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VwGH 22.01.2002, 2000/09/0112

VwGH 22.01.2002, 2000/09/0112

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Dr. Sch in B, vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquaiplatz 1/7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-MD-97-128, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Strafsache nach dem AuslBG (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des AuslBG für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- samt Kostenersatz verurteilt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid sei am durch eigenhändige Übernahme des Poststücks zugestellt worden, sodass die - zweiwöchige - Berufungsfrist am geendet habe; somit sei die erst am zur Post gegebene Berufung verspätet erfolgt. Daran ändere auch die am , "23.29 Uhr" per Telefax übermittelte Berufung nichts, weil auch diese Übermittlung weit außerhalb der Amtsstunden erfolgt sei und die Bestimmung des § 33 Abs. 3 AVG nur die Zeit des Postenlaufes und damit lediglich jene Eingaben betreffe, die mit der Post befördert würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen habe, weil die mit Telefax eingebrachte Berufung noch am letzten Tag der Einbringungsfrist, nämlich dem - wenn auch außerhalb der Amtsstunden - eingebracht worden und damit rechtzeitig sei.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:

"§ 13. (1) Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen können, sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich oder telephonisch eingebracht werden. Schriftliche Anbringen können nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.

...

(5) Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Behörde, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit, zur Entgegennahme schriftlicher Eingaben nur während der Amtsstunden verpflichtet. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind bei der Behörde durch Anschlag kundzumachen. "

Nach § 63 Abs. 5 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 96/02/0296, und vom , Zl. 97/02/0211 (ebenfalls zur Rechtslage vor der AVG-Novelle BGBl. Nr. 158/1998) den Standpunkt vertreten, eine im Wege der Telekopie eingebrachte Berufung, die außerhalb der Amtsstunden - am letzten Tag der Frist - bei der Behörde einlangt, sei fristgerecht eingebracht worden, wenn die Behörde ihr Telefaxgerät außerhalb der Amtsstunden betriebsbereit halte. Dies erweist sich auch als sachgerecht, weil der Partei mit Ausdruck des Sendungsprotokolls das Einlangen der gesendeten Telekopie bestätigt wird, woraus sich für sie kein weiterer Handlungsbedarf mehr ergibt, während bei abgeschaltetem Empfangsgerät und damit einhergehend nicht durchführbarer Übermittlung der herkömmliche Weg zur Post noch (rechtzeitig) offen steht. Dass der Gesetzgeber durch die bereits zitierte AVG-Novelle BGBl. Nr. 158/1998 eine geänderte Rechtslage geschaffen hat, sei nur ergänzend erwähnt.

Daraus folgt, dass die Zurückweisung der in Rede stehenden Berufung wegen Verspätung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist, sodass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Die vom Beschwerdeführer im Betrag von S 2.500,-- gemäß § 24 Abs. 3 VwGG entrichtete Gebühr war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer (vgl. z.B. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Zl. 1791/77, und die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 687, angeführte Rechtsprechung).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs5;
AVG §63 Abs5 idF 1995/471;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2002:2000090112.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-56810

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