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VwGH 22.01.1962, 1851/61

VwGH 22.01.1962, 1851/61

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Aufhebung des Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes zur Ermittlung des Wertes der Zessionsvaluta bei Abtretung einer Ablösesumme.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer, über die Beschwerde der M-mühle R, Dipl. Ing. JS in R, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom . Zl. GA VIII - 921/1961, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit schriftlicher Erklärung vom trat Katharina Z. die ihr vom Mühlenkuratorium für den Fall der Stilllegung ihrer Mühle auf Grund des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 113 (Mühlengesetz), etwa "auszuzahlende Ablösesumme" bis zum Höchstbetrage von S 285.477,51 an die Beschwerdeführerin ab und bestätigte zugleich, die Zessionsvaluta in Waren erhalten zu haben. Sie ermächtigte gleichzeitig die Beschwerdeführerin, "die geschehene Abtretung dem Mühlenkuratorium zwecks Ersichtlichmachung in den dortigen Akten mitzuteilen". Das zuständige Finanzamt forderte für diese Abtretung gemäß § 33 Tarifpost 21 Abs. 1 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957 (BGBl. Nr. 267/1957, GebG) von der Beschwerdeführerin eine Gebühr in Höhe von 2 v. H. des Betrages von S 285.477,51 also einen Betrag von S 5.710,-.

Die Beschwerdeführerin berief und machte geltend, daß kein Recht, sondern nur ein allfälliger Ablösebetrag gemäß § 5 des Mühlengesetzes abgetreten worden sei. Es sei nämlich nach der Abtretungsurkunde erst für den Fall der Stillegung der Mühle und für den weiteren Fall der Festsetzung eines Ablösebetrages die Abtretung eben dieses Ablösebetrages vereinbart worden. Außerdem sei die angeführte Bestimmung des Mühlengesetzes eine Kannbestimmung, sodaß die Zuerkennung des Ablösebetrages in der Verfügungsmacht des Mühlenkuratoriums stehe. Es fehle daher an einem Anspruch auf den Ablösebetrag. Da § 33 Tarifpost 21 GebG aber nur die Gebührenpflicht von Zessionen oder Abtretungen von Forderungen, nicht aber von "möglichen Umständen", die "außerhalb der Disposition der Parteien liegen", im Auge habe, sei im Streitfall eine Rechtsgeschäftsgebühr nicht vorzuschreiben gewesen. Auch die Bemessungsgrundlage sei nicht richtig ermittelt worden. Wie sich aus dem "Schuldschein" ergebe, sei die Abtretungszahlung selber vereinbart worden. Der Ablösebetrag im Falle der Stillegung einer Mühle werde vom Mühlenkuratorium nach der bisherigen Übung nach der Formel: Monatskontingent (in Waggons) x 12 x S 3.000 errechnet. Da das Monatskontingent der Mühle 2,7 Waggons betrage, würde sich der Ablösebetrag auf 2,7 x 12 x S 3.000,- somit auf S 97.200,- belaufen. Es könne aber keinesfalls vorausgesagt werden, in welcher Höhe das Mühlenkuratorium tatsächlich eine Ablöse gewähren werde. Jedenfalls aber sei die abgetretene Forderung wesentlich niedriger als die Schuld der Überträgerin an die Beschwerdeführerin. Als Bemessungsgrundlage sei daher nicht der Schuldbetrag, sondern der Ablösebetrag anzunehmen gewesen.

Die Finanzlandesdirektion wies mit Bescheid vom die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte sie unter Hinweis auf § 33 TP. 21 Abs. 1 Z. 3 GebG aus, daß die Bemessungsgrundlage der Gebühr nicht der Wert der abgetretenen Forderung, sondern die vom Übernehmer dem Überträger für die Überlassung der Forderung gewährte Gegenleistung sei. Das Abtretungsentgelt habe aber im Streitfalle

S 285.477,51 ausgemacht, einen Betrag, den die Überträgerin in Waren bereits erhalten habe. Von diesem Betrage sei also die Gebühr vorzuschreiben gewesen. Für die Gebührenpflicht sei es nicht erforderlich, daß im Zeitpunkte der Abtretung der Anspruch schon feststeht, da auch künftige und bedingte Forderungen den Gegenstand einer Abtretung bilden könnten (Wolff in Klang's Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Auflage,

4. Band, S. 298).

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin führt darin aus, was als Entgelt für die Abtretung einer Forderung anzusehen sei, richte sich nach dem Rechtsgrunde der Abtretung. Es sei demnach die Abtretung an Zahlungs Statt sowohl von der zahlungshalber als auch von der sicherungshalber vereinbarten Abtretung zu unterscheiden. In einem Falle wie dem vorliegenden, in dem eine Schuld in der Urkunde bestätigt wird, andererseits aber der abgetretene Anspruch dem Grund und der Höhe nach unbestimmt ist, könne es sich nur um eine zahlungshalber bzw. zu Sicherungszwecken vereinbarte Abtretung handeln. In einem solchen Falle sei aber die Höhe des Entgeltes gemäß § 17 Abs. 2 GebG festzustellen. Die Bestätigung der Überträgerin, das Abtretungsentgelt erhalten zu haben, werde dadurch begrenzt, daß eine Forderung bis zum Höchstbetrage von S 285.477,51 abgetreten werde; das bedeute aber, daß das Abtretungsentgelt seiner Höhe nach unbestimmt ist. Als Entgelt wäre demnach der Wert der abgetretenen Forderung bzw. des abgetretenen Rechtes anzunehmen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 33 TP. 21 GebG sind Zessionen oder Abtretungen überhaupt von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr unterworfen. Daß eine gebührenpflichtige Abtretung einer Schuldforderung auf Grund der Erklärung der Katharina Z. vom stattgefunden hat, bestreitet die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr. Ihre Beschwerdeausführungen richten sich nur mehr gegen die Höhe der festgesetzten Gebühr. Durch § 33 TP. 21 GebG wird zwischen unentgeltlichen (Z. 1) und entgeltlichen Zessionen oder Abtretungen, bei den entgeltlichen wieder zwischen solchen, die an Kreditunternehmungen zur Sicherung von Darlehnen der Krediten im Zusammenhange mit öffentlichen Aufträgen bewirkt werden (Z. 2), und allen übrigen Zessionen und Abtretungen (Z. 3) unterschieden. Für die unter Z. 3 dieser Gesetzesstelle fallenden Zessionen oder Abtretungen - um eine solche handelt es sich auch im Streitfall - ist die Gebühr mit 2 v.H. nach dem Werte des Entgeltes festzusetzen. Als Entgelt für eine Abtretung ist - darüber kann wohl kein Streit bestehen - jener Wert anzusehen, den der Überträger vom Übernehmer (oder von einem Dritten für den Übernehmer) für die abgetretene Forderung erhält bzw. erhalten soll. Dieses Entgelt wird im rechtlichen Verkehr auch als Zessionsvaluta bezeichnet. Aus der streitigen Urkunde geht hervor, daß Katharina Z. für den Fall, dass ihre Mühle stillgelegt und dafür vom Mühlenkuratorium ein Ablösebetrag festgesetzt wird, der Beschwerdeführerin die vom Mühlenkuratorium auszuzahlende Ablösesumme bis zum Höchstbetrage von S 285,477,51 abgetreten hat. Was die Beschwerdeführerin hingegen als Abtretungsentgelt versprochen bzw. hingegeben hat, geht aus der Urkunde nicht hervor. Denn Katharina Z. bestätigt lediglich, "die Zessionsvaluta in Ware" bereits erhalten zu haben, ohne daß sie angibt, wie hoch die "Zessionsvaluta" gewesen ist oder welche Waren sie bereits erhalten hat. Die belangte Behörde hat, offenbar aus der Höhe der übertragenen Forderung, die sich auf höchstens S 285.477,51 belaufen soll, geschlossen, daß das Abtretungsentgelt eben diesen Betrag erreicht habe. Dieser Schluß ist aber keineswegs zwingend und reicht daher nicht aus, die Höhe des Entgeltes für die Abtretung zu bestimmen. Denn schon aus dem Inhalte der Urkunde, demzufolge Katharina Z. eine nicht nur ihrem Bestande, sondern auch ihrer Höhe nach ungewisse Forderung bis zu einem bestimmten Höchstbetrag an die Beschwerdeführerin abtritt, mußten die Verwaltungsinstanzen erkennen, daß es sich um ein Verrechnungsverhältnis handelte und daß durch den Eingang der abgetretenen Forderung bei der Beschwerdeführerin eine Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber der Überträgerin zur Gänze oder teilweise getilgt werden sollte. Die Höhe dieser Forderung ist in der Urkunde nicht angegeben, es ist aus ihr nur ersichtlich, daß es sich offenbar um eine Forderung aus bereits durchgeführten Warenlieferungen handelte. Auch in ihrer Berufung hatte die Beschwerdeführerin zudem angegeben, daß die Abtretung zahlungshalber vereinbart worden sei. Ist dies richtig - die belangte Behörde hat es nicht bestritten - dann kann aber Abtretungsentgelt nur der Teil der Forderung der Beschwerdeführerin (einschließlich Zinsen und sonstiger Nebengebühren) sein, der durch den Eingang der abgetretenen Forderung erlöschen soll. In diesem Falle wird also das Abtretungsentgelt dem - bei der Beschwerdeführerin eingehenden - Betrage der abgetretenen Forderung gleich sein. Mithin mußte diese Forderung bewertet werden. Nach § 26 GebG sind für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände die Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (BGBl. Nr. 148/1955, BewG) maßgebend. § 14 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt aber, daß Kapitalforderungen - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - mit dem Nennwerte anzusetzen sind, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Mit dem Hinweis auf den "höheren oder geringeren Wert" hat diese Gesetzesstelle offenbar den gemeinen Wert im Sinne des § 10 BewG im Auge. Somit hätte im vorliegenden Falle die belangte Behörde, da die Entstehung und die allfällige Höhe der abgetretenen. Forderung im Zeitpunkte der Entstehung der Gebührenschuld noch nicht feststanden, bei der Ermittlung des Abtretungsentgeltes und des im vorliegenden Falle diesem Werte gleichen Wertes der abgetretenen Forderung dem Vorbringen der Beschwerdeführerin Rechnung tragen und prüfen müssen, ob nicht die von der Beschwerdeführerin behaupteten Umstände einen Wert des abgetretenen Rechtes - und somit in diesem Falle auch des Abtretungsentgeltes begründen, der unter dem in der Abtretungsurkunde angegebenen Höchstbetrage liegt. Da die belangte Behörde auf dieses Vorbringen nicht eingegangen ist, ist die Ermittlung eines wesentlichen Sachverhaltselementes ergänzungsbedürftig geblieben. Der angefochtene Bescheid mußte aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1962:1961001851.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAF-56092