VwGH 29.01.1974, 1945/73
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Der Ansatz eines Geschäftswertes oder Firmenwertes kommt nur dann in Frage, wenn die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die tatsächlichen Werte der einzelnen übernommenen Vermögensgegenstände übersteigt, sodaß zum Ausgleich des Unterschiedes ein entsprechender Posten auf der Aktivseite der Bilanz eingesetzt werden muß. Der Ansatz eines negativen Firmenwertes kommt nicht in Betracht, weil gemäß § 6 Abs 1 Z 6 EStG 1967 die erworbenen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert, höchstens aber mit den tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen sind. |
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RS 2 | Der Erwerb eines Anteiles an einer Personengesellschaft stellt im Hinblick auf die Bilanzbündeltheorie den Erwerb des Betriebes (der Teilunternehmung) des ausscheidenden Gesellschafters dar, sodaß die Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 6 EStG 1967 auch auf einen solchen Erwerb anzuwenden ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Wimmer, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. NE in W, vertreten durch Dr. Hans Nemetz, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 5-9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 4 - 1902/73, betreffend Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis zum Komplementär der Firma R. KG, Mit Vertrag von schied die Kommanditistin Dr. P. gegen sofortige Zahlung einer Abfindungssumme von S 4,500.00,-- aus dem Unternehmen aus. Der Buchwert des erworbenen Kommanditenanteiles betrug S 7,538.988,31. Der Beschwerdeführer trug dem Ausscheiden der Mitunternehmerin in der Bilanz zum lediglich dadurch Rechnung, daß er unter Fortführung der Buchwerte für die Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens die Kapitalkonten der beiden Gesellschafter zusammenlegte. Das Finanzamt wich von der Steuererklärung für 1971 bei der Feststellung der Einkünfte in der Richtung ab, daß es im Hinblick auf den niedrigeren Kaufpreis eine Abwertung des Anlagevermögens vornahm, was zu einer Kürzung der Absetzung für Abnutzung führte, und darüber hinaus einen negativen Firmenwert in der Höhe von S 1,582.849,-- ansetzte.
Die belangte Behörde hob den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1971 vom mit Bescheid vom (gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Mitgesellschafter abfertige und so Alleininhaber des bisherigen gesellschaftlichen Betriebes werde, erwerbe er die Teilunternehmungen der entfertigten Mitgesellschafter. Das Vermögen dieser Teilunternehmungen aber setze sich steuerrechtlich aus den bisherigen quotenmäßigen Anteilen der Mitgesellschafter an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens sowie den Schulden und Lasten der Gesellschaft zusammen. Für den nunmehrigen Alleinunternehmer stelle die Erwerbung der Anteile der bisherigen Mitgesellschafter somit die Anschaffung von Anteilsquoten der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens und die quotenmäßige Übernahme von Schulden dar. Diese quotenmäßigen Anteile seien beim nunmehrigen Alleinunternehmer nach den Grundsätzen des § 6 EStG zu bewerten, d.h. sie könnten bei ihn höchstens mit den Anschaffungskosten angesetzt werden, also insgesamt mit dem Betrag, den er für die Entfertigung der bisherigen Mitgesellschafter aufgewendet habe. Die Aufteilung dieses Betrages auf die Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern, Schulden und Lasten, aus denen sich das Betriebsvermögen zusammensetze, müsse nach dem Grundsatz der Bilanzwahrheit den tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen (VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 30/51). Der Beschwerdeführer habe den Anteil der Kommanditistin um einen Wert, der um S 3,038.985,-- geringer gewesen sei als dessen Buchwert, erworben. Dieser Unterschiedsbetrag stelle einerseits einen Veräußerungsverlust der ausgeschiedenen Gesellschafterin dar, andererseits sei der Buchwert des übernommenen Anteiles um diesen Betrag entsprechend zu kürzen; denn der erworbene Anteil sei nach den Grundsätzen des § 6 EStG zu bewerten. Er sei höchstens mit den tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen. Das Finanzamt habe daher zu Recht eine Kürzung der AFA vorgenommen und das Anlagevermögen um S 1,343.197,-- berichtigt. Hingegen hätte es übersehen, daß ein negativer Firmenwert auf der Passivseite einer Bilanz nicht in Betracht komme, denn ein solcher würde nichts anderes bedeuten als eine Wertberichtigung der Aktiven (Fail-Edelmayer-Schnabel-Igerz, Die offene Handelsgesellschaft, S. 93, RStBl. 1938, S. 639). Das Finanzamt hätte daher die Aktiven um einen weiteren Betrag von S 1,695.791,-- zu mindern gehabt. Es erscheine richtig, diese Abwertung beim Warenlager durchzuführen, weil in der Bewertung des Warenlagers eines Betriebes der vorliegenden Art erfahrungsgemäß die größten Unsicherheitsmomente liegen, wie dies die Bilanz zum selbst beweise, in der eine Abwertung des Warenbestandes von S 8,339.904,-- um S 1,259.257,-- erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. In ihr wird ausgeführt, daß im Falle des Beschwerdeführers die Annahme eines negativen Firmenwertes durchaus gerechtfertigt sei. Das Unternehmen habe als kleines österreichisches Unternehmen gegen schwerste internationale Konkurrenz zu kämpfen und hiedurch eine beträchtliche Einbuße seines Firmen- und Geschäftswertes erlitten, ohne daß hiedurch die Sachgüter des Betriebsvermögens eine wesentliche Wertminderung erfahren hätten. Bei den Sachgütern des Anlagevermögens sei eine solche Einbuße praktisch auszuschließen, soweit es sich nicht um Maschinen und sonstige Vorrichtungen für spezielle Produktionsvorgänge handle. Das Umlaufvermögen habe zweifellos eine Entwertung zu verzeichnen, doch werde dieser Entwertung durch eine Herabsetzung des Buchwertes des Umlaufvermögens um S 1,453.139,-- genügend Rechnung getragen. Um eine unrealistische und den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens gefährdende weitere Abwertung des Betriebsvermögens zu verhindern, sei daher die Annahme eines negativen Firmenwertes auch wirtschaftlich durchaus gerechtfertigt. Die belangte Behörde habe daher von der Bestimmung des § 299 Abs. 2 BAO in rechtswidriger Weise Gebrauch gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 6 EStG 1967 sind die Wirtschaftsgüter beim entgeltlichen Erwerb eines Betriebes mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen. Nach der auf der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 2 EStG 1967 fußenden Bilanzbündeltheorie ist das Unternehmen einer Personengesellschaft als Summe der Teilunternehmungen ihrer Gesellschafter anzusehen. Der Erwerb des Anteiles an einer Personengesellschaft stellt daher den Erwerb des Betriebes (der Teilunternehmung) des ausscheidenden Gesellschafters dar, sodaß die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z. 6 EStG 1967 auch auf einen solchen Erwerb anzuwenden ist.
Im vorliegenden Fall waren daher die erworbenen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert, höchstens mit ihren tatsächlichen Anschaffungskosten anzusetzen.
Teilwert ist gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 dritter Satz EStG 1967 der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Diese Fiktion des § 6 Abs. 1 Z. 1 EStG 1967 wird im Falle der Veräußerung des Betriebes bzw. eines Anteiles an einer Personengesellschaft in der Regel in die Wirklichkeit umgesetzt, weil der Erwerber des Betriebes, der den Betrieb fortführt, ohnedies im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die einzelnen Wirtschaftsgüter einen entsprechenden Betrag ansetzt. Der Beschwerdeführer hat den Gesellschaftsanteil der Kommanditistin um einen Preis erworben, der sich nach den Ausführungen in der Beschwerde im wesentlichen mit dem Teilwert deckt. Soweit die tatsächlichen Anschaffungskosten niedriger sind als der Teilwert, sind diese anzusetzen. Der Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwertes kommt, wie bereits im Erkenntnis vom , Zl. 1875/59, ausgeführt wurde, nur dann in Frage, wenn die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die tatsächlichen Werte der einzelnen übernommenen Vermögensgegenstände übersteigt, sodaß zum Ausgleich des Unterschiedes ein entsprechender Posten auf der Aktivseite der Bilanz eingesetzt werden muß. Der Ansatz eines negativen Firmenwertes kommt daher nicht in Betracht und es kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, daß die Aufhebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO, die mit dieser Begründung erfolgt ist, nicht dem Gesetz entsprechen würde.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 4638 F/1974; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1974:1973001945.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-56403