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VwGH 30.04.2003, 2001/03/0055

VwGH 30.04.2003, 2001/03/0055

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
ABGB §810;
ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §9;
RS 1
§ 810 ABGB regelt die Verwaltung einer Verlassenschaft vor Einantwortung der Erbschaft in der Weise, dass, wenn der Erbe bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, ihm die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen ist. In diesem Zusammenhang wird von einer Erbengemeinschaft gesprochen (vgl. Rummel, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Bd, 2. Auflage, S. 877, Rz. 20 ff). Diese Erbengemeinschaft ist eine Verwaltungsgemeinschaft, auf die die §§ 833 f sinngemäß anzuwenden sind. Gemäß § 833 erster Satz ABGB kommt der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Eine solche Erbengemeinschaft stellt keine juristische Person dar, die Träger von Rechten und Pflichten ist, und auch kein sonstiges Gebilde wie etwa die OHG, das gemäß ausdrücklicher gesetzlicher Regelung mit Teilrechtsfähigkeit ausgestattet ist.
Normen
ABGB §810;
AVG §62 Abs4;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
Die vorliegende Beschwerde wurde von drei Beschwerdeführern (Erben) mit der Beifügung als "Erbgemeinschaft M" erhoben. Aus der Begründung, in der jeweils von den Beschwerdeführern in der Mehrzahl die Rede ist, ergibt sich, dass die Beschwerde von den Beschwerdeführern im eigenen Namen und nicht von der "Erbgemeinschaft M" erhoben werden sollte. Wenn in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides die Berufung der "Erbgemeinschaft M" zurückgewiesen wurde, konnten die Beschwerdeführer dadurch schon deshalb nicht in Rechten verletzt sein, weil der Adressat dieses Spruches die genannte "Erbgemeinschaft" ist und nicht die Beschwerdeführer sind, wie ja auch die Berufung nicht von den Beschwerdeführern, sondern von der angeführten "Erbgemeinschaft" erhoben worden war. Eine Erbengemeinschaft ist nicht Träger von Rechten und Pflichten und auch sonst nicht teilrechtsfähig, weshalb dieser Spruch im Übrigen Niemandem gegenüber eine normative Wirkung entfalten konnte. Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen den Berichtigungsbescheid abgewiesen. Die Erstbeschwerdeführerin kann durch diesen Ausspruch schon deshalb in keinen Rechten verletzt sein, weil ihr in diesem Berichtigungsverfahren keine Parteistellung zukam. Partei und von der Berichtigung unmittelbar Betroffene war einzig und allein die Mitbeteiligte (Agrargemeinschaft), da es sich bei der "Erbgemeinschaft", die von der Berichtigung betroffen war, um kein rechtsfähiges Gebilde handelt. Von Rechts wegen hätte die Berufung der Erstbeschwerdeführerin zurückgewiesen werden müssen. Im Übrigen hat sie in der Berufung nicht die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht. Die Beschwerde war daher, da für alle Beschwerdeführer die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid ausgeschlossen ist, als unzulässig zurückzuweisen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde

1. der G in Winklern, 2. der E in Wien, und 3. des C in Winklern, alle vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Widmanngasse 43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-K1- 1506/2/00, betreffend Berichtigung eines Bescheides in einer Angelegenheit betreffend Jagdgebietsfeststellung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft A, z.Hd. des Obmannes G), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom (eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal a.d. Drau am ) teilte die "Erbgemeinschaft M" (als Nachlassverwalter wurde die Erstbeschwerdeführerin angeführt) der erstinstanzlichen Behörde mit, dass hinsichtlich des Eigenjagdgebietes "A" bestehend aus den Grundstücken Nr. 564/1, 564/2, 564/3 und 564/4 (einschließlich der Einschlussfläche der Fremdparzelle Nr. 563) keine Änderungen der Fläche und des Ausmaßes eingetreten seien, und ersuchte die "Erbgemeinschaft" deshalb, dieses neuerlich "wie bisher" festzustellen.

Gemäß dem in der Folge vorgelegten Grundbuchsauszug ist Grundeigentümer der angeführten Grundstücke die Mitbeteiligte. Eine Eintragung aus dem Jahr 1888 sah vor, dass mit dem Miteigentumsanteil des D für seine Person und seine Erben oder Rechtsnachfolger in diesem Besitz das alleinige ausschließliche Ausübungs- und Nutzungsrecht der Jagd in dem ganzen Territorium der Astner-Hochalpe verbunden sei.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal a.d. Drau vom wurde für die ab beginnende Jagdpachtperiode das Eigenjagdgebiet "A" bestehend aus den Grundstücken Nr. 564/1 bis 564/4, EZ 107 Grundbuch M, mit einem Flächenausmaß von 864,7843 ha, anerkannt. Gemäß § 10 leg. cit. wurde diesem Eigenjagdgebiet das Fremdgrundstück Nr. 563 KG M, angeschlossen. Weiters enthält der Spruch dieses Bescheides folgende Anordnung:

"Die Befugnis zur Eigenjagd (Eigenjagdberechtigte) steht auf diesem Jagdgebiet der Erbgemeinschaft M, Nachlassverwalter G, ..., zu."

Dieser Bescheid erging an die Mitbeteiligte, zu Handen der Erstbeschwerdeführerin.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal a.d. Drau vom wurde dieser Bescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG dahingehend berichtigt, dass "die Erbgemeinschaft M zu streichen" sei und die Befugnis zur Eigenjagd der Mitbeteiligten zustehe. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Jagdgebietsfeststellungsbescheid irrtümlich als Eigenjagdberechtigte die genannte "Erbgemeinschaft" anstatt die mitbeteiligte Agrargemeinschaft ausgewiesen sei. Die Zustellung sei richtig erfolgt. Es liege daher ein auf einer Unrichtigkeit beruhendes Versehen der erstinstanzlichen Behörde vor.

Dagegen erhoben die "Erbgemeinschaft M" und die Erstbeschwerdeführerin Berufung. Es wurde ausgeführt, dass es sich nicht um die Berichtigung einer offenkundigen Unrichtigkeit, sondern um eine materielle Änderung des Bescheides handle, da die der Erbgemeinschaft rechtskräftig zuerkannte Eigenjagdberechtigung durch den bekämpften Bescheid aberkannt und der Mitbeteiligten zuerkannt worden sei. Dies ergebe sich schon aus der näher angeführten Grundbuchseintragung, nach der das ausschließliche Ausübungs- und Nutzungsrecht der Jagd mit dem Miteigentumsanteil des D ihm und seinen Erben zustehe. Die "Erbgemeinschaft M" sei Rechtsnachfolger dieses Miteigentumsanteils. Da der diesem Grundbuchsstand Rechnung tragende Bescheid vom in Rechtskraft erwachsen sei, stehe die Eigenjagdberechtigung für die ab beginnende Jagdpachtperiode der genannten Erbgemeinschaft zu.

Die Berufung der genannten "Erbgemeinschaft" wurde in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen. In Spruchpunkt 2. wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde der angeführten "Erbgemeinschaft" und der Erstbeschwerdeführerin zugestellt.

Spruchpunkt 1. wurde damit begründet, dass weder der Bescheid vom noch der bekämpfte Berichtigungsbescheid an die "Erbgemeinschaft M" zugestellt worden sei und sich beide Bescheide inhaltlich nicht auf diese Erbgemeinschaft bezogen hätten. Die "Erbgemeinschaft M" sei daher nicht Partei im Sinne des § 8 AVG und sei ihre Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

Spruchpunkt 2. wurde nach Anführung des § 62 Abs. 4 AVG im Wesentlichen damit begründet, dass verfahrensgegenständlich ein Antrag auf Eigenjagdgebietsfeststellung und auf Anschluss einer Grundfläche sei. Diesem Antrag sei ein Grundbuchsauszug betreffend agrargemeinschaftliche Grundstücke angeschlossen. Mit dem ursprünglichen Bescheid vom , der sich auf die Jagdrechtsangelegenheit der Mitbeteiligten beziehe, sei das beantragte Jagdgebiet festgestellt, ein Fremdgrundstück angeschlossen und - fälschlicherweise - die Eigenjagdberechtigung der "Erbgemeinschaft M" (Nachlassverwalterin die Erstbeschwerdeführerin) zuerkannt worden. Dieser Bescheid sei der Mitbeteiligten, zu Handen der Erstbeschwerdeführerin, und der Gemeinde M. zugestellt worden. Im Zuge der Ermittlungen sei festgestellt worden, dass die Eigenjagdberechtigung offensichtlich

irrtümlich der "Erbgemeinschaft M" zuerkannt worden sei, weshalb eine Berichtigung vorgenommen worden sei. Aus dem gesamten Akt ergäbe sich keinerlei Hinweis, dass die "Erbgemeinschaft M" Interesse an der Befugnis zur Eigenjagd bekundet hätte, ein diesbezüglicher Antrag sei nie gestellt worden. Die Formulierung "Erbgemeinschaft M" beruhe auf einem offenbaren Versehen. Der Wille der erstinstanzlichen Behörde, die Eigenjagdberechtigung der Mitbeteiligten zuzuerkennen, komme im Übrigen eindeutig aus dem Zustellnachweis Pkt. 1. zum Ausdruck. Es sei die Annahme gerechtfertigt, dass die erstinstanzliche Behörde einen Bescheid anderen Inhaltes erlassen habe wollen. Der dem Bescheid offensichtlich zu Grunde gelegte Gedanke - nämlich die Eigenjagdberechtigung der Mitbeteiligten zuzuerkennen -, lasse ein offenbares Versehen bei der Bescheidausfertigung klar erkennen. Die vorliegende Berichtigung sei daher zu Recht ergangen.

Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Dr. H (der Vater der Beschwerdeführer) war Rechtsnachfolger des D, der als Eigentümer der EZ 137 Grundbuch W an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft (Eigentümerin der Liegenschaft EZ 107 KG M) 106/648stel Anteilsrechte innehatte. Dr. H ist am verstorben. Seine erbserklärte Alleinerbin E (die Mutter der Beschwerdeführer) ist vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gleichfalls verstorben. Der Nachlass nach dem am verstorbenen Dr. H wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom "der Verlassenschaft nach dem Genannten, vertreten durch die erbserklärten Erben nach der nachverstorbenen und erbserklärten Alleinerbin E (...) nämlich G, ..., E, ..., und C, ..." (d.s. die Beschwerdeführer) eingeantwortet. Der Nachlass nach der am verstorbenen E wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom den Beschwerdeführern als Erben je zu einem Drittel eingeantwortet. In den Verlassenschaftsverfahren des Dr. H und der E war die Erstbeschwerdeführerin mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses betraut.

Die vorliegende Beschwerde wurde von den drei Beschwerdeführern mit der Beifügung als "Erbgemeinschaft M" erhoben. Aus der Begründung, in der jeweils von den Beschwerdeführern in der Mehrzahl die Rede ist, ergibt sich, dass die Beschwerde von den Beschwerdeführern im eigenen Namen und nicht von der "Erbgemeinschaft M" erhoben werden sollte.

Im Hinblick darauf, dass im Feststellungsbescheid vom dieser "Erbgemeinschaft" das Jagdausübungsrecht zugesprochen worden war, weiters die Berichtigung zum Gegenstand hatte, die Bezugnahme auf die "Erbgemeinschaft" durch den Bezug auf die Mitbeteiligte zu ersetzen und in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides die Berufung der genannten "Erbgemeinschaft" zurückgewiesen wurde, ist zunächst Folgendes klarzustellen:

§ 810 ABGB regelt die Verwaltung einer Verlassenschaft vor Einantwortung der Erbschaft in der Weise, dass, wenn der Erbe bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, ihm die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen ist. In diesem Zusammenhang wird von einer Erbengemeinschaft gesprochen (vgl. Rummel, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Bd2, S. 877, Rz. 20 ff). Diese Erbengemeinschaft ist eine Verwaltungsgemeinschaft, auf die die §§ 833 f sinngemäß anzuwenden sind. Gemäß § 833 erster Satz ABGB kommt der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Eine solche Erbengemeinschaft stellt keine juristische Person dar, die Träger von Rechten und Pflichten ist, und auch kein sonstiges Gebilde wie etwa die OHG, das gemäß ausdrücklicher gesetzlicher Regelung mit Teilrechtsfähigkeit ausgestattet ist.

Wenn in Spruchpunkt 1. die Berufung der "Erbgemeinschaft M" zurückgewiesen wurde, konnten die Beschwerdeführer dadurch schon deshalb nicht in Rechten verletzt sein, weil der Adressat dieses Spruches die genannte "Erbgemeinschaft" ist und nicht die Beschwerdeführer sind, wie ja auch die Berufung nicht von den Beschwerdeführern, sondern von der angeführten "Erbgemeinschaft" erhoben worden war. Eine Erbengemeinschaft ist - wie dargelegt - nicht Träger von Rechten und Pflichten und auch sonst nicht teilrechtsfähig, weshalb dieser Spruch im Übrigen Niemandem gegenüber eine normative Wirkung entfalten konnte.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen den Berichtigungsbescheid abgewiesen. Die Erstbeschwerdeführerin kann durch diesen Ausspruch schon deshalb in keinen Rechten verletzt sein, weil ihr in diesem Berichtigungsverfahren keine Parteistellung zukam. Partei und von der Berichtigung unmittelbar Betroffene war einzig und allein die Mitbeteiligte, da es sich bei der "Erbgemeinschaft", die von der Berichtigung betroffen war, um kein rechtsfähiges Gebilde - wie dargelegt - handelt. Von Rechts wegen hätte die Berufung der Erstbeschwerdeführerin zurückgewiesen werden müssen. Im Übrigen hat sie in der Berufung nicht die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht.

Die Beschwerde war daher, da für alle Beschwerdeführer die Möglichkeit der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid ausgeschlossen ist, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 12 Abs. 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Abschließend wird bemerkt, dass den Beschwerdeführern die Möglichkeit offen steht, die Zustellung des Jagdgebietsfeststellungsbescheides vom zu begehren und diesen zu bekämpfen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am

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Normen
ABGB §810;
ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §62 Abs4;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde
Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint
keineBESCHWERDELEGITIMATION
Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030055.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-56889