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VwGH 14.04.1969, 1854/68

VwGH 14.04.1969, 1854/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Wr §70 Abs1;
BauRallg;
RS 1
Die Baubewilligung (Baukonsens) regelt als öffentlich-rechtlicher Akt seinem Wesen und seiner Bestimmung nach keineswegs die Rechtsbeziehungen einzelner Personen, sondern die Rechtsbeziehungen des Objektes selbst; es bleiben daher alle durch die Baubewilligung festgelegten, das Bauprojekt betreffenden Verpflichtungen mit allen ihren Konsequenzen unverändert in Geltung, auch wenn eine Änderung im Besitz des Objektes eintritt (Hinweis E 10.2.1897, Zl 811, Slg Budw Nr 10373).
Norm
BauO Wr §74 Abs1;
RS 2
Nur solche Erdarbeiten unterbrechen den Ablauf der Gültigkeitsdauer der Baubewilligung, die der Verwirklichung des Bauvorhabens dienen. Bloße Planierungsarbeiten genügen hiezu insbesondere dann nicht, wenn die Errichtung eines Kellers vorgesehen ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Härtel und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Magistratskonzipist Dr. Macho, über die Beschwerde des Dr. VI, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates vom , Zl. MDR-B XXII-23/68, betreffend die Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Wiener Magistrates, MA 37, Außenstelle für den XXII. Bezirk vom wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer einer Liegenschaft, bestehend aus den Grundstücken Nr. n1 - n4 in EZ. nn1 und den Grundstücken Nr. n5 und n6 in EZ. nn2, sämtliche des Grundbuches der Katastralgemeinde Leopoldau in Wien XXII. an der G-gasse (künftige ONr. 2 bis 12) gemäß § 70 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit den Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes die Bewilligung erteilt, auf dieser Liegenschaft ein gemauertes, unterkellertes dreigeschossiges Wohnhaus mit den erforderlichen Garagenräumen errichten zu dürfen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Am (bei der Behörde eingelangt am ) suchte die S-Gesellschaft m.b.H. um die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der vorangeführten Baubewilligung bis an. Begründet wurde dieses Ansuchen damit, dass die Baufirma N-AG. am für das gegenständliche Bauvorhaben den Baubeginn angezeigt und nach der Anzeige mit den Erdarbeiten begonnen habe. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten hätten aber die Arbeiten wieder eingestellt werden müssen.

Diesem Ansuchen gab der Wiener Magistrat, MA 37, Außenstelle für den XXII. Bezirk, mit Bescheid vom keine Folge. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Baubewilligung am in Rechtskraft erwachsen, das Ansuchen um Fristverlängerung jedoch erst am eingelangt sei. Für eine abgelaufene Baubewilligung könne eine Fristverlängerung nicht gewährt werden.

Dagegen erhob die vorgenannte Gesellschaft Berufung, in der sie geltend machte, da mit den Arbeiten am begonnen worden sei, sei die Baubewilligung erst am (Bauvollendungsfrist) abgelaufen. Das Ansuchen um Fristverlängerung sei daher innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, im vorliegenden Falle sei mit Bescheid vom eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden. Dieser Bescheid sei am zugestellt worden. Dem Berufungsvorbringen nach sei mit Erdarbeiten am begonnen worden. Wie das ergänzende Ermittlungsverfahren ergeben habe, sei aber das Erdniveau lediglich nivelliert und "auf 30 cm abgesenkt" worden, sodass das derzeitige Niveau im Bereiche der künftig zu verbauenden Fläche vollkommen gleich mit dem übrigen Niveau des Grundstückes sei. Bei einer derartigen Maßnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit den Erdarbeiten im Sinne des § 74 Abs. 1 der Bauordnung begonnen worden sei, sodass die Baubehörde erster Instanz zu Recht davon ausgegangen sei, dass ein Antrag auf Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Baubewilligung nicht während der Gültigkeit dieser Bewilligung eingebracht worden sei. Die Verlängerung einer bereits abgelaufenen Frist sei aber nach der genannten Gesetzesstelle nicht möglich.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und hiezu ausgeführt, der belangten Behörde sei zur gleichen Zeit wie die Berufung, über die der angefochtene Bescheid ergangen sei, eine weitere Berufung wegen der am Nebengrund befindlichen Wohnhausanlage D-straße 175 - 177 vorgelegen. Hierüber sei gleichfalls am entschieden worden. In diesem, die Nachbarliegenschaft betreffenden Bescheid sei die belangte Behörde irrigerweise davon ausgegangen, es hätte dort eine finanzielle Bemühung bei der gemeinnützigen Bauvereinigung "XY" stattgefunden und diese Bemühungen als wichtigen Grund angesehen.

Der angefochtene Bescheid, der das Schreiben der gemeinnützigen Bauvereinigung "XY" nicht einmal erwähne, obwohl sich dieses auf das vorliegende Bauvorhaben beziehe, erweise sich daher seinem Inhalte nach als rechtswidrig. Das Verfahren sei deswegen mit wesentlichen Mängeln behaftet, weil die Urkunde für den Nachweis der finanziellen Bemühungen zu Unrecht nicht auf den vorliegenden Sachverhalt bezogen worden sei.

Bevor der Gerichtshof in die Prüfung der Frage eintreten konnte, ob der angefochtene Bescheid aus den in der Beschwerde geltend gemachten Gründen rechtswidrig ist, musste er prüfen, ob der Beschwerdeführer zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde überhaupt legitimiert erscheint. Dies deswegen, weil das Ansuchen um Verlängerung der Gültigkeitsdauer nicht vom Beschwerdeführer, sondern von der S-Gesellschaft m.b.H. erhoben und auch die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid von dieser Gesellschaft ergriffen wurde. Zwar bestimmt § 129 b Abs. 1 der Bauordnung für Wien, dass die Wirksamkeit baubehördlicher Bescheide (Bewilligungen, Kenntnisnahmen und Aufträge) durch einen Wechsel in der Person des Eigentümers nicht berührt werden. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof zu wiederholten Malen, so schon in dem Erkenntnis vom 10. Februar 1897, Slg. Nr. 10.373, ausgesprochen, dass der Baubewilligungsbescheid seinem Wesen nach keinesfalls nur die Beziehungen einer einzelnen Person, sondern die rechtlichen Beziehungen eines Objektes regle. Allein darum geht es im vorliegenden Falle nicht, sondern darum, ob der Beschwerdeführer als seinerzeitiger Bauwerber berechtigt ist, gegen einen Bescheid (antragsbedürftigen Verwaltungsakt) vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu erheben, der auf Grund eines Ansuchens ergangen ist, das nicht von ihm eingebracht wurde.

Die Akten des Verwaltungsverfahrens zeigen, dass der erstinstanzliche Bescheid an den Beschwerdeführer "als Vertreter der Bauwerber und Grundeigentümer" und nur in Abschrift an die vorgenannte Gesellschaft "als Planverfasser" ergangen ist. Auch der angefochtene Bescheid benennt als Adressaten den Beschwerdeführer. Zugestellt wurde er an den Beschwerdeführer, z. H. Arch. Ing. HS. Daraus folgt, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen ist, dass das Verlängerungsansuchen von der mehrfach genannten Gesellschaft namens des Beschwerdeführers eingebracht wurde. Geht man von diesem Sachverhalt aus - siehe hiezu § 41 Abs. 1 VwGG 1965 -, dann bestehen gegen die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers keine Bedenken.

In der Sache selbst ist folgendes zu sagen:

Gemäß § 74 Abs. 1 der Bauordnung für Wien werden die Baubewilligung und die Kenntnisnahme einer Bauanzeige unwirksam, wenn binnen zwei Jahren, vom Tage ihrer Rechtskraft gerechnet, mit dem Bau oder Abbruch oder der Erdarbeit nicht begonnen oder der Bau nicht innerhalb zweier Jahre nach Baubeginn vollendet wird. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, kann die Baubeginns- oder Bauvollendungsfrist für eine ihrer Rechtswirkungen entkleidete Baubewilligung nicht verlängert werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 4471/A). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher davon abhängig, ob der Baubewilligungsbescheid im Zeitpunkt der Einbringung des Fristansuchens noch rechtswirksam war oder nicht. Das Ansuchen um Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Baubewilligung vom Jahre 1964 ist mit datiert, trägt jedoch den Eingangsvermerk der Behörde vom . In diesem Zeitpunkte (auch schon am ) war nach Meinung der belangten Behörde der Baubewilligungsbescheid bereits unwirksam geworden, weil mit den Erdarbeiten innerhalb der zweijährigen Frist nicht begonnen worden war. Dieser, bereits von der Baubehörde erster Instanz vertretenen Ansicht ist der Berufungswerber mit der Behauptung entgegengetreten, dass mit den Erdarbeiten unmittelbar nach der Baubeginnsanzeige vom begonnen wurde. Das hierüber von der belangten Behörde durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren hat aber ergeben, dass das derzeitige Niveau im Bereiche der künftig zu verbauenden Fläche vollkommen gleich ist mit dem übrigen Niveau des Baugrundes, wogegen im Konsensplan ein Keller vorgesehen ist, dessen Fußboden wesentlich tiefer liegt. Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten. Auch in der Beschwerde wird hiezu nichts ausgeführt. Erdarbeiten, durch die der Lauf der Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung unterbrochen wird, sind aber nicht irgendwelche Erdarbeiten, sondern nur solche, die der Verwirklichung des Bauvorhabens dienen. Hiezu gehört in erster Linie die Aushebung der so genannten Baugrube, nicht aber die bloße Planierung des Bauplatzes; dies insbesondere dann nicht, wenn die Errichtung eines Kellers vorgesehen ist. Erdarbeiten der vorgenannten Art durchgeführt zu haben, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden musste.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung, BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §70 Abs1;
BauO Wr §74 Abs1;
BauRallg;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1968001854.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-56102

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