VwGH 12.05.2005, 2003/02/0098
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | StVO 1960 §1 Abs1; StVO 1960 §1; |
RS 1 | Eine Straße kann dann gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht (Hinweis E , 89/03/0192, mwN). Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, d. h. also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/03/0308 E RS 2
(Hier: Ein "Feldweg" ist eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd
§ 1 Abs. 1 StVO 1960.) |
Normen | StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518; StVO 1960 §5 Abs4 idF 1994/518; StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518; |
RS 2 | Auszugehen ist zunächst davon, dass - was die belangte Behörde, aber auch Stolzlechner, Hauptpunkte der 19. StVO-Novelle, ZVR, Heft 12, S. 355, nicht bedenken - nach Abs. 4 des § 5 StVO nicht nur solche Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich zur Zeit des "Lenkens" in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, zum Zweck der Atemluftuntersuchung zur bezeichneten Dienststelle gebracht werden können, sondern auch solche, bei denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "befinden", sofern es sich um eine Person im Sinne des Abs. 2 handelt. Es trifft zwar zu, dass im zweiten Satz des Abs. 2 nicht von Personen die Rede ist, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug "in Betrieb genommen" zu haben. Allerdings bezieht sich die Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nach dem ersten Satz dieser Bestimmung auch auf Personen, die ein Fahrzeug "in Betrieb nehmen". Kann daher vermutet werden, dass sich eine Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, und hat sie ein Fahrzeug in Betrieb genommen, so ist die Strafbestimmung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO anzuwenden, wonach jemand eine Verwaltungsübertretung begeht, der sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 96/02/0232 E RS 1
(hier nur der letzte Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des JP in K, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft (OEG) Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom , Zl. Senat-MI-03-2103, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am um 0.30 Uhr an einem näher umschriebenen Ort die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in Betrieb genommen habe und vermutet habe werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinde. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 und 4 sowie § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Was zunächst die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, beim in Rede stehenden Tatort, einem "Feldweg", handle es sich um keine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO, so genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/03/0308, zu verweisen; dass ein Sachverhalt vorliegt, der entgegen der dort dargestellten Rechtsansicht die Annahme einer Straße einer öffentlichem Verkehr verbietet, ist nicht erkennbar.
Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde u.a. davon aus, dass der Beschwerdeführer vor der durch die eingeschrittenen Gendarmeriebeamten K. und B. durchgeführten Kontrolle im Fahrzeug geschlafen habe; diese Beamten hätten sich durch Klopfen an der Scheibe bemerkbar gemacht, worauf der Beschwerdeführer - davon überrascht - das Fahrzeug gestartet habe. Da sich der Beschwerdeführer zunächst in "schlaftrunkenem" Zustand befunden habe, stimme die vom Zeugen K. geschilderte langsame Reaktion des Beschwerdeführers auf ein Öffnen der Fahrertür und das Abziehen des Schlüssels durch diesen Zeugen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens überein, zumal eine Sperre, die dieses Abziehen verhindert hätte, bei Inaugenscheinnahme dieses Fahrzeuges durch die belangte Behörde nicht habe festgestellt werden können.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Feststellungen der belangten Behörde im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen. Dass es dem Verhandlungsleiter der belangten Behörde anlässlich der erwähnten Besichtigung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers erst dann gelungen sei, den Motor durch Drehen des Schlüssels zum Stillstand zu bringen, nachdem er auf dem Lenkersitz Platz genommen habe, schließt nicht aus, dass es dem einschreitenden Gendarmeriebeamten K. anlässlich der Amtshandlung doch - wie von ihm angegeben - möglich war, dies zu bewerkstelligen; dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung Gegenteiliges ausgesagt hat, ist eine Frage der - nicht zu beanstandenden - Beweiswürdigung durch die belangte Behörde.
In diesem Zusammenhang sei klargestellt, dass die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde, betreffend eine "feindliche Gesinnung" des Gendarmeriebeamten B. gegenüber dem Beschwerdeführer ins Leere gehen, weil sich die belangte Behörde im Wesentlichen ohnedies (auch) auf die Aussagen des bei der Amtshandlung anwesenden Gendarmeriebeamten K. stützen konnte. Dieser hat als Zeuge auch angegeben, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug gestartet und aus dem Mund nach Alkohol gerochen habe, was die belangte Behörde - ungeachtet des Umstandes, dass der "Jagdkollege" H. keinen Alkoholkonsum durch den Beschwerdeführer gesehen und dieser ihm auch keinen "betrunkenen Eindruck" gemacht habe - als glaubwürdig erachten konnte.
Von daher gesehen lag ein Fall vor, der Gegenstand der im hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/02/0232, dargelegten Rechtsanschauung war, wonach dann, wenn vermutet werden kann, dass sich eine Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und sie ein Fahrzeug in Betrieb genommen hat, die Strafbestimmung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO anzuwenden ist, wonach jemand eine Verwaltungsübertretung begeht, der sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht (vgl. näher die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses). Wieso die belangte Behörde aber für das Starten des Motors durch den Beschwerdeführer einen "Willensmangel, Putativnotstand oder Notstand" anzunehmen gehabt hätte, ist nicht erkennbar, zumal der Beschwerdeführer diese Tätigkeit ja dezidiert bestreitet.
Auch die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert worden, habe diese auch verstanden und sodann den Alkotest verweigert, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Dazu hatte der Zeuge K. ausgesagt, dass er selbst die Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen, allerdings - aus näheren Gründen - ein weiteres Dienstfahrzeug angefordert habe. Als der Beschwerdeführer in das Fahrzeug eingestiegen sei (ein Alkomat sei nicht an Ort und Stelle vorhanden gewesen), habe dieser Zeuge gehört, dass der Beschwerdeführer gesagt habe, nicht "blasen" zu wollen. Selbst wenn daher der Zeuge B. zum Zeugen K. gesagt hat, der Beschwerdeführer habe den Alkotest verweigert, so ist auf Grund der obigen Darstellung des Sachverhaltes durch den Zeugen K. der Tatbestand der Verweigerung der Atemluftprobe erfüllt gewesen, unabhängig davon, ob der Zeuge B. diese Verweigerung des Beschwerdeführers wiederholt hat. Dass aber der Beschwerdeführer keineswegs so "schlaftrunken" gewesen sei, um die Aufforderung nicht verstanden zu haben, begegnet im Lichte der Ausführungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe zunächst über Aufforderung, die Fahrzeugpapiere herauszugeben, den Beamten die Dokumententasche übergeben, keinen Bedenken.
Es ist richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof der Zeitspanne zwischen dem Lenken (hier: der Inbetriebnahme) eines Fahrzeuges und der Atemluftprobe auf Alkoholgehalt im Hinblick auf ein noch "verwertbares Ergebnis" Bedeutung beigemessen hat, doch kann sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verbringung zum Gendarmerieposten B. zwecks Ablegung des Alkotests ohnedies - weil kein solcher Fall vorliegt -
nicht darauf berufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/02/0073, wo auf einen solchen Zeitraum von ca. 10 Stunden verwiesen wurde). Dass dem Beschwerdeführer aber diese Verbringung "unzumutbar" gewesen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0505), ist nicht erkennbar.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr.333.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | StVO 1960 §1 Abs1; StVO 1960 §1; StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518; StVO 1960 §5 Abs4 idF 1994/518; StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518; |
Schlagworte | Alkotest Verweigerung Alkotest Voraussetzung Straße mit öffentlichem Verkehr |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2005:2003020098.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-57273