Suchen Hilfe
VwGH 25.01.2005, 2002/21/0221

VwGH 25.01.2005, 2002/21/0221

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
RS 1
Zu § 5 Abs 1 AufenthaltsG 1992 (in Verbindung mit § 10 Abs 1 Z 2 FrG 1993) vertrat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Behörde bei Berechnung des Unterhaltsbedarfes einer Familie im Regelfall nur an jenem Gesamtbetrag orientieren darf, welcher nach Auffassung der jeweiligen Landesregierung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Deckung des Bedarfes für einen Haushaltsvorstand und der jeweiligen Zahl der unterhaltsberechtigten Haushaltsangehörigen auch dann ausreichend ist, wenn daneben keine weiteren Mittel, also auch keine Familienbeihilfe, zur Verfügung stehen. Es war daher bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfes auch eines Kindes, für welches Familienbeihilfe bezogen wurde, der höhere Ansatz für Familienangehörige ohne Anspruch auf Familienbeihilfe in Anrechnung zu bringen. Andererseits aber war die für ein solches Kind bezogene Familienbeihilfe den der Familie insgesamt zur Verfügung stehenden Unterhaltsmitteln hinzuzuzählen (Hinweis E , 96/19/2559 bis 2561). Weiters vertrat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu der in Rede stehenden Bestimmung die Rechtsauffassung, dass die Behörde auf Grund eines vom Antragsteller dargelegten Nettomonatslohnes in einer bestimmten Höhe nicht ohne weitere Erhebungen davon ausgehen darf, dass dieser Monatslohn nur zwölfmal jährlich bezogen werde. Auch Sonderzahlungen sind zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes verfügbare eigene Mittel, welche von der belangten Behörde amtswegig zu ermitteln und gegebenenfalls zu berücksichtigen sind (Hinweis E , 96/19/2559 bis 2561). Infolge der Gleichartigkeit des in Rede stehenden Versagungsgrundes finden diese Rechtssätze auch für die Beurteilung, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs 2 Z 1 FrG 1997 vorliegt, Anwendung.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/19/0094 E RS 2 (hier nur dritter Satz)

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2002/21/0222

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerden 1. der GA, vertreten durch Dr. Peter Resch, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Franziskanergasse 12, und 2. des HA, vertreten durch Dr. Bernd Schmied, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 4, beide Beschwerdeführer wohnhaft in St. Pölten, gegen die Bescheide jeweils des Bundesministers für Inneres vom , Zlen. 126.213/11-III/11/02 (Erstbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2002/21/0221) und 126.213/12-III/11/02 (Zweitbeschwerdeführer, hg. Zl. 2002/21/0222), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je EUR 991,20,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers. Beide haben am einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt und als Aufenthaltszweck eine Familiengemeinschaft mit ihrem in Österreich lebenden Ehemann bzw. Vater angegeben.

Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde diese Anträge gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Normen im Wesentlichen gleichlautend aus: Nur der Ehemann bzw. Vater gehe einer Erwerbstätigkeit nach. Er sei aufgefordert worden, sein Nettoeinkommen der letzten sechs Monate zu belegen. Dazu habe er lediglich eine Lohn- und Arbeitsbestätigung vom August 2001 vorgelegt, wonach er im Juli 2001 einen Nettolohn von S 13.341,-- bezogen habe. Des Weiteren habe er eine Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung vom Mai 2002 vorgelegt, wonach er einen Nettolohn von EUR 793,77 erhalten habe. Welches Einkommen er von August 2001 bis April 2002 erhalten habe, habe er nicht belegt. Damit sei er der Aufforderung der belangten Behörde, sein monatliches Nettoeinkommen der letzten sechs Monate zu belegen, nicht nachgekommen. Der gesamten Familie müsse laut den Sozialhilferichtsätzen 2002 des Bundeslandes Niederösterreich ein Mindestbedarf von EUR 1.018,20 zur Verfügung stehen. Dieser setze sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1 Haushaltsvorstand (= BA)
EUR
402,30
2 Familienangehörige ohne Anspruch auf Familienbeihilfe(DA, die legal in Österreich lebt, für derenUnterhalt der Vater mit seinem Einkommen auch aufkommtund GA (Erstbeschwerdeführerin)) a EUR 209,50
EUR
419,00
1 Familienangehöriger mit Anspruch auf FamilienbeihilfeFamilienbeihilfe (HA (Zweitbeschwerdeführer))Miete (ÖS 1.000,-)
EUR~ EUR
124,2072,70
EUR
1.018,20

Der Beschwerdeführer habe jedoch für Mai 2002 lediglich ein Einkommen von EUR 793,77 belegt. Selbst für den Fall der Berücksichtigung eines 13. und 14. Monatsgehaltes errechne sich lediglich ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von EUR 926,70. Auch dieser Betrag liege unter dem genannten Mindestbedarf. Somit sei der Lebensunterhalt einer vierköpfigen Familie in Österreich nicht gesichert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

In beiden Beschwerden werden Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Ermittlung des Familieneinkommens geltend gemacht. Dazu wird behauptet, dass die in Österreich aufhältige Tochter der Erstbeschwerdeführerin bzw. Schwester des Zweitbeschwerdeführers namens DA mittlerweile volljährig und selbsterhaltungsfähig sei (so die Behauptung in der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin) bzw. ihr Studium an der Universität Wien durch ein Stipendium finanziert werde (Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers).

Dieses Vorbringen unterliegt nicht dem Neuerungsverbot. Die Behörde erster Instanz hat die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert; diese Zusammenfassung enthält die Feststellung, dass der Ehemann bzw. Vater unterhaltspflichtig "für Ihren (gemeint ist die Erstbeschwerdeführerin) Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt Ihres Kindes (gemeint ist der Zweitbeschwerdeführer)" sei. Auch in den erstinstanzlichen Bescheiden ist nur von einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind, nämlich dem Zweitbeschwerdeführer, die Rede. Dem gegenüber stützte die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide darauf, dass der Ehemann bzw. Vater nicht nur für die beiden Beschwerdeführer unterhaltspflichtig sei, sondern auch für seine Tochter DA. Auf diese entfalle ein Mindestbedarf von EUR 209,50.

Der dargestellte Verfahrensmangel ist relevant. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass bei Nichtannahme einer Unterhaltspflicht für die Tochter bzw. Schwester DA die belangte Behörde zu einem für die Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen können. Die belangte Behörde hat nicht in Abrede gestellt, dass der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer das im Monat Mai 2002 erzielte Einkommen auch zukünftig erlangen könne (vgl. auch zur mangelnden Relevanz früherer Einkommensverhältnisse das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/21/0516). Weiters durfte die belangte Behörde nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass der genannte Nettolohn nur zwölf Mal im Jahr bezogen wird (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 98/21/0516). Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass das Familieneinkommen für den Ehemann bzw. Vater und die beiden Beschwerdeführer für die Dauer der angestrebten Bewilligung ausreicht. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2005:2002210221.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-57258