VwGH 26.11.2003, 2003/13/0056
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | BAO §303a Abs2; VwGG §34 Abs1; |
RS 1 | Die im angefochtenen Bescheid rechtlich allein ausgesprochene Rücknahmefiktion eines Wiederaufnahmeantrages, den die Abgabepflichtige nach ihrer als zutreffend zu erkennenden Beurteilung aber gar nicht gestellt hatte, war von vornherein ungeeignet, eine Verletzung des im Beschwerdefall allein verfolgbaren subjektiv-öffentlichen Rechtes darauf zu bewirken, dass ein gestellter Wiederaufnahmeantrag nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als zurückgenommen erklärt würde. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den Wiederaufnahmeantrag betreffend das Aussetzungsverfahren als zurückgenommen erklärt. Hatte die Abgabpflichtige gar keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt, dann kann dieser behördliche Ausspruch ihre Rechtssphäre nicht nachteilig beeinflussen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., in der Beschwerdesache der OG in Wien, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Vorsitzenden des Berufungssenates Ia der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/343- 15/2001, betreffend eine Angelegenheit des Abgabenverfahrensrechtes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0092, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof eine Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei gegen einen Bescheid der auch hier belangten Behörde vom über die Aussetzung der Entscheidung über Berufungen der Beschwerdeführerin gegen Abgabenbescheide bis zur Beendigung eines näher genannten Strafverfahrens als unbegründet abgewiesen. Ein der Aussetzung der Entscheidung entgegenstehendes überwiegendes Interesse der Beschwerdeführerin im Sinne des § 281 Abs. 1 BAO war von der Beschwerdeführerin weder im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgerichtshof einsichtig dargestellt worden, hat der Gerichtshof in den Gründen des genannten Erkenntnisses ausgeführt.
Die gegen denselben Bescheid dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Parallelbeschwerde der Beschwerdeführerin hat der Gerichtshof mit seinem Beschluss vom , 2003/13/0061, wegen Vorliegens der Prozesshindernisse eines Verbrauches des Beschwerderechtes und entschiedener Sache zurückgewiesen.
Wie der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des nunmehr angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, begehrte die Beschwerdeführerin mit einem Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom an die Berufungsbehörde die "unverzügliche Fortsetzung des Verfahrens" und die rasche Erledigung des Rechtsmittelverfahrens mit der Begründung, dass durch die Schreiben einer Bank vom und einer näher genannten Gesellschaft vom an eine den Familiennamen der Beschwerdeführerin tragende Gesellschaft mbH "nunmehr wichtige, die finanzielle Situation des Unternehmens ... aufzeigende Umstände vorliegen würden".
Die belangte Behörde deutete das Schreiben der Beschwerdeführerin vom als Antrag auf Wiederaufnahme des Aussetzungsverfahrens nach § 281 BAO und erließ am einen Mängelbehebungsauftrag mit dem Inhalt u. a. des § 303a Abs. 1 lit. d BAO. Diesen Mängelbehebungsauftrag beantwortete die Beschwerdeführerin mit einem Schreiben vom , in welchem sie ausführte, es wären der Aussetzung des Berufungsverfahrens widersprechende wirtschaftliche Interessen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes schon in einer Besprechung vom dargelegt worden. Das Berufungsverfahren möge "gemäß § 281 BAO" fortgesetzt und auf "alle Argumentationen gemäß § 303a BAO" möge verzichtet werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid erklärte die belangte Behörde den "Antrag vom betreffend Wiederaufnahme und Fortführung des Aussetzungsverfahrens gemäß § 281 BAO" gemäß § 303a Abs. 2 BAO als zurückgenommen. Begründet wurde dies von der belangten Behörde damit, dass mit dem wiedergegebenen Inhalt des Antwortschreibens der Beschwerdeführerin vom dem Mängelbehebungsauftrag vom nicht entsprochen worden sei. Auf die weiteren, mit dem Mängelbehebungsauftrag nicht im Zusammenhang stehenden unzutreffendenden Behauptungen der Beschwerdeführerin sei nicht einzugehen gewesen; dem Begehren nach Vornahme von Zustellungen an den steuerlichen Vertreter stehe das Fehlen einer Zustellvollmacht dieses Vertreters entgegen.
Zur Frage der Zulässigkeit der gegen diesen Bescheid zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 316/03, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angewendete Bestimmung des § 303a BAO hat in ihrer von der belangten Behörde nach Maßgabe des Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden, durch BGBl. I Nr. 97/2002 gestalteten Fassung folgenden Wortlaut:
"§ 303a. (1) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (§ 303 Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird;
c) die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrags notwendig sind;
d) bei einem auf § 303 Abs. 1 lit. b gestützten Antrag weiters Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig sind.
(2) Entspricht der Wiederaufnahmsantrag nicht den im Abs. 1 umschriebenen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Antragsteller die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß der Antrag nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt."
Die Beschwerdeführerin äußert Verwunderung und Irritation darüber, dass die belangte Behörde ihren Antrag vom überhaupt als einen solchen auf Wiederaufnahme des Verfahrens über die Aussetzung des anhängigen Berufungsverfahrens interpretiert hatte. Das Aussetzungsverfahren sei gar nicht Gegenstand ihres Antrages gewesen, ihr steuerlicher Vertreter habe im Schreiben vom vielmehr um unverzügliche Fortsetzung des Verfahrens und rasche Entscheidung ersucht und ausdrücklich beantragt, das ausgesetzte Rechtsmittelverfahren wieder aufzunehmen und einer raschen Entscheidung zuzuführen. Weshalb die belangte Behörde nicht diesen Antrag aufgegriffen, sondern ihn "in eine Fortführung des Aussetzungsverfahrens und nicht des ausgesetzten Verfahrens umwürdigt", sei der Beschwerdeführerin unverständlich.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Berechtigung der Beschwerdeführerin zur Erhebung der Beschwerde einsichtig zu machen. Dass das von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom gestellte Begehren, über dessen Wortlaut zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kein Streit besteht, rechtlich gar nicht als Antrag auf Wiederaufnahme eines zur Erlassung des Aussetzungsbescheides nach § 281 BAO führenden Verfahrens zu deuten war, ist eine von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsansicht, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt. Die im angefochtenen Bescheid rechtlich allein ausgesprochene Rücknahmefiktion eines Wiederaufnahmeantrages, den die Beschwerdeführerin nach ihrer als zutreffend zu erkennenden Beurteilung aber gar nicht gestellt hatte, war von vornherein ungeeignet, eine Verletzung des im Beschwerdefall allein verfolgbaren subjektiv-öffentlichen Rechtes darauf zu bewirken, dass ein gestellter Wiederaufnahmeantrag nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als zurückgenommen erklärt würde. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den Wiederaufnahmeantrag betreffend das Aussetzungsverfahren als zurückgenommen erklärt. Hatte die Beschwerdeführerin gar keinen Wiederaufnahmeantrag gestellt, dann kann dieser behördliche Ausspruch ihre Rechtssphäre nicht nachteilig beeinflussen.
Das von der Beschwerdeführerin mit ihrem im Anbringen vom tatsächlich verfolgte Anliegen einer Fortsetzung des ausgesetzten Berufungsverfahrens entzieht sich angesichts der Rechtskraftwirkung des erfolglos bekämpften Aussetzungsbescheides der belangten Behörde vom verfahrensrechtlich jeglicher Verfolgbarkeit durch die Beschwerdeführerin. Die Verletzung eines bestehenden subjektiv-öffentlichen Rechtes durch den hier angefochtenen Bescheid ist auf der Basis der durch den erfolglos bekämpften Aussetzungsbescheid der belangten Behörde vom geschaffenen Verfahrensrechtslage auch unter diesem Gesichtspunkt nicht möglich. Die in der Beschwerdeschrift angesprochenen Auffassungsunterschiede über den Ausweis einer Zustellvollmacht des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin zeigen die Möglichkeit einer der Beschwerdeführerin durch den Spruch des angefochtenen Bescheides widerfahrenen Rechtsverletzung ebenso wenig auf wie die behaupteten Mängel des strafgerichtlichen Verfahrens, bis zu dessen Beendigung die Entscheidung über die Berufung gegen die Abgabenbescheide ausgesetzt worden war.
Mangels Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch den im angefochtenen Bescheid getroffenen Abspruch war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung (§ 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG) zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BAO §303a Abs2; VwGG §34 Abs1; |
Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2003:2003130056.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-57357