VwGH 13.09.1972, 1852/70
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Leistet ein von seinem Vater als Alleinerbe eingesetztes Kind auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Vaters eine Rente an die Mutter (= die Witwe des Vaters), so handelt es sich dabei um keine nichtabzugsfähige Unterhaltsrente. Da die Rentenzahlung nicht das Entgelt für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes darstellt und auch keine als betrieblicher Vorgang zu wertende Rentenleistung ist, war sie als Sonderausgabe absetzbar. |
Norm | EStG 1953 §33; |
RS 2 | Rentenleistungen des Erben an den Legatar auf Grund einer letztwilligen Verfügung sind jedenfalls solange keine außergewöhnliche Belastung als sie im Erbteil ihre Deckung finden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des Mag. KH in K, vertreten durch Dr. Walter Christl, Rechtsanwalt in Steyr, Stadtplatz 34, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 5/22/3-BKa-1970, betreffend Einkommensteuer 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.090,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am verstorbene Vater des Beschwerdeführers setzte in seinem Testament den Beschwerdeführer zu seinem Alleinerben ein. Der Nachlaß des Verstorbenen bestand - von unbedeutender persönlicher Habe abgesehen - aus dem Betriebsvermögen einer Apotheke und Drogerie. Das Betriebsvermögen wurde im eidesstättigen Vermögensbekenntnis zum mit rund S 281.006,-- bewertet. Der Vater des Beschwerdeführers ordnete in seinem Testament ferner an, daß der Beschwerdeführer seiner Mutter (der Witwe des Testators) eine monatliche Geldrente in der Höhe eines Gehaltes eines angestellten Magisters der X. Gehaltsstufe (zur Zeit des Erbanfalles S 3.072,--) auf Lebenszeit und seinem Bruder einen Geldbetrag in der Höhe von 3/8 des Nachlaßvermögens zu zahlen habe. In einem im Zuge des Abhandlungsverfahrens geschlossenen Übereinkommen einigten sich der Beschwerdeführer und die beiden Legatare dahin, daß der Wert des zuletzt genannten Vermächtnisses mit S 159.000,-- zu beziffern sei. Da die an die Mutter des Beschwerdeführers zu leistende Rente mit einem Barwert von S 552.960,-- angesetzt wurde, ergab sich im eidesstättigen Vermögensbekenntnis unter Berücksichtigung der Nachlaßkosten ein negativer Wert des Nachlasses von rund S 437.000,-
Der Beschwerdeführer studierte zur Zeit des Todes seines Vaters im vierten Semester Pharmazie. Aus diesem Grund räumte er seiner Mutter in dem bereits erwähnten Übereinkommen für die Zeit bis zum Abschluß seines Studiums und einer anschließenden zweijährigen Praktikantenzeit den Fruchtgenuß am ererbten Unternehmen ein. Dieser Fruchtgenuß wurde rückwirkend ab dem Todestag gewährt. Nach dem Übereinkommen hatte die Fruchtnießerin neben der Erfüllung des Legates an den Bruder des Beschwerdeführers einen näher beschriebenen Unterhalt für den Beschwerdeführer selbst während seiner Studien- und Praktikantenzeit zu leisten. Weiters wurde vereinbart, daß ihr neben der oben angeführten Rente ein Betrag, der dem kollektivvertraglichen Gehalt einer Laborantin der höchsten Gehaltsstufe entspreche, frei verbleiben müsse. Sollten ihre Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen ihr diesen Betrag nicht belassen, so ist ihr der Unterschiedsbetrag nach Endigung des Fruchtgenußrechtes rückzuvergüten. Tatsächlich betrieb die Mutter des Beschwerdeführers das Unternehmen bis einschließlich 1965 auf Grund des ihr zustehenden Fruchtgenußrechtes. Ab 1966 führte der Beschwerdeführer das Unternehmen auf eigene Rechnung.
In der Einkommensteuererklärung für 1967 begehrte der Beschwerdeführer, die in diesem Jahr an seine Mutter gezahlte Rente von S 85.878,-- als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Da das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung diesem Begehren nicht entsprach, erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte aus, die Außergewöhnlichkeit der Belastung liege darin, daß nicht jeder Apotheker Renten zahlen müsse. Die Zwangsläufigkeit der Belastung liege in der Tatsache, daß er für den Unterhalt der Mutter in Höhe der testamentarisch bestimmten Rente aufkommen müsse. Darüber hinaus aber wäre die Rente auch als Sonderausgabe absetzbar, weil ab 1966 die Rentenzahlung einvernehmlich mit dem ursprünglich testamentarisch festgelegten Betrag geleistet worden sei, bei Kapitalisierung derselben aber die Lebenserwartung der Mutter bereite 1968 abgelaufen sei.
Die belangte Behörde hat mit dem nun wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochtenen Bescheid der Berufung teilweise Folge gegeben, indem sie zwar des Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung verneinte, einen Teil der Rentenzahlung aber als Sonderausgabe abzog. Der Meinung des Beschwerdeführers, die Zahlung der gegenständlichen Rente stelle eine außergewöhnliche Belastung dar, sei entgegenzuhalten, daß solche Rentenvermächtnisse grundsätzlich aus der ererbten Vermögensmasse zu bestreiten seien und daher, solange sie wertmäßig aus dieser erfüllt werden können, schon deshalb keine außergewöhnliche Belastung bedeuten könnten. Der Verwaltungsgerichtshof stehe im Erkenntnis vom , Zl. 1220/59, auf dem Standpunkt, daß der Legatsverpflichtung ein Vermögenszuwachs in der Erbmasse gegenüberstehe und es keine außergewöhnliche Belastung des Einkommens bedeute, wann durch das Legat die Erbmasse verzehrt werde. Der Beschwerdeführer könne aber auch nicht einwenden, daß durch die Rentenzahlung seit 1956 die Erbmasse bereits in ihrem Wert überdeckt worden sei, wie es in dem Vermögensbekenntnisse nach Abzug der kapitalisierten Rente vom reinen Nachlaß aufscheine. Nicht nur, daß die Nachlaßaktiven zu Buchwerten aufschienen, der realisierbare Wert des Nachlaßvermögens aber wesentlich höher sei als die Buchwerte, müsse vielmehr festgehalten werden, daß eben auf Grund des Übereinkommens die Mutter vom Todestag an bis zum am Unternehmen den Fruchtgenuß gegen Leistung eines näher ausbedungenen Unterhaltes an den Beschwerdeführer eingeräumt erhalten habe. Sie habe daher in diesen Jahren die aus dem Betrieb erfließenden Erträge nicht aus dem Titel des Testamentslegates, sondern aus dem ihr eingeräumten Fruchtgenußrecht bezogen, einem völlig anderen Rechtstitel, der für diese Zeit die Rentenleistung habe ruhen lassen, sodaß die der Erbmasse gegenüberzustellenden Legatslasten erst ab 1966 zu laufen begonnen und sohin den Wert der Erbmasse noch lange nicht überstiegen hätten. Damit, daß der Beschwerdeführer die Erbschaft angenommen habe und auch auf die Rechtswohltat des Inventars verzichtet habe, habe er seinen Willen völlig frei ausgeübt. Es könne daher auch nicht von einer Zwangsläufigkeit gesprochen werden. Was die begehrte Behandlung der Rente als Sonderausgabe anlange, so sei das dem Beschwerdeführer auferlegte Legat zur Deckung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches der Witwe aus dem Titel des § 796 ABGB heranzuziehen. Es greife aber hiedurch § 12 EStG Platz, demzufolge Ausgaben zur Befriedigung gesetzlicher Unterhaltsansprüche auch dann nicht abzugsfähige Ausgaben seien, wenn sie auf einem besonderen Verpflichtungsgrund - in diesem Falle dem Testament - beruhen. Die belangte Behörde stellte dann Überlegungen über die Höhe des der Mutter des Beschwerdeführers zustehenden Unterhaltsanspruches an und gelangte zu dem Ergebnis, daß dieser mit 52.000,-- zu beziffern sei. Den übersteigenden Teil der vom Beschwerdeführer im Streitjahr gezahlten Rente anerkannte die belangte Behörde als Sonderausgabe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 33 EStG sind außergewöhnliche Belastungen, die bei Zutreffen weiterer vom Gesetz verlangter, für den Beschwerdefall aber nicht bedeutsamer Voraussetzungen zu einer Tarifermäßigung führen, solche, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Es kann nun dem Beschwerdeführer beigepflichtet werden, daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die Mehrzahl der nach Einkommensverhältnissen, Vermögensverhältnissen und Familienstand mit ihm vergleichbaren Steuerpflichtigen nicht die ihn treffende Rentenlast zu tragen hat, sodaß das Tatbestandsmerkmal des § 33 Abs. 2 EStG (Außergewöhnlichkeit) an sich gegeben ist. Ob die Belastung den Beschwerdeführer zwangsläufig getroffen hat, kann dahingestellt bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nämlich die Rechtsansicht, daß Belastungen im Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen jedenfalls insolange keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 33 EStG sind, als die Last im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1220/59, demzufolge dieser Grundsatz selbst dann gilt, wenn zur Deckung der Belastung auf steuerpflichtiges Einkommen gegriffen werden muß). Der Verwaltungsgerichtshof findet keinen Anlaß, von dieser Rechtsansicht im vorliegenden Fall abzugehen. Die Beschwerdeausführungen, die die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblicken, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer an seine Mutter geleistete Rente nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt hat, sind daher nicht geeignet, der Beschwerde zum gewünschten Erfolg zu verhelfen. Mit Recht hat die belangte Behörde nämlich darauf hingewiesen, daß für die Beurteilung im Beschwerdefall erst von den ab 1966 erbrachten Rentenleistungen auszugehen ist; denn vorher hat die Mutter des Beschwerdeführers nach den getroffenen Vereinbarungen keine Rentenleistungen zu erhalten gehabt, vielmehr auf Grund dieser Vereinbarungen an Stelle einer Rente kraft des ihr eingeräumten Fruchtgenusses die Erträge des Unternehmens des Beschwerdeführers bezogen. Daß aber die vom Beschwerdeführer 1966 und 1967 bezahlten Renten im Wert des vor ihm übernommenen Nachlasses jedenfalls ihre Deckung gefunden haben, liegt auf der Hand, denn es bedarf keiner weiteren Beweisführung, daß der Wert einer Apotheke und einer Drogerie unter Berücksichtigung der stillen Rücklagen und des Firmenwertes jedenfalls erheblich über dem Buchwert des Unternehmens liegt. Die Beschwerdebehauptung, die Vermögensmasse reiche nicht aus, um die Rentenansprüche der Mutter des Beschwerdeführers zu erfüllen, ist daher verfehlt.
Zufolge § 10 Abs. 1 Z. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, noch mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben oder nicht der Einkommensteuer unterliegen, als Sonderausgaben abgesetzt werden. Für Renten, die als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern gezahlt werden, gilt das nur, soweit die gezahlten Renten den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung im Zeitpunkt der Übertragung des Wirtschaftsgutes übersteigen. Der Abzug von Renten als Sonderausgaben ist dann überhaupt ausgeschlossen, wenn die Übernahme der Rentenlast das Entgelt für die Übertragung eines Betriebes ist. Ebenso ist die Abzugsfähigkeit einer Rentenleistung als Sonderausgabe nicht zulässig, wenn es sich im Sinne des § 12 Z. 2 EStG um eine Zuwendung an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person handelt. Solche Zuwendungen sind nämlich zufolge der zuletzt zitierten Gesetzesstelle selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie auf einer besonderen Vereinbarung beruhen. Den Fall einer solchen, allgemein als Unterhaltsrente bezeichneten Rente hat die belangte Behörde zumindest, was einen Teil der Rentenleistungen des Beschwerdeführers anlangt, angenommen. Die belangte Behörde bezog sich dabei auf § 796 ABGB. Nach dieser Vorschrift hat der überlebende Ehegatte zwar keinen Pflichtteilsanspruch, doch gebührt ihm, solange er nicht zur zweiten Ehe schreitet, der mangelnde anständige Unterhalt, soweit dieser nicht durch seinen gesetzlichen Erbteil oder eine für den Fall des Überlebens bedungene oder letztwillige zugewendete Versorgung_gedeckt ist. Ferner schwebte der belangten Behörde offenbar § 154 ABGB vor, wonach die Eltern einen Anspruch auf Unterhalt gegenüber ihren Kindern haben, wenn sie in Dürftigkeit verfallen.
Die beiden zitierten Paragraphen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vermögen jedoch im vorliegenden Fall den Standpunkt der belangten Behörde nicht zu stützen. Der Beschwerdeführer erfüllt nämlich mit seinen Rentenleistungen an seine Mutter keineswegs den Tatbestand des § 796 ABGB; denn der Vater des Beschwerdeführers hat für seine Ehefrau durch die Aussetzung des Rentenlegates ausreichend gesorgt, sodaß diese gegen den § 796 noch des § 154 ABGB Ansprüche stellen konnte. Die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rentenzahlung trifft ihn vielmehr - wie das auch bei jedem der Witwe gegenüber fremden Erben der Fall wäre - aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft. Daraus folgt, daß eine Unterhaltsrente im Sinne des § 12 Z. 2 nicht vorliegt (vgl. auch Stoll, Rentenbesteuerung, 2. Aufl., S 182 f und 209 f, sowie Littmann, 9. Aufl., RdNr. 26 zu § 10).
Da die strittige Rentenzahlung somit keine Unterhaltsrente ist, nicht das Entgelt für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes darstellt und auch keine als betrieblicher Vorgang zu wertende Rentenleistung ist, war die belangte Behörde nicht befugt, der Rentenzahlung den Abzug als Sonderausgabe zu versagen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 4420 F/1972; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1972:1970001852.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-56097