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VwGH 23.05.2002, 2002/05/0041

VwGH 23.05.2002, 2002/05/0041

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1;
BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art1 Z7;
BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art2 Z2;
L-VG NÖ 1979 Art22 Abs5;
VwRallg;
RS 1
Die Erste Novelle der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8.200-3, sah im Art. I Z. 7 vor, dass im § 2 Abs. 1 der Bauordnung das Wort "Gemeinderat" durch die Wortfolge "Gemeindevorstand (Stadtrat)" ersetzt wurde. Somit wurde durch diese Novelle der Gemeindevorstand an Stelle des Gemeinderates Baubehörde zweiter Instanz (§ 2 Abs. 1 der Bauordnung). Die genannte Novelle trat am Tag nach ihrer Kundmachung () in Kraft, und es sah deren Art. II Z. 2 vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Gemeindebehörden nach der NÖ Bauordnung 1996 anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen seien. Für die hier gegenständliche Novellierung des § 2 der Bauordnung (Art. I Z. 7) sah Art. II Z. 1 der Novelle vor, dass diese Bestimmung erstmals mit dem Beginn der Funktionsperiode des Gemeinderates nach der nächsten allgemeinen Gemeinderatswahl oder der dieser gleichzuhaltenden Gemeinderatswahl anzuwenden war. Das bedeutet aber nur, dass die hier relevante Änderung des § 2 Abs. 1 der Bauordnung trotz des Inkrafttretens am Tag nach der Kundmachung (Art. 22 Abs. 5 NÖ Landesverfassung) erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden soll; die Übergangsbestimmung, die auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens abstellt, gilt daher für alle Bestimmungen dieser Novelle. Das vorliegende Bauverfahren wurde vor dem eingeleitet und ist daher nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen, sodass in diesem Bauverfahren jedenfalls der Gemeinderat über die eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin zu entscheiden hat.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2001/05/0926 B RS 1 (hier: ohne letzten Satz; hier: Einleitung des Bauverfahrens nach dem ; nächste allgemeine Gemeinderatswahl iSd Art. II Z. 1 der Ersten Novelle der NÖ BauO 1996, LGBl. 8.200-3, am , Angelobung der Gemeinderatsmitglieder in der konstituierenden Sitzung vom ; Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung gegeben)
Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3;
GdO NÖ 1973 §60 Abs2 Z2 idF 1000-12;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
Da im vorliegenden Fall die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte (der gemäß § 60 Abs. 2 NÖ GdO 1973 zuständige Gemeinderat), von den Beschwerdeführern nicht angerufen worden ist, liegen die Voraussetzungen der Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht vor.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der GH, 2. der AM, 3. der HG, 4. des FS, alle in T, alle vertreten durch Dr. CB, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Gemeindevorstand der Marktgemeinde Ebreichsdorf (nunmehr: Stadtsenat der Stadtgemeinde Ebreichsdorf), 2483 Ebreichsdorf, betreffend Säumnis in einer Bausache, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Das hier gegenständliche Bauverfahren wurde durch das Ansuchen der M-GmbH vom eingeleitet. Am fand eine Verhandlung statt, mit Bescheid vom wurde der Bauwerberin die beantragte Bewilligung für die Errichtung der "Inneren Verkehrserschließungsanlagen" erteilt. Mit Schriftsatz vom erhoben die beschwerdeführenden Nachbarn Berufung gegen die erteilte Baubewilligung.

In ihrer am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, gegen den Gemeindevorstand der Marktgemeinde Ebreichsdorf gerichteten Säumnisbeschwerde brachten die Beschwerdeführer vor, über ihre Berufung sei trotz Einlangens am nicht entschieden worden.

Im Zuge des vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahrens brachte die belangte Behörde (nunmehr Stadtsenat der Stadtgemeinde Ebreichsdorf) vor, Grund für das Zuwarten mit der Berufungsentscheidung sei ein bei der Niederösterreichischen Landesregierung anhängiges Feststellungsverfahren zu der Vorfrage gewesen, ob für das Gesamtprojekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Neben der gegenständlichen Säumnisbeschwerde sei von Seiten eines anderen Nachbarn ein Devolutionsantrag an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Ebreichsdorf erhoben worden. Verwiesen wurde darauf, dass der innergemeindliche Instanzenzug zwar erschöpft sei, der Stadtrat aber nicht das oberste Organ der Gemeinde in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches sei sondern gemäß § 60 Abs. 2 Z. 2 der NÖ Gemeindeordnung der Gemeinderat gegenüber dem Gemeindevorstand bzw. Stadtrat die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse ausübe. Es wurde daher beantragt, die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Dazu äußerten sich die Beschwerdeführer, es bestehe keine sachliche Rechtfertigung dafür, die Organe Gemeindevorstand und Gemeinderat im Hinblick auf eine Entscheidungspflicht unterschiedlich zu behandeln. Es sei sachlich nicht nachvollziehbar, dass dann, wenn die zuständigen Baubehörden Entscheidungen treffen, ein zweigliedriger innergemeindlicher Instanzenzug bestehe, jedoch dann, wenn sie säumig seien, ein dreigliedriger innergemeindlicher Instanzenzug. Es werde angeregt, den Verfassungsgerichtshof um Entscheidung darüber zu ersuchen, ob § 2 Abs. 1 NÖ BauO 1996 überhaupt der Verfassung entspreche.

Die Säumnisbeschwerde ist unzulässig.

Die Erste Novelle der NÖ BauO 1996, LGBl. 8.200-3, sah im Art. I Z. 7 vor, dass im § 2 Abs. 1 das Wort "Gemeinderat" durch die Wortfolge "Gemeindevorstand (Stadtrat)" ersetzt wurde. Somit wurde durch diese Novelle der Gemeindevorstand an Stelle des Gemeinderates Baubehörde zweiter Instanz (§ 2 Abs. 1 BO). Die genannte Novelle trat am Tag nach ihrer Kundmachung () in Kraft und es sah deren Art. II Z. 2 vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Gemeindebehörden nach der NÖ Bauordnung 1996 anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen seien. Weiters sah Art. II Z. 1 der Novelle vor, dass diese Bestimmung erstmals mit dem Beginn der Funktionsperiode des Gemeinderates nach der nächsten allgemeinen Gemeinderatswahl oder der dieser gleichzuhaltenden Gemeinderatswahl anzuwenden war. Das bedeutet aber nur, dass die hier relevante Änderung des § 2 Z. 1 BauO trotz des Inkrafttretens am Tag nach der Kundmachung (Art. 22 Abs. 5 NÖ Landesverfassung) erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden soll; die Übergangsbestimmung, die auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens abstellt, gilt daher für alle Bestimmungen dieser Novelle (hg. Beschluss vom , Zl. 2001/05/0926) .

Im vorliegenden Fall wurde das Bauverfahren nach dem eingeleitet; der belangte Stadtsenat hat - von den Beschwerdeführern unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die nächste allgemeine Gemeinderatswahl im Sinne der zitierten Übergangsbestimmung in Niederösterreich am stattgefunden hätte und im Falle der Stadtgemeinde Ebreichsdorf die Angelobung der Gemeinderatsmitglieder in der konstituierenden Sitzung vom erfolgt sei. Der Gemeindevorstand bzw. nunmehr Stadtsenat war daher zur Entscheidung über die hier eingebrachte Berufung zuständig.

Zur Frage, welche Behörde die obrigkeitlichen Befugnisse im Falle des § 73 Abs. 2 AVG ausübt, enthält die NÖ BauO keine Regelung; insoferne ist es unverständlich, wenn die Beschwerdeführer die Frage aufwerfen, ob § 2 Abs. 1 NÖ BauO 1996 "überhaupt der Verfassung entspricht".

Im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Säumnisbeschwerde galt bereits § 60 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung in der Fassung LGBl. 1000-12 (Gesetzesbeschluss vom , ausgegeben am ). Diese (10.) Novelle zur NÖ Gemeindeordnung enthält keine Übergangsbestimmung. § 60 GemO lautet einschließlich der Überschrift:

"§ 60 Instanzenzug

(1) Der Instanzenzug in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches geht 1. gegen Bescheide des Bürgermeisters (des Gemeindeamtes gemäß § 42 Abs. 3) an den Gemeindevorstand (Stadtrat), 2. gegen erstinstanzliche Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) an den Gemeinderat.

Gegen Berufungsbescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z. 1 ist eine weitere Berufung unzulässig.

(2) Die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse üben aus: 1. gegenüber dem Bürgermeister und dem Gemeindeamt mit Organstellung der Gemeindevorstand (Stadtrat), 2. gegenüber dem Gemeindevorstand (Stadtrat) der Gemeinderat. Gegen Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z. 1 ist eine Berufung unzulässig.

(3) In den Angelegenheiten des vom Land übertragenen Wirkungsbereiches steht der Partei das Recht der Berufung an die Landesregierung zu, falls die Verwaltungsvorschriften keine besonderen Bestimmungen über das Recht zur Einbringung eines Rechtsmittels und den Instanzenzug enthalten."

Gemäß § 27 Abs 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.

Da im vorliegenden Fall die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte, von den Beschwerdeführern nicht angerufen worden ist, liegen die Voraussetzungen der Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht vor, weil der gemäß § 60 Abs. 2 GemO zuständige Gemeinderat nicht angerufen worden war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1;
BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art1 Z7;
BauONov NÖ 01te 1999 8200-3 Art2 Z2;
GdO NÖ 1973 §60 Abs2 Z2 idF 1000-12;
L-VG NÖ 1979 Art22 Abs5;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses
Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung -
Einstellung
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050041.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-57074