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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.02.2025, RV/7104104/2024

Unterhaltsabsetzbetrag und halber Familienbonus Plus bei nur teilweise geleisteten gesetzlichen Unterhaltszahlungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, St.Nr. ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) erzielt ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und beantragte bei der Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 den Unterhaltsabsetzbetrag sowie den halben Familienbonus Plus für das nicht in seinem Haushalt lebende Kind ***Kind-N.***, geb. **GebDatum***.

1. Einkommensteuer 2022 vom (Erstbescheid):

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2022 wurden mit Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2022 vom - wie beantragt - der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der halbe Familienbonus Plus für das nicht in seinem Haushalt lebende Kind ***Kind-N.*** berücksichtigt. Insbesondere habe der Bf. monatliche Unterhaltsleistungen iHv EUR 200,00 geleistet, was einer jährlichen Unterhaltsleistung iHv EUR 2.400,00 entspreche.

Da in weiterer Folge die Kindesmutter in ihrer Beschwerde vom den ganzen Familienbonus Plus beantragt und angegeben habe, dass der Bf. als Kindesvater keine regelmäßigen oder gerechtfertigten Zahlungen geleistet habe, welche als Unterhalt gewertet werden könnten, wurde der Bf. ersucht, die von ihm im Jahre 2022 geleisteten Unterhaltszahlungen nachzuweisen. Dieser Vorhalt des Finanzamtes blieb unbeantwortet.

2. Aufhebung gemäß § 299 BAO betr. Einkommensteuer 2022 vom :

Mit Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2022 vom wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und mit ein Einkommensteuerbescheid 2022 erlassen. Dabei wurden der beantragte Unterhaltsabsetzbetrag und der halbe Familienbonus Plus für das Kind ***Kind-N.*** nicht gewährt.

Begründend wurde ausgeführt, der Bf. sei ersucht worden, den von ihm für das Kind ***Kind-N.*** geleisteten SV-Nr. ***SV-Nr1***, nachzuweisen. Da der belangten Behörde aber bis dato keine geeigneten Unterlagen vorliegen, die dokumentieren, dass der Bf. im Jahre 2022 den vollständig von ihm angegebenen Unterhalt geleistet habe, würden der (halbe) Familienbonus Plus sowie der Unterhaltsabsetzbetrag nicht zustehen.

3. Beschwerde vom :

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2024 vom erhob der Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde und machte geltend, dass er für seine Tochter ***Kind-N.*** Alimente bezahlt habe und diese Unterlagen per Post übermittelt habe. Da es aber bei der Behörde nicht angekommen sei, werde der Kontoauszug nochmals übermittelt. Das Finanzamt werde daher gebeten, dies zu berücksichtigen und die Forderung zurückzunehmen, da der Bf. diese Zahlungen sehr wohl belegen könne.

Nach dem der Beschwerde beiliegenden Kontoauszug habe der Bf. für 2022 wie folgt die nachstehenden Zahlungen an Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 für sein Kind ***Kind-N.*** geleistet:


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Datum:
Auszugs-Nr.:
Betrag:
Datum:
Auszugs-Nr.:
Betrag:
12 2022
200,00
04 2022
90,00
11 2022
200,00
04 2022
155,00
10 2022
200,00
04 2022
200,00
09 2022
200,00
03 2022
260,00
08 2022
280,00
02 2022
120,00
07 2022
200,00
02 2022
200,00
06 2022
200,00
01 2022
47,00
05 2022
50,00
01 2022
200,00
05 2022
200,00
12 2021
200,00
SUMME:
1.730,00
SUMME:
1.472,00
GESAMT:
3.202,00

4. Beschwerdevorentscheidungen vom und :

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde Folge gegeben und ein Unterhaltsabsetzbetrag iHv EUR 350,40 sowie ein halber Familienbonus Plus iHv EUR 1.000,08 gewährt.

Mit weiterem Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom wurde die Beschwerdevorentscheidung vom wegen Rechtswidrigkeit des Spruches aufgehoben und mit eine neuerliche Beschwerdevorentscheidung erlassen, wo kein Unterhaltsabsetzbetrag und kein halber Familienbonus Plus berücksichtigt wurden. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 33 EStG 1988 würden Unterhaltsleistungen nur im Jahr der Zahlung für die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages und des Familienbonus Plus berücksichtigt werden können.

Dem Finanzamt sei nur das Schreiben der Stadt Wien vom über nachträglich festgesetzte Unterhaltsbeträge für das Jahr 2021 bis 2023 vorgelegt worden. Auch die Kindesmutter habe mit dem Schreiben der Stadt Wien vom nur eine Nachzahlung von € 1.000,00 bestätigt.

Da somit keine im Jahre 2022 getätigte Unterhaltszahlungen nachgewiesen worden seien, haben weder der Unterhaltsabsetzbetrag noch der Familienbonus Plus zuerkannt werden können.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO sei mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Infolge der Aufhebung des Bescheides 2022 vom sei die gegenständliche Bescheiderlassung erforderlich.

5. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. im Wege von FinanzOnline die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Ergänzend wurde ausgeführt, der Bf. habe für seine Tochter ***Kind-N.*** im Jahre 2022 Unterhalt bezahlt und dies auch dem Finanzamt übermittelt. Und nur weil die Kindesmutter jetzt mehr möchte, habe der Bf. ja trotzdem den Unterhalt bezahlt, der vereinbart gewesen sei. Den vereinbarten und von ihm geleisteten Betrag an Unterhalt habe der Bf. in seinem Steuerausgleich angegeben. Der Bf. verstehe daher nicht, aus welchen Gründen diese Unterhaltszahlungen jetzt zur Gänze nicht anerkannt werden.

Nach der beiliegenden Aufstellung habe der Bf. im Jahre 2022 Unterhaltszahlungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 geleistet.

6. Vorlagebericht des Finanzamtes vom :

Nach den Ausführungen im Vorlagebericht vom sei im vorliegenden Fall der Beschwerde zuerst irrtümlicherweise Folge gegeben worden:

Mittels Vorhalt vom sei der Bf. nochmals zum Nachweis der tatsächlichen Unterhaltsverpflichtung und -leistung für das Jahr 2022 aufgefordert worden. Darüber hinaus stelle sich für das Finanzamt die Frage, aus welchen Gründen der Bf. dem Finanzamt Unterlagen übermittle, in denen er der Kindesmutter direkt die Unterhaltsleistungen überweise, wenn dem Finanzamt gleichzeitig (auch) ein Schreiben vorliege, aus dem hervorgehe, dass der Bf. Rückstände iHv EUR 5.045,00 per an Unterhaltsleistungen beim Magistrat 11 habe. Sollte der Bf. an die Magistratsabteilung 11 Unterhaltsleistungen geleistet haben, müsse er diese auch dem Finanzamt vorlegen.

Als Antwort darauf habe der Bf. mitgeteilt, dass die Kindesmutter erst vor kurzem eine Nachzahlung beantragt habe. Der Bf. habe der Kindesmutter direkt das Geld auf ihr Konto überwiesen, was auch vereinbart gewesen sei. Da das Gericht erst in diesem Jahr entschieden habe, werde eine Unterhaltsvereinbarung der Stadt Wien vom vorgelegt. Nach dieser Unterhaltsvereinbarung gemäß § 210 Abs. 2 ABGB habe der Bf. monatlich EUR 380,00 an Unterhaltszahlungen zu leisten.

Nach den Ausführungen des Finanzamtes sei aus den vom Bf. nachgereichten Unterlagen die tatsächliche Unterhaltsverpflichtung nicht ersichtlich gewesen. Im Hinblick auf die vorstehenden Angaben der Kindesmutter sei die Beschwerdevorentscheidung mithilfe des § 299 BAO korrigiert und die Beschwerde abgewiesen worden. Zur Beschwerde werde daher seitens des Finanzamtes wie folgt Stellung genommen:

Trotz mehrmaliger Aufforderung habe der Bf. nicht nachweisen können, wie hoch seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter ***Kind-N.*** gewesen sei. Es seien zwar Zahlungen an die Kindesmutter im Jahre 2022 nachgewiesen worden.

Aufgrund der fehlenden Vereinbarung sowie der Tatsache, dass offenbar ein Rückstand bei der Stadt Wien "Kinder- und Jugendhilfe" bestehe - was zumindest nicht ausschließe, dass die Kindesmutter gar nicht die berechtigte Empfängerin von Unterhaltsleistungen an das Kind gewesen sei - habe die belangte Behörde allerdings nicht eruieren können, in welchem Ausmaß (bzw. ob überhaupt) die Unterhaltsverpflichtung vom Bf. im Jahre 2022 erfüllt worden sei.

Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag - und in weiterer Folge den Familienbonus Plus - habe allerdings nur ein Steuerpflichtiger, der seiner Unterhaltsverpflichtung nachkomme. Da die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung vom Bf. nicht nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden konnte, bestehe nach Ansicht der Behörde kein Unterhaltsabsetzbetrag und somit auch kein Anspruch auf den Familienbonus Plus. Es werde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

7. Amtshilfeersuchen an Magistratsabteilung 11 (MA 11):

Nach der Stellungnahme der Magistratsabteilung 11 der Stadt Wien vom habe die Kindesmutter, ***M.L.***, geb. ***GebDatum1***, erst am die Kinder- und Jugendhilfe, Bezirk 3, 11, zur Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche ermächtigt.

Der Bf. als Kindesvater sei mit Schreiben vom darüber informiert worden. Seit Februar 2024 würden die laufenden Unterhaltszahlungen des Bf. bei der MA 11 einlangen. Weitere Fragen für die Zeit vor der Ermächtigung bzw. vor dem würden seitens der MA 11 nicht beantwortet werden können. Diese Fragen seien daher direkt an die Kindesmutter, ***M.L.***, zu richten.

8. BFG-Vorhalt vom :

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. um Bekanntgabe ersucht, aufgrund welcher Vereinbarung der Bf. lt. Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 Unterhaltsleistungen iHv EUR 2.400,00 geleistet habe.

Darüber hinaus wurde dem Bf. vorgehalten, dass nach dem Vorbringen der Kindesmutter der Bf. vom in deren Beschwerde gegen ihren Einkommensteuerbescheid 2022 geltend gemacht habe, dass der Bf. "bis dato keine regelmäßigen oder gerechtfertigten Zahlungen tätigte, welche als "Unterhalt" gewertet werden können."

Dem Bf. wurde weiters zur Kenntnis gebracht, dass mit Unterhaltsvereinbarung gemäß § 201 Abs. 2 ABGB vom die Unterhaltsleistungen 2022 mit EUR 380,00/Monat festgelegt worden seien, was einer jährlichen Unterhaltsleistung iHv EUR 4.560,00 entspreche. So im vorliegenden Fall für 2022 die geleisteten Unterhaltszahlungen lediglich EUR 2.400,00 (lt. Erklärung) bzw. EUR 3.202,00 (lt. Beschwerde) betragen, seien die geleisteten Zahlungen iHv EUR 2.400,0 bzw. 3.202,00 auf die monatlich zu leistenden Unterhaltsbeträge iHv EUR 380,00 pro Monat anteilig anzurechnen.

Dem Bf. wurde weiters vorgehalten, dass nach dem Schreiben der MA 11 vom , Zl. ***GZ1***, bei der Magistratsabteilung 11 ein Rückstand an Unterhaltsleistungen iHv EUR 5.045,00 für das Kind ***Kind-N.*** aushafte und diese Abteilung erst mit mit der Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche von der Kindesmutter, ***M.L.***, beauftragt worden sei.

Dieser BFG-Vorhalt vom ist bis dato unbeantwortet geblieben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Bei der Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte der Bf. den Unterhaltsabsetzbetrag sowie den halben Familienbonus Plus für das nicht in seinem Haushalt lebende minderjährige Kind, ***Kind-N.***, da der Bf. Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 2.400,00 (lt. Erklärung) bzw. EUR 3.202,00 (lt. Beschwerde) geleistet habe.

Im Zuge der erklärungsgemäßen Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2022 mit Bescheid vom wurden der Unterhaltsabsetzbetrag iHv EUR 350,40 und der halbe Familienbonus Plus iHv EUR 1.000,08 berücksichtigt.

Da die Kindesmutter in ihrer Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 u.a. geltend machte, dass der Bf. als Kindesvater keine regelmäßigen oder gerechtfertigten Zahlungen geleistet habe, welche als Unterhalt gewertet werden können, wurde dies dem Bf. zur Stellungnahme vorgehalten.

Infolge der Nichtbeantwortung dieses Vorhalts wurden der Einkommensteuerbescheid 2022 vom gemäß § 299 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Spruches aufgehoben und mit dem ersetzenden Einkommensteuerbescheid 2022 vom kein Unterhaltsabsetzbetrag sowie halber Familienbonus Plus gewährt.

Nach dem Beschwerdevorbringen und der vorgelegten Kopie des Bankkontos habe der Bf. Unterhaltsleistungen für sein Kind ***Kind-N.*** iHv EUR 3.202,00 geleistet, nach der von der Magistratsabteilung 11 unterfertigten Unterhaltsvereinbarung gemäß § 210 Abs. 2 ABGB seien die Unterhaltsleistungen des Bf. mit EUR 380,00/Monat festgelegt worden, was einer jährlichen Unterhaltsleistung iHv EUR 4.560,00 entspreche.

Infolge säumiger Unterhaltsleistungen beauftragte die Kindesmutter ***M.L.*** mit die Kinder- und Jugendhilfe Bezirke 3, 11 zur Vertretung des Kindes ***Kind-N.*** für die Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche.

Nach dem Schreiben der MA 11 an den Bf. vom haftete zu diesem Zeitpunkt ein Rückstand an Unterhaltsleistungen des Bf. iHv EUR 5.045,00 aus.

2. Beweiswürdigung:

Der dieser Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt ergibt sich aus den Erhebungen des Finanzamtes, aus dem dazu erstatteten Parteienvorbringen sowie aus den vom Bf. nachgereichten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Unterhaltsabsetzbetrag:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl I 108/2022 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,2 Euro monatlich zu. Dabei gilt:

a) Der Unterhaltsabsetzbetrag steht zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinen von ihm dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird.

….

d) Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird.

e) Nachzahlungen von gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen.

Der Unterhaltsabsetzbetrag soll gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern steuerlich berücksichtigen. Die Inanspruchnahme des Unterhaltsabsetzbetrages setzt voraus, dass der Steuerpflichtige für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, das nicht seinem Haushalt zugehört und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Der Unterhaltsabsetzbetrag ist dabei an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft und steht nur einer Person zu, die zur Leistung des gesetzlichen Unterhalts verpflichtet ist (vgl. Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner - Jakom EStG, § 33 Rz. 76).

Der Unterhaltsabsetzbetrag steht erstmals für den Kalendermonat zu, für den der Unterhalt zu leisten ist und auch tatsächlich geleistet wurde. Der Steuerpflichtige hat diesbezüglich einen Zahlungsnachweis durch Vorlage schriftlicher Unterlagen zu erbringen.

Wird der Unterhalt nicht in vollem Ausmaß geleistet, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate zu, für die sich rechnerisch eine vollständige Leistung ergibt (vgl. Zl. Ro 2015/13/0008; GZ. RV/0089-G/08; s. sinngemäß Rz 797 LSt-Richtlinien 2000). Mit dem AbgÄG 2022, BGBl I 108/2022, wurde in Abs. 4 Z 3 lit. c ausdrücklich gesetzlich verankert und geregelt, dass vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird (daher rechnerische "Auffüllung" des Kalenderjahres von Beginn an; s. ERlRV 1534, BlgNR XXVI. GP, S. 13). Aus der Umrechnung kann sich dabei auch ein Anspruchszeitraum von weniger als sechs Monaten ergeben (vgl. Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner - Jakom EStG, § 33 Rz. 78).

Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ergibt sich entweder aus dem in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen oder behördlichen Vergleich festgesetzten Betrag oder im Falle einer außergerichtlichen Einigung aus dem im schriftlichen Vergleich festgehaltenen Unterhaltsbetrag (vgl. GZ. RV/0425-I/08). Primär ist also für die Höhe der Unterhaltsverpflichtung der in einem Gerichtsurteil oder einem gerichtlichen, behördlichen oder außerbehördlichen Vergleich festgelegte Höhe so lange bindend, als sie nicht durch eine neue Festsetzung geändert wird (vgl. ; Fellner in Büsser/Ehrke-Rabel/Hirschler/Petritz/Sutter, EStG, § 33 Abs. 4, Rz. 24)

Werden jedoch Unterhaltsleistungen gänzlich durch staatliche Vorschüsse gedeckt, steht kein Unterhaltsabsetzbetrag zu (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG, § 33 Rz. 11/5).

Im vorliegenden Fall hat der Bf. nach der vorgelegten Kopie des Bankauszuges für das Jahr 2022 Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 geleistet, obgleich der Bf. nach der von der Magistratsabteilung 11 unterfertigten Unterhaltsvereinbarung gemäß § 210 Abs. 2 ABGB für 2022 zu monatlichen Unterhaltsleistungen iHv EUR 380,00/Monat verpflichtet war, was einer jährlichen Unterhaltsleistung von EUR 4.560,00 entspricht.

Die tatsächlich geleisteten Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 werden daher wie folgt für die einzelnen Monate des Jahres 2022 angerechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
tatsächl.
Unterhalt:
erforderl. pro Monat:
Anzahl
Monate:
3.202,00
380,00
8,43

Aus diesem Grund wird seitens des Bundesfinanzgerichts der Unterhaltsabsetzbetrag für die ersten 8 Monate von Jänner bis August 2022 gewährt.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Magistratsabteilung 11 von der Kindesmutter ***M.L.*** erst mit zur Vertretung des Kindes ***Kind-N.*** für die Festsetzung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche ermächtigt wurde. Die zum bestehenden Rückstände an Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 5.045,00 können nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts daher nur rückständige Unterhaltsleistungen des Bf. für Zeiträume nach 8/2022 betreffen. Dies insbesondere, als der Bf. für das Jahr 2023 zur Leistung von Unterhaltszahlungen im Gesamtbetrag von EUR 4.980,00 verpflichtet war und der gegenüber der Magistratsabteilung 11 bestehende Rückstand iHv EUR 5.045,00 demnach aus Rückständen resultiert, die nach dem 8/2022 entstanden sind.

3.2 halber Familienbonus Plus:

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 58,34 Euro.

2. […]

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

  • Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

  • beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

d) Stellt sich für das Finanzamt nach Eintritt der Rechtskraft heraus, dass kein oder ein niedrigerer Anspruch auf den Familienbonus Plus besteht, gilt dies als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung.

Der Familienbonus Plus soll erwerbstätige Steuerpflichtige, die Kinder haben und dadurch weniger leistungsfähig sind als Kinderlose mit gleichem Einkommen ab steuerlich entlasten. Damit soll dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem daraus abgeleiteten subjektiven Nettoprinzip, das eine Berücksichtigung zwangsläufiger privater, die Leistungsfähigkeit vermindernder Ausgaben verlangt, Rechnung getragen werden (s. ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 1).

Der Familienbonus Plus steht für ein Kind zu, das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den EWR oder in der Schweiz aufhält.

Der Absetzbetrag steht auf Antrag zu. Einen Antrag auf Berücksichtigung des Familienbonus Plus kann bei unbeschränkter Steuerpflicht u.a. der Steuerpflichtige stellen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht (Unterhaltsverpflichteter; vgl. Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG, § 34, Rz. 34).

Der Anspruch auf Familienbonus Plus hängt davon ab, dass für den jeweiligen Monat der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag besteht für Kalendermonate, für die der gesetzliche Unterhalt zu leisten ist und auch tatsächlich geleistet wird. Wird der Unterhalt nicht in vollem Ausmaß geleistet, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate zu, für die sich rechnerisch eine vollständige Zahlung ergibt (vgl. Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Marschner/Peyerl/Ebner/Ehgartner, Jakom EStG, § 34, Rz. 37).

Wird der Unterhalt innerhalb eines Jahres unregelmäßig (nach)gezahlt, wird für die Beurteilung des Familienbonus Plus die jeweils zeitlich am weitesten zurückliegende offene Unterhaltsverpflichtung des betreffenden Jahres getilgt (s. sinngemäß Rz. 799 LSt-Richtlinien 2000).

Für die Monate, für die der Unterhalt nicht voll geleistet wird, steht dem Unterhaltsverpflichteten der Familienbonus Plus nicht zu.

Ob der Unterhaltszahler seinen Anspruch in der ANV-Erklärung geltend macht, liegt allein in seiner Entscheidung. Der Gesetzgeber hat in Form der Bestimmung des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. c EStG 1988 Vorkehrung für den Fall einer Uneinigkeit der Kindeseltern über eine Inanspruchnahme des Familienbonus Plus getroffen. Auch insofern ist der Abgabenbehörde bei der Anwendung kein Ermessen eingeräumt.

Im vorliegenden Fall hat der Bf. nach der vorgelegten Kopie des Bankauszuges für das Jahr 2022 Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 geleistet, obgleich er nach der von der Magistratsabteilung 11 unterfertigten Unterhaltsvereinbarung gemäß § 210 Abs. 2 ABGB für 2022 zu monatlichen Unterhaltsleistungen iHv EUR 380,00/Monat verpflichtet war, was einer jährlichen Unterhaltsleistung von EUR 4.560,00 entspricht.

Die tatsächlich geleisteten Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 3.202,00 werden daher wie folgt für die einzelnen Monate des Jahres 2022 angerechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
tatsächl.
Unterhalt:
erforderl. pro Monat:
Anzahl
Monate:
3.202,00
380,00
8,43

Aus diesem Grund wird seitens des Bundesfinanzgerichts der halbe Familienbonus Plus für die ersten 8 Monate von Jänner bis August 2022 gewährt und der Beschwerde daher teilweise Folge gegeben.

4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Frage, ob dem Bf. der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der halbe Familienbonus Plus zusteht, um eine auf Sachverhaltsebene zu lösende Frage, und damit um keine Frage der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


RV/0089-G/08
RV/0425-I/08
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104104.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAF-57182