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 1732/01-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde begehrt die Beschwerdeführerin nunmehr ausdrücklich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bei einer vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen, so genannten sukzessiven Beschwerde auch über einen im (Verfassungsgerichtshofbeschwerde-)Schriftsatz gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof unter Verzicht auf die Prüfung der Rechtzeitigkeit erfolgt, dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes im Grunde des Art. 144 Abs. 2 B-VG somit kein Abspruch über die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Beschwerdefrist zu entnehmen ist und der Verfassungsgerichtshof auch keine Entscheidung über den (an ihn gerichteten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist getroffen hat (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 96/19/0679, unter Bezugnahme auf den hg. Beschluss vom , Zl. 88/17/0207).
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein minderer Grad des Versehens hindert die Wiedereinsetzung nicht.
Auch wenn ein aus einer unrichtigen Rechtsauskunft eines behördlichen Organs resultierender Rechtsirrtum einen Wiedereinsetzungsgrund bilden kann (so zur vergleichbaren Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG etwa die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 10.325/A, und vom , Zl. 2001/18/0014), ist damit für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen.
Die Beschwerdeführerin hat nach ihren Angaben im Wiedereinsetzungsantrag in eigener Person keine Maßnahmen zur Wahrung der Beschwerdefrist getroffen; sie hat - wie sie selbst weiter vorbringt - den näher genannten Abgeordneten zum Nationalrat mit der Wahrung ihrer Interessen in dem Sinn konfrontiert, dass dieser im Ministerium interveniere. Damit hat die Beschwerdeführerin eine Vertreterbestellung zur Einbringung einer Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht in die Wege geleitet. Zur Fristwahrung wäre es aber jedenfalls erforderlich gewesen, entweder (rechtzeitig) für die Einbringung dieses Rechtsmittels einen Vertreter zu bestellen oder sich selbst durch geeignete Nachforschungen ein konkretes Bild über den Ablauf der Beschwerdefrist, die ihr in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht worden war, zu machen und dieses Fristende selbst in Evidenz zu halten. Dies hat die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht getan. Dass sie dies unterlassen hat, bildet jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden, welches die begehrte Wiedereinsetzung hindert.
Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.
Bei diesem Ergebnis war die am zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2003:2003170313.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-57388