Suchen Hilfe
VwGH 17.04.1967, 1833/66

VwGH 17.04.1967, 1833/66

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauO Wr §128
BauRallg
RS 1
Die Benützungsbewilligung (der Bewohnungskonsens) ist nur eine Beurkundung, daß die Voraussetzungen für die Bewohnung bzw. Benützung der Lokalitäten gegeben sind. Aus der Benützungsbewilligung kann daher ein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Konsens nicht entsprechenden Zustandes nicht abgeleitet werden. (Hinweis auf E vom , VwSlg. 816 A/1902, vom , VwSlg. 5318 A/1907 und vom , Zl. 1855/53)
Normen
BauO Wr §129 Abs4
BauRallg
RS 2
Ein baupolizeilicher Auftrag ist eine Vollziehungsverfügung. Durch eine solche wird der Behörde die Möglichkeit gegeben, den vom Gesetz gewollten Zustand erforderlichenfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwanges herzustellen. Eine weitere Bedeutung kommt einem solchen Auftrag nicht zu. Er hat jedenfalls nicht die Wirkung, daß seine Erfüllung einen konsenswidrigen Zustand zu einem konsensgemäßen macht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Wetzelsberger, über die Beschwerde der A AG in W, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien VII, Mariahilferstraße 4, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates vom , Zl. MDR-B IV-6/66), betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Gerhard Engin-Deniz, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsoberkommissärs Dr. HH, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Hauses W, G-Gasse, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, die Rauchfänge in der Mittelmauer des Hintergebäudes binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides gemäß dem Konsens vom 15. März 1891, Zl. MZ. 53283 herzustellen. Hinzugefügt wurde, daß dieser Auftrag auch dann als erfüllt gelte, wenn innerhalb der gleichen Frist ein ordnungsgemäß belegtes Bauansuchen eingebracht und in der Folgezeit die Baubewilligung hiefür erwirkt werde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid werde nicht bestritten, daß die tatsächlich vorhandenen Rauchfanganlagen vom Konsens abweichen, daß jedoch durch Zeitablauf bzw. gutgläubigen Erwerb der Liegenschaft sowie durch die Erteilung der Benützungsbewilligung der tatsächlichen Zustand zu einem konsensmäßigen geworden sei. Eine Verjährung einer Konsenswidrigkeit oder die Ersitzung eines Konsenses kenne aber die Bauordnung nicht. Ebenso sei auch die Entstehung eines Konsenses durch gutgläubigen Erwerb einer Liegenschaft nicht möglich. Durch die Erteilung einer Benützungsbewilligung werde eine Konsenswidrigkeit gleichfalls nicht saniert. Der Einwand, daß sich mit der Frage der Konsensmäßigkeit der Rauchfanganlagen bereits der Bescheid vom auseinandergesetzt habe, und daß der diesem Auftrag entsprechende Zustand als konsensgemäß anzusehen sei, sei nicht zielführend, weil im vorliegenden Fall keine Identität der Sache gegeben sei. Der erste Auftrag aus dem Jahre 1950 befasse sich lediglich mit der Einmündung der Feuerstätten in bestehende Rauchfänge, nicht aber mit der Herstellung des konsensgemäßen Zustandes derselben. Es könne dahingestellt bleiben, ob dieser Auftrag sich zu Recht nur auf die Einmündungen beschränkt habe, weil er in Rechtskraft erwachsen sei. Da die Beschwerdeführerin selbst zugebe, daß die Rauchfänge nicht dem seinerzeitigen Konsens gemäß ausgeführt worden seien, könne der erteilte Auftrag nicht rechtswidrig sein, zumal die Möglichkeit der Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung eingeräumt worden sei, und die Vollstreckung des Auftrages auch dann unterbleiben könne, wenn zwar für den gegenwärtigen Zustand eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt werden könnte, aber für einen allenfalls geringfügig geänderten Zustand die Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung möglich wäre, womit ein neuer konsensgemäßer Zustand hergestellt würde.

Die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:

Die Beschwerdeführerin macht zunächst so wie im Verwaltungsverfahren geltend, in der Erteilung der Benützungsbewilligung für das in Rede stehende Haus sei eine stillschweigende Zustimmung der Behörde zur Abänderung des ursprünglichen Konsenses gelegen. Diese Rechtsansicht ist unzutreffend. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem auch von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5318/A, ausgesprochen hat, ist die Benützungsbewilligung (der Bewohnungskonsens) nach der Tendenz des Gesetzes nur eine Beurkundung, daß die Voraussetzungen für die Bewohnung bzw. Benützung der Lokalitäten gegeben sind. Aus der Benützungsbewilligung kann daher ein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Konsens nicht entsprechenden Zustandes nicht abgeleitet werden (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 816/A). An dieser Rechtsanschauung hat der Verwaltungsgerichtshof auch später festgehalten (siehe etwa das Erkenntnis vom , Zl. 1855/53). Von ihr abzugehen, besteht für den Gerichtshof kein Anlaß. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Recht ein dringendes Bedürfnis bestehe, einen seit vielen Jahrzehnten bestehenden faktischen Zustand als einen rechtlichen anzuerkennen, mag zutreffend sein. Eine Befriedigung dieses Bedürfnisses ist jedoch nur durch die rechtssetzenden, nicht aber durch die rechtsanwendenden Organe möglich.

Die Beschwerdeführerin ist aber auch der Meinung, daß ihr aus dem Bescheid vom das Recht erwachsen sei, dem behördlichen Auftrag nicht nachkommen zu müssen. Sie führt hiezu im wesentlichen aus, mit diesem Bescheid habe die Behörde unter detaillierter Anführung der auch jetzt verfahrensgegenständlichen Kamine festgestellt, daß die Einmündung der Feuerstätten in diese Kamine nicht konsensgemäß sei, weshalb mit diesem Bescheid die Abänderung der Einmündung der Feuerstätten in die Kamine vorgeschrieben worden sei. In Verfolgung der diesbezüglichen, in Rechtskraft erwachsenen Aufträge der Behörde sei von der Beschwerdeführerin eine 5 m lange Poterie neu gebaut worden. Der baupolizeiliche Auftrag könne sich denknotwendig nur auf die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes bezogen haben. Die Einmündung in einen Kamin sei, entgegen der Auffassung der belangten Behörde, vom Kamin selbst nicht zu trennen. Mit dem Bescheid vom habe die Behörde sohin nicht nur über die Einmündungen der Feuerstätten in die Kamine, sondern auch über diese selbst entschieden, so daß res judicata vorliege. Dadurch, daß die Beschwerdeführerin durch verschiedene bauliche Maßnahmen den im Bescheid vom enthaltenen Aufträgen nachgekommen sei, sei ihr das Recht erwachsen, von dem gegebenen Zustand ausgehen zu können. Auch hier vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin nicht anzuschließen. Ein baupolizeilicher Auftrag ist eine Vollziehungsverfügung. Durch eine solche wird der Behörde die Möglichkeit gegeben, den vom Gesetz gewollten Zustand erforderlichenfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwanges herzustellen. Eine weitere Bedeutung kommt einem solchen Auftrag nicht zu. Er hat jedenfalls nicht die Wirkung, daß seine Erfüllung einen konsenswidrigen Zustand zu einem konsensgemäßen macht. Eine andere Rechtslage wäre nur dann gegeben, wenn die Beschwerdeführerin in Erfüllung des behördlichen Auftrages oder ohne Zusammenhang mit diesem, um die baubehördliche Bewilligung der vorgesehenen Maßnahmen angesucht und diese Bewilligung auch erhalten hätte. Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß der Bescheid vom weder ein Feststellungsbescheid ist noch eine Feststellung des Inhaltes, daß der vorgefundene Zustand als genehmigt anzusehen sei, enthält. Der Rechtskraft teilhaftig wurde daher nur der in diesem Bescheid enthaltene baupolizeilichen Auftrag, nicht aber auch der Sachverhalt, von dem die Behörde ausgegangen ist.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, mußte sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. B Z 4, 5 und 6 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BauO Wr §128
BauO Wr §129 Abs4
BauRallg
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1967:1966001833.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-56043