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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2025, RV/2100398/2023

Kein Alleinerzieherabsetzbetrag bei aufrechter Lebensgemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Stefan Plattner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF) ***Bf1*** hat im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 den Alleinerzieherabsetzbetrag für zwei Kinder beantragt.

Am erließ das Finanzamt Österreich (belangte Behörde) den Einkommensteuerbescheid 2021. Der Alleinerzieherabsetzbetrag wurde darin nicht berücksichtigt.

Am erhob die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab, woraufhin die BF mit Schreiben vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung übermittelt.

Die belangte Behörde sieht die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages als nicht gegeben an, da die BF im betreffenden Jahr mehr als ein halbes Jahr in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft verbracht habe. Dies sei aufgrund der Meldungen im Zentralen Melderegister (ZMR) ersichtlich. Nach der Rspr. des VwGH stehe der Umstand einer beruflich notwendigen Abwesenheit der Annahme einer Gemeinschaft nicht entgegen, da das gemeinsame Wohnen dadurch nicht aufgehoben würde, wenn beide Partner außerhalb dieser beruflich notwendigen Abwesenheit miteinander in Gemeinschaft lebten.

Die BF begehrt demgegenüber die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages. Es liege zwar eine gemeinsame Meldung im ZMR vor, die BF und ihr Partner hätten am Hauptwohnsitz des jeweils anderen ihren Nebenwohnsitz gemeldet. Dies habe jedoch lediglich praktische Gründe gehabt, damit im Falle eines Lockdowns wegen Corona gemeinsame Wochenenden verbracht werden könnten. ***Name-Partner*** sei zwar tatsächlich ihr Lebensgefährte, allerdings habe er seinen Hauptwohnsitz aus beruflichen Gründen in der ***Partner-Adr***, wohingegen die BF ihren Hauptwohnsitz, ebenfalls aus beruflichen Gründen, an der Adresse ***Bf1-Adr*** habe. Die gemeinsame Zeit beschränke sich daher auf die Wochenenden und Urlaube, die wahlweise in ***Ort1*** oder ***Ort2*** verbracht würde. Insgesamt errechne sich jedoch unter der Annahme von 52 Wochenenden und 4 Urlaubswochen lediglich eine gemeinsame Zeit von ca. 132 Tagen, somit lediglich 4,4 Monaten, die im Jahr gemeinsam verbracht würde. Der Lebensgefährte beteilige sich selbst auch nicht an den Kosten, die für die Kinder der BF anfallen würden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF ist unselbständig als Diplomierte Gesundheits und Krankenpflegerin tätig. Sie hat zwei Kinder, geboren ***Geburtsjahr1*** und ***Geburtsjahr2***, die mit der BF im Haushalt wohnen. Seit zumindest unterhält die BF eine Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner ***Name-Partner***.

Die BF hat ihren Hauptwohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr***. Ihr Partner hat seinen Hauptwohnsitz an der Adresse ***Partner-Adr***. Die BF und ihr Partner unterhalten am Hauptwohnsitz des jeweils anderen einen Nebenwohnsitz. Aus beruflichen Gründen sind die BF und ihr Partner unter der Woche bzw. zu Zeiten, an denen die BF Dienst hat, getrennt am jeweiligen polizeilichen Hauptwohnsitz aufhältig. Die Wochenenden und Urlaube verbringen die BF und ihr Partner gemeinsam entweder in ***Ort1*** oder in ***Ort2***.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist grundsätzlich unstrittig und ergibt sich insbesondere aus dem Vorbringen der BF im Vorlageantrag und den dazu beigelegten Unterlagen (OZ 5). Das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft wird von der BF ausdrücklich bestätigt, bestritten wird lediglich das Ausmaß der Zeit, die sie mit ihrem Partner verbringt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Nach § 33 Abs 4 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

  • bei einem Kind 494 Euro

  • bei zwei Kindern 669 Euro

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Die Stellung eines Alleinerziehers ist gleichsam der entgegengesetzte Status eines Alleinverdieners (vgl. mwN).

Ein Alleinerziehungsabsetzbetrag steht neben den restlichen Voraussetzungen somit nur zu, wenn ein Steuerpflichtiger mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Lebensgemeinschaft lebt.

Bei der Lebensgemeinschaft handelt es sich um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen eine Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftgemeinschaft. Es kann aber auch wie in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. Eine bloße Geschlechtsgemeinschaft, die nicht über das hinausgeht, was üblicherweise als intimes Verhältnis bezeichnet wird, führt noch nicht zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft . Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre. Es muss dabei nicht immer zugleich Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der Lebensgemeinschaft gegeben sein, weil jedes dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder auch ganz fehlen kann ( mit Hinweis auf ).

Der Umstand einer beruflich notwendigen Abwesenheit eines (Ehe)Partners steht der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (Lebensgemeinschaft) nicht entgegen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die BF mit ihrem Partner mehr als 6 Monate in einer Beziehung war. Die BF vermeint jedoch, aufgrund des Umstandes, dass sie lediglich ihre freien Tage zusammen verbracht haben, aus berufliche Gründen jedoch unter der Woche getrennt gelebt haben, sei das Tatbestandsmerkmal "mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben" erfüllt.

Allerdings wird eine eheähnliche Gemeinschaft nicht dadurch "pausiert", dass man den Tag nicht zusammen verbringt. Auch in einer Ehegemeinschaft ist es nicht unüblich, dass aus beruflichen Gründen unter der Woche unterschiedliche Wohnsitze vorliegen und lediglich freie Tage miteinander verbracht werden. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob das Zusammenleben auf Dauer angelegt ist (vgl. ), und nicht, dass tatsächlich jeder einzelne Tag miteinander verbracht wird. Dass im gegenständlichen Fall die Absicht des dauerhaften Zusammenlebens bestand, ist dadurch ersichtlich, dass beide Partner jeweils einen Nebenwohnsitz am Hauptwohnsitz des anderen gemeldet haben, was von dem Gedanken getragen ist, so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen.

Ob sich der Partner an den Kosten der Kinder beteiligt, ist nicht relevant für die Frage, ob ein Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht. Der Alleinerzieherabsetzbetrag soll nämlich nicht die Unterhaltsbelastungen durch das Kind abmildern, da diese nach Konzeption des Gesetzgebers durch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag abgegolten ist, sondern soll hiedurch die besondere Belastung berücksichtigt werden, der alleinstehende Personen mit Kindern durch ein dadurch erschwertes berufliches Fortkommen und mangelnde wirtschaftliche Synergieeffekte ausgesetzt sind (vgl. mwN; Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG (2024) § 33 Tz 34).

Da die BF somit im gegenständlichen Jahr mehr als sechs Monate in einer Lebensgemeinschaft gelebt hat (also weniger als sechs Monate nicht in einer Lebensgemeinschaft gelebt hat), steht ihr ein Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Rechtsfragen anhand der gesetzlichen Bestimmungen und der angeführten Judikatur problemlos zu lösen waren, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100398.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAF-57198