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VwGH 17.05.1977, 1934/76

VwGH 17.05.1977, 1934/76

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Erfolgen bei einer Betriebsübersiedlung (hier einer Rechtsanwaltskanzlei) in den neu gemieteten Räumlichkeiten Adaptierungsarbeiten, so bilden die dafür getätigten Aufwendungen zwar nicht ein einheitliches Wirtschaftsgut "Adaptierungsaufwand", sie sind jedoch grundsätzlich aktivierungspflichtig. Der Aufwand ist in einem solchen Fall auf die voraussichtliche Nutzungsdauer oder die kürzere Mietvertragsdauer im Wege der AfA zu verteilen. Einzelne in diesem Zusammenhang angeschaffte geringwertige Wirtschaftsgüter können dabei gemäß § 6 b EStG 1967 behandelt werden.
Norm
RS 2
Schreibt ein Steuerpflichtiger einen Aufwand sofort ab, behandelt die Abgabenbehörde diesen Aufwand jedoch als aktiviertungspflichtig, so kann dem im Berufungsweg in eventu vorgebrachten Begehren, die strittigen Aufwendungen für den Fall der Aktivierung vorzeitig abzuschreiben, nicht mit dem Hinweis entgegengetreten werden, ein Eventualantrag auf Vornahme der vorzeitigen Abschreibung sei unzulässig.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Simon, Dr. Iro und Dr. Drexler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des Dr. WS, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , Zl. 6-1692/75, betreffend Einkommensteuer 1972, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.135,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der Rechtsanwalt ist und seinen Gewinn für das Streitjahr 1972 gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1967 ermittelte, übersiedelte 1972 mit seiner Kanzlei vom 3. in den 1. Wiener Gemeindebezirk. Grund hiefür war ein vom Vermieter der früheren Kanzleiräume gegen den Beschwerdeführer angestrengtes Kündigungsverfahren, das mit Räumungsvergleich beendet wurde. Danach verpflichtete sich der Beschwerdeführer, die bis dahin von ihm gemieteten Kanzleiräume bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gegen eine einmalige Zahlung von S 170.000,-- zu räumen.

In den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1972 machte der Beschwerdeführer u. a. unter dem Titel "Adaptierungs- und Übersiedlungskosten L-platz" S 215.894,-- als Betriebsausgaben geltend.

Das Finanzamt wich bei der Veranlagung für 1972 von der Erklärung mehrfach ab, darunter auch in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof noch strittigen Punkt der Behandlung des als Adaptierungs- und Übersiedlungsaufwand bezeichneten Betrages von S 215.894,--. Es rechnete diesen als aktivierungspflichtig dem erklärten Gewinn hinzu und verminderte den Gewinn anderseits um 20 % davon als Absetzung für Abnutzung (AfA).

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, er sei im Streitjahr 66 Jahre alt gewesen. Es sei nicht vorauszusehen, wie lange er noch arbeiten könne und überdies nehme die Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter ab. Dadurch sei fraglich, ob im Falle der Aktivierung der strittigen Kosten diese noch abgeschrieben werden könnten. Zudem könnten Übersiedlungs- und notwendige Reinigungs- und Adaptierungskosten nicht aktiviert werden. Aus einer mit der Berufung vorgelegten Aufstellung der Kosten gehe hervor, daß diese sofort zur Gänze abschreibbar seien. Weiters führte der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren aus, daß er die neuen Kanzleiräume mit Wirksamkeit ab gemietet und am bezogen habe. Bis zur Übersiedlung seien notwendige Arbeiten durchgeführt worden, um die Räume als Kanzlei benützen zu können. Durch die Adaptierungsarbeiten einschließlich der vom Beschwerdeführer eingerichteten Gas-Etagenheizung seien deshalb keine bewertungs- und aktivierungsfähigen Wirtschaftsgüter geschaffen worden, weil alle diese Adaptierungsarbeiten sofort bei ihrer "Errichtung" erd-, niet- und nagelfest mit dem Haus verbunden worden und dadurch in das Eigentum des Vermieters übergegangen seien. Selbst bei sofortiger Beendigung des Mietverhältnisses könne der Beschwerdeführer das Ergebnis dieser Arbeiten nicht "mitnehmen".

Das Finanzamt erließ eine Berufungsvorentscheidung, mit der es im Streitjahr den Steuerbescheid insofern verschlechterte, als es den aktivierten Aufwand auf 10 Jahre verteilte und für 1972 nur eine aliquote AfA für 7 Monate absetzte.

Mit dem Schriftsatz, mit dem der Beschwerdeführer diese Berufungsvorentscheidung außer Wirksamkeit setzte, brachte er im wesentlichen vor:

Das Finanzamt habe ohne Begründung die Restnutzungsdauer von fünf auf zehn Jahre erhöht, was unzulässig sei. Der Beschwerdeführer habe kein "Geschäftslokal" in einen für den Betrieb geeigneten Zustand versetzen lassen, sondern einen neuen Kanzleisitz gesucht. Dazu habe er eine Wohnung gemietet und Adaptierungsarbeiten vornehmen lassen, wie sie auch bei Benützung dieser Räume als Wohnung notwendig gewesen wären. Von einem Geschäftslokal bzw. einer Betriebseinrichtung könne bei einer Anwaltskanzlei nicht gesprochen werden, wodurch auch die vom Finanzamt zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht anwendbar sei. Der Beschwerdeführer habe weder Umbauten noch aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter schaffen lassen, sondern lediglich einen regelmäßig wiederkehrenden Erhaltungsaufwand getätigt, der nicht aktivierungspflichtig sei. Auf Grund des Mietvertrages sei er verpflichtet, das Mietobjekt in gutem Zustand auf seine Kosten zu erhalten. Die von ihm vorgenommenen Adaptierungsarbeiten hätten keine Werterhöhung einer Kanzlei bedeutet, da er seine Kanzlei niemals einem anderen überlassen und auch nichts für die Adaptierungen verlangen könnte. Es handle sich nicht um einen gewerblichen Betrieb, sondern um eine Anwaltskanzlei. Weiters würden viele der durchgeführten Adaptierungsarbeiten z. B. Maler und Tapeziererarbeiten, die vom Finanzamt angenommene Nutzungsdauer niemals erreichen. Die Übersiedlungskosten hätten überhaupt kein Wirtschaftsgut geschaffen. Auch die Errichtung der Gas-Etagenheizung stelle keine Anschaffung eines neuen Wirtschaftsgutes dar, da die Wohnung mit einer Ölheizung ausgestattet gewesen sei. Diese habe er jedoch aus gesundheitlichen und praktischen Gründen gegen die Gasheizung getauscht. In den aktivierten Kosten seien überdies für ca. S 26.000,-- geringwertige Wirtschaftsgüter enthalten, die ebenfalls nicht aktivierbar seien. Sollte jedoch trotz allem an einer Aktivierung festgehalten werden, hätte das Finanzamt eine vorzeitige Abschreibung vornehmen müssen, deren Vornahme nur deshalb nicht beantragt worden sei, weil der Beschwerdeführer der Meinung sei, es handle sich nicht um aktivierungsfähige Güter. Nachträglich stelle er aber für den Eventualfall diesen Antrag.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof strittig gebliebenen Punkt nur teilweise Folge gegeben und dies, wie folgt, begründet:

Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Mietvertrag gehe klar hervor, daß er das Mietobjekt nebst einigen Einrichtungsgegenständen in tadellosem Zustand Mitte Jänner 1972 übernommen habe. Sei somit der Raum zur Ausübung seiner Tätigkeit gegeben gewesen, so sei es doch offensichtlich notwendig gewesen, Gegenstände zu erwerben bzw. Installationen vornehmen zu lassen, um einen geordneten Kanzleibetrieb führen zu können. Mit dem Großteil des strittigen Aufwandes sei eine Büroeinrichtung angeschafft worden, die der beruflichen Tätigkeit gewiß länger als ein Jahr dienen sollte. Damit sei aber klar, daß der Beschwerdeführer ein Wirtschaftsgut (Kanzleieinrichtung) angeschafft habe, das zu aktivieren gewesen sei. Der Einwand, die Adaptierungsarbeiten wären auch dann nötig gewesen, wenn es sich um die Einrichtung einer Wohnung gehandelt hätte, gehe für die Frage der Aktivierungspflicht fehl. Wesentlich für die Absetzung eines Aufwandes als Betriebsausgabe (auch die AfA sei eine solche) sei das Vorliegen eines Betriebes. Die Zweckwidmung der Einrichtung für den Kanzleibetrieb ermögliche erst die Abschreibung der Kosten als Betriebsausgaben. Da es sich bei den Adaptierungsarbeiten und der Anschaffung einzelner für den Betrieb einer Anwaltskanzlei nötiger Gegenstände um den Erwerb einer Kanzleieinrichtung gehandelt habe, könne von einem regelmäßig wiederkehrenden Erhaltungsaufwand nicht gesprochen werden. Beachtlich sei, daß es sich um Aufwendungen bezüglich noch nicht im Betriebsvermögen befindlicher Wirtschaftsgüter gehandelt habe, wodurch die Annahme eines Erhaltungsaufwandes bereits begrifflich ausscheide. Durch die Adaptierungsarbeiten sei etwas einheitliches Ganzes geschaffen worden, das sich wertmäßig sehr wohl vom Zustand vor den entsprechenden Arbeiten unterscheide. Im übrigen gehörten nach ständiger Rechtsprechung zu umfangreichem Herstellungsaufwand auch Aufwendungen, die sonst als Erhaltungsaufwand angesehen werden. Auch der Hinweis des Finanzamtes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 430/68, sei für den gegebenen Fall treffend. Tenor dieser Entscheidung sei die Feststellung, daß durch umfangreiche Adaptierungsarbeiten, die vorgenommen werden, um eine gemietete Räumlichkeit in einen für die eigenen Betriebszwecke geeigneten Zustand zu versetzen, ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut geschaffen werde. Das müsse auch für einen Fall gelten, bei dem der Betrieb wohl keinen Umbau eines Geschäftslokales aber doch Investitionen erfordere, die die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erst ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe zweifellos unter erheblichem Aufwand die gemieteten Räume in einen für seine Betriebszwecke geeigneten Zustand versetzen lassen. Es könne auch kein Zweifel darüber bestehen, daß er die Aufwendungen primär zu seinem Nutzen erbracht habe. Wenn auch der Großteil der Investitionen zivilrechtlich ins Eigentum des Vermieters übergehe und vertraglich festgelegt worden sei, daß diesem gegenüber Rückersatzansprüche für vom Beschwerdeführer getätigte Investitionen ausgeschlossen seien, widerspreche es keinesfalls den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß der Aufwand für ein Wirtschaftsgut nicht allein dem zugute komme, dem die Sache eigentümlich gehöre, sondern auch dem, der sie nutze, zumal im geschäftlichen Leben kaum jemand Aufwendungen mache, von denen er nicht zugleich hoffe, daß sie auch ihm zum Nutzen gereichen würden. Es könne nicht bestritten werden, daß ein solches Wirtschaftsgut dem Aufwendenden "gehört". Einzelne Anschaffungen und Arbeiten zur Erlangung einer betriebsfertigen Kanzlei könnten nicht als geringwertiges Wirtschaftsgut sofort absetzungsfähig angesehen werden. Bildeten sie doch insofern mit den übrigen Wirtschaftsgütern ein einheitliches Ganzes, als damit das Wirtschaftsgut "Kanzleiadaptierung" erstmalig erworben worden sei und somit deren Nutzungsdauer teilen sollten. Dem Beschwerdeführer sei aber dahingehend Recht zu geben, als die reinen Übersiedlungskosten nicht zu aktivieren seien. Der Betrag von S 9.962,40 sei daher im Jahr 1972 sofort als Betriebsausgabe abziehbar gewesen. Hinsichtlich der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des durch die Adaptierungsarbeiten erworbenen Wirtschaftsgutes sei festzustellen, daß diese bei Aufwendungen, die der Mieter auf die Bestandsache gemacht und deren Ergebnis er dem Vermieter bei Beendigung des Bestandverhältnisses ohne Entschädigung zu überlassen habe, durch die voraussichtliche Dauer des Bestandverhältnisses begrenzt sei. Sei die Vertragsdauer ungewiß, werde es nicht zu beanstanden sein, wenn als Vertragsdauer ein Zeitraum von zehn oder mehr Jahren angenommen werde (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom , Zl. 1278/55). Es sei zudem nicht ersichtlich, warum die vom Beschwerdeführer erworbene Kanzleieinrichtung bereits vor einem Zeitraum von zehn Jahren unbrauchbar werden sollte, wenn regelmäßig der nötige Erhaltungsaufwand getätigt werde. Völlig unmaßgeblich für die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes sei aber Alter und Gesundheit des Eigentümers, da nur die objektive Nutzungsdauer abnutzbarer Wirtschaftsgüter zu beurteilen sei. Auch für Luster und Teppiche sei die Annahme einer zehnjährigen Nutzungsdauer üblich und entsprechend. Schließlich sei noch auf den in der Berufung geltend gemachten Antrag auf Vornahme vorzeitiger Abschreibung von den aktivierten Adaptierungskosten einzugehen. Hiezu wird auf die Ausführungen im Einkommensteuerkommentar Zapletal-Hofatätter Tz. 19 zu § 6c EStG 1967 hingewiesen: Die vorzeitige Abschreibung müsse bereits bei der Ermittlung des in der Steuererklärung ausgewiesenen Gewinnes berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige müsse sich bei der Abgabe der Steuererklärung entscheiden, ob er einen Vorgriff auf die nach § 7 EStG zulässige AfA machen wolle. Der Antrag auf vorzeitige Abschreibung müsse daher vorbehaltlos gestellt werden und könne nicht von einem Vorbehalt der späteren Geltendmachung abhängig gemacht werden. Ist der Steuerpflichtige daher nicht sicher, ob ein Aufwand aktivierungspflichtig sei oder nicht, so müsse er sich darüber klar sein, daß er mit dem Verzicht auf die (gegebenenfalls vorgeschriebene) Aktivierung auch gleichzeitig auf die im Falle der Durchführung der Aktivierung zulässige vorzeitige Abschreibung verzichte; denn er könne den Antrag auf Vornahme der vorzeitigen Abschreibung nicht mehr nachholen, falls die Behörde die Aktivierungspflicht der Aufwendungen bejahe. Dem erst in der Berufung gestellten Antrag auf Vornahme einer vorzeitigen Abschreibung könne daher nicht entsprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Was die Aktivierungsfähigkeit und - im Beschwerdefall - gleichzeitig Aktivierungspflicht von Investitionen und Adaptierungsaufwendungen anläßlich des Wechsels von Kanzleiräumlichkeiten anlangt, kann der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof vertretene Meinung nicht teilen. Investitionen und Adaptierungen in neu gemieteten Räumlichkeiten führen nach ständiger Rechtsprechung und Lehre im Bereich des Bilanzsteuerrechts zu bewertungsfähigen Wirtschaftsgütern. Der Umstand, daß die Gegenstände bürgerlich-rechtlich dem Gebäudeeigentum des Vermieters zuwachsen, spielt dabei - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - keine Rolle. Nur für die Höhe der AfA kann dies gegebenenfalls insofern Bedeutung haben, als bei einer längeren Nutzungs- als Mietvertragsdauer der aktivierte Anschaffungs- bzw. Herstellungsaufwand auf die kürzere Dauer des vereinbarten Mietverhältnisses im Wege der AfA zu verteilen ist. Bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag und bei Mietverträgen, die hinsichtlich des Kündigungsschutzes dem Mietengesetz unterliegen, wird im allgemeinen die technische Nutzungsdauer für die Berechnung der AfA maßgebend sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1338/75, und Schubert-Pokorny-Schuch, S. 314 und 320). Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Anspruch auf Ersatz seiner Investitionen hat, rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn in diesem Fall ist es - wie die Praxis zeigt - möglich, daß der Mieter auch ohne vorherige Vereinbarung im Mietvertrag tatsächlich eine Abgeltung für seine das Mietobjekt noch werterhöhenden Aufwendungen erhält. Aber selbst wenn das nicht zutrifft, kann deshalb die gebotene Aktivierung nicht unterbleiben. Endet nämlich das Mietverhältnis vor dem Ende der der technischen Nutzbarkeit der im Mietgegenstand durchgeführten Investitionen entsprechenden Zeit und erhält diesfalls der Mieter keinen Ersatz vom Vermieter oder dem nachfolgenden Mieter, so ist ein allenfalls noch aufscheinender Buchwert der Wirtschaftsgüter, die zufolge ihrer Beschaffenheit vom Mieter nicht mitgenommen werden können, als gewinnmindernder Aufwand auszuscheiden.

Als unbegründet erweist sich auch der Beschwerdeeinwand, die Kanzlei des Beschwerdeführers habe schon 19 Jahre bestanden und der gesamte strittige Aufwand sei als Erhaltungsbzw. Instandhaltungsaufwand anzusehen. Diese Argumentation übersieht, daß der Beschwerdeführer durch die Übersiedelung ein neues Wirtschaftsgut erworben hat. Dieses ist in dem zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Mietrecht an den neuen Kanzleiräumen zu erblicken, wobei es keine Rolle spielt, daß dieses Mietrecht im Falle des Beschwerdeführers mangels eines hiefür getätigten Aufwandes in der Bilanz nicht als Aktivum aufscheint. So betrachtet stellen sich die strittigen Investitionen als weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Verfügungsmacht über die neuen Betriebsräumlichkeiten dar. Sie können daher nicht ebenso behandelt werden, wie sie zu behandeln wären, wenn sie in den alten Lokalitäten des Beschwerdeführers getätigt worden wären oder in den neuen, aber längere Zeit nach deren Anmietung und ohne sachlichen Zusammenhang damit. Dies gilt auch für jene Aufwendungen, deren Aktivierung der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz besonders rügt, nämlich von Rauchfangkehrergebühren, Schloßänderungen, von Telefonum- und Anmeldungsgebühren, von Änderungen der Stampiglien, von Türschildern, von der Aussprühung, von der Fußbodenreparatur, von der Reinigung, von Kleinmaterial, von diversen Montagen, von einem Zähleraustausch der Stadtwerke, von Maurerarbeiten, von Trinkgeldern, von Elektroinstallationen, von Maler- und Anstreicherarbeiten, von Klosett- und Gasherdreparaturen, von einer Spezialsteckdose, von einer Anmeldung beim Gaswerk, von Zigarettenhalter und Seifenspender, von der Abmontage alter Geräte, von Neumontagen, von Transportkosten des Installateurs, von der Polstertüre, von Vorhängen aller Art und der Arbeitszeit für die Vorhänge, von der Montage der Vorhänge, vom Tapezieren und von der Reparatur einer Tapetentür.

Wenn sich der Beschwerdeführer daran stößt, daß die Frage der Aktivierungspflicht bei ihm von der belangten Behörde ebenso gelöst wurde wie im Bereich der gewerblichen Gewinnermittlung und vorbringt, er habe keine Geschäftslokalitäten, so ist ihm zu entgegnen, daß hinsichtlich der hier strittigen Aufwendungen zwischen einem bilanzierenden Gewerbetreibenden und einem ebenfalls bilanzierenden Steuerpflichtigen, der einen freien Beruf ausübt, kein Unterschied besteht. Im übrigen würde das Ergebnis für beide Gruppen von Steuerpflichtigen selbst dann kein anderes sein, wenn sie ihren Gewinn durch Errechnung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermitteln.

Der Verwaltungsgerichtshof kann der belangten Behörde allerdings nicht folgen, wenn sie der Meinung ist, im vorliegenden Fall hätten sämtliche Einzelaufwendungen zu einem einzigen Wirtschaftsgut "Kanzleiadaptierung" geführt. Denn beispielsweise die Gas-Etagenheizung, die Vorhänge, ein Handwaschbecken und eine Kleiderablagewand sind - auch wenn sie für einen gemieteten Betriebsraum angeschafft werden - verschiedenartige Wirtschafsgüter, die ihre Selbständigkeit nicht deswegen verlieren, weil die Räumlichkeiten, deren Ausstattung sie dienen, für einen einheitlichen nämlich den betrieblichen Zweck bestimmt sind. Dennoch hat die belangte Behörde durch ihre gegenteilige Beurteilung den angefochtenen Bescheid mit keiner Rechtswidrigkeit belastet, weil die Behandlung der strittigen Aufwendungen als eine Mehrheit von Wirtschaftsgütern nur dann zu einem anderen Ergebnis führen würde, wenn für alle oder einzelne dieser Wirtschaftsgüter eine andere als die von der belangten Behörde angenommene Nutzungsdauer in Betracht käme. Da der Beschwerdeführer in dieser Richtung schon im Verwaltungsverfahren keine entsprechend begründeten konkreten Einwendungen vorgebracht hat und die von der belangten Behörde angenommene Nutzungsdauer bei durchschnittlicher Betrachtung mit allgemein bekannten Erfahrungen übereinstimmt, hat der Verwaltungsgerichtshof dagegen keine Bedenken.

Soweit die belangte Behörde die Sofortabsetzbarkeit des Aufwandes für geringwertige Wirtschaftsgüter deswegen ablehnt, weil die einzelnen Wirtschaftsgüter, deren Wert die gesetzliche Bagatellgrenze nicht übersteigt, als "einheitliches Ganzes" zu beurteilen seien, geht sie von der im vorstehenden Absatz als unrichtig erkannten Rechtsansicht aus und gelangte dabei zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Was schließlich die Frage der vorzeitigen Abschreibbarkeit des von der belangten Behörde zu Recht aktivierten Aufwandes anlangt, ist folgendes zu sagen:

Grundsätzlich ist die vorzeitige Abschreibung eine vorweggenommene AfA und daher wie diese in der Bilanz buchmäßig in der Weise zu berücksichtigen, daß entweder das betreffende Wirtschaftsgut mit einem entsprechend geringeren Wert angesetzt oder ein entsprechender Passivposten als Wertberichtigung ausgewiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 496/71, Slg. Nr. 4279/F). Es ist auch richtig, daß der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 237/61, Slg. Nr. 2483/F, ausgesprochen hat, daß ein "Eventualbegehren" auf Anerkennung noch nicht in der Bilanz durchgeführter vorzeitiger Abschreibung unzulässig ist. Indes vermag die belangte Behörde ihre Rechtsmeinung auf das letztgenannte Erkenntnis im Beschwerdefall dennoch nicht erfolgreich zu stützen. Abgesehen davon, daß jenes Erkenntnis zu einem anderen Gesetz ergangen ist - nämlich zum Bewertungsfreiheitsgesetz 1957, BGBl. Nr. 70, während im Beschwerdefall § 6c des Einkommensteuergesetzes anzuwenden ist -, geht es bei der nunmehrigen Frage gar nicht um die Zulässigkeit eines mit der Steuererklärung verbundenen "Eventualantrages" oder um die zeitgerechte Entscheidung des Abgabepflichtigen. Der Beschwerdeführer war vielmehr von allem Anfang an der Rechtsansicht - und er ist das auch noch jetzt vor dem Verwaltungsgerichtshof -, daß die strittigen Aufwendungen überhaupt nicht aktivierungsfähig sind. Der Verwaltungsgerichtshof kann sich dem zwar - wie dargetan - nicht anschließen, doch hatte der Beschwerdeführer bei dem von ihm eingenommenen Rechtsstandpunkt gar keine Möglichkeit, eine vorzeitige Abschreibung in seinen Büchern vorzunehmen. Bedenkt man, daß, wie der Umfang der Rechtsprechung und das einschlägige Schrifttum beweisen, die Frage, ob aktivierungsfähiger (pflichtiger) und nur auf die voraussichtliche Nutzungsdauer absetzbarer Aufwand vorliegt, im Einzelfall oft sehr umstritten sein kann, dann würde die Rechtsmeinung der belangten Behörde dazu führen, daß der Abgabepflichtige bei einer Sofortabsetzung, deren Unzulässigkeit sich erst nach Jahren und unter Ausschöpfung aller Rechtsbehelfe ergibt, auf eine vorzeitige Abschreibung schlechthin verzichten müßte. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht der Ansicht, daß das in der Absicht des Gesetzgebers gelegen sein kann. Es kann nämlich nicht übersehen werden, daß der auch für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 geltende Grundsatz der Vorsicht des Kaufmannes den Abgabepflichtigen im Zweifelsfall zur niedrigeren Bewertung verhält. Daher ist in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht jener Weg gangbar, der als einziger offenbliebe, um bei Ungewißheit über die Aktivierungspflicht das Recht auf vorzeitige Abschreibung nicht zu verlieren. Dieser Weg bestünde darin, daß der Abgabenpflichtige im Zweifelsfall - möglicherweise entgegen zwingenden handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften - einen Aufwand aktiviert, hievon vorzeitige Abschreibung vornimmt und die dieser Bilanzierung folgende Veranlagung mit der Begründung bekämpft, sie sei wegen der vorgenommenen Aktivierung unrichtig. Dem Abgabepflichtigen kann daher das Recht auf vorzeitige Abschreibung dann nicht verlorengehen, wenn die Aktivierung einzelner grundsätzlich vorzeitig abschreibbarer Aufwendungen ausschließlich von der Abgabenbehörde im Abgabenverfahren erfolgt. Die Bezugnahme der belangten Behörde auf das zitierte Erkenntnis vom ist aber auch deswegen verfehlt, weil dort die umstrittene vorzeitige Abschreibung mit der von der Abgabenbehörde vorgenommenen Bilanzberichtigung in keinem Zusammenhang stand.

Aus Vorstehendem ergibt sich, daß die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides teilweise von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 5136 F/1977
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1977:1976001934.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-56361