VwGH 23.09.1953, 1861/51
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | |
RS 1 | Beim Verkauf einer Liegenschaft unter Vorbehalt des Fruchtgenusses ist zur Ermittlung der Bemessungrundlage für die Grunderwerbsteuer der Wert des Fruchtgenusses dem Kaufpreis zuzuschlagen. |
Normen | |
RS 2 | Die Grunderwerbsteuer knüpft an Rechtsvorgänge ohne Rücksicht auf den wirtschftlichen Erfolg an. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde der MR in K gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 352/3 - IV b - 1951, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte mit Übergabsvertrag vom von ihrer Schwester eine Liegenschaft um den Preis von 25.000 S erworben, wobei sich die 67-jährige Übergeberin überdies das Fruchtgenuss- und Bewirtschaftungsrecht an der übergebenen Liegenschaft bis zu ihrem Lebensende ausbedang.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz hat der Beschwerdeführerin von diesem Vertrag die Grunderwerbsteuer, berechnet vom Übergabspreis und dem gemäss § 16 BewG mit dem Vervielfacher 7'5 kapitalisierten Jahreswert des vorbehaltenen Fruchtgenussrechtes, vorgeschrieben. Der gegen diese Vorschreibung - insbesondere gegen die Einbeziehung des Wertes des Fruchtgenussrechtes in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer - erhobenen Berufung gab die Finanzlandesdirektion Linz - abgesehen von einer ziffernmässigen Berichtigung der Bemessungsgrundlage - nicht Folge.
Die gegen diese Berufungsentscheidung beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde bekämpft nur die grundsätzliche Einbeziehung des Wertes des vorbehaltenen Fruchtgenusses in die Steuerbemessungsgrundlage. Die Behauptung sei verfehlt, der Verkäufer, der sich beim Verkauf einer Sache einen wesentlichen Teil, der - wie der gegenständliche Fruchtgenuss - auf die Bewertung einen bestimmenden Einfluss habe, zurückbehalte, erhalte zum Kaufpreis noch den reinen Wert des Fruchtgenusses. Eine derartige Umreihung von Begriffen sei vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt nicht zu vertreten. In Wirklichkeit wolle der Verkäufer seinen vollen Besitz noch nicht aufgeben und es könne ihn auch niemand dazu zwingen mehr herzugeben als das bloße Eigentum; dafür müsse er sich aber mit einem geringeren Preis begnügen.
Der Gerichtshof hat darüber erwoben:
Nach § 10 GrEStG, in der Fassung vor der Grunderwerb- und Erbschaftsteuernovelle 1952 ist die Steuer in einem Fall, in dem eine ermittelbare Gegenleistung vorhanden ist, vom Werte der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 11 des nämlichen Gesetzes gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Angesichts dieser zwingenden gesetzlichen Regelung, die auch auf den vorliegenden Übergabsvertrags anzuwenden ist, ist es müßig, wirtschaftliche Überlegungen darüber anzustellen, ob eine solche Zurechnung eines vom Verkäufer vorbehaltenen Fruchtgenussrechtes zum Verkaufspreis eine innere Berechtigung hat oder nicht, zumal die Grunderwerbsteuer an bestimmte Rechtsvorgänge (Kaufverträge, Eigentumsübergabe) ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Erfolg geknüpft ist. Übrigens ist die Einbeziehung derartiger vorbehaltener Nutzungsrechte in den Wert der Gegenleistung auch wirtschaftlich nicht so widersinnig, wie es die Beschwerde darstellt, denn der Gesetzgeber geht hier von der auch wirtschaftlich richtigen Annahme aus, dass der seinerzeitige (nach Wegfall des Fruchtgenussrechtes) unbeschränkte Eigentumsübergang vom Erwerber durch den derzeitigen reduzierten Barpreis und die Übernahme einer zeitlich beschränkten Belastung des Grundstückes abgegolten wird.
Der Bescheid der belangten Behörde lässt somit Rechtswidrigkeit nicht erkennen; die Beschwerde musste daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 814 F/1953 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1953:1951001861.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-56134