VwGH 28.01.2003, 2002/05/1510
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3; BauO NÖ 1996 §2 Abs1; BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art1 Z7; BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art2 Z2; L-VG NÖ 1979 Art22 Abs5; VwRallg; |
RS 1 | Die Erste Novelle der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8.200-3, sah im Art. I Z. 7 vor, dass im § 2 Abs. 1 der Bauordnung das Wort "Gemeinderat" durch die Wortfolge "Gemeindevorstand (Stadtrat)" ersetzt wurde. Somit wurde durch diese Novelle der Gemeindevorstand an Stelle des Gemeinderates Baubehörde zweiter Instanz (§ 2 Abs. 1 der Bauordnung). Die genannte Novelle trat am Tag nach ihrer Kundmachung () in Kraft, und es sah deren Art. II Z. 2 vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Gemeindebehörden nach der NÖ Bauordnung 1996 anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen seien. Für die hier gegenständliche Novellierung des § 2 der Bauordnung (Art. I Z. 7) sah Art. II Z. 1 der Novelle vor, dass diese Bestimmung erstmals mit dem Beginn der Funktionsperiode des Gemeinderates nach der nächsten allgemeinen Gemeinderatswahl oder der dieser gleichzuhaltenden Gemeinderatswahl anzuwenden war. Das bedeutet aber nur, dass die hier relevante Änderung des § 2 Abs. 1 der Bauordnung trotz des Inkrafttretens am Tag nach der Kundmachung (Art. 22 Abs. 5 NÖ Landesverfassung) erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden soll; die Übergangsbestimmung, die auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens abstellt, gilt daher für alle Bestimmungen dieser Novelle. Das vorliegende Bauverfahren wurde vor dem eingeleitet und ist daher nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen, sodass in diesem Bauverfahren jedenfalls der Gemeinderat über die eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin zu entscheiden hat. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/05/0926 B RS 1
(hier: ohne letzten Satz; hier: das Bauverfahren wurde offenbar
erst nach dem eingeleitet; es bedarf aber im
Beschwerdefall keiner weiteren Erörterung, ob die belangte Behörde
ihre Entscheidungspflicht verletzt hat, weil der
Verwaltungsgerichtshof nicht gemäß Art. 132 B-VG angerufen werden
kann; weitere Begründung im Beschluss). |
Normen | |
RS 2 | Da im vorliegenden Fall die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte (der gemäß § 60 Abs. 2 NÖ GdO 1973 zuständige Gemeinderat), von den Beschwerdeführern nicht angerufen worden ist, liegen die Voraussetzungen der Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht vor. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2002/05/0041 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde der MN in Wien, vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilferstraße 23-25, gegen den Gemeindevorstand der Marktgemeinde B, betreffend Säumnis in einer Bausache, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach ständiger hg. Judikatur ist Sinn der Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG (wonach als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen ist, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde), in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird. Welche Behörde belangte Behörde des Säumnisbeschwerdeverfahrens ist, kann allerdings nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, die bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist. Es ist allerdings unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei der von ihr vorgenommenen Bezeichnung der belangten Behörde eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann. Die Beurteilung gilt angesichts des dahinter stehenden Regelungszweckes sowohl für die Bezeichnung der belangten Behörde in Bescheidbeschwerden als auch in Säumnisbeschwerden (hg. Beschluss vom , Zl. 2001/16/0231 m.w.N.).
Die Erste Novelle der NÖ BauO 1996 (BO), LGBl. 8.200-3, sah im Art. I Z. 7 vor, dass im § 2 Abs. 1 das Wort "Gemeinderat" durch die Wortfolge "Gemeindevorstand (Stadtrat)" ersetzt wurde. Somit wurde durch diese Novelle der Gemeindevorstand an Stelle des Gemeinderates Baubehörde zweiter Instanz (§ 2 Abs. 1 BO). Die genannte Novelle trat am Tag nach ihrer Kundmachung () in Kraft und es sah deren Art. II Z. 2 vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Gemeindebehörden nach der NÖ Bauordnung 1996 anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen seien.
Für die hier gegenständliche Novellierung des § 2 BO (Art. I Z. 7) sah Art. II Z. 1 der Novelle vor, dass diese Bestimmung erstmals mit dem Beginn der Funktionsperiode des Gemeinderates nach der nächsten allgemeinen Gemeinderatswahl oder der dieser gleichzuhaltenden Gemeinderatswahl anzuwenden war. Das bedeutet aber nur, dass die hier relevante Änderung des § 2 Z. 1 BO trotz des Inkrafttretens am Tag nach der Kundmachung (Art. 22 Abs. 5 NÖ Landesverfassung) erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden soll; die Übergangsbestimmung, die auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens abstellt, gilt daher für alle Bestimmungen dieser Novelle (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Zl. 2001/05/0926).
Das vorliegende Bauverfahren wurde offenbar erst nach dem eingeleitet. Es bedarf aber im Beschwerdefall keiner weiteren Erörterung, ob die belangte Behörde ihre Entscheidungspflicht verletzt hat, weil der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht gemäß Art. 132 B-VG angerufen werden kann:
Mit der vorliegenden Beschwerde wird geltend gemacht, dass der Gemeindevorstand der Gemeinde B seiner Entscheidungspflicht nicht nachgekommen sei.
Im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Säumnisbeschwerde galt bereits § 60 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung in der Fassung LGBl. 1000-12 (Gesetzesbeschluss vom , ausgegeben am ). Diese (10.) Novelle zur NÖ Gemeindeordnung enthält keine Übergangsbestimmung. § 60 GemO lautet einschließlich der Überschrift:
"§ 60 Instanzenzug
(1) Der Instanzenzug in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches geht 1. gegen Bescheide des Bürgermeisters (des Gemeindeamtes gemäß § 42 Abs. 3) an den Gemeindevorstand (Stadtrat), 2. gegen erstinstanzliche Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) an den Gemeinderat.
Gegen Berufungsbescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z. 1 ist eine weitere Berufung unzulässig.
(2) Die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse üben aus: 1. gegenüber dem Bürgermeister und dem Gemeindeamt mit Organstellung der Gemeindevorstand (Stadtrat), 2. gegenüber dem Gemeindevorstand (Stadtrat) der Gemeinderat. Gegen Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z. 1 ist eine Berufung unzulässig.
(3) In den Angelegenheiten des vom Land übertragenen Wirkungsbereiches steht der Partei das Recht der Berufung an die Landesregierung zu, falls die Verwaltungsvorschriften keine besonderen Bestimmungen über das Recht zur Einbringung eines Rechtsmittels und den Instanzenzug enthalten."
Gemäß § 27 Abs 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.
Da im vorliegenden Fall die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte, nämlich der Gemeinderat (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/05/0041), von den Beschwerdeführern nicht angerufen worden ist, liegen die Voraussetzungen der Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Anrufung der obersten Behörde Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2003:2002051510.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-57092