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VwGH 07.07.1954, 1913/52

VwGH 07.07.1954, 1913/52

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BAO §4 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §16 Abs2;
RS 1
Ausführungen hinsichtlich der Entstehung der Steuerschuld, wobei die Wirksamkeit des Vertrages von einer aufschiebenden bzw auflösenden Bedingung abhängig sein soll.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der Z reg.Genossenschaft m.b.H. in W gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA VIII - 731/3 - 1952, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit dem Mietvertrag vom und hatte die Beschwerdeführerin von den österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) eine Grundfläche auf dem Wiener Ostbahnhof gemietet. In Punkt 1 des Vertrages wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin auf der gemieteten Grundfläche auf ihre Kosten ein Magazin errichten wolle. Dieses solle nach Punkt 6 des Vertrages zur Einlagerung von Gütern dienen. Nach Punkt 24 des Vertrages erlischt das Bestandverhältnis, wenn es nicht früher durch Kündigung oder einseitige Auflösung aufgehoben wird, am , sofern auf der gemieteten Fläche stabile Bauten errichtet werden, dagegen bereits am , wenn auf dieser Fläche nur Riegelbauten oder Barackenbauten errichtet werden. In diesem Zeitpunkt gehen die auf der vermieteten Grundfläche errichteten Bauten ohne Entschädigung in das Eigentum der ÖBB über. Beide Vertragsteile können jedoch gemäß Punkt 30 den Vertrag jeweils am Beginn eines Kalendervierteljahres ohne Angaben von Gründen dreimonatig aufkündigen, die ÖBB können nach Punkt 31 außerdem nach ihrem Ermessen im Falle des Eigenbedarfes oder wenn es die Erfordernisse des Bahnbetriebes mit sich bringen, an jedem Monatsersten einmonatig kündigen. Kündigt die Beschwerdeführerin, dann kann sie gemäß Punkt 32 die errichteten Bauten ordnungsmäßig abtragen lassen. Sie kann auch von den ÖBB zur Abtragung verhalten werden. Wenn die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Aufkündigung weder von dem Abtragungsrecht Gebrauch macht noch die ÖBB die Abtragung verlangen, gehen die Bauten mit Beendigung des Vertragsverhältnisses ohne Entschädigung in das Eigentum der ÖBB über. Kündigen aber die ÖBB, dann gehen gemäß Punkt 33 des Vertrages die auf dem vermieteten Grundstück errichteten Bauten gleichfalls in das Eigentum der ÖBB über, doch gebührt hiefür der Beschwerdeführerin eine Entschädigung. Über das Ausmaß der Entschädigung sind in den Punkten 33 und 34 nähere Regelungen getroffen. Schließlich können die ÖBB gemäß Punkt 35 des Vertrages aus bestimmten Gründen die sofortige Auflösung des Bestandverhältnisses fordern. Auch in diesem Falle gehen die Bauten ohne Entschädigung in das Eigentum der ÖBB über.

Das Finanzamt hat der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom eine Grunderwerbsteuer vorgeschrieben, die es mit 7 % des Einheitswertes des inzwischen auf dem gemieteter Grund errichteten "Superädifikates" (26.600 S) berechnete. Die Beschwerdeführerin berief und führte aus, dass mit Rücksicht auf das ihr im Falle ihrer Kündigung eingeräumte Recht auf Abtragung der Bauten der Anspruch der ÖBB auf Übereignung der errichteten Bauten von der aufschiebenden Bedingung abhängig sei, dass die Beschwerdeführerin den Mietvertrag nicht vorzeitig aufkündige und von ihrem Recht auf Abtragung der Bauten keinen Gebrauch mache und auch nicht von den ÖBB zur Abtragung der Bauten verhalten werde. Keine dieser Bedingungen sei bisher erfüllt. Die Grunderwerbsteuerpflicht entstehe aber, wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung abhängt, erst mit Eintritt dieser Bedingung.

Nachdem zunächst das Finanzamt die Berufung mit Einspruchsbescheid abgewiesen und darauf die Beschwerdeführerin die Entscheidung der Finanzlandesdirektion begehrt hatte, wies diese Behörde mit Berufungsentscheidung vom die Berufung gleichfalls als unbegründet ab. Sie führte aus, nach § 1 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 585, GrEStG) sei Gegenstand der Grunderwerbsteuer grundsätzlich nicht der Eigentumserwerb, sondern das Rechtsgeschäft, durch das der Anspruch auf Übereignung des Grundstückes erworben wird. Das von der Beschwerdeführerin auf dem gemieteten Grundstück errichtete Gebäude sei unbestrittenermaßen ein Bauwerk auf fremden Grund und Boden, somit Grundstück im Sinne des GrEStG. Wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung abhängt, entstehe allerdings die "Grunderwerbsteuer" erst mit dem Eintritt dieser Bedingung. Unter einer solchen Bedingung könne aber nur eine aufschiebende, nicht auch eine auflösende Bedingung verstanden werden und eine aufschiebende Bedingung sei ein ungewisses künftiges Ereignis, von dessen Eintritt die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges abhängig ist. Nun sei vereinbart worden, dass durch den Ablauf des auf eine bestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrages das Bauwerk in das Eigentum der ÖBB übergehe. Notwendige Voraussetzung dafür sei nur die tatsächliche Errichtung der Gebäude gewesen. Mit dieser Errichtung sei der Übereignungsanspruch unabhängig vollirgendwelchen anderen Bedingungen erworben worden und der Übergang des Eigentums nur mehr befristet gewesen, weil der Zeitpunkt, "in dem dies zu erfolgen hatte, bereits bestimmt und nicht mehr ungewiss war". Durch eine bloße Befristung des Eigentumserwerbs werde aber mangels einer gesetzlichen Handhabe der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld nicht hinausgeschoben. Wenn die Beschwerdeführerin den Mietvertrag vorzeitig kündige, dann könne sie die errichteten Bauwerke abtragen, widrigenfalls diese auch dann in das Eigentum der ÖBB übergehen würden. Im letztgenannten Fall würde der den ÖBB eingeräumte Anspruch, die Gebäude nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer in das Eigentum zu übernehmen, durch Schaffung eines durch die Kündigung bedingten neuen Erwerbstitels aufgelöst werden. Wenn aber das Gebäude abgetragen werde, dann sei der Übereignungsanspruch der ÖBB eben durch den Eintritt dieses Ereignisses auflösend bedingt und nachträglich wieder weggefallen. Es sei somit die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass es sich um eine aufschiebende Bedingung handle, verfehlt, denn ein Übereignungsanspruch bestehe schon dann, wenn überhaupt nicht gekündigt wird. Bedürfe es aber zur Begründung eines solchen Erwerbstitels erst gar nicht des Eintrittes einer Bedingung, weil dieser Titel ohnehin schon bestehe, dann könne der Übereignungsanspruch nicht als aufschiebend bedingt angesehen werden. Werde der Übereignungsanspruch der ÖBB infolge Kündigung und Abtragung der Gebäude nachträglich unwirksam, dann stehe es der Beschwerdeführerin frei, eine Berichtigung der Steuerfestsetzung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die bei ihm gegen diese Entscheidung der Finanzlandesdirektion eingebrachte Beschwerde erwogen:

Die Behörde ist im Recht, wenn sie ausführt, dass gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG (in der für Österreich geltenden Fassung nach § 21 Abs. 1 Z. 1 dieses Gesetzes) nicht erst die tatsächliche Durchführung der Übereignung, sondern schon ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, die Steuerpflicht auslöst. Es ist weiters richtig, daß Gebäude auf fremdem Grund und Boden gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 des Gesetzes (in der Fassung nach Art. I lit. e der Grunderwerbsteuernovelle BGBl. Nr. 185/1946) den Grundstücken gleichgestellt werden. Bei dieser Gleichstellung von Gebinden auf fremdem Grund und Boden mit Grundstücken denkt das Gesetz offenbar an die sogenannten "Bauwerke" oder "Superädifikate", im Sinne des § 435 ABGB, d.s. Bauwerke, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, "dass sie nicht stets darauf bleiben sollen". Da im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin das Recht eingeräumt wurde, jederzeit bei Beginn eines Kalendervierteljahres den Mietvertrag über die Grundfläche aufzukündigen und bei dieser Gelegenheit das aufgeführte Magazin abzutragen, konnten die Behörden mit Recht davon ausgehen, nach dem Willen der Vertragsteile zunächst jedenfalls nicht feststand, ob das Magazin ständig auf dem Grund, auf dem es errichtet wurde, verbleiben würde, und dass es also als "Gebäude auf fremdem Boden" und damit als "Grundstück" im Sinne des Grunderwerbsteuerrechtes anzusehen ist. Dies bestreit auch die Beschwerdeführerin nicht.

Die belangte Behörde wäre auch mit ihrer Annahme, das es sich im vorliegenden Falle nicht um ein bedingtes, sondern bloß, um ein betagtes Geschäft handle, dann im Recht, wenn das Bauwerk in jedem Falle mit der Beendigung des Bestandverhältnisses - wann und aus welchem Grunde immer diese eintritt - in das Eigentum der ÖBB übergehen würde. Diese Voraussetzung trifft aber nicht zu, weil Punkt 32 des Vertrages der Beschwerdeführerin das Recht einräumt, falls sie kündigt, das Gebäude abzutragen. Die Beschwerdeführerin kann aber, falls sie kündigt, auch nicht einmal die ÖBB zur Übernahme des Bauwerkes zwingen, denn die ÖBB können im Falle einer Kündigung durch die Beschwerdeführerin die Abtragung des Gebäudes verlangen. Der Übergang des Gebäudes in das Eigentum der ÖBB ist somit nicht nur betagt, sondern auch bedingt.

Nach § 3 Abs. 5 Z. 5 des Steueranpassungsgesetzes in der Fassung des § 19 Z. 1 GrEStG entsteht bei der Grunderwerbsteuer die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung, wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist. Erwerbsvorgang ist nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet. Die belangte Behörde ist der Meinung, dass im vorliegenden Falle höchstens die Übereignung selbst, nicht auch der Anspruch auf Übereignung bedingt sein könne und weiter, dass es sich hier nicht um eine aufschiebende, sondern um eine auflösende Bedingung handle. Nach den Vorschriften des Sachenrechtes kann nun kein Zweifel bestehen, dass der Eigentumsübergang an die ÖBB auf Grund des Vertrages nicht von selbst eintritt. Vielmehr bedarf das den Anspruch auf Übereignung begründende Verpflichtungsgeschäft stets eines Erfüllungsgeschäftes. Der Anspruch der ÖBB gegenüber der Beschwerdeführerin auf Durchführung eines Erfüllungsgeschäftes, das den Eigentumsübergang zur Folge hat, entsteht aber erst in dem Augenblick, in dem die Bedingung oder der Zeitpunkt eingetreten ist, also erst dann, wenn sich herausstellt, dass es zu einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages vor Ablauf der Vereinbarten Bestanddauer nicht gekommen ist oder dass eine solche vorzeitige Auflösung tatsächlich eingetreten ist, und im Falle der Aufkündigung durch die Beschwerdeführerin überdies erst dann, wenn sich herausstellt, dass weder die Beschwerdeführerin das von ihr errichtete Gebäude entfernen noch dass der Vermieter die Entfernung des Gebäudes von der Beschwerdeführerin verlangen will. Erst in diesem Augenblick ist der Erwerbsvorgang wirksam geworden. Die Entstehung des Steuerschuld wird allerdings nicht dadurch berührt, dass die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges von einer Befristung abhängt; ist sie aber auch oder ausschließlich von einer Bedingung abhängig, dann entsteht die Steuerschuld erst mit dem Eintritt der Bedingung.

Die belangte Behörde sieht die im Punkt 32 des Vertrages festgelegte Bedingung als eine auflösende Bedingung an, auf die § 3 Abs. 5 Z. 5 des StAnpG nicht anwendbar sei. § 897 ABGB verweist bei der Regelung von Bedingungen, die einem Vertrag beigefügt werden, auf §§ 696 ff ABGB. § 696 ABGB bestimmt den Begriff der Bedingung als den einer Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Diese Gesetzesstelle fährt fort: "Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je nach dem sie sich auf den Erfolg oder den Nichterfolg der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das zugedachte Recht bei ihrem Eintritt verloren geht". Auf Grund des vorliegenden Vertrages sollen die auf dem Mietgrundstück errichteten Bauwerke nicht sofort in das Eigentum der ÖBB, übergehen, sondern erst mit Vertragsablauf oder mit der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses, und zwar im Falle der Kündigung durch die Beschwerdeführerin nur dann, wenn diese weder freiwillig das Bauwerk abträgt noch von den ÖBB zur Abtragung verhalten wird. Das Recht auf Übergabe des Bauwerkes soll also den ÖBB erst im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses und bei einer Kündigung durch die Beschwerdeführerin sogar nur dann zustehen, wenn das Gebäude nicht entfernt oder die Entfernung nicht verlangt wird. In diesem Falle geht also nicht etwa, wie die belangte Behörde meint, ein Rechtserwerb der ÖBB dadurch verloren, dass die Beschwerdeführerin das Bauwerk abträgt oder die ÖBB die Abtragung verlangen. Der Rechtserwerb der ÖBB ist vielmehr nicht auflösend, sondern durch eine verneinende Bedingung aufschiebend bedingt. Da diese Bedingung, wie unbestritten ist, im Zeitpunkt der Vorschreibung der Grunderwerbsteuer nicht erfüllt und somit die Steuerschuld nicht entstanden war, hätte die belangte Behörde den Steuerbescheid des Finanzamtes nicht bestätigen dürfen. Da sie dies dennoch getan hat, erweist sich dieser Bescheid seinem Inhalte nach als rechtswidrig und musste dem gemäß aufgehoben werden. Wien, am

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Normen
BAO §4 Abs1;
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §16 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1954:1952001913.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-56296