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VwGH 13.09.1972, 1982/71

VwGH 13.09.1972, 1982/71

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
FamLAG 1967 §41 Abs4;
RS 1
Werden Arbeitnehmer durch einen längeren Zeitraum am Beginn der Woche an der Grenze abgeholt und jeweils durch 3 bis 4 Tage im Betrieb beschäftigt und dann wieder an die Grenze zurückgebracht, sind bei Berechnung der einmonatigen Frist des § 41 Abs 4 lit e FamLAG und der sechsmonatigen Frist des § 26 Abs 2 BAO die Unterbrechungen des inländischen Aufenthaltes nicht zu berücksichtigen.
Norm
RS 2
Der Begriff des Aufenthaltes im § 41 Abs 4 lit e FLAG 1967 deckt sich mit dem des § 26 Abs 2 zweiter Satz BAO.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des VK in K, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 34, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 232-II/70, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, hinsichtlich der Lohnsteuer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Finanzlandesdirektion für Steiermark) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.093,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer Anfrage des Beschwerdeführers an die belangte Behörde wurde vom Finanzamt am eine Betriebseinschau durchgeführt, als deren Ergebnis in einem Aktenvermerk festgehalten wurde, daß die aus Jugoslawien stammenden Gastarbeiter-Grenzgänger durchwegs in regelmäßiger Wiederkehr mit Unterbrechungen bis zu einigen Tagen im Inland tätig seien. Sie könnten jeweils nur für bestimmte Tage im Inland bleiben, da sie keine Beschäftigungsgenehmigung, sondern nur einen Dauergrenzschein besäßen. Die tageweise Beschäftigung werde nach Ablauf eines jeden Monates der Gebietskrankenkasse gemeldet. Im März 1969 seien drei Stammarbeiter, die seit über drei Jahren im Unternehmen beschäftigt seien) 12 Arbeitstage (Z.) bzw. 17 Arbeitstage (P. und B.) tätig gewesen. In seiner Berufung gegen den Haftungs- und Zahlungsbescheid für die Zeit vom bis , womit unter anderem Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe in Höhe von S 462,-- nachgefordert wurden, brachte der Beschwerdeführer vor, daß nach seiner Auffassung die Grenzgänger im kleinen Grenzverkehr alle Voraussetzungen der Befreiung gemäß § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 erfüllten. Sie hätten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland und der Aufenthalt im Inland sei nur vorübergehend und zwar nicht länger als einen Monat. Der Begriff Aufenthalt im Sinne des § 26 BAO verlange den Willen des Betreffenden auf ein ständiges Verweilen. Dies treffe aber bei Grenzgängern nicht zu. Sollte sich das Finanzamt dieser Meinung nicht anschließen, und die durch den kleinen Grenzverkehr bedingten Unterbrechungen nicht als schädlich für die Beurteilung des Aufenthaltes werten, so sei für die Grenzgänger ein gewöhnlicher Aufenthalt gegeben. In diesem Fall seien die Aushilfslöhne mit den Sätzen für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer zu berechnen.

Die belangte Behörde wies die Berufung in diesem Punkt als unbegründet ab. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß sich die Dienstnehmer nicht länger als einen Monat im Inland aufhielten, weil sie immer wieder für kurze Zeit ins Ausland zurückkehrten, könne nicht geteilt werden. Wenn der Gesetzgeber einen ununterbrochenen Aufenthalt im Inland im Auge gehabt hätte, so hätte er dies im Gesetz durch Einfügen des Wortes "ununterbrochen" zum Ausdruck gebracht. Auch aus dem Umstand, daß die Dienstnehmer als beschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 66 Einkommensteuergesetz gelten, könne schon deshalb nicht abgeleitet werden, daß die an sie gezahlten Löhne nicht zur Beitragsgrundlage gehören, weil zwei verschiedene gesetzliche Grundlagen anzuwenden seien. Da der Gesetzgeber im § 41 FLAG 1967 wiederholt auf das Einkommensteuergesetz Bezug genommen habe (lit. a, lit. d), hätte er auch in lit. e auf § 66 EStG verweisen können, wenn er eine Parallelität zwischen § 66 EStG und § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 angestrebt hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Abschnitt III des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376 (FLAG 1967), zu dem die Bestimmung des § 41, dessen Anwendung Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist, gehört, trägt die Überschrift: Aufbringung der Mittel.

Die Mittel für die den Dienstgebern gemäß § 22 FLAG 1967 zu ersetzenden Familienbeihilfen werden gemäß § 39 Abs. 4 FLAG 1967 durch Beiträge der Dienstgeber aufgebracht. Der Beitrag des Dienstgebers ist gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils an die im Bundesgebiet beschäftigten Dienstnehmer gewährt worden sind.

Gemäß § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 gehören Arbeitslöhne, die an Dienstnehmer gewährt werden, die im Ausland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und sich im Bundesgebiet nur vorübergehend, nicht länger als einen Monat, aufhalten, nicht zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, daß die Bestimmung des § 26 Abs. 2 BAO für die Auslegung des Begriffes des Aufenthaltes im Bundesgebiet im Sinne des § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 heranzuziehen ist. Von den Parteien wurde außer Streit gestellt, daß die beschäftigten Arbeitnehmer ihren Wohnsitz im Ausland und auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besitzen. Die Grenzgänger hielten sich nach Auffassung des Beschwerdeführers jeweils nur für kurze Frist im österreichischen Bundesgebiet auf, um es nach Ableistung der Arbeit sofort wieder zu verlassen. Aus der Tatsache, daß die Grenzgänger ohne Reisepaß und ohne Arbeitsbewilligung keinesfalls länger als vier Tage ununterbrochen im Bundesgebiet anwesend sein dürfen, sei bereits das Fehlen der Regelmäßigkeit, mit der der Arbeitnehmer im Inland verweilt, zu ersehen. Da sich die Grenzgänger also im Bundesgebiet nur vorübergehend nicht länger als einen Monat aufhielten, gehörten die Arbeitslöhne nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht zur Beitragsgrundlage.

Nach dem Ersatztatbestand des § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO tritt die unbeschränkte Steuerpflicht jedoch stets ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, daß den Begriffen "Aufenthalt von länger als sechs Monaten" im § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO und "sich nur vorübergehend nicht länger als einen Monat aufhalten" im § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 mit Ausnahme der Dauer des Aufenthaltes keine verschiedene Bedeutung beizumessen ist.

In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (549 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XI. GP) wird zu § 41 angeführt, daß Löhne, die an nur kurzfristig im Inland beschäftigte, jedoch im Ausland ansässige Dienstnehmer gezahlt werden, nicht der Beitragspflicht unterworfen werden sollen und als kurzfristig ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat normiert werde.

Die Grenzgänger, deren Bezüge Gegenstand der vorliegenden Beschwerde sind, werden vom Beschwerdeführer nach der Aktanlage schon seit Jahren beschäftigt und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, am Beginn der Woche an der Grenze abgeholt, drei bis vier Tage wöchentlich im Betrieb beschäftigt und nach Ablauf der für die Grenzkartengänger erlaubten Frist wieder an die Grenze zurückgestellt. Diese Arbeitskräfte sind also ständig beim Beschwerdeführer, wenn auch unter den für die Grenzgänger geltenden Voraussetzungen beschäftigt. Im Beschwerdefall ist demnach eine wesentlich engere Bindung zum Inland als im Falle des Erkenntnisses vom , Zl. 457/71, gegeben, in dem die Arbeitnehmer täglich ins Ausland zurückkehrten und sich nur stundenweise im Inland aufhielten. Die belangte Behörde hat daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie die Auffassung vertreten hat, daß sich diese Arbeitnehmer im Bundesgebiet nicht nur vorübergehend im Sinne des § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 aufhielten.

Die Beschwerde wendet sich aber auch gegen die Behandlung dieser Dienstnehmer als beschränkt Steuerpflichtige. In diesem Punkt erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Da nach den obigen Ausführungen sich die Begriffe "Aufenthalt" bzw. "aufhalten" im Ersatztatbestand des § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO und im § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 decken, ist für verschiedene Arbeitnehmer des Beschwerdeführers nach der Aktenlage bereits ein sechs Monate übersteigender Aufenthalt gegeben, wodurch sie unbeschränkt steuerpflichtig geworden sind. Die belangte Behörde hat jedoch der Berufung auch in diesem Punkt den Erfolg versagt, sodaß der angefochtene Bescheid diesbezüglich unter einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes leidet, weswegen er hinsichtlich der Lohnsteuer gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war. Hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe war die Beschwerde aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 und auf der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §26 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs4;
Sammlungsnummer
VwSlg 4421 F/1972
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1972:1971001982.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-56593