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VwGH 16.05.2002, 2002/16/0049

VwGH 16.05.2002, 2002/16/0049

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
FinStrG §167 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Trifft den Parteienvertreter ein maßgebliches Verschulden an der Versäumung der Frist, so ist dieses der Partei zuzurechnen (Hinweis Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz 8, 16 und 17 zu § 167 bis § 168 FinStrG).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/16/0290 E RS 3 (hier: § 46 Abs 1 VwGG anzuwenden)
Norm
VwGG §46 Abs1;
RS 2
Die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes ist so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen sichergestellt ist. Für die richtige Beachtung eine Frist in einem bestimmten Fall ist in einer Rechtsanwaltskanzlei immer der Anwalt selbst verantwortlich. Denn er selbst hat die Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten obliegenden Aufsichtspflicht zu überwachen (Hinweis B , 2000/16/0311, 0312). Wenn der Rechtsanwalt die in Rede stehende Frist nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmt, sondern diese Bestimmung einer Angestellten überlässt, so obliegt es ihm jedenfalls, diesen Vorgang bzw die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (Hinweis E , 99/16/0242). Darin, dass die Organisation des Kanzleibetriebes nicht den genannten Erfordernissen entspricht und eine Eintragung bzw Kontrolle der Fristvormerkung nicht erfolgt ist, ist ein Verschulden des Parteienvertreters gelegen, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Allgemein gehaltene Behauptungen über das bisherige Funktionieren betrieblicher Abläufe sind generell nicht geeignet, die Unabwendbarkeit eines im konkreten Fall unterlaufenen Ereignisses tauglich darzustellen (Hinweis E , 96/13/0173, 0174).

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2002/16/0118 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in der Beschwerdesache des W in G, Deutschland, vertreten durch Norbert Wilhoff, Rechtsanwalt in Garching/Alz, Nikolausstraße 4, Deutschland, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat IV, vom , GZ ZRV56/1-L4/2001, betreffend Eingangsabgaben, den Beschluss gefasst:

Spruch

1.) Dem Antrag über Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde wird keine Folge gegeben.

2.) Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den in Deutschland dienstleistenden Rechtsanwalt Norbert Wilhoff, Beschwerde gegen den im Spruch näher bezeichneten Bescheid.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl 2002/16/0049-3, wurde der Beschwerdeführer unter Setzung einer Frist von vier Wochen aufgefordert, ein bestimmtes Begehren (§ 28 Abs 1 Z 6 iVm § 42 Abs 2 VwGG) zu stellen, das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte, § 28 Abs 1 Z 4 VwGG), bestimmt zu bezeichnen, die Beschwerde mit der Unterschrift eines Einvernehmensanwalts zu versehen (§ 5 EuRAG), einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen (§ 6 EuRAG) und eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen beizubringen. Die Verfügung wurde am zugestellt.

Mit einem Schreiben der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde der Beschwerdeführer weiters aufgefordert, die (bis dahin nicht entrichtete) Eingabengebühr in Höhe von 180 EUR binnen einer Woche zu entrichten.

Mit einem Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der ihm eingeräumten Frist zur Behebung der seiner Beschwerde anhaftenden Mängel. Darin wurde ausgeführt, die beiden Verfügungen des Verwaltungsgerichtshofes seien dem Vertreter des Beschwerdeführers am zugestellt worden. Weiters wurde wörtlich ausgeführt:

Versehentlich wurden die Fristen in beiden Schreiben (Zahlungsaufforderung innerhalb 1 Woche und 4-wöchiges Ergänzungsvorbringen) verwechselt. Die seit über 15 Jahren in der Kanzlei des Unterfertigten tätige nachbenannte Mitarbeiterin N vermerkte die 4-Wochenfrist für die Beschwerdeergänzung ausschließlich für das 1-wöchige Zahlungsbegehren, dabei jedoch nicht diejenige für das Ergänzungsvorbringen, welche unabsichtlich kumuliert wurde. Weil somit für die Ergänzung der Beschwerde keine gesonderte Frist mehr vermerkt war, wurde deren Beachtung übersehen.

Bei N handle es sich um eine äußerst zuverlässige Mitarbeiterin. Sie habe schon seit über einem Jahrzehnt die Fristsachen bearbeitet und stets korrekt ausgeführt. Eine ständige Kontrolle sei deswegen nicht erforderlich gewesen, sondern lediglich Stichproben von Zeit zu Zeit. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe sich auch im vorliegenden Fall auf das korrekte Eintragen der Fristen verlassen, da keine Veranlassung bestand, an der Richtigkeit und Bestimmtheit zu zweifeln. Der Schriftsatz ist von einer inländischen Rechtsanwältin als Einvernehmensanwältin mitunterfertigt.

Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist dabei nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 665, und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung).

Trifft den Parteienvertreter ein maßgebliches Verschulden an der Versäumung der Frist, so ist dieses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Partei zuzurechnen (vgl zuletzt etwa das Erkenntnis vom , 98/16/0290).

Die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes ist so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen sichergestellt ist. Für die richtige Beachtung eine Frist in einem bestimmten Fall ist in einer Rechtsanwaltskanzlei immer der Anwalt selbst verantwortlich. Denn er selbst hat die Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten obliegenden Aufsichtspflicht zu überwachen (vgl zB den hg Beschluss vom , 2000/16/0311, 0312). Wenn der Vertreter des Beschwerdeführers die in Rede stehende Frist nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmt, sondern diese Bestimmung einer Angestellten überlässt, so obliegt es ihm jedenfalls, diesen Vorgang bzw die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (vgl zB das hg Erkenntnis vom , 99/16/0242, mit weiteren Hinweisen).

Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Ausführungen über die Organisation des Kanzleibetriebes des bevollmächtigten Rechtsanwaltes. Insbesondere werden Vorkehrungen im Kanzleibetrieb, die eine derartige Fristversäumnis verhindern sollen, wie etwa die Führung eines entsprechenden Fristenvormerks unter der unmittelbaren Leitung des Rechtsanwaltes und die entsprechende Kontrolle dieses Fristenvormerks, nicht einmal behauptet. Vielmehr wird im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, der Parteienvertreter habe sich im vorliegenden Fall auf das korrekte Eintragen der Fristen verlassen. Darin, dass die Organisation des Kanzleibetriebes nicht den genannten Erfordernissen entspricht und im konkreten Fall eine Eintragung bzw Kontrolle der Fristvormerkung nicht erfolgt ist, ist aber ein Verschulden des Parteienvertreters gelegen, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Überdies sind allgemein gehaltene Behauptungen über das bisherige Funktionieren betrieblicher Abläufe generell nicht geeignet, die Unabwendbarkeit eines im konkreten Fall unterlaufenen Ereignisses tauglich darzustellen (vgl das hg Erkenntnis vom , 96/13/0173, 0174).

Aus den angeführten Gründen erweist sich der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet, sodass ihm keine Folge gegeben werden konnte.

Der Beschwerdeführer ist somit der am an ihn ergangenen Aufforderung, die Mängel der gegen den im Spruch bezeichneten Verwaltungsakt eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen. Auf Grund der Fristversäumnis kann die Beantwortung der Frage, ob durch den am eingebrachten Schriftsatz die der Beschwerde anhaftenden Mängel beseitigt wurden, dahinstehen. Das Verfahren war daher gemäß §§ 34 Abs 2 und 33 Abs 1 VwGG einzustellen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
FinStrG §167 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2002160049.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-57243