Suchen Hilfe
VwGH 17.12.2002, 2002/14/0127

VwGH 17.12.2002, 2002/14/0127

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
RS 1
Als Hindernis iSd § 46 Abs 3 VwGG ist jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde, so hört das Hindernis iSd § 46 Abs 3 VwGG auf, sobald der Bf (Beschwerdevertreter) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet zugestellt worden ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2001/08/0031 B RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2002/14/0128

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, 1. über den Antrag des KH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Ernst Fiedler, Dr. Bernd Illichmann, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 50, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. RV718/1-T7/01, betreffend Nichtfeststellung von Einkünften für 1992 und 2. über die gegen diesen Bescheid gleichzeitig erhobene Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss vom , 2001/14/0195, hat der Verwaltungsgerichtshof eine mit datierte und am zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen. In der Begründung dieses Beschlusses hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach dem darin angeführten Zustelldatum des angefochtenen Bescheides () rechtzeitig erhoben erschien und daher das Vorverfahren eingeleitet worden sei. In ihrer Gegenschrift vom habe die belangte Behörde unter anderem darauf hingewiesen, dass die Zustellung des angefochtenen Bescheides bereits am erfolgt sei. Zu der den ausgewiesenen Vertretern des Beschwerdeführers nachweislich am zugestellten Gegenschrift habe sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

Mit Schriftsatz vom führt der Antragsteller aus, der Beschluss vom über die Zurückweisung der Beschwerde sei seinem Rechtsvertreter am zugestellt worden. Es werde nunmehr innerhalb der 14-tägigen Frist gemäß § 46 VwGG der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt und unter einem gemäß § 46 Abs. 3 VwGG Beschwerde erhoben.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers anlässlich des Auftrages zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde von der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers der anzufechtende Bescheid mit dem handschriftlichen Vermerk " an Firma H." übermittelt worden sei. Der Rechtsvertreter habe bei der steuerlichen Vertreterin mehrfach rückgefragt, ob dies das richtige Zustelldatum sei und sei dies mehrfach bestätigt worden. Der Beschwerdeführer habe sich von einer näher bezeichneten Rechtsanwaltskanzlei eine komplette Abschrift des Aktes des Finanzamtes erstellen lassen, ein Rückschein hinsichtlich der Zustellung des anzufechtenden Bescheides sei diesen Kopien nicht beigelegen.

Nachdem in der Gegenschrift zur Beschwerde durch die Finanzlandesdirektion erstmals eine Verfristung angesprochen worden sei, habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unverzüglich bei diesem selbst "urgiert", allerdings wiederum die Mitteilung erhalten, dass das Zustellungsdatum der gewesen sei. Nach Zustellung des Beschlusses über die Zurückweisung der Beschwerde habe sich herausgestellt, dass die Zustellung von einem Bürokauflehrling übernommen worden sei und ein falsches Zustelldatum bekannt gegeben worden sei.

Der Antragsteller vertritt in der Folge die Ansicht, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumung treffe, weil er sich auf die Aussagen seiner im Stadium der Lehrlingsausbildung stehenden Mitarbeiterin verlassen habe.Auch ein Verschulden der nicht zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertreterin und insbesondere des ausschließlich mit der Beschwerdeverfassung beauftragten Rechtsvertreters liege nicht vor.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch ein Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde. Diese Frist beginnt laut Gesetz mit dem Aufhören des Hindernisses. Als Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. ist jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Beschwerde, so hört das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf, sobald der Beschwerdeführer (Beschwerdevertreter) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Zurückweisung der Beschwerde als verspätet zugestellt worden ist.

Der Antragsteller räumt ein, dass die Finanzlandesdirektion in ihrer Gegenschrift "erstmals die Verfristung angesprochen" hat. Konkret führte die Finanzlandesdirektion in ihrer Gegenschrift aus, dass die angefochtene Entscheidung "mit Zustellnachweis am und nicht wie in der Beschwerde ausgeführt am " zugestellt worden sei. Da diese Gegenschrift dem Vertreter des nunmehrigen Antragstellers nachweislich am zugestellt wurde, konnte und musste der Irrtum hinsichtlich des Zustellzeitpunktes somit bereits am bemerkt werden. Auf die im Wiedereinsetzungsantrag angeführte "wiederum" erfolgte Mitteilung des Antragstellers hinsichtlich der "Richtigkeit" des Zustelldatums durfte sich der Beschwerdevertreter vor dem Hintergrund der ausdrücklich gegenteiligen Angabe in der Gegenschrift der belangten Behörde nicht verlassen. Bei allfälligen Zweifeln an der Richtigkeit des in der Gegenschrift angeführten Zustellzeitpunktes hätte vielmehr spätestens zu diesem Zeitpunkt die Verpflichtung bestanden, den in der Gegenschrift angesprochenen Zustellnachweis in geeigneter Weise, etwa durch Einsichtnahme in diesen oder eine zu übersendende Kopie, zu prüfen. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass es nicht verwunderlich sein kann, dass der Zustellnachweis über die Zustellung des angefochtenen Bescheides in den im Wiedereinsetzungsantrag angesprochenen Kopien des Aktes des Finanzamtes nicht enthalten war, weil die den angefochtenen Bescheid erlassende Behörde die Finanzlandesdirektion, nicht aber das Finanzamt war, ein allfälliger Zustellnachweis daher im Akt der Finanzlandesdirektion, nicht aber dem des Finanzamtes aufliegt.

Ausgehend vom als dem Zeitpunkt, zu welchem der Tatsachenirrtum hinsichtlich des Zustelldatums des angefochtenen Bescheides erkannt werden konnte und musste, erweist sich der am gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Hintergrund der Frist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG als verspätet.

Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Die nochmals eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid war mangels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen entschiedener Sache gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil der Gerichtshof das Verfahren über die denselben Verwaltungsakt bekämpfende Beschwerde bereits mit dem Beschluss vom zurückgewiesen hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2002140127.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-57235