Nachweis der Lebensgemeinschaft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 und 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO stattgegeben.
Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2022 und 2023 werden wie folgt abgeändert:
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2022 | Einkommen | 51.033,11 € | Einkommensteuer | 9.435,20 € |
- anrechenbare LohnsteuerRundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 | - 14.231,41 €0,21 € | |||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer | - 4.796,00 € |
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2023 | Einkommen | 54.221,57 € | Einkommensteuer | 9.185,57 € |
- anrechenbare LohnsteuerRundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 | - 14.672,63 €0,06 € | |||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer | - 4.857,00 € |
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) reichte am via FinanzOnline seine Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2022 und 2023 beim Finanzamt Österreich (im Folgenden: Finanzamt) ein.
Für beide Jahre begehrte er die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages, des Familienbonus Plus in voller Höhe für zwei Kinder sowie des Freibetrages gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40%.
Für das Jahr 2023 wurden daneben noch sonstige Werbungskosten in Höhe von € 208,38 erklärt.
Mit Bescheiden vom veranlagte das Finanzamt den Bf. zur Einkommensteuer für die Jahre 2022 und 2023, wobei jeweils der Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 berücksichtigt wurde. Nicht berücksichtigt wurde hingegen der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Familienbonus Plus für zwei Kinder. Im Jahr 2023 wurden die erklärten Werbungskosten in Höhe von € 208,38 einkünftemindernd angesetzt.
Diese Bescheide für die Jahre 2022 und 2023 wurden wie folgt begründet:
Da im Veranlagungsjahr kein Familienbeihilfenbezug bestanden hätte, sowie keine Unterhaltszahlungen geleistet worden wären, hätte der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt werden können.
Der Alleinverdienerabsetzbetrag wäre nicht berücksichtigt worden, weil es keine Kinder geben würde, für die der Bf. oder seine Ehepartnerin oder seine Partnerin mindestens 7 Monate den Kinderabsetzbetrag erhalten haben. Dieser werde mit der Familienbeihilfe ausbezahlt.
Am erhob der Bf. gegen die Einkommensteuerbescheide für 2022 und 2023 vom fristgerecht über FinanzOnline Beschwerde und beantragte die Zuerkennung des vollen Familienbonus Plus für zwei Kinder, wobei beide Beschwerden damit begründet wurden, dass er bzw. die Mutter der Kinder für beide Kinder die Familienbeihilfe im kompletten Jahr 2022 erhalten hätten, daher wäre auch der Familienbonus Plus zu berücksichtigen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) der Jahre 2022 und 2023 als unbegründet abgewiesen und diese Abweisungen damit begründet, dass Voraussetzung zur steuerlichen Anerkennung des Familienbonus plus (FABO) bei getrennt lebenden Partnerschaften wäre, dass der vom Kind getrennt lebende Elternteil Unterhaltszahlungen leisten müsse. Da der Bf. keine Unterhaltszahlungen bekannt gegeben hätte, hätte der FABO für beide Kinder steuerlich nicht anerkannt werden können.
Am brachte der Bf. auf elektronischem Weg beim Finanzamt einen Vorlageantrag betreffend die Beschwerden hinsichtlich Arbeitnehmerveranlagung 2022 und 2023 ein und brachte in beiden Vorlageanträgen folgendes vor:
Es wäre weder der Grad der Behinderung beachtet worden, noch der Familien Bonus bzw. Alleinverdienerpauschale. Er wisse nicht, was für einen Fehler das Finanzamt im System habe aber mittlerweile wäre es sehr mühsam. ***Frau A *** würde seit 2016 bei ihm wohnen, 2018 wäre ***Kind 1 *** und 2019 ***Kind 2 *** geboren. An dieser Situation hätte sich bis heute nichts verändert, sie würden immer noch alle zusammenwohnen, der Bf. wisse nicht wie das Finanzamt darauf kommen würde, dass er und ***Frau A *** in einer getrennt lebenden Partnerschaft wohnen würden. Sie wären auch alle vier an derselben Adresse gemeldet. Da hätte der Bf. dem Finanzamt letztes Mal schon den Meldezettel von ***Frau A *** geschickt, es wäre wirklich mühsam. Bitte um Information, was das Finanzamt vom Bf. benötigen würde um das zu verifizieren.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerden vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmveranlagung) der Jahre 2022 und 2023 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab nach Anführung des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 folgende Stellungnahme zur Beschwerde hinsichtlich des Alleinverdienerabsetzbetrages ab:
Im vorliegenden Fall würde sich aus dem Zentralen Melderegister ergeben, dass die beiden Kinder des Bf. sowie deren Mutter ***Frau A *** bereits seit an einer anderen Adresse als der Bf., mit Hauptwohnsitz gemeldet wären. Weiters hätte ***Frau A *** im Zuge ihrer eigenen Arbeitnehmerveranlagung 2023 (siehe Beschwerdevorbringen betreffend ESt 2023) im Zusammenhang mit dem Alleinerzieherabsetzbetrag dem Finanzamt gegenüber bekanntgegeben, dass sie seit in keiner Partnerschaft lebe. In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung der Jahre 2019 bis 2021 hätte sie ebenfalls den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt.
Aufgrund dieses Sachverhalts könne davon ausgegangen werden, dass der Bf. in den Beschwerdejahren in keiner Partnerschaft mit ***Frau A *** gelebt hat.
Die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrags würden daher in beiden Jahren nicht vorliegen.
Betreffend den Familienbonus Plus führte das Finanzamt nach Wiedergabe des § 33 Abs. 3a Z 3 lit a und b und Z 4 EStG 1988 im Vorlagebericht folgendes aus:
Im gegenständlichen Fall würde der Bf. die Berücksichtigung des Familienbonus Plus als Partner der Familienbeihilfenberechtigten (Kindesmutter) beantragen.
Mangels Vorliegen einer Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter, wäre ein Anspruch auf Berücksichtigung des Familienbonus Plus gemäß der Antragstellung in den Beschwerdejahren nicht gegeben.
In der Folge hat das Bundesfinanzgericht Frau ***Frau A *** als Auskunftsperson gem. § 143 Abs. 1 BAO auf schriftlichen Wege einvernommen und wurde die Beantwortung von Frau ***Frau A *** mit Mail vom dem Finanzamt mit Beschluss vom zur Kenntnis gebracht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am ***1***2018 wurde ***Kind 1 *** geboren, deren Vater der Bf. und deren Mutter ***Frau A *** ist.
Am ***2***2019 wurde ***Kind 2 *** geboren, deren Vater der Bf. und deren Mutter ***Frau A *** ist.
***Frau A *** hat sowohl für ***Kind 1 *** als auch ***Kind 2 *** in den Jahren 2022 und 2023 ganzjährig Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bezogen.
Der Bf. hat (auch) in den Jahren 2022 und 2023 von der ***Arbeitgeber X *** Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.
Der Bf. hat (auch) in den Jahren 2022 und 2023 mit ***Frau A *** an der Anschrift ***4*** in ***3*** zusammen gewohnt, wobei auch die beiden Kinder ***Kind 1 *** und ***Kind 2 *** an dieser Anschrift gewohnt haben. Der Bf. hat sich (auch) 2022 und 2023 mit ***Frau A *** in einer Lebensgemeinschaft befunden.
Frau ***Frau A *** hat in den Jahren 2022 und 2023 keinen Familienbonus Plus für ihre beiden Kinder für die sie Familienbeihilfe bezogen hat beantragt.
2. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich - soweit im Folgenden nicht zu einzelnen Feststellungen Ausführungen erfolgen - aus dem vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vom vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung, dass der Bf. (auch) in den Jahren 2022 und 2023 mit ***Frau A *** zusammen in einer Lebensgemeinschaft gelebt hat, ergibt sich aus den Angaben im Mail von ***Frau A *** vom in Beantwortung des Beschlusses vom . Insbesondere erscheint es dem Bundesfinanzgericht als plausibel, dass die Ausführungen von Frau ***Frau A *** in ihrer Beschwerde betreffend die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 vom , wonach sie seit in keiner Partnerschaft mehr wäre und sie den Partner entfernt hätte, aus einer Emotion heraus formuliert wurden zumal eine "Entfernung" des Bf. im Sinne eines Auszuges der Bf. aus der bisherigen Wohnung gar nicht möglich war, weil es sich bei der Wohnung in ***3***, ***4***, um die Wohnung des Bf. handelt. Unterkunftgeber für den Bf. an dieser Anschrift ist ja die ***5*** und nicht Frau ***Frau A ***. Schließlich sind die Ausführungen von Frau ***Frau A *** im Mail vom auch deswegen glaubwürdig, dass sie lediglich die Einkäufe der Lebensmittel finanziert hätte und nicht die Fixkosten bzw. sonstigen Anschaffungen, weil die Einnahmen von Frau ***Frau A *** in den Jahren 2022 und 2023 gering waren (2022: € 10.105,19 aus Bezügen vom AMS und einem Arbeitgeber inkl. Anti-Teuerungsbonus von € 250,00 zuzügl. Familienbeihilfe sowie 2023:
€ 9.552,05 AMS-Bezüge zuzügl. Familienbeihilfe).
Auch ist zu berücksichtigen, dass der vom Bundesfinanzgericht an ***Frau A *** an die Anschrift ***6***, ***7*** (das ist die Meldeadresse von Frau ***Frau A *** seit laut ZMR-Auskunft vom ) mit Zustellnachweis versendete Beschluss vom von der Post an das Bundesfinanzgericht unbehoben zurückgesendet wurde, was ein eindeutiges Indiz dafür ist, dass die Bf. tatsächlich nicht an der Anschrift ***6***, ***7***, wohnt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro (2023: 520 Euro), bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro (2023: 704 Euro). Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro (2023: 232 Euro) jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1 EStG 1988), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.
Gemäß § 106 Abs. 3 EStG 1988 ist (Ehe-)Partner eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft iSd Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes eingetragen ist.
Voraussetzung für die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages ist weiters, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 312 Euro (2022: 6.000 Euro) jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen.
Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag ohne aufrechte Ehe ist das Leben "in einer Lebensgemeinschaft". Der Status des Alleinverdieners ist gleichsam der entgegengesetzte Status eines Alleinerziehers; Alleinerzieherabsetzbetrag und Alleinverdienerabsetzbetrag schließen einander wegen der 6-Monats-Regel gegenseitig aus (vgl Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 33 Rz 49 unter Verweis auf ).
Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag ist daher bei einem Steuerpflichtigen, der nicht mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist, dass dieser mehr als sechs Monate im Jahr in einer Lebensgemeinschaft, lebt und zumindest für ein Kind iS des § 106 Abs. 1 EStG 1988 mehr als sechs Monate einem der in Lebensgemeinschaft lebenden Personen ein Kinderabsetzbetrag zugestanden ist.
Eine allgemein gültige gesetzliche Definition der Lebensgemeinschaft fehlt. Bei der Lebensgemeinschaft handelt es sich der ständigen Rechtsprechung des VwGH um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen eine Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft. Es kann aber auch wie in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. Eine bloße Geschlechtsgemeinschaft, die nicht über das hinausgeht, was üblicherweise als intimes Verhältnis bezeichnet wird, führt noch nicht zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre. Es muss dabei nicht immer zugleich Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der Lebensgemeinschaft gegeben sein, weil jedes dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder auch ganz fehlen kann (vgl zB , mit Hinweis auf ; vgl. auch ; ; ; ; ).
Neben dem Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft und der Eheähnlichkeit spielt für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft auch eine gewisse Dauer, auf die sie eingerichtet ist, eine Rolle (vgl ), wobei die "Dauer" bereits als erfüllt zu betrachten ist, wenn die Partner ein längeres Zusammenleben beabsichtigen (vgl ).
Eine Wohngemeinschaft liegt grundsätzlich vor, wenn die Lebensgefährten tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein soll; sie muss über die bloßen "Nebenerscheinungen" einer Geschlechtsgemeinschaft hinausgehen. Durch fallweise gemeinsame Übernachtungen in unregelmäßigen Abständen wird sie daher nicht begründet. Der Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts steht aber nicht entgegen, dass einer der beiden Partner nicht jeden Tag in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt, etwa weil er regelmäßig auswärtige Berufstätigkeiten verrichten muss (vgl ; , 1 Ob 98/22a).
Für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft ist wesentlich, dass die Partner einander an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Gütern teilnehmen lassen. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt sich aber nicht auf diese rein materielle Seite. Vielmehr kann eine Lebensgemeinschaft nur dann bejaht werden, wenn die beiden Partner Freud und Leid miteinander teilen sowie einander Beistand und Dienste leisten. Neben dem Vorliegen einer seelischen Gemeinschaft ist - mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung einer Ehe - allerdings ein Mindestmaß an einer wirtschaftlichen Gemeinschaft unverzichtbar. Dies gilt auch für eine "moderne" Lebensgemeinschaft, bei der die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Partner den Regelfall bildet (vgl ; , 3 Ob 35/20y, mwN).
Indizien für eine Lebensgemeinschaft können auch die polizeiliche Meldung an ein- und demselben Wohnort sein (vgl. ). Wie sich aus den vom Finanzamt am durchgeführten Abfragen des Zentralen Melderegisters ergibt, ist ***Frau A *** zwar bereits seit nicht mehr an der Wohnanschrift des Bf. polizeilich gemeldet, sondern an einer anderen Wohnadresse, die auch in einem anderen ***8***bezirk (***9***) liegt als in dem sich die Wohnung des Bf. befindet. Auch die beiden Kinder sind seit an der Anschrift von ***Frau A *** gemeldet. Allerdings handelt es sich bei der polizeilichen Meldung bloß um ein Indiz für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft und kann bei einer nicht gemeinsamen polizeilichen Meldung am selben Wohnort nicht geschlossen werden, dass keine Lebensgemeinschaft vorliegt. Auch entspricht es der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass die polizeiliche Meldung für die Frage des Wohnsitzes nicht entscheidend ist (vgl. ; ). Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt wohnt die Bf. tatsächlich nicht an der polizeilich gemeldeten Anschrift, sondern sie wohnt beim Bf. und besteht neben der Wohnungsgemeinschaft auch eine Wirtschaftsgemeinschaft, weil Frau ***Frau A *** die Kosten für die Lebensmittel zahlt und auch davon auszugehen ist, dass sie den Haushalt führt und der Bf. die Fixkosten der Wohnung sowie von Anschaffungen trägt.
Dem Bf. steht daher für die Jahre 2022 und 2023 der beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von 669 Euro für 2022 sowie 704 Euro für 2023 zu, weil das von Frau ***Frau A *** 2022 und 2023 bezogene Einkommen vom AMS unter die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 5a EStG 1988 fällt und daher bei der Einkommensgrenzermittlung nicht zu berücksichtigen ist. Die von Frau ***Frau A *** 2022 erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (€ 1.088,24) liegen weit unter dem Grenzbetrag von € 6.000,00.
Betreffend den Familienbonus Plus bestimmt § 33 Abs. 3a EStG 1988 folgendes:
Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen.
4.(Ehe-)Partner im Sinne der Z 3 ist eine Person, mit der der Familienbeihilfenberechtigte verheiratet ist, eine eingetragene Partnerschaft nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG begründet hat oder für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Lebensgemeinschaft lebt. Die Frist von sechs Monaten im Kalenderjahr gilt nicht, wenn dem nicht die Familienbeihilfe beziehenden Partner in den restlichen Monaten des Kalenderjahres, in denen die Lebensgemeinschaft nicht besteht, der Unterhaltsabsetzbetrag für dieses Kind zusteht.
6. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Familienbonus Plus beantragt wird, anzugeben.
7. Der Bundesminister für Finanzen hat die technischen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung zur Verfügung zu stellen.
Dem Bf. steht daher auch der ganze Familienbonus Plus für die beiden Kinder ***Kind 1 *** und ***Kind 2 *** zu, weil er in den Jahren 2022 und 2023 mit deren Mutter, die für beide Kinder ganzjährig in den Jahren 2022 und 2023 Familienbeihilfe bezogen hat, in Lebensgemeinschaft gelebt hat und war daher der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall waren lediglich Tatfragen zu lösen, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103919.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAF-57212