VwGH 29.01.2004, 2003/11/0259
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | § 28 Abs. 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 begründet die Parteistellung der Steiermärkischen Landarbeiterkammer (beschwerdeführende Partei) im Berufungsverfahren über die Kammerzugehörigkeit vor der Steiermärkischen Landesregierung und räumt ihr ausdrücklich auch ein Beschwerderecht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts ein. Der durch die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers begründeten Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren vor der Steiermärkischen Landesregierung liegt ein rechtliches Interesse der Steiermärkischen Landarbeiterkammer zu Grunde, dass ein von einem ihrer Organe rechtmäßigerweise erlassener Bescheid in Verwaltungssachen nicht von der Landesregierung aufgehoben oder abgeändert wird. |
Norm | AVG §8; |
RS 2 | Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann nicht an Hand des AVG allein gelöst werden, sondern muß vielmehr auf Grund der im jeweiligen Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift beantwortet werden. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse iSd § 8 AVG kann sohin nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, den die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat (Hinweis E , 87/04/0053). Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, aber auch Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechtes in Betracht. Maßgebend ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (Hinweis E , 89/03/0319). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 91/19/0059 E VwSlg 13620 A/1992 RS 1 |
Normen | AVG §8; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §1 Abs1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs1 lita Z1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs1 litb; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs3; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §27 Abs1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §27 Abs3; LandarbeitsO Stmk 1981 §5 Abs1; LandarbeitsO Stmk 1981 §5 Abs2; VwGG §34 Abs1 impl; VwRallg; |
RS 3 | § 2 Abs. 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 gewährt dem Arbeitgeber für die Einleitung des Verfahrens über die Kammerzugehörigkeit zur Steiermärkischen Landwirtschaftskammer eines seiner Arbeitnehmer ausdrücklich ein Antragsrecht. Dieses Antragsrecht ist vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 27 Abs. 1 und 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 zu sehen, wonach der Arbeitgeber die Kammerbeiträge einzuheben und der Kammer abzuführen hat. Aus dieser Verpflichtung und der Einräumung eines Antragsrechtes muss abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber dem Arbeitgeber insoweit auch ein subjektiv - öffentliches Recht auf Entscheidung in der Sache zuerkennt und diesem diesbezüglich Parteistellung im Verwaltungsverfahren und auch ein Beschwerderecht beim Verwaltungsgerichtshof zusteht. Ein darüber hinausgehendes materielles subjektiv-öffentliches Recht ist dem Arbeitgeber jedoch nicht eingeräumt. Die von der Behörde getroffene Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 besteht in der Feststellung, ob für einen Arbeitnehmer auf Grund seiner Beschäftigung in einem Betrieb bzw. einer Arbeitsstätte der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 der Stmk LandarbeitsO 1981 eine Kammerzugehörigkeit zur Kammer der beschwerdeführenden Partei besteht oder ob dies nicht der Fall ist. Nach § 1 Abs. 1 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 ist der Zweck der beschwerdeführenden Kammer die Vertretung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Interessen der im Land Steiermark auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet unselbständig Beschäftigten und der im § 2 Abs. 1 lit. b genannten Personen, wozu nicht die Arbeitgeber der Beschäftigten zählen. Daraus folgt, dass durch die Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit immer nur die Personen betroffen sind, auf die sich der im § 2 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 umschriebene persönliche Wirkungsbereich der beschwerdeführenden Partei erstreckt. Durch die Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 wird daher der Arbeitgeber in seiner Rechtsstellung nicht unmittelbar berührt. Insoweit durch die Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei zur Verfolgung ihres im § 1 Abs. 1 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 umschriebenen Zweckes auch Interessen der Arbeitgeber berührt werden, handelt es sich daher nur um mittelbare Folgen der Kammerzugehörigkeit des Arbeitnehmers. Ein von der Verfolgung des Schutzes der eigenen materiellen subjektiv-öffentlichen Rechte losgelöster Rechtsanspruch auf objektiv rechtsrichtige Anwendung der Gesetze wird dem Arbeitgeber durch die Zuerkennung des Antragsrechtes gemäß § 2 Abs. 3 Stmk LandarbeiterkammerG 1991 nicht gewährt. |
Normen | |
RS 4 | Das Recht zur Einbringung der Berufung steht - sofern es in der konkreten Verwaltungsvorschrift nicht ausdrücklich geregelt ist - demjenigen zu, der im Verwaltungsverfahren als Partei im Sinne des § 8 AVG 1950 anzusehen ist (Hinweis E , 1238/54, VwSlg 3891 A/1955). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 90/06/0075 B RS 1 |
Normen | |
RS 5 | Ein Berufungsrecht kann inhaltlich nicht weiterreichen als jenes rechtliche Interesse, auf dem die Parteistellung beruht, weil ein prozessuales Recht als Mittel der Rechtsvefolgung nicht weitergehen kann als das dahinterstehende materielle Recht, das im Verfahren durchgesetzt werden soll (Hinweis E , 1863/70, VwSlg 8032 A/1971). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 90/06/0075 B RS 2 |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2003/11/0260
2003/11/0261
2003/11/0262
2003/11/0263
2003/11/0264
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Steiermärkischen Kammer für Arbeitnehmer in der Land- bzw. Forstwirtschaft, vertreten durch Mag. Gabriele Schmidt, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Keesgasse 7/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA10A - 52 Te 1/2 -03, betreffend Feststellung der Kammerzugehörigkeit (mitbeteiligte Partei: T-Gesellschaft m. b. H. in L, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Vorstandes der Steiermärkischen Kammer für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft wurde "über Antrag vom gemäß §§ 2 Abs. 3, 28 Abs. 1 des Steiermärkischen Landarbeiterkammergesetzes 1991, LGBl. Nr. 56/1991, abgekürzt LAKG, in der Fassung LGBl. Nr. 25/2000, wie folgt entschieden:
"Herr Franz B.,…, beschäftigt in den T GmbH,…, als Headgreenkeeper, ist zur Landarbeiterkammer kammerzugehörig."
In der Begründung wurde ausgeführt, im Betriebsgebäude der Greenkeeper der T GmbH (mitbeteiligten Partei) habe am eine Versammlung der mit der gärtnerischen Betreuung der T betrauten Arbeitnehmer stattgefunden, weil diese zu Beginn der Saison 2003 von ihrem Arbeitgeber nicht mehr als landwirtschaftliche Arbeitnehmer zur Steiermärkischen Gebietskrankenkasse gemeldet worden seien; deren Kammerzugehörigkeit sei somit in Frage gestellt worden. Auf Grund des durchführten Ermittlungsverfahrens stehe fest:
"Der Bereich der Greenkeeper ist räumlich vom eigentlichen Bürogebäude, in dem durch eine eigene Angestellte die Klubgebühren und sonstige Beiträge für die Platzbenützung, Leihgebühren für Schläger u. Bälle u.a. eingehoben werden, getrennt. Hingegen umfasst der Arbeitsbereich der Greenkeeper nicht nur die zu betreuenden Rasenflächen, sondern besteht für sie auch ein eigenes Betriebsgebäude, das rund 500 Meter vom Bürogebäude entfernt ist. Dort sind der Aufenthaltsraum, WC, Spinde der Arbeitnehmer, das Büro des Head-Greenkeepers Rudolf M. mit Diensttafel, Urlaubskalender und Telefon u.a., untergebracht. In diesem Gebäude werden alle landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte, insbesondere ca. 25 verschiedene spezielle Rasenpflegegeräte, ein Spezialtraktor, Maschinen und Geräte zur Bewässerung und Pflanzenschutz aufbewahrt. Diese werden mit eigenem Mechaniker in der vorhandenen eigenen Werkstätte mit Ersatzteillager betreut, vorbereitet, gewartet und gegebenenfalls repariert.
Die dort beschäftigten Arbeitnehmer sind mit der Herstellung und Pflege hochwertiger und unterschiedlicher Rasenflächen, Instandhaltung der baulichen Anlagen, Unkraut- und Ungezieferbekämpfung unter hohem Maschineneinsatz betraut. Ebenso sind diese Arbeitnehmer mit der Erhaltung, Erneuerung und Pflege von Zäunen, Bäumen, und des Biotops befasst."
In rechtlicher Hinsicht führte die Behörde aus, es stehe fest, dass es sich bei dem Bereich der Greenkeeper, in dem Franz B. tätig sei, um einen vom übrigen Golfbetrieb getrennten Betrieb bzw. um eine eigene Arbeitsstätte der land- und forstwirtschaftlichen Produktion, insbesondere des spezialisierten Gartenbaus, handle, zumal die dort beschäftigten Arbeitnehmer mit der Herstellung und Pflege hochwertiger und unterschiedlicher Rasenflächen, der Instandhaltung der baulichen Anlagen, der Unkraut- und Ungezieferbekämpfung unter hohem Maschineneinsatz, betraut seien. Der Bereich der Greenkeeper sei somit als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb bzw. Arbeitsstätte im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 LAO zu qualifizieren. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer seien daher gemäß § 2 Abs. 1 lit. a LAKG zur Landarbeiterkammer zugehörig. Folglich sei auf ihre Arbeitsverhältnisse die Steiermärkische Landarbeitsordnung anzuwenden.
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, in welcher sie ausführte, der genannte Bescheid sei ihr mit dem bei ihr am eingelangten Schreiben der Steiermärkischen Kammer für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (beschwerdeführende Partei) mit dem Ersuchen zugestellt worden, die entsprechende Ummeldung bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vorzunehmen. Für den Fall des Zuwiderhandelns seien ihr Schadenersatzansprüche angedroht worden. Der bekämpfte Bescheid sei rechtswidrig. Im Verfahren vor der Behörde erster Instanz habe sie keine Möglichkeit gehabt, ihre Argumente vorzubringen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde "aus Anlass der Berufung" der mitbeteiligten Partei der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG "behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Steiermärkische Kammer für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft zurückverwiesen". In der Begründung führte die belangte Behörde aus, das Verfahren erscheine insoweit mangelhaft, als im erstinstanzlichen Bescheid auf Grund eines Antrages entschieden worden sei, in den vorgelegten Akten jedoch kein derartiger Antrag aufscheine, vielmehr nur eine Niederschrift über eine durchgeführte Versammlung wiedergegeben werde. Ein gravierender Mangel des durchgeführten Verfahrens liege in der "Nichteinbeziehung der Arbeitgeberseite". Die Parteistellung des Arbeitgebers sei "durch die gesetzliche ausdrückliche Normierung gegeben". Da im gegenständlichen Verfahren die Arbeitgeberseite mit Parteienrechten gänzlich übergangen worden und auch keine Antragstellung des Arbeitnehmers im vorgelegten Akt ersichtlich sei, erscheine die Neudurchführung des Verfahrens als unvermeidlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie führt aus, der Entscheidung der Behörde erster Instanz sei ein mündlicher Antrag des Arbeitnehmers vom zu Grunde gelegen. Aus der Niederschrift vom selben Tag sowie aus der Tatsache, dass der Arbeitnehmer diese unterschrieben und in der Folge einen Rechtsmittelverzicht abgegeben habe, lasse sich dieser Antrag (auch) erschließen. Der mitbeteiligten Partei komme als Arbeitgeberin im Verfahren zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit ihrer Arbeitnehmer nach dem Steiermärkischen Landarbeiterkammergesetz keine Parteistellung zu. § 2 Abs. 3 dieses Gesetzes sehe nur ein Recht auf Antragstellung des Arbeitgebers vor. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt die beschwerdeführende Partei aus, dass bereits genügend Beweisergebnisse vorlägen, aus welchen die Feststellungen zur abschließenden Beurteilung der Verwaltungsrechtssache hätten getroffenen werden können.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Landarbeiterkammergesetzes 1991 - LAKG 1991, LGBl. Nr. 56/1991 (WV), in der Fassung LGBl. NR. 25/2000, lauten auszugsweise:
"Abschnitt I
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Zweck und Bezeichnung
(1) Die Steiermärkische Kammer für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (Steiermärkische Landarbeiterkammer) mit dem Sitz in Graz ist zur Vertretung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Interessen der im Land Steiermark auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet unselbständigen Beschäftigten und der im § 2 Abs. 1 lit. b genannten Personen berufen.
(2) Die Steiermärkische Landarbeiterkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und befugt, das steirische Landeswappen mit der Aufschrift "Steiermärkische Landarbeiterkammer in Graz" zu führen.
…
§ 2
Kammerzugehörigkeit
(1) Der persönliche Wirkungsbereich der Steiermärkischen Landarbeiterkammer (Kammerzugehörigkeit) erstreckt sich
a) auf alle Arbeitnehmer, die auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet ohne Rücksicht auf die Art der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers im Land Steiermark beschäftigt sind; dazu zählen insbesondere
1. Arbeitnehmer in Betrieben bzw. Arbeitsstätten der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Landarbeitsordnung 1981;
….
(3) In Zweifelsfällen entscheidet über die Kammerzugehörigkeit von Amts wegen oder auf Antrag der Vorstand durch schriftlichen Bescheid. Antragsberechtigt sind die im Abs. 1 genannten Personen oder ihre Arbeitgeber. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, der Steiermärkischen Landarbeiterkammer auf ihr Verlangen Namen, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung und Adresse binnen 14 Tagen mitzuteilen.
...
§ 6
Organe und Gliederung
(1) Die Organe der Steiermärkischen Landarbeiterkammer sind
…
b) der Vorstand
...
§ 12
Vorstand
….
(1) Dem Vorstand ist insbesondere vorbehalten:
…
f) die Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht;
…
§ 28
Verfahren und Rechtsmittel
(1) Auf das Verfahren über die Kammerzugehörigkeit, … finden die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG Anwendung.
(2) Gegen die Entscheidungen gemäß Abs. 1 ist eine Berufung an die Landesregierung zulässig.
(3) In Verfahren nach Abs. 2 hat die Steiermärkische Landarbeiterkammer Parteistellung. Gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörde kann die Steiermärkische Landarbeiterkammer Beschwerde bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts erheben.
…"
§ 28 Abs. 3 LAKG 1991 begründet die Parteistellung der Steiermärkischen Landarbeiterkammer (beschwerdeführende Partei) im Berufungsverfahren über die Kammerzugehörigkeit vor der Steiermärkischen Landesregierung und räumt ihr ausdrücklich auch ein Beschwerderecht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts ein. Der durch die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers begründeten Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren vor der Steiermärkischen Landesregierung liegt ein rechtliches Interesse der Steiermärkischen Landarbeiterkammer zu Grunde, dass ein von einem ihrer Organe rechtmäßigerweise erlassener Bescheid in Verwaltungssachen nicht von der Landesregierung aufgehoben oder abgeändert wird.
Gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 hat über die Kammerzugehörigkeit der Vorstand der Steiermärkischen Landarbeiterkammer in Zweifelsfällen entweder von Amts wegen oder über Antrag der hiezu befugten Personen zu entscheiden. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestreiten nicht, dass im Beschwerdefall ein Zweifel über die Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers der mitbeteiligten Partei zur Kammer der beschwerdeführenden Partei besteht. Die Annahme des Vorliegens eines solchen Zweifelsfalles ist schon durch den bisherigen Verfahrensgang gerechtfertigt. Der Vorstand der beschwerdeführenden Partei war daher im Beschwerdefall berechtigt, sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag durch schriftlichen Bescheid über die Kammerzugehörigkeit des betroffenen Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 3 LAKG 1991 zu entscheiden. Dass dem erstinstanzlichen Bescheid ein Antrag einer hiezu befugten Person zu Grunde lag, war nicht erforderlich. Der erstinstanzliche Bescheid war demnach auch dann nicht rechtswidrig, wenn der Vorstand der beschwerdeführenden Partei irrtümlich das Vorliegen eines Antrages gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 angenommen haben sollte, weil er zur Entscheidung über die Angelegenheit von Amts wegen befugt war. Insoweit daher die belangte Behörde das Vorliegen eines Antrages für den erstinstanzlichen Bescheid als entscheidungserheblich angesehen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang der mitbeteiligten Partei als antragsberechtigtem Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 im Verfahren über die Feststellung der Kammerzugehörigkeit eines ihrer Arbeitnehmer zur Kammer der beschwerdeführenden Partei Parteistellung zukommt.
Der Vorstand der Steiermärkischen Landarbeiterkammer hat die mitbeteiligte Partei dem Verfahren über die Feststellung der Kammerzugehörigkeit eines ihrer Arbeitnehmer nicht beigezogen. Die beschwerdeführende Partei verneint die Parteistellung des Arbeitgebers in diesem Verfahren ebenfalls mit dem Hinweis auf § 28 Abs. 3 LAKG 1991, wonach im Berufungsverfahren gegen Entscheidungen ihres Vorstandes die Steiermärkische Landarbeiterkammer Parteistellung hat. § 28 Abs. 3 LAKG 1991 ordnet zwar ausdrücklich die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei an. Welchen (weiteren) Personen im Verfahren über die Kammerzugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 Parteistellung zukommt, ist jedoch in § 28 Abs. 3 LAKG 1991 nicht geregelt.
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, nur dann Parteien, wenn sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Die Frage, ob einer Person ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG zusteht, ist anhand der anzuwendenden Rechtsvorschriften zu beurteilen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0393; siehe dazu auch Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz 118 ff, und die dort zitierte Rechtsprechung). Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann somit nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, den die den Einzelfall regelnde materiellrechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/03/0245, u. v. a). Maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0259, u. v. a.).
§ 2 Abs. 3 LAKG 1991 gewährt dem Arbeitgeber für die Einleitung des Verfahrens über die Kammerzugehörigkeit zur Steiermärkischen Landwirtschaftskammer eines seiner Arbeitnehmer ausdrücklich ein Antragsrecht. Dieses Antragsrecht ist vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 27 Abs. 1 und 3 LAKG 1991 zu sehen, wonach der Arbeitgeber die Kammerbeiträge einzuheben und der Kammer abzuführen hat. Aus dieser Verpflichtung und der Einräumung eines Antragsrechtes muss abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber dem Arbeitgeber insoweit auch ein subjektiv - öffentliches Recht auf Entscheidung in der Sache zuerkennt und diesem diesbezüglich Parteistellung im Verwaltungsverfahren und auch ein Beschwerderecht beim Verwaltungsgerichtshof zusteht. Ein darüber hinausgehendes materielles subjektiv-öffentliches Recht ist dem Arbeitgeber jedoch nicht eingeräumt. Die von der Behörde erster Instanz im Beschwerdefall getroffene Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 LAKG 1991 besteht in der Feststellung, ob für einen Arbeitnehmer auf Grund seiner Beschäftigung in einem Betrieb bzw. einer Arbeitsstätte der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Landarbeitsordnung 1981 eine Kammerzugehörigkeit zur Kammer der beschwerdeführenden Partei besteht oder ob dies nicht der Fall ist. Nach § 1 Abs. 1 LAKG 1991 ist der Zweck der beschwerdeführenden Kammer die Vertretung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Interessen der im Land Steiermark auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet unselbständig Beschäftigten und der im § 2 Abs. 1 lit. b genannten Personen, wozu nicht die Arbeitgeber der Beschäftigten zählen. Daraus folgt, dass durch die Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit immer nur die Personen betroffen sind, auf die sich der im § 2 LAKG 1991 umschriebene persönliche Wirkungsbereich der beschwerdeführenden Partei erstreckt. Durch die Entscheidung über die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 3 LAKG 1991 wird daher der Arbeitgeber in seiner Rechtsstellung nicht unmittelbar berührt. Insoweit durch die Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei zur Verfolgung ihres im § 1 Abs. 1 LAKG 1991 umschriebenen Zweckes auch Interessen der Arbeitgeber berührt werden, handelt es sich daher nur um mittelbare Folgen der Kammerzugehörigkeit des Arbeitnehmers (vgl. hiezu die zur damaligen, jedoch insoweit vergleichbaren Rechtslage des Arbeiterkammergesetzes ergangenen Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom , B 43/56, VfSlg. 1956, Anhang Nr. 11, und des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1098/56, ArbSlg. 7064, sowie das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 13398/A). Ein von der Verfolgung des Schutzes der eigenen materiellen subjektiv-öffentlichen Rechte losgelöster Rechtsanspruch auf objektiv rechtsrichtige Anwendung der Gesetze wird dem Arbeitgeber durch die Zuerkennung des Antragsrechtes gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 nicht gewährt.
Ist durch die Verwaltungsvorschriften das Berufungsrecht jemandem nicht besonders eingeräumt, so folgt aus dem Wesen der Berufung als Rechtsschutzeinrichtung, dass sie nur jenen Parteien des Verfahrens zusteht, deren Rechtsansprüche oder rechtliche Interessen durch den Bescheid beeinträchtigt werden können. Ein in der materiellen Verwaltungsvorschrift nicht näher umschriebenes Berufungsrecht einer Partei kann daher inhaltlich nicht weiter gehen als jenes rechtliche Interesse oder jener Rechtsanspruch (§ 8 AVG), auf dem die Parteistellung beruht; dies folgt aus der Erwägung, dass ein prozessuales Recht als Mittel der Rechtsverfolgung nicht weiter gehen kann, als das dahinter stehende materielle Recht, das im Prozess durchgesetzt werden soll (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 90/06/0075).
Daraus folgt, dass die gegen die erstinstanzliche Sachentscheidung erhobene Berufung der mitbeteiligten Partei unzulässig war, weil ihr als Arbeitgeber im Verfahren über die Kammerzugehörigkeit eines ihrer Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 3 LAKG 1991 nur ein Antragsrecht und die damit verbundene, oben näher beschriebene eingeschränkte Parteistellung zukommt. Dies hat zur Folge, dass der belangten Behörde als Berufungsbehörde eine meritorische Entscheidung über die Berufung der mitbeteiligten Partei im Beschwerdefall versagt war.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Berufung der mitbeteiligten Partei, in welcher keine Rechte geltend gemacht wurden, bezüglich derer der mitbeteiligten Partei Parteistellung zukam, meritorisch durch Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG erledigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
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Normen | AVG §63 Abs1; AVG §8; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §1 Abs1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs1 lita Z1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs1 litb; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2 Abs3; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §2; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §27 Abs1; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §27 Abs3; LandarbeiterkammerG Stmk 1991 §28 Abs3; LandarbeitsO Stmk 1981 §5 Abs1; LandarbeitsO Stmk 1981 §5 Abs2; VwGG §34 Abs1 impl; VwRallg; |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Interessenvertretungen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Verfahrensrecht AVG Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1) |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2004:2003110259.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-57343