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VwGH 26.04.2001, 2000/16/0028

VwGH 26.04.2001, 2000/16/0028

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §33 Abs1;
RS 1
Gemäß § 33 Abs 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Bf klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren EINZUSTELLEN. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinn) setzt allerdings eine Beseitigung des beim VwGH angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den VfGH voraus (Hinweis: Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit/3, 307).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/17/0159 E RS 1
Norm
VwGG §33 Abs1;
RS 2
Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Bf an der Entscheidung wegfällt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Bf mit der Anrufung des VwGH anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/17/0159 E RS 2
Normen
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91 Abs2;
RS 3
Bei dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme durch die Finanzstrafbehörde nach § 89 Abs 1 FinStrG handelt es sich um ein vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zweck der Verwahrung dient und in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich und keine abschließenden Lösungen zu treffen sind. Als vorläufige Maßnahme endet sie entweder durch die Freigabe bzw Rückgabe des beschlagnahmten Gegenstandes oder durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls (Hinweis E , 86/16/0103).
Norm
FinStrG §91 Abs2;
RS 4
Nach § 91 Abs 2 FinStrG sind beschlagnahmte Gegenstände zurückzustellen, wenn die Voraussetzungen für die Beschlagnahme weggefallen sind. Über die Rückgabepflicht ist kein Bescheid zu erlassen. Vielmehr tritt diese Pflicht unmittelbar kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Dies unabhängig davon, ob ein Antrag gestellt wurde oder nicht.
Normen
FinStrG §136;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
RS 5
Durch die mit dem Erkenntnis des Spruchsenates des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde II. Instanz erfolgte Einstellung des Finanzstrafverfahrens gegen den Tatverdächtigen gemäß § 136 FinStrG sind die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach dem FinStrG weggefallen. Damit wurde der angefochtene Bescheid, mit dem der Antrag über die Aufhebung der Beschlagnahme abgewiesen wurde, zwar nicht formell aus dem Rechtsbestand genommen, durch die Freistellung des ursprünglich beschlagnahmten Gegenstandes ist jedoch dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme entsprochen und der angefochtene Bescheid ohne weitere Wirkung. Das Interesse des Beschwerdeführers an einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid ist daher weggefallen. Die Beschwerde ist somit unter Bedachtnahme auf die prozessuale Überholung des Beschwerdegegenstandes gegenstandslos geworden und daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in der Beschwerdesache des R in W, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien IX, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom , Zl. RV/26-13/99, betreffend Beschlagnahme, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der an den Beschwerdeführer nach § 89 Abs. 1 FinStrG ergangenen Beschlagnahmeanordnung vom beschlagnahmte das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz "1 Stück Panzerfahrzeug T 24".

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der Beschlagnahme des mit der Beschwerdeentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom auf "eine Wanne eines Panzerfahrzeuges T 34" reduzierten Beschlagnahmegegenstandes.

Das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz wies den Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme einer "T 34- Panzerfahrzeugwanne" mit Bescheid vom ab. Dies mit der Begründung, der Beschlagnahmegegenstand sei als Tatgegenstand eines vorsätzlichen Finanzdeliktes mit Verfall bedroht und außerdem Beweismittel.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Administrativbeschwerde wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, die Beschlagnahme sei aufrechtzuerhalten, weil von einem verfallsbedrohten Gegenstand auszugehen sei und die Sicherungsmaßnahme auch im Hinblick auf Verkehrsbeschränkungen (Kriegsmaterialgesetz) weiterhin aufrecht zu erhalten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ausfolgung des beschlagnahmten Gegenstandes verletzt. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit dem in der Zwischenzeit ergangenen Erkenntnis des Spruchsenates beim Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom wurde das Finanzstrafverfahren gegen die verdächtigen Personen gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Mit Telefax vom teilte das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz mit, dass die beschlagnahmte Ware auf Grund der rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Spruchsenates freigestellt sei und aus der Sicht des Zollamtes über diese Ware frei verfügt werden könne.

Der Rechtsvertreter erachtet sich nach Anfrage materiell klaglos gestellt.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 307, angeführte hg. Rechtsprechung).

Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom , Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat -, vom , Slg. Nr. 10.322/A, vom , Zl. 83/11/0011, vom , Zl. 88/07/0061, und vom , Zl. 91/17/0149). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. 83/11/0296, vom , Zl. 87/11/0051, und vom , Zl. 88/17/0231).

Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Bei dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme durch die Finanzstrafbehörde nach § 89 Abs. 1 FinStrG handelt es sich um ein vorläufiges Verfahren, das der zwangsweisen Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (Wegnahme) zum Zweck der Verwahrung dient und in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich und keine abschließenden Lösungen zu treffen sind. Als vorläufige Maßnahme endet sie entweder durch die Freigabe bzw. Rückgabe des beschlagnahmten Gegenstandes oder durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0103).

Gemäß § 91 Abs. 2 FinStrG sind beschlagnahmte Gegenstände unverzüglich zurückzugeben, wenn die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nicht gerechtfertigt ist. Demnach sind beschlagnahmte Gegenstände zurückzustellen, wenn die Voraussetzungen für die Beschlagnahme weggefallen sind. Über die Rückgabepflicht ist kein Bescheid zu erlassen. Vielmehr tritt diese Pflicht unmittelbar kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Dies unabhängig davon, ob ein Antrag gestellt wurde oder nicht (vgl. Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz 38a zu §§ 89 bis 92 FinStrG).

Durch die mit dem Erkenntnis des Spruchsenates des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde II. Instanz erfolgte Einstellung des Finanzstrafverfahrens gegen die Tatverdächtigen gemäß § 136 FinStrG sind die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach dem FinStrG weggefallen. Damit wurde der angefochtene Bescheid zwar nicht formell aus dem Rechtsbestand genommen, durch die Freistellung des ursprünglich beschlagnahmten Gegenstandes ist jedoch dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme entsprochen und der angefochtene Bescheid ohne weitere Wirkung.

Das Interesse des Beschwerdeführers an einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag über die Aufhebung der Beschlagnahme abgewiesen wurde, ist daher weggefallen. Die Beschwerde ist somit unter Bedachtnahme auf die prozessuale Überholung des Beschwerdegegenstandes gegenstandslos geworden.

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Bei der Entscheidung über die Kosten nach § 58 Abs. 2 VwGG ist nicht zuletzt das Ergebnis des Finanzstrafverfahrens und die lange Dauer des Verfahrens zu berücksichtigen. Nach der Sachlage erscheint es daher angemessen, dass der im Ergebnis obsiegende Beschwerdeführer den Kostenzuspruch erhält.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
FinStrG §136;
FinStrG §89 Abs1;
FinStrG §91 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160028.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-56849