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VwGH 25.06.2002, 2001/17/0207

VwGH 25.06.2002, 2001/17/0207

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §32 Abs2;
AVG §33 Abs3;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
LAO Bgld 1963 §232 Abs1;
LAO Bgld 1963 §232 Abs2;
LAO Bgld 1963 §86 Abs2;
LAO Bgld 1963 §86 Abs4;
VwGG §27 Abs1;
RS 1
Der Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde ist erst mit dem Datum des Einlangens des Devolutionsantrages bei dieser Behörde (nicht etwa mit dem vorangegangenen Datum der Postaufgabe des Devolutionsantrages) eingetreten (Hinweis E , 95/17/0220). Aus dem Grunde des § 27 Abs. 1 letzter Satz VwGG ist dieser Tag der Beginn der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 27 Abs. 1 VwGG. Eine am letzten Tag der (Warte-)Frist des § 27 VwGG zur Post gegebene Beschwerde wird noch vor Ablauf dieser Frist erhoben (Hinweis B , 1002/73, VwSlg 8484 A/1973; B , 82/04/0135; B , 84/03/0160). Nur die nach Ablauf der Frist des § 27 VwGG zur Post gegebenen Säumnisbeschwerden gelten in Ermangelung weiterer Fristregelungen erst mit ihrem Einlangen beim Verwaltungsgerichtshof als erhoben (Hinweis B , 91/17/0039).
Normen
B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich. Wurde die Säumnisbeschwerde vor Ablauf der in § 27 VwGG genannten Frist erhoben, ist sie - ungeachtet, ob nach ihrer Erhebung tatsächlich Säumnis eingetreten ist - als verfrüht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache 1. des EB und 2. der HB, beide in J, beide vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz, Rechtsanwalt in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde Jois wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i. A. eines Kanalanschlussbeitrages und einer Kanalbenützungsgebühr, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit ihrer am zur Post gegebenen und am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machen die Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in Angelegenheiten eines Kanalanschlussbeitrages bzw. einer Kanalbenützungsgebühr geltend. Sie bringen vor, die Marktgemeinde Jois habe mit einer am erstellten Mahnung Abgabenforderungen in der Gesamthöhe von S 76.476,23 gegen die Zweitbeschwerdeführerin geltend gemacht. Die Beschwerdeführer hätten mit Schriftsatz vom mit näherer Begründung den Antrag gestellt, der Bürgermeister der Markgemeinde Jois möge bescheidmäßig feststellen, dass die in der Mahnung vom berücksichtigten öffentlichen Abgaben teilweise, und zwar hinsichtlich des Kanalanschlussbeitrages und hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr für die Zeit bis einschließlich das ganze Kalenderjahr 1996, verjährt seien und der Abgabenanspruch der Marktgemeinde Jois insoweit durch Verjährung erloschen und untergegangen sei.

Die erstinstanzliche Abgabenbehörde habe in Verletzung der Bestimmung des § 232 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 (im Folgenden: Bgld LAO), über diesen Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden.

Mit Schriftsatz vom , welcher an die belangte Behörde gerichtet worden sei, hätten die Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht an die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrt. Dieser Schriftsatz sei am zur Post gegeben worden. Beim Gemeinderat der Marktgemeinde Jois sei er noch am eingelangt. Seither sei die belangte Behörde untätig gewesen.

Mit Verfügung vom trug der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

Die belangte Behörde äußerte sich hiezu mit Schreiben vom dahingehend, dass der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer bei ihr nachweislich (erst) am eingelangt sei. Eine Kopie dieses Devolutionsantrages, welcher einen Eingangsvermerk der Marktgemeinde Jois mit Datum vom trägt, wurde vorgelegt.

Weiters brachte die belangte Behörde vor, sie habe den Antrag der Beschwerdeführer vom mit Bescheid vom erledigt. Dieser sei am zur Post gegeben worden. Die Zustellung an die Beschwerdeführer sei am erfolgt.

Mit Verfügung vom wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben, sich zu diesem Vorbringen zu äußern. Die Beschwerdeführer brachten zum einen vor, die Säumnisbeschwerde sei am zur Post gegeben worden. Nach dem üblichen Gang der Dinge sei davon auszugehen, dass sie am noch vor 10.00 Uhr beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt sein dürfte. Zum anderen sei die Übernahme des Bescheides der belangten Behörde vom am durch eine Postbevollmächtigte des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer erst nach 10.00 Uhr vormittags erfolgt, weil diese erst nach diesem Zeitpunkt das Postamt Neusiedl am See zum Zwecke der Übernahme der Post aufsuche.

Jedenfalls habe die belangte Behörde die Entscheidungspflicht verletzt, weil sie den Bescheid bis zu erlassen gehabt hätte.

In einer eidesstättigen Erklärung gab die Kanzleiangestellte des Beschwerdevertreters an, sie habe um 8.00 Uhr Dienstbeginn und entfalte üblicherweise zunächst eine andere Tätigkeit in der Kanzlei. Es sei daher anzunehmen, dass die Übernahme des Bescheides der belangten Behörde vom am nach 10.00 Uhr vormittags erfolgt sei.

Seitens des Leiters der Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes wurde am angegeben, dass aus dem Einlaufstempel selbst lediglich ersichtlich sei, dass die Säumnisbeschwerde am vor 15.00 Uhr eingelangt sei. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Eingabe per Post eingelangt sei und nicht von eine Behörde stamme, sei jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie sich bei jener Post befunden habe, die von Beamten der Einlaufstelle gegen

7.30 Uhr beim Postamt abgeholt werde und jedenfalls noch vor 10.00 Uhr beim Verwaltungsgerichtshof einlange. Post, die nicht von Behörden stamme, lange beim Verwaltungsgerichtshof nämlich nur einmal, und zwar im Wege der oben geschilderten Abholung vom Postamt ein.

§ 86 Abs. 2 und 4 sowie § 232 Abs. 1 und 2 Bgld LAO lauten:

"§ 86. ...

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. ...

...

(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.

...

§ 232. (1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 62) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz mit Ausnahme solcher Bescheide, die auf Grund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind (§§ 150 bis 155), der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt, so geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen; ..."

Dem § 86 Abs. 2 und 4 Bgld LAO entsprechende Bestimmungen enthalten § 32 Abs. 2 und § 33 Abs. 3 AVG.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG setzt die Zulässigkeit der vorliegenden Säumnisbeschwerde voraus, dass die belangte Behörde als die oberste Behörde, welche im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen wurde, nicht binnen sechs Monaten in dieser Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Auf Grund der von der belangten Behörde vorgelegten Einlaufstampiglie geht der Verwaltungsgerichtshof im Folgenden von der Richtigkeit der - im folgenden Verfahren von den Beschwerdeführern auch nicht bestrittenen - Behauptung der belangten Behörde aus, der Devolutionsantrag der Beschwerdeführer vom sei am bei der belangten Behörde eingelangt.

Der Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde ist erst mit diesem Datum (nicht etwa mit dem vorangegangenen Datum der Postaufgabe des Devolutionsantrages) eingetreten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0220). Aus dem Grunde des § 27 Abs. 1 letzter Satz VwGG ist dieser Tag der Beginn der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 27 Abs. 1 VwGG.

Der letzte Tag dieser Frist war daher der . Die Frist lief somit um 24.00 Uhr des ab.

Daraus aber folgt, dass die gegenständliche Beschwerde vor Ablauf der in § 27 VwGG genannten Frist von sechs Monaten erhoben worden ist. Für die Frage einer allfälligen Verfrühung einer Säumnisbeschwerde ist nämlich der Tag der Postaufgabe maßgeblich (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom , Zl. 92/01/0492, und vom , Zl. 98/19/0036). Eine am letzten Tag der (Warte-)Frist des § 27 VwGG zur Post gegebene Beschwerde wird noch vor Ablauf dieser Frist erhoben (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Rechtssatz veröffentlicht in Slg. Nr. 8484/A, vom , Zl. 82/04/0135, und vom , Zl. 84/03/0160). Nur die nach Ablauf der Frist des § 27 VwGG zur Post gegebenen Säumnisbeschwerden gelten in Ermangelung weiterer Fristregelungen erst mit ihrem Einlangen beim Verwaltungsgerichtshof als erhoben (vgl. in diesem Zusammenhang den hg. Beschluss vom , Zl. 91/17/0039).

Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich. Deshalb war die vorliegende Säumnisbeschwerde - ungeachtet des Umstandes, dass nach ihrer am erfolgten Erhebung, nämlich um 0.00 Uhr des , tatsächlich Säumnis eingetreten ist - als verfrüht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am

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Normen
AVG §32 Abs2;
AVG §33 Abs3;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
LAO Bgld 1963 §232 Abs1;
LAO Bgld 1963 §232 Abs2;
LAO Bgld 1963 §86 Abs2;
LAO Bgld 1963 §86 Abs4;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde
Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint
keineBESCHWERDELEGITIMATION
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2001170207.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-57025