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VwGH 07.07.1967, 1860/66

VwGH 07.07.1967, 1860/66

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Eine im eigenen Landhaus befindliche Wohnung, die immer wieder, wenn auch nur als Ferienaufenthalt benützt wird, stellt einen Wohnsitz iSd Abgabenvorschriften dar und begründet für den, der sie innehat, die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Sektionsrates Dr. Walter, über die Beschwerde des WH in N, vertreten durch Dr. Walter Redlich, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI/1696/3/66, betreffend Einkommensteuer für 1961 und 1962, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der nach den Angaben in seinen Steuererklärungen für die Jahre 1961 und 1962 amerikanischer Staatsbürger ist und in New York seinen Wohnsitz hat, erwarb zusammen mit einem zweiten amerikanischen Staatsbürger im Jahre 1957 in K., Niederösterreich je zur Hälfte ein Wohnhaus mit Garten. Der Kaufpreis betrug nach der Veräußerungsmitteilung an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern S 217.700,--. Das Haus enthält nach einer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Planskizze ein Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche, Vorräume und WC sowie zwei Mansarden-Gästezimmer insgesamt mit einer Wohnfläche von rund 120 m2. Das Haus ist vollständig eingerichtet. Überdies ist eine kleine Hausbesorgerwohnung vorhanden. Nach einem Erhebungsbericht des Finanzamtes, dessen wesentlicher Inhalt dem Vertreter des Beschwerdeführers vorgehalten wurde, ist der Beschwerdeführer ebenso wie der andere Mieteigentümer des Hauses ungefähr von Frühjahr bis Herbst eines jeden Jahres in dem Hause wohnhaft, das von beiden gemeinsam genutzt wird. Während der Abwesenheit der Eigentümer werden die Räume nicht benützt, sondern stehen diesen jederzeit zur Verfügung.

Das Finanzamt nahm auf Grund der Erhebungen einen inländischen Wohnsitz und die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Beschwerdeführers an und erließ für 1961 und 1962 Einkommensteuerbescheide. Der Vertreter des Beschwerdeführers hatte dessen Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Lektor und Schriftsteller für 1961 Mit US-Dollar 9.750,-- d. s. S 253.611,-- und für 1962 mit US-Dollar 10.843,-- d. s. S 281.935,-- angegeben, die das Finanzamt neben inländischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von jährlich S 420,-- der Besteuerung zugrunde legte. Die in den USA entrichtete Einkommensteuer wurde in der bekanntgegebenen Höhe von der ermittelten österreichischen Einkommensteuer in Abzug gebracht.

In der gegen die Einkommensteuerbescheide 1961 und 1962 eingebrachten Berufung wurde geltend gemacht, der Beschwerdeführer halte sich in Österreich nur zu Urlaubs- und Erholungszwecken auf. Er habe den Hausanteil nur gekauft, um der schwierigen Quartierbeschaffung aus dem Wege zu gehen. Von einem "Wohnen" im Sinne der Bundesabgabenordnung könne in diesem Falle nicht gesprochen werden, da die Räumlichkeiten nach Größe und Ausstattung nicht den Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers entsprächen. Es handle sich daher weder um eine Wohnung noch um einen Wohnsitz. Da somit die Voraussetzung des § 26 Abs. 1 BAO nicht zutreffen, sei der Beschwerdeführer in Österreich auch nicht einkommensteuerpflichtig. In einem Stundungsansuchen, das der Vertreter des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Anforderung der Einkommensteuer eingebracht hat, wird angeführt, daß der Beschwerdeführer für amerikanische Verhältnisse ein äußerst geringes Einkommen beziehe und in Österreich keinerlei Barmittel zur Verfügung habe. In Beantwortung eines Vorhaltes wird hervorgehoben, der Beschwerdeführer habe in dem Haus lediglich einen Raum, nämlich das Schlafzimmer, für sich allein, die Benützung sämtlicher anderen Räume stehe ihm nur zu 50 % mit dem anderen Eigentümer zu. Daraus gehe hervor, daß die Räumlichkeiten gemessen an den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers diesem nur als eine notdürftige Unterkunft für vorübergehende Urlaubsaufenthalte dienen könnten. Bei der Bestimmung des Wohnsitzes seien nach der Bundesabgabenordnung immer die Verhältnisse des besonderen Falles ausschlaggebend und es könne niemand behaupten, daß die kleinen Räume in dem gegenständlichen Haus dem Lebensstandard des Beschwerdeführers, der als eine Kapazität auf seinem Gebiet in der ganzen Welt bekannt und anerkannt sei, entsprächen.

Die belangte Behörde gab der Berufung insoweit Folge, als an Stelle der vom Finanzamt angenommenen Steuergruppe I die Steuergruppe II der Berechnung der Einkommensteuer zugrunde gelegt wurde. Im übrigen wurde das Rechtsmittel abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1953 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach den gleichlautenden Bestimmungen des § 13 Steueranpassungsgesetz und § 26 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung hat im Sinne der Abgabenvorschriften jemand dort seinen Wohnsitz, wo er eine Wohnung innehat, unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob Personen mit ihrem Einkommen in Österreich unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sind, ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften zu beurteilen und nicht nach Bestimmungen etwaiger Doppelbesteuerungsverträge (vgl. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3103/F). Nach diesen inländischen Vorschriften, dem obgenannten § 13 Steueranpassungsgesetz und § 26 Abs. 1 BAO, ist aber für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht, um die hier der Streit geht, weder Voraussetzung, daß in Österreich einem Erwerb nachgegangen noch daß hier wirtschaftliche Interessen verfolgt werden, sondern lediglich die Tatsache erforderlich, daß ein Wohnsitz in Österreich gegeben ist. Die belangte Behörde hat letzteres im vorliegenden Fall mit Recht bejaht. Wenn der Beschwerdeführer in Österreich ein Haus erworben hat, um bei seinem wiederholten monatelangen Aufenthalten hier, sei es zu Erholungs-, sei es zu Studienzwecken, den lästigen Sorgen um eine Quartierbeschaffung enthoben zu sein und in diesem Haus eine ständige Wohnmöglichkeit zur Verfügung zu haben, so konnte daraus von der Behörde unbedenklich der Schluß gezogen werden, daß damit ein inländischer Wohnsitz begründet worden ist. Der Beschwerdeführer bestreitet auch weder die Tatsache der Benützung der gegenständlichen Wohnung durch mehrere Monate eines jeden Jahres, noch daß er sie auch weiterhin beibehalten wolle. Er behauptet lediglich, von einer Wohnung könne deshalb nicht die Rede sein, weil die Räumlichkeiten seinen Lebensverhältnissen nicht entsprächen. Dieser Einwand kann schon deshalb nicht zielführend sein, weil der Beschwerdeführer die fragliche Wohnung tatsächlich bewohnt und nach dem Wortlaut des § 26 BAO keineswegs eine "standesgemäße" Wohnung vorausgesetzt wird.

Das vom Beschwerdeführer angeführte Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. Nr. 1937, S. 336, ist auf einen ganz anderen Sachverhalt abgestellt. Es handelte sich dort um Räume, die überhaupt nicht bewohnt, sondern nur zur Möbeleinstellung benutzt wurden.

Der Beschwerdeführer hat auch im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, die Wohnung könne nicht während des ganzen Jahres zum Wohnen benützt werden. Daß diese Wohnung im eigenen Landhaus des Beschwerdeführers tatsächlich nur als Ferienaufenthalt dient, schließt jedenfalls nicht aus, daß es sich hier um eine Wohnung im Sinne der Abgabenvorschriften handelt (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 1281/65).

Was die Rüge des Beschwerdeführers anlangt, die Behörde habe nicht untersucht, ob in den Einkünften auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit enthalten seien, ist einerseits zu sagen, daß der Beschwerdeführer in seinen Steuererklärungen für 1961 und 1962 selbst nur amerikanische Einkünfte aus freier Berufstätigkeit als Schriftsteller und Lektor angegeben hat und anderseits über Vorhalt des Finanzamtes ausdrücklich bekanntgab, in den Erklärungen seien Einkünfte, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und den USA von der österreichischen Besteuerung ausgeschlossen sind, nicht enthalten.

Der Gerichtshof konnte daher in dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit nicht erblicken. Die Beschwerde erwies sich sohin als unbegründet und war abzuweisen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1967:1966001860.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-56132