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VwGH 02.07.1964, 1827/63

VwGH 02.07.1964, 1827/63

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z3
RS 1
Der Kauf einer Erbschaft, zu der Liegenschaften gehören, begründet den Anspruch des Käufers der Erbschaft auf Abtretung des Übereignungsanspruches des veräußernden Erben und unterliegt deshalb der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs 1 Z 3 GrEStG 1955.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Mathis, Dr. Schmid und Dr. Raschauer als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII-1281/62, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof werden der Beschwerdeführerin nicht zugesprochen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat auf Grund eines Notariatsaktes vom in der Verlassenschaftssache nach ihrem am verstorbenen Lebensgefährten AG die von den beiden Kindern des Erblassers als gesetzlichen Erben bereits angetretene und auch inventierte Erbschaft um den Gesamtkaufpreis von S 40.000,-- erworben. Die Besitzposten der Erbschaft bestanden laut Inventar aus Dreiviertelanteilen an der Liegenschaft EZ. 1265, Grundbuch O., und einem Rentenguthaben in Höhe von S 52,20. Das zuständige Finanzamt schrieb der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom für den Erwerb der Dreiviertel-Liegenschaftsanteile unter Zugrundelegung einer Gegenleistung von S 45.287,-- eine Grunderwerbsteuer in Höhe von S 3.170,-- vor.

In der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung wurde eingewendet, daß mit dem Erbschaftskaufe das Erbrecht als solches und nicht etwa eine Liegenschaft übertragen worden sei. Das Erbrecht sei aber als Recht eine bewegliche Sache, und zwar auch dann, wenn zum Nachlasse Liegenschaften gehören. Der Grundstückserwerb durch die Beschwerdeführerin gründe sich nicht auf eine Einzelnachfolge, sondern auf eine Gesamtnachfolge.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide vom wurde die Berufung, soweit sie gegen die Verschreibung der Grunderwerbsteuer gerichtet war, als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, es könne dahingestellt bleiben, ob die Übernahme eines bereits inventierten Nachlasses noch als Glücksvertrag zu behandeln sei, denn sowohl beim Glücksvertrag als auch beim Kaufvertrag über eine Erbschaft sei Gegenstand der Veräußerung das Erbrecht. Der Erbschaftskäufer erwerbe durch den Erbschaftskauf den Anspruch auf alle zur Verlassenschaft gehörenden Sachen und Rechts (§ 1279 ABGB). Der Verkauf des Erbrechtes bilde den Titel zur Erwerbung des Eigentumsrechtes an den Verlassenschaftssachen. Bestehe der Nachlaß aus Grundstücken, dann sei der Erbschaftskauf das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf die in den Nachlaß fallenden Grundstücke begründet. Dieses Verpflichtungsgeschäft und nicht erst der Erwerb des Eigentums, wie es gegebenenfalls durch die Einantwortungsurkunde bzw. beim Kaufe durch die grundbücherliche Eintragung bewirkt werde, unterliege bereits der Grunderwerbsteuer. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Hinweis auf die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 460(F), und vom , Slg. Nr. 629(F), u.a. habe die Veräußerung des Erbrechtes auf seiten des Erbschaftskäufers den Erwerb der Grundstücke des Erblassers zur Folge. Die Grunderwerbsteuerpflicht des Erbschaftskaufvertrages vom sei daher vom Finanzamte zu Recht bejaht worden.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Darin wird ausgeführt, die belangte Behörde übersehe, daß § 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140/1955 (GrEStG), nur solche Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer unterziehe, die sich unmittelbar auf Grundstücke beziehen. Es genüge also keineswegs, daß sich ein Rechtsvorgang mittelbar auch auf eine Liegenschaft bezieht, es müsse vielmehr zu dieser „Beziehung“ die Unmittelbarkeit hinzutreten. Das Gesetz gebrauche zwar den Ausdruck „unmittelbar“ nicht, doch sei es herrschende Lehre und Rechtsübung, daß nur „bei unmittelbarer Beziehung“ Grunderwerbsteuerpflicht bestehe. Diese Ansicht werde z. B. in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 437/61 und Zl. 2160/61, vertreten. Zwar handle es sich dort um den Übergang von Gesellschaftsanteilen, zu denen Liegenschaften gehören, doch gelte für die Erbrechtsübertragung grundsätzlich das gleiche. Die Entscheidung des Streitfalles werde also davon abhängen, ob man jede noch so mittelbare und weitläufige Beziehung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses zu einer Liegenschaft als hinreichend für die Herbeiführung der Grunderwerbsteuerpflicht ansehe oder ob im Sinne der angeführten Entscheidungen die Unmittelbarkeit des Anspruches oder der Beziehung zu fordern sei. Die Beschwerdeführerin vertrete die Ansicht, daß das Gesetz schon aus praktischen Gründen die Unmittelbarkeit fordere, denn die andere Ansicht würde zu einer Rechtsunsicherheit führen, die der Gesetzgeber sicherlich abgelehnt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG 1955 unterliegen der Grunderwerbsteuer die im folgenden näher bezeichneten Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen. Als ein derartiger Rechtsvorgang ist in der Ziffer 3 der bezogenen Gesetzesstelle „ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet“, aufgezählt. Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob der Erwerb von Dreiviertanteilen an einer Nachlaßliegenschaft auf Grund eines Erbschaftskaufvertrages einen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand im Sinne der erwähnten Gesetzesbestimmung darstellt. Der Erbschaftskauf ist in den Bestimmungen der §§ 1278 ff. ABGB geregelt. Der Erbschaftskäufer erwirbt durch den Erbschaftskauf den Anspruch auf alle zur Verlassenschaft gehörenden Sachen und Rechte. Bei diesem Erwerb handelt es sich jedoch nicht um einen Erwerb von Todes wegen, sondern um einen Erwerb auf Grund eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden. Der Erbschaftskäufer tritt zwar mit dem Abschlusse des Erbschaftskaufvertrages in die Rechte und Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, sein Erwerbstitel gründet sich aber nicht auf das Erbrecht, sondern auf den Kaufvertrag. Gehören daher in den Nachlaß Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile, so ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG als erfüllt anzusehen. Durch den Abschluß des Erbschaftskaufvertrages hat die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Abtretung des Anspruches auf Übereignung der in den Nachlaß fallenden Liegenschaftsanteile erworben. Die Grunderwerbsteuerpflicht wird daher bereits durch den Erbschaftskaufvertrag und nicht erst durch die Einantwortung des Nachlasses ausgelöst.

Sofern sich die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Rechtsausführungen auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 437/61 und Zl. 2160/61, beruft, ist ihr zu entgegnen, daß es sich in diesen Fällen um den Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften, zu deren Vermögen Liegenschaften gehören, gehandelt hat. Mit dem Erwerbe derartiger Gesellschaftsanteile haben jedoch die Erwerber weder eine unmittelbare rechtliche noch eine wirtschaftliche Verfügungsmacht über Grundstücke erlangt, weil das Gesellschaftsvermögen gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter ist und die Rechte daran nur durch gemeinschaftliche Verfügung der Gesellschafter ausgeübt werden können. Im Beschwerdefalle hat jedoch die Beschwerdeführerin auf Grund des Erbschaftskaufvertrages unmittelbar einen Rechtsanspruch auf Abtretung des Anspruches auf Übereignung der zum Nachlasse gehörenden Liegenschaftsanteile erlangt, sodaß damit auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG verwirklicht worden ist.

Der angefochtene Bescheid stand also mit der Rechtslage im Einklange. Die gegen ihn erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Soweit die Beschwerdeführerin den Ersatz der Verfahrenskosten beantragt, ist auf § 47 Abs. 1 VwGG 1952 zu verweisen, wonach selbst die vor dem Verwaltungsgerichtshof obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz der Kosten nur dann hat, wenn sie in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren darauf Anspruch gehabt hat oder im Falle des Obsiegens gehabt hätte. Nach § 313 der Bundesabgabenordnung (BGBl. Nr. 194/1961) haben aber die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Außerdem hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht obsiegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
GrEStG 1955 §1 Abs1 Z3
Sammlungsnummer
VwSlg 3119 F/1964
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1964:1963001827.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-56019