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VwGH 04.10.2000, 2000/11/0108

VwGH 04.10.2000, 2000/11/0108

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
11992E052 EGV Art52;
11992E060 EGV Art60;
11997E043 EG Art43;
11997E050 EG Art50;
11997E234 EG Art234;
31992L0051 Anerkennungs-RL 02te beruflicher Befähigungsnachweise;
AusbildungsvorbehaltsG 1996;
AVG §8;
EURallg;
HeilpraktikerG 1939;
VwGG §38a;
VwGG §62 Abs1;
RS 1
Der Oberste Gerichtshof hat am zu 8 Ob 284/99v den Beschluss gefasst, das Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften auszusetzen und diesem Gerichtshof gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

KANN WEITERHIN, INSBESONDERE NACH ERLASSUNG DER ZWEITEN ALLGEMEINEN

ANERKENNUNGS-RICHTLINIE, 92/51/EWG, EIN MITGLIEDSSTAAT EINE

ARZTÄHNLICHE TÄTIGKEIT WIE DIE EINES HEILPRAKTIKERS NACH DEM

DEUTSCHEN HEILPRAKTIKERGESETZ, RGBL I 251/1939 IN DER GELTENDEN

FASSUNG, DEN INHABERN EINES ÄRZTEDIPLOMS VORBEHALTEN ODER STEHT DEM

NUNMEHR INSBESONDERE ART 43 EG (EX 52 EGV) ÜBER DIE NIEDERLASSUNGSFREIHEIT UND ART 50 EG (EX 60 EGV) ÜBER DEN FREIEN DIENSTLEISTUNGSVERKEHR ENTGEGEN?

STEHEN DIE GENANNTEN EUROPARECHTLICHEN NORMEN NATIONALEN

BESTIMMUNGEN ENTGEGEN, DIE DIE AUSBILDUNG ZU TÄTIGKEITEN, DIE DURCH

RECHTSVORSCHRIFTEN AUF DEM GEBIET DES GESUNDHEITSWESENS GEREGELT

SIND, DEN HIEFÜR VORGESEHENEN EINRICHTUNGEN VORBEHALTEN UND DIE DAS

ANBIETEN ODER VERMITTELN SOLCHER AUSBILDUNGEN DURCH ANDERE PERSONEN

ODER EINRICHTUNGEN SOWIE DAS WERBEN HIEFÜR VERBIETEN, AUCH WENN

SICH DIESE AUSBILDUNG NUR AUF TEILGEBIETE DER ÄRZTLICHEN TÄTIGKEIT

BEZIEHT?

Dieselben Fragen, die der Oberste Gerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, sind auch für die vorliegenden Beschwerdeverfahren von entscheidender Bedeutung. Die Frage, ob das Ausbildungsvorbehaltsgesetz durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen verdrängt wurde, bildet auch in den vorliegenden Beschwerdeverfahren eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechtes von einem anderen Gericht zu entscheiden ist und dort schon Gegenstand eines anhängig gemachten Verfahrens bildet. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zu verbinden und gemäß § 62 Abs 1 VwGG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auszusetzen (Hinweis B , 98/16/0399).

Entscheidungstext

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:

* Vorabentscheidungsantrag

des VwGH oder eines anderen Tribunals:

C-294/00

* EuGH-Entscheidung:

EuGH 62000CJ0294

* Fortgesetztes Verfahren im VwGH nach EuGH-Entscheidung:

2002/11/0175 E VwSlg 16210 A/2003

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2000/11/0110

2000/11/0109

2000/11/0140

2000/11/0111

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2000/11/0107 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des Dkfm. E in M, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 15, gegen die Bescheide 1. des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/42/00528/98 (hg. Zl. 2000/11/0108), 2. des Unabhängigen Verwaltungssenates Vorarlberg vom , Zl. 1-0692 bis 1-0694/97/E2 (hg. Zl. 2000/11/0109), 3. des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/18/00317/98 (hg. Zl. 2000/11/0110), 4. des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/46/00491/97

(hg. Zl. 2000/11/0111) und 5. des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-1999/14/139-1

(hg. Zl. 2000/11/0140), jeweils betreffend Übertretung des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerdeverfahren werden bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften über die ihm mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 8 Ob 284/99v, vorgelegten Fragen ausgesetzt.

Begründung

Mit den oben genannten angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer der D. GmbH (mit Sitz in München) zu verantworten, dass diese Gesellschaft zu näher bezeichneten Zeitpunkten in Österreich durch Einschalten von Inseraten in Zeitungen bzw. Aushändigung eines Prospektes bzw. Abhalten einer Lehrveranstaltung und Auflegen von Anmeldeformularen für die Ausbildung zum Heilpraktiker bzw. Naturpraktiker geworben bzw. eine solche Ausbildung durchgeführt habe, obwohl die Ausbildung zu derartigen Tätigkeiten durch das Ärztegesetz geregelt sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils Übertretungen nach § 1 Ausbildungsvorbehaltsgesetz begangen. Über ihn wurden deshalb Geldstrafen verhängt.

Gegen die oben unter 1. bis 4. genannten Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser wies mit Erkenntnis vom , B 2767/97 u.a., die an ihn gerichteten Beschwerden ab und trat sie mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Gegen den oben unter 5. genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer unmittelbar Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens, in dem das vereinbarte Entgelt aus einem Vertrag über die Heilpraktikerausbildung eingeklagt wurde, die Frage zu beurteilen, ob die Vereinbarung im Hinblick auf den Verstoß gegen das Ausbildungsvorbehaltsgesetz nichtig ist oder ob aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Normen die Ausübung des Heilpraktikerberufes in Österreich und die Ausbildung dazu zulässig sind. Der Oberste Gerichtshof hat am zu 8 Ob 284/99v den Beschluss gefasst, das Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften auszusetzen und diesem Gerichtshof gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

"Kann weiterhin, insbesondere nach Erlassung der zweiten allgemeinen Anerkennungs-Richtlinie, 92/51/EWG, ein Mitgliedsstaat eine arztähnliche Tätigkeit wie die eines Heilpraktikers nach dem deutschen Heilpraktikergesetz, RGBl I 251/1939 in der geltenden Fassung, den Inhabern eines Ärztediploms vorbehalten oder steht dem nunmehr insbesondere Art. 43 EG (ex 52 EGV) über die Niederlassungsfreiheit und Art. 50 EG (ex 60 EGV) über den freien Dienstleistungsverkehr entgegen?

Stehen die genannten europarechtlichen Normen nationalen Bestimmungen entgegen, die die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, den hiefür vorgesehenen Einrichtungen vorbehalten und die das Anbieten oder Vermitteln solcher Ausbildungen durch andere Personen oder Einrichtungen sowie das Werben hiefür verbieten, auch wenn sich diese Ausbildung nur auf Teilgebiete der ärztlichen Tätigkeit bezieht?"

Dieselben Fragen, die der Oberste Gerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, sind auch für die vorliegenden Beschwerdeverfahren von entscheidender Bedeutung. Die Frage, ob das Ausbildungsvorbehaltsgesetz durch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen verdrängt wurde, bildet auch in den vorliegenden Beschwerdeverfahren eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechtes von einem anderen Gericht zu entscheiden ist und dort schon Gegenstand eines anhängig gemachten Verfahrens bildet. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - beschlossen, die Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zu verbinden und gemäß § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen

Gemeinschaften auszusetzen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Zl. 98/16/0399).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
11992E052 EGV Art52;
11992E060 EGV Art60;
11997E043 EG Art43;
11997E050 EG Art50;
11997E234 EG Art234;
31992L0051 Anerkennungs-RL 02te beruflicher Befähigungsnachweise;
AusbildungsvorbehaltsG 1996;
AVG §8;
EURallg;
HeilpraktikerG 1939;
VwGG §38a;
VwGG §62 Abs1;
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4
Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2000:2000110108.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-56826