VwGH 03.12.1958, 1808/55
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | GewO 1859 KP Art5 lita |
RS 1 | Der Verkauf eigener Erzeugnisse aus der landwirtschaftlichen Produktion in einem außerhalb der Produktionsstätte gelegenen Verkaufslokal fällt unter die Ausnahmebestimmung nach Art. V lit. a Kundmachungspatent. (Hinweis auf E des BGH vom , Slg. Nr. 464/A). |
Norm | GewO 1859 KP Art5 lita |
RS 2 | Einem landwirtschaftlichen Produzenten ist das Halten eines eigenen Verkaufslokales auf dem Betriebsgrundstück nicht verwehrt. Es besteht kein Anstand darin, wenn in einem solchen Verkaufslokal ausschließlich mit dem Verkauf beschäftige Hilfskräfte verwendet werden. |
Norm | GewO 1859 KP Art5 lita |
RS 3 | Der mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion als Erwerbstätigkeit untrennbar verbundene Absatz der (unverarbeiteten) Erzeugnisse sollte nach Ansicht des Gesetzgebers in vollem Umfang von den Bestimmungen der GewO ausgenommen werden. |
Norm | GewO 1859 §36 Abs1 |
RS 4 | Durch die GewO 1859 wurde der Inhaber von Erzeugungsgewerben hinsichtlich des Absatzes bzw. der Art des Absatzes ihrer Produkte keinerlei Beschränkungen auferlegt, sie wurden also hinsichtlich des Verkaufes ihrer Erzeugnisse, dem wesentlichsten Teil der Erwerbstätigkeit, den Inhabern von Handelsgewerben gleichgestellt. |
Norm | GewO 1859 KP Art5 lita |
RS 5 | Ausführungen dahingehend, daß der Buschenschank sich dem Wesen eines Gast- und Schankgewerbes nähert und die Verkaufstätigkeit eigener landwirtschaftlicher Produkte in den Hintergrund tritt. |
Norm | GewO 1859 |
RS 6 | Ausführungen dahingehend, daß zur Auslegung gewerberechtlicher Bestimmungen E zu anderen Rechtsgebieten nicht ohne weiteres herangezogen werden. |
Norm | GewO 1859 |
RS 7 | Bei der Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit als Gewerbe anzusehen und welche Gewerbe sie zuzurechnen sei, brauchen nicht die gleichen Erwägungen Platz greifen, die für die Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit, deren gewerblicher Charakter nach den für die Gewerbsmäßigkeit aufgestellten Merkmalen unbestritten ist, kraft gesetzlicher Vorschrift gleichwohl von den Bestimmungen der GewO ausgenommen werden soll, heranzuziehen sind. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Regierungsoberkommissärs der nö. Landesregierung Kinscher als Schriftführer, über die Beschwerde des KP in S gegen den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom , Zl. V - 6462 - 1954, betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Gewerbeordnung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Hannes Krasser, und des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialrat Dr. HM, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Am erstattete die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Salzburg an den Magistrat der Stadt Salzburg die Anzeige, daß KP, welcher in Salzburg, M Straße 116 eine landwirtschaftliche Gärtnerei betreibt, seit zwei Jahren in der Stadt Salzburg, am sogenannten Grünmarkt, eine feste Verkaufsstelle unterhalte, in der er die Erzeugnisse seiner Gärtnerei, vor allem Obst und Gemüse, entweder selbst vertreibe oder durch einen Angestellten vertreiben lasse, ohne im Besitz der hiezu erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein. Im Zuge des hierauf vom Magistrat der Stadt Salzburg eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens rechtfertigte sich KP mit dem Hinweis auf die Bestimmung des Artikels V lit a Kundmachungspatent zur Gewerbeordnung, derzufolge die land- und forstwirtschaftliche Produktion und damit auch der Verkauf der in einem solchen Betrieb erzeugten landwirtschaftlichen Produkte ohne Einschränkung von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen sei. Der Magistrat der Stadt Salzburg ließ diese Verantwortung nicht gelten und verhängte mit Straferkenntnis vom über KP gemäß § 132 lit. a in Verbindung mit § 131 Abs. 1 lit. b Gewerbeordnung eine Geldstrafe von S 250,--, im Nichteinbringungsfall eine Arreststrafe in der Dauer von 48 Stunden. Er nahm als erwiesen an, daß KP in Salzburg in den Monaten August, September und Oktober 1954 am Gelände des sogenannten Grünmarktes von einem festen Verkaufsstand aus, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen, den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere Obst und Gemüse, betrieben habe. Dadurch habe er eine Übertretung nach § 13 a der Gewerbeordnung begangen. Gegen dieses Straferkenntnis ergriff KP Berufung, der das Amt der Salzburger Landesregierung mit dem namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom nicht Folge gab. KP erhob gegen diesen Bescheid eine auf Artikel 144 B VG gestützte Beschwerde, die der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. B 66/5, als unbegründet abwies und zur weiteren Prüfung antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
In der für den Verwaltungsgerichtshof bestimmten Ergänzung der Beschwerde macht KP inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (im folgenden kurz Bundesministerium genannt) ist gemäß § 22 VwGG 1952 an Stelle der belangten Behörde (des Landeshauptmannes von Salzburg) in das Verfahren eingetreten und hat eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer in einem auf dem Gelände des sogenannten Grünmarktes aufgestellten Kiosk, in dem ganzjährig Personal zur Kundenbedienung anwesend war, Erzeugnisse seiner landwirtschaftlichen Gärtnerei verkauft hat.
Sowohl die Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides insoweit sie die in einem Erlaß an den Landeshauptmann von Salzburg dargelegte Rechtsmeinung des Bundesministeriums wörtlich wiedergeben, als auch die von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erstatteten Schriftsätze sind fast ausschließlich der Erörterung der Frage gewidmet, ob auf einen Landwirt, derwie dies das Bundesministerium in der von ihm erstatteten Gegenschrift ausdrückt - fern ab der Produktionsstätte in Einrichtungen, die das Bild eines gewerblichen Betriebes ergeben, seine Erzeugnisse verkauft, die Bestimmungen der Gewerbeordnung Anwendung finden.
Es handelt sich demnach um eine Frage der Auslegung des Artikels V lit. a des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung. Diese Gesetzesstelle lautet in dem hier in Betracht kommenden Teil: Auf die land- und forstwirtschaftliche Produktion (wozu auch der Gartenbau zählt) und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben, finden die Bestimmungen der Gewerbeordnung keine Anwendung. Das Bundesministerium steht auf dem Standpunkt, daß diese Bestimmung als Ausnahmebestimmung streng auszulegen sei und daher, abgesehen von dem gemäß § 62 Gewerbeordnung jedermann gestatteten Marktbesuch, der Landwirt nur zu der von ihm auf seiner Betriebsstätte entfalteten Tätigkeit keiner Gewerbeberechtigung bedürfe. Der Beschwerdeführer beruft sich zur Widerlegung dieser Rechtsmeinung auf das Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom , Slg. Nr. 464/A, in dem aus der zitierten Bestimmung des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung im Zusammenhang mit einer Circularverordnung vom 17. August 1784, Jos. G.S., 6. Band, S. 11 - nicht S.12, wie in der Gegenschrift irrtümlich angegeben - das Gegenteil gefolgert worden ist, nämlich, daß, soweit nicht eine gesetzliche Vorschrift ausdrücklich etwas anderes bestimmt, dem Landwirt die Art des Absatzes seiner eigenen Erzeugnisse freigestellt sei, er somit, da eine entgegenstehende Vorschrift nicht bestehe, zu diesem Zwecke auch Verkaufsläden außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebsstätte halten dürfe.
Das Bundesministerium hält es zunächst für verfehlt, der Circularverordnung vom Jahre 1784 eine derartige Bedeutung beizumessen. In dieser Circularverordnung war folgendes ausgesprochen worden: „... dagegen wird einem jeden die Freiheit gegeben, die von ihm selbst erzeugten Lebensmittel, Wein und Obstmost, zu allen Zeiten des Jahres, wie, wann und in welcher Weise er will, zu Verkaufen oder auszuschenken“. Es falle auf - führt das Bundesministerium in der von ihm erstatteten Gegenschrift aus - daß diese Vorschrift davon abgesehen habe, dem Landwirt das Recht einzuräumen, seine Erzeugnisse „wo er will“ zu verkaufen oder auszuschenken. Hinsichtlich des Rechtes zum Ausschank von selbst gefechstem Wein und Obstwein, des sogenannten „Buschenschenkrechtes“ habe niemals ein Zweifel bestanden, daß diese Befugnis an den Ort der Erzeugung gebunden gewesen sei. Lediglich den Buschenschenkern in den ehemaligen Vororten Wiens sei im Jahre 1899 ausdrücklich das Recht eingeräumt worden, „auch solchen selbstgebauten Wein auszuschenken, welcher in einem dem Produzenten gehörigen, in einem anderen ehemaligen Vorort gelegenen Weingarten wächst“. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß sich aus der erwähnten Circularverordnung für die Lösung der Frage, welche Tätigkeiten eines Landwirtes nach der Absicht des Gesetzgebers noch unter den Begriff der Land- und forstwirtschaftlichen Produktion fallen und welche bereits als die Ausübung eines Gewerbes anzusehen sind, nichts gewinnen läßt. Es darf nicht übersehen werden, daß, wie sich aus dem Wortlaut des übrigen Teiles dieser Vorschrift und aus der ihrem Abdruck in der Josefinischen Gesetzessammlung beigegebenen Marginalrubrik ergibt, mit diesen Vorschriften in erster Linie den Grundherren verboten werden sollte, den Kauf oder Verkauf „obrigkeitlicher Naturalien“ ihren Untertanen „aufzudringen“, somit füglich Zweifel darüber bestehen können, inwieweit dem übrigen Teil dieser Vorschrift überhaupt normative Bedeutung beizumessen ist, zumal bereits mit der a.h. Resolution vom 10. September 1768 der freie Handel mit Handelsprodukten den „Güterbesitzern, Weinholden und dem Bauernstand auf das ganze Jahr“ gestattet war (vgl. Barth Barthenheim, Gewerbe- und Handelsgesetzkunde Wien 1819, Band 4, § 33).
Was nun die mit der Bezugnahme auf die erwähnte Circularverordnung von beiden Seiten implicite aufgeworfene Frage anlangt, wie weit bei dem Versuch einer Auslegung des Artikels V lit. a des Kundmachungspatentes auf die klare Absicht des Gesetzgebers, und damit die Vorstellungen, die den Gesetzgeber bei Erlassung der Gewerbeordnung vom Jahre 1859 geleitet haben mochten, Bedacht zu nehmen sei, ist folgendes zu sagen:
Wie aus den Bestimmungen des Artikels IV und des Artikels V Kundmachungspatent zu ersehen ist, hatte der Gesetzgeber auf eine Umschreibung dessen, was er als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung angesehen wissen wollte, verzichtet und auch bei der Aufzählung der von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommenen Beschäftigungen keine Systematik walten lassen. So hatte er einerseits nach dem Gegenstand umschriebene Beschäftigungen (wie z.B. den Bergbau, die Ausübung der Heilkunde, die Erteilung von Privatunterricht), anderseits nach der Art umschriebene Beschäftigungen (wie z.B. die häusliche Nebenbeschäftigung und den Hausierhandel) von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen. In dem Motivenbericht zur Gewerbeordnung vom Jahre 1859 (vgl. Dokupil, Die Gewerbeordnung, S. 836 f) wurde hiezu ausgeführt, daß zwei Gruppen zu unterscheidet seien, die eine, welche, obwohl an ihrem Charakter als Gewerbe nicht gezweifelt werden könne, wegen der im öffentlichen Interesse erforderlichen besonderen Reglementierung, die zweite, welche schon nach dem Sprachgebrauch nicht als Gewerbe gelten, aber wegen der besseren Handhabung des Gesetzes (der Gewerbeordnung) ausdrücklich als ausgenommen erklärt werden sollten. Zu der letzteren Gruppe wurde auch die land- und forstwirtschaftliche Produktion gezählt. Obwohl die Landwirtschaft vom theoretischen Standpunkt auch ein Gewerbe sei - so besagt der Motivbericht weiter -, bezeichne sie der Sprachgebrauch nicht als Gewerbe, sodaß keine Rede davon sein könne, sie unter das Gewerbegesetz zu stellen. Nun ist der Sprachgebrauch keineswegs ein zuverlässiger Maßstab für die Abgrenzung von noch der Landwirtschaft zuzurechnenden und bereits als Gewerbe anzusehenden Beschäftigungen. Der Gesetzgeber hat es daher auch unternommen, durch Bezeichnung derjenigen Tätigkeiten, die er unter dem Gesichtspunkt des landwirtschaftlichen Nebengewerbes von der Gewerbeordnung ausgenommen wissen wollte, eine solche Abgrenzung vorzunehmen. Er hat dabei aber nur - wie es im Motivenbericht heißt - „die Umgestaltung des Naturproduktes“ im Auge gehabt. Das Bundesministerium schließt daraus, daß unter der land- und forstwirtschaftlichen Produktion selbst nur die erste Gewinnung des Naturproduktes gemeint sein könne. Dies stimmt insoferne, als die Erzeugungstätigkeit als solche (die Hervorbringung von Pflanzen, die Züchtung von Tieren u. dgl.) in Betracht kommt. Nun hat das Bundesministerium selbst nicht bestritten, daß mit der Produktion auch der Vertrieb der selbsterzeugten Produkte verbunden sein müsse; es ist jedoch der Meinung, daß sich dieser nicht in Formen abspielen dürfe, die ihn - wie z.B. durch Halten abgesonderter, kaufmännisch eingerichteter Betriebsräume - als „Betrieb von Handelsgeschäften“ im Sinne des Artikels IV Abs. 1 des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung kennen lasse. Dem Motivenbericht ist in dieser Hinsicht jedoch nichts zu entnehmen, zumal auch ein Hinweis darüber fehlt, was unter dem Betrieb von Handelsgeschäften zu verstehen sei.
Das Bundesministerium vertritt unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 17.010/A, die Meinung, daß für die Einreihung einer Beschäftigung in Landwirtschaft oder Gewerbe nur die durch den Inhalt der Beschäftigung gegebene tatsächliche Gestaltung des Betriebes entscheidend sein könne und demnach der Verkauf der selbsterzeugten Produkte in einem eigenen Verkaufsladen nicht mehr als eine der Landwirtschaft zuzuzählende Tätigkeit anzusehen sei. Dies gibt im Zusammenhang mit den obigen Darlegungen zur Prüfung der Frage Anlaß, welche Anhaltspunkte dafür sprechen, daß der Gesetzgeber das Halten eines Verkaufslokales als eine von der Gütererzeugung losgelöste gewerbliche Tätigkeit angesehen haben und daher nicht der Meinung gewesen sein konnte, daß eine solche Tätigkeit, von einem Landwirt ausgeübt, gleichfalls von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen sei. Eine Betrachtung der Normen, die vor der Erlassung der Gewerbeordnung gegolten haben, zeigt, daß die Befugnis von Inhabern von Erzeugungsgewerben, eigene Verkaufsstellen zu halten, keineswegs selbstverständlich war, sondern vielfach erst dekretiert werden mußte, ob bzw. in welchem Umfang die Haltung einer festen Verkaufsstätte (eines Verschleißgewölbes nach der damals herrschenden Terminologie) gestattet war (vgl. hiezu Barth-Barthenheim a.a.O., Bd. I §§ 290, 291 und 294, Bd. IV §§ 386 und 439, Bd. V §§ 1010, 1026 und 1129, u.a.m.) Bezeichnenderweise unterschied daher auch Sonnenfels, Referee der Hofkanzlei, in seinem 1791 verfaßten Entwurf einer neuen Gewerbeverfassung zwischen Gewerben, die auf Bestellung arbeiten und solchen, die auf Verlag arbeiten, also Ortshandel treiben, und solchen, die Handel treiben, ohne zu arbeiten (vgl. Pribram, Geschichte der österreichischen Gewerbepolitik, Bd. I, S. 543 f). Was den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen anlangt, zeigt ein Studium der einschlägigen Vorschriften und des Schriftums (siehe insbesondere die Schilderung der tatsächlichen Verhältnisse bei Pribram, a.a.O., S. 280 ff), daß den Landwirten das Halten von eigenen Verschleißgewölben offenbar nicht gestattet war, diese vielmehr auf den Besuch der Märkte zu den festgesetzten Marktstunden beschränkt waren, im übrigen ihre Produkte ihnen teils von Viktualienhändlern, teils von sogenannten Ablösern oder Frätschlern, denen in späterer Zeit die mit Ständchenbefugnissen ausgestatteten Höckerleute entsprachen, abgenommen worden waren (vgl. auch Barth Barthenheim a.a.O., Bd. I § 98 und Bd. IV § 332). All dies würde an sich für die vom Bundesministerium vertretene Auffassung sprechen. Dem steht aber gegenüber, daß der Gesetzgeber, von dem Gedanken der Gewerbefreiheit geleitet, der ja in der Gewerbeordnung vom Jahre 1859 weitestgehend Verwirklichung gefunden hatte, den Inhabern von Erzeugungsgewerben hinsichtlich des Absatzes bzw. der Art des Absatzes ihrer Produkte (von dem - später noch zu behandelnden -Feilbieten im Umherziehen abgesehen) keinerlei Beschränkungen auferlegte, sie also gerade was den wesentlichen Teil der Erwerbstätigkeit, nämlich den Verkauf der Erzeugnisse anlangt, den Inhabern von Handelsgewerben gleichstellte. Dazu kommt, daß, wie aus dem Motivenbericht zu den Vorschriften über die Errichtung von weiteren Betriebstätten und Zweigniederlassungen zu entnehmen ist, die Anzeigepflicht nur im Interesse der Steuerverwaltung und zu Zwecken der Statistik normiert worden war und auch keine Vorschriften über Ladenschlußzeiten - solche sind erst mit dem Gesetz vom , StGBl. Nr. 282, in die Gewerbeordnung eingefügt worden - erlassen worden waren. Hält man sich dies vor Augen, dann ist schwer einzusehen, warum der Gesetzgeber - von bloßen theoretischen Erwägungen abgesehen - ein Interesse daran gehabt haben konnte, nur einen Teil der mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion verbundenen Verkaufstätigkeit von den Bestimmungen der Gewerbeordnung auszunehmen. Zieht man weiter in Betracht, daß es ja der Zweck der neuen Gewerbeordnung war, an die Stelle der völlig unübersichtlich gewordenen Verhältnisse auf dem Gebiet des Gewerberechts ein systematisch gegliedertes Gesetzeswerk treten zu lassen und daß sich der Gesetzgeber in diesem Sinn auch um eine Abgrenzung der Landwirtschaft vom Gewerbe bemüht hat, jedoch nur die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugung im Auge hatte, auf die vielfältigen Möglichkeiten des Absatzes dieser Erzeugnisse aber nicht Bedacht nahm, so liegt der Schluß nahe, daß der mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion als Erwerbstätigkeit untrennbar verbundene Absatz der (unverarbeiteten) Erzeugnisse in vollem Umfang ausgenommen werden sollte.
Dagegen spricht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht der Umstand, daß der Buschenschank nach Maßgabe der älteren landesrechtlichen Vorschriften gleichfalls ausdrücklich von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen wurde. Hier handelt es sich nicht um eine bloße Verkaufstätigkeit; das besondere Charakteristikum ist vielmehr darin zu erblicken, daß die Getränke in den Betriebsräumen genossen werden sollen, also eine Tätigkeit entfaltet wird, die ein Wesensmerkmal des konzessionierten Gast- und Schankgewerbes darstellt. Hier tritt die bloße Verkaufstätigkeit gegenüber den übrigen Merkmalen, vor allem der Ermöglichung eines Zusammenseins der Gäste, derart in den Hintergrund, daß berechtigte Bedenken bestehen konnten, eine solche Tätigkeit noch als einen Ausfluß der landwirtschaftlichen Produktion zu betrachten und daher eine ausdrückliche Ausnahme von den Bestimmungen der Gewerbeordnung notwendig war, wollte man sie ihr nicht unterstellt wissen. Der Verkauf von Wein - wohl aus Zweckmäßigkeitsgründen an ein gewisses Mindestmaß (5 Maß) gebunden, wenn er in offenen Gebinden oder Geschirren vorgenommen wurde - war auch vor Erlassung der Gewerbeordnung völlig freigestellt. (vgl. das bei Barth Barthenheim a.a.O., Bd. IV § 71 abgedruckte Hofkanzleidekret vom 23. Dezember 1813). In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, daß im Kommentar zur Gewerbeordnung von Laszky Nathansky (S. 47) die Meinung zum Ausdruck gebracht wird, daß jedem Weinbauer, der seine Weingärten wo immer im Bundesgebiet hat, das Recht zustehe, in jeder Gemeinde einen offenen Laden zum Flaschenweinverschleiß eröffnen zu können, ohne ein Gewerbe anmelden zu müssen.
Es zeigt sich somit, daß sich aus den bisher erörterten Argumenten keine schlüssigen Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, daß nach der „klaren“ Absicht des Gesetzgebers der Verkauf von Erzeugnissen der Landwirtschaft durch den Produzenten in einem (fernab der Betriebstätte gelegenen) Verkaufsladen von den Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht ausgenommen werden sollte.
Das Bundesministerium weist auf die Rechtslehre im Geltungsbereich der deutschen Gewerbeordnung hin, wonach das Verkaufen selbstgewonnener Rohstoffe nur solange nicht als Gewerbebetrieb anzusehen sei, als es nicht in einer die üblichen Grenzen überschreitenden gewerbsmäßigen Weise, z.B. durch Halten eines besonderen offenen Ladens, stattfinde, und meint, daß diese Gedankengänge auch im Bereich der österreichischen Rechtsordnung Anwendung zu finden hätten. Das Bundesministerium hält sich zu dieser Argumentation für berechtigt, weil nach seiner Ansicht im Geltungsbereich der deutschen Gewerbeordnung eine ähnliche Rechtslage gegeben sei. Es übersieht hiebei ein Zweifaches: 1.) daß es sich im vorliegenden Fall um die Auslegung einer positiv-rechtlichen Norm des österreichischen Rechtes handelt, die bereits vor Inkrafttreten der deutschen Gewerbeordnung in Geltung gestanden war, somit eine in der Rechtsprechung mit einem späteren, noch dazu ausländischen Gesetz begründete Rechtslehre nicht berücksichtigt werden kann; 2.) daß in der deutschen Gewerbeordnung eine dem Artikel V lit. a Kundmachungspatent entsprechende Bestimmung überhaupt fehlt (siehe § 6 der deutschen Gewerbeordnung und die Ausführungen hiezu im Kommentar Landmann-Rohmer, 1952, S. 31), der Rechtssatz, daß die Landwirtschaft von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen sei, somit erst in der Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Entwurf der deutschen Gewerbeordnung aus dem Jahre 1868 aufgestellt worden ist. Es läßt sich, daher auch aus dem Hinweis auf die Rechtslehre und Rechtsprechung im Zusammenhang mit der deutschen Gewerbeordnung nichts für den Standpunkt des Bundesministeriums gewinnen.
Als letzter Punkt, der ohne einen Ausblick auf die geschichtliche Entwicklung des Gewerberechtes nicht erschöpfend behandelt werden kann, sind noch die aus der Bestimmung des § 60 Abs. 2 Gewerbeordnung vom Bundesministerium abgeleiteten Erwägungen zu erörtern. Den Ausgangspunkt dieser Erörterungen bildet das vom Beschwerdeführer zur Stützung seiner Rechtsauffassung herangezogene, bereits erwähnte Erkenntnis des Bundesgerichtshofes Slg. Nr. 464/A/1935. In diesem Erkenntnis war in Erwiderung auf einen von der damals belangten Behörde gemachten Hinweis auf § 60 Gewerbeordnung folgendes ausgeführt worden: Die Bestimmung des § 60 Gewerbeordnung betreffe das Feilbieten im Umherziehen, eine Tätigkeit, die bezüglich aller in dieser Weise vertriebenen Waren kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung einerseits durch das Hausierpatent, andererseits durch die Gewerbeordnung geregelt worden sei und nach dem Willen des Gesetzgebers im Gegensatz zu anderen Arten der Veräußerung nicht als ein durch die Berechtigung zur Herstellung des Produktes grundsätzlich gegebenes Recht zu gelten habe, wobei aber wieder gerade die Produkte der Landwirtschaft im weiten Umfang von der allgemeinen Beschränkung ausgenommen seien (Abs. 2). Der Bundesgerichtshof war der Meinung, daß der Hinweis auf diese Gesetzesstelle nicht geeignet sei, die Ansicht von der sonst nicht der Gewerbeordnung unterworfenen Verkaufstätigkeit des Landwirtes zu erschüttern. Das Bundesministerium hält diese Rechtsansicht für verfehlt. Gerade aus dem Umstand, daß das Feilbieten im Umherziehen nach dem Hausierpatent ohne Hausierbewilligung verboten war, die Gewerbeordnungsnovelle vom Jahre 1883 das Feilbieten von bestimmten landwirtschaftlichen Artikeln von den Bestimmungen des Hausierpatentes überhaupt ausnahm, die Gewerbeordnungs Novelle vom Jahre 1902 diese allgemeine Befugnis wieder einschränkte und dem Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse eine Begünstigung eingeräumt habe, sei zu erkennen, daß dem Landwirt auf Grund der Bestimmungen des Artikels V lit. a Kundmachungspatent nicht jede Verkaufstätigkeit erlaubt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß die in den Entscheidungsgründen des zitierten Erkenntnisses vertrete Auffassung insoweit als irreführend empfunden werden kann, als die Ansicht vertreten werden könnte, es müsse deswegen, weil das Feilbieten im Umherziehen auch durch Landwirte besonders geregelt wurde, jede andere Verkaufstätigkeit des Landwirtes als von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen angesehen werden. Dies ist nämlich nicht richtig; es trifft aber auch nicht die Sache. Es darf nicht übersehen werden, daß der Hausierhandel als solcher gemäß Artikel V lit.q des Kundmachungspatentes von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen ist und die im § 60 Abs.1 Gewerbeordnung enthaltene, im wesentlichen mit den früheren, denselben Gegenstand betreffenden Vorschriften gleichlautende Bestimmung auf das Hausierpatent verweist, somit schon aus diesem Grund aus der Bestimmung des § 60 Gewerbeordnung keine Schlüsse zur Lösung der Frage abgeleitet werden können, welche Arten der Tätigkeiten eines Landwirtes als von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen gelten müssen. Der Umstand, daß das Feilbieten im Umherziehen (der Hausierhandel) eine bestimmte, vom Gesetzgeber besonders geregelte Verkaufstätigkeit darstellt, bedeutet nicht, daß auch im übrigen zwischen verschiedenen Verkaufstätigkeiten zu unterscheiden und danach zu beurteilen sei, wie weit die Verkaufstätigkeit eines Landwirtes noch als von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommenen Erwerbstätigkeit oder aber bereits als Ausübung eines Gewerbes anzusehen sei.
Im übrigen können auch nicht unberechtigte Zweifel darüber bestehen, ob - wie das Bundesministerium annimmt - das Hausierpatent im Jahre 1852 ausnahmslos, also auch für das Feilbieten im Umherziehen durch Landwirte gelten sollte, zumal, wie ja das Bundesministerium selbst zugibt, diese Form der Verkaufstätigkeit der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere in der Umgebung der Städte vielfach üblich war. So führt Franz Josef Schaffer in einer Monographie zum Hausiergesetz, Manz'sche Verlagsbuchhandlung Wien 1882, S. 6 f, aus, daß der im „Umherziehen übliche Absatz von landwirtschaftlichen Produkten, welche der Verkäufer selbst erzeugte, durch das Hausiergesetz nicht berührt werden. Er zählt. auch unter Bezugnahme auf einen Erlaß der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. März 1841, Z.15.433, die Waren auf, die zu den landwirtschaftlichen Produkten gehören, welche die Landwirte ohne behördliche Bewilligung durch Feilbieten im Umherziehen haben absetzen dürfen. Einen zwingenden Beweis dafür, daß diese Annahme nicht zutreffen könne, bietet auch nicht der Wortlaut des § 60 Abs. 2 Gewerbeordnung in der Fassung der Gewerbeordnungs-Novelle 1883, RGBl. Nr. 39. Danach sollte die durch das Hausierpatent gebotene Beschränkung des Feilbietens im Umherziehen auf die Feilbietung von Artikeln des täglichen Verbrauches, wie z.B. Milch, Butter, Obst» Gemüse, Blumen, Holz u.dgl. von Haus zu Haus oder auf der Straße keine Anwendung finden. Diese Gesetzesstelle stimmt mit § 52 der Gewerbeordnung aus dem Jahre 1859 mit der einzigen Ausnahme vollkommen überein, daß dort von „Gewerbsleuten“ die Rede war, auf die die Beschränkung nicht zutreffen sollte. In dem Motivenbericht zu der Gewerbeordnungs-Novelle 1883 (Nr.253 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses zu § 53 des Regierungsentwurfes - später § 60) wird in diesem Zusammenhang aber nur von den Handelsbefugnissen gesprochen, welche den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegen und „mit Rücksicht auf die örtlichen Bedürfnisse und ihre auf Unterstützung mancher Kleingewerbetreibenden gerichtete Tendenz nach wie vor beizubehalten wären“. Daß die Gewerbeordnungs-Novelle 1883 insofern eine neue Rechtslage geschaffen hätte, als nunmehr jedermann das Feilbieten im Umherziehen mit den dort genannten Produkten in dem Sinne gestattet gewesen sei, daß hiezu überhaupt keine Berechtigung erforderlich gewesen sei, findet im Motivenbericht keine Stütze. Es liegt vielmehr der Schluß nahe, daß eben nur eine Abgrenzung der Tätigkeiten die auf Grund einer Gewerbeberechtigung ausgeübt werden durften, von jenen, die an eine Bewilligung zum Hausierhandel gebunden waren, vorgenommen werden sollte. Erst die Gewerbeordnungs-Novelle aus dem Jahre 1902, RGBl.Nr. 49, hat auf die Produzenten von Erzeugnissen der Land- und Forstwirtschaft Bedacht genommen, als sie ausdrücklich von diesen und ihren Bevollmächtigten im Gegensatz zu den gleichfalls ausdrücklich genannten befugten Handeltreibenden spricht. Daß damit erstmals eine Begünstigung für den Landwirt geschaffen werden sollte, läßt sich nur vertreten, wenn man der Meinung ist, daß nach der bisherigen Rechtslage dem Landwirt ohne eine Berechtigung, sei es nach dem Hausierpatent, sei es nach der Gewerbeordnung nicht gestattet war, seine Produkte im Wege des Feilbietens im Umherziehen abzusetzen, somit die Auslegung, die das Bundesministerium dem § 60 Abs. 2 in der Fassung der Gewerbeordnungs-Novelle 1883 zuteil werden läßt, nicht teilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die durch die Gewerbeordnungs-Novelle 1902 getroffene Regelung nur eine Klarstellung hinsichtlich der schon bisher bestandenen rechtlichen Situation bedeuten sollte, etwa weil in der Auslegung des § 60 Abs. 2 Gewerbeordnung alte Fassung keine einheitliche Auffassung bestanden hat (siehe z.B. die in der Sammlung Frey-Maresch abgedruckten Gutachten, Bd. I Nr. 2003 - wonach der Landwirt keiner Berechtigung bedurft haben soll - und Bd. II Nr. 3335, in dem das Gegenteil behauptet wurde), oder ob die Bestimmung des § 60 Abs. 2 Gewerbeordnung in der nunmehrigen Fassung tatsächlich eine Neuregelung darstellt. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist, weil die Begünstigung des landwirtschaftlichen Produzenten jedenfalls eine Ausnahme von den Bestimmungen über den gleichfalls von der Gewerbeordnung ausgenommenen Hausierhandel darstellt, ein Schluß aus dieser Regelung auf die Frage, inwieweit die sonstige Verkaufstätigkeit eines Landwirtes im Sinne des Artikels V lit. a Kundmachungspatent nicht der Gewerbeordnung unterliegt, nicht zulässig.
Nun hat das Bundesministerium auf die Entscheidungsgründe des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 17.010/A/1932 offenbar in der Erwägung hingewiesen, daß schon auf Grund von Schlußfolgerungen, die sich aus der rechtlichen Natur des Begriffes „Gewerbe“ ergeben, eine abgesonderte Verkaufstätigkeit eines Landwirtes nicht mehr als „landwirtschaftliche Produktion“ bezeichnet werden könne. In diesem Erkenntnis war die Frage gelöst worden, inwieweit der Handel mit (zugekauften) Weinreben als ein Nebengewerbe eines Betriebes, der sich mit der Heranzucht von Reben befaßt, angesehen werden könne, und ausgesprochen worden, daß der Handel mit angekauften Rebensorten im Rahmen des Hauptbetriebes als „nebensächlicher gewerblicher Betriebsteil“ anzusehen sei, weil er mit dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb schon durch die Verwendung derselben Arbeitskräfte technisch zu einer Einheit verschmolzen sei, „somit nur eine Betriebsanlage bilde“. Dieses Erkenntnis hatte die Frage der Unfallversicherungspflicht von Angestellten des beschwerdeführenden Unternehmens zum Gegenstand. Es war hier insofern die gleiche Rechtslage gegeben wie bei den in diesem Erkenntnis zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1885, Slg. Nr. 9006/A, vom , Slg. Nr. 14.721/A, und vom , Slg. Nr. 15.852/A. In all diesen Erkenntnissen wie auch in einem dort wiederum angeführten Erkenntnis (vom 17. Jänner 1896, Slg. Nr. 9241/A) war über Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit Bestimmungen auf anderen Rechtsgebieten (nämlich den die Krankenversicherungspflicht regelnden Normen, die einst bestandenen Vorschriften über die Entrichtung einer Nahrungs- und Genußmittelabgabe) abzusprechen. Diese Erkenntnisse können daher schon deswegen, weil sie ja die Auslegung anderer gesetzlicher Bestimmungen zum Gegenstande haben, der Gesichtspunkt nach dem Zweck und Aufbau des jeweils in Betracht kommenden Gesetzes ein verschiedener sein kann und die dort vorkommenden Begriffe mit als gleichartig angesehenen auf dem Gebiete des Gewerberechts sich keineswegs immer decken müssen, nicht ohne weiteres herangezogen werden, wenn es sich um die Auslegung einer gewerberechtlichen Norm handelt. Im übrigen ist in dem bezogenen Erkenntnis ja gerade herausgestellt worden, daß der Vertrieb selbsterzeugter Bodenprodukte der landwirtschaftlichen Produktion begrifflich zuzuordnen sei; der Fall des Verkaufes in einer abgesonderten Verkaufstätte ist aber gar nicht behandelt worden.
So bleibt schließlich nur noch zu prüfen, ob sonst noch mit der Begriffsbestimmung des Gewerbes zusammenhängende Erwägungen für die Ansicht des Bundesministeriums sprechen. Das hätte zur Voraussetzung, daß die Verkaufstätigkeit, für sich allein betrachtet, ein Gewerbe sein kann und ob die gleiche Betrachtungsweise platzzugreifen hat, wenn es sich nur darum handelt, daß der Verkauf in einem von dem Hauptbetrieb abgesonderten bzw. in einem von diesem auch örtlich entfernten Verkaufslokal stattfindet. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 830/A, das sich mit der Frage befaßte, ob der Verkauf eigener im Ausland hergestellter Industrieerzeugnisse als Handelsgewerbe anzusehen sei, folgendes ausgeführt: „Es wäre verfehlt, die Veräußerung eigener Erzeugnisse wegen der besonderen Art des Eigentumserwerbes, der hier im Wege der Produktion erfolgt, ihrem Wesen nach als eine nicht dem Handelsgewerbe angehörige Tätigkeit anzusehen. Der Grund, warum solche Veräußerungen die zweifellos die erste Phase des Warenverkehrs darstellen, dennoch nicht als Ausübung eines Handelsgewerbes im Sinne der Gewerbeordnung gelten, liegt vielmehr darin, daß sie ihren volkswirtschaftlichen wie ihren gewerblichen Charakter von der Erzeugungstätigkeit empfangen, mit der sie im engsten Zusammenhang stehen und zu deren ökonomischer Auswertung sie unentbehrlich sind. Dieser inneren Beziehung der Dinge ist die Gewerbeordnung gerecht geworden, indem sie solche Veräußerungen, die dem systematischen Schema nach dem Gebiete des Warenverkehrs angehören, in die Sphäre der Erzeugungstätigkeit einbezog und die Befugnis, sie vorzunehmen, durch die Berechtigung zur Produktion als unmittelbar gegeben erklärte.“ Der Bundesgerichtshof kommt dann zu dem Schluß, daß die Veräußerung der eigenen Erzeugnisse als ein Akt des Warenverkehrs zwar ein Handelsgewerbe, darstellt, das aber die Erzeuger entsprechend den Vorschriften der Gewerbeordnung kraft seiner Gewerbeberechtigung für das Erzeugungsgewerbe auszuüben befugt sei, ohne hiezu einer eigenen Berechtigung für das Handelsgewerbe zu bedürfen. Diese Ausführungen sollten - wie unter anderem das in diesem Erkenntnis angeführte Beispiel des Großtierhändlers, der seine lebende Ware in der Wildnis fängt, sich also herrenloses Gut aneignet - dartun, daß es durchaus Fälle geben kann, in denen, obwohl die landläufige Umschreibung des Warenhandels mit dessen typischer und regelmäßiger Form als Kauf und Verkauf von Waren nicht zutrifft, dennoch von einem Handelsgewerbe im Sinne der Gewerbeordnung gesprochen werden müsse; dies insbesondere auch dann, wenn, wie in einem in der Sammlung Frey-Maresch Band 7 Nr. 14.607, auszugsweise wiedergegebenem Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom , ZI. A 193/36, gesagt wurde, sich die betreffende Person der typischen Einrichtungen des Gewerbes, also z.B. eines Verkaufsladens, bedient. All dies würde bei oberflächlicher Betrachtung den Schluß nahelegen, daß zwischen der Erzeugungs- und Verkaufstätigkeit streng zu unterscheiden und - theoretisch gesehen - jede einzelne Tätigkeit für sich als eigenes Gewerbe zu betrachten sei, dies somit auch in dem Fall gelten müsse, als die Erzeugungstätigkeit kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen ist. Daß der Bundesgerichtshof im Falle des Haltens von eigenen Verkaufsläden über Landwirte zum Absatz ihrer eigenen Erzeugnisse jedoch nicht dieser Meinung war, beweist des mehrmals zitierte Erkenntnis Slg. Nr. 464/A/1935. Es ist darin aber auch kein innerer Widersprich zu finden, weil bei der Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit als Gewerbe anzusehen und welcher Art von Gewerben sie zuzurechnen sei, nicht die gleichen Erwägungen Platz zu greifen brauchen, die für die Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit, deren gewerblicher Charakter nach den für die Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit aufgestellten Merkmalen unbestritten ist, kraft gesetzlicher Vorschrift gleichwohl von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgenommen sein soll. Nun ist aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Beantwortung der Frage, ob mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion auch der Absatz der selbsterzeugten Produkte ausgenommen ist, zwangsläufig auch die Beantwortung der Frage verbunden, ob der Absatz der Produkte auch durch Halten von eigenen Verkaufsläden stattfinden darf; d.h. es muß, wenn die erste Frage bejaht wird, auch die zweite Frage bejaht werden. Die in dem Erkenntnis Slg. Nr. 830/A/1936 vorgenommene scharfe begriffliche Trennung der Erzeugungs- von der Verkaufstätigkeit würde, auf die hier zu lösende Frage bezogen, zu der unmöglichen Konsequenz führen, daß dein Landwirt der Verkauf seiner Produkte ohne Gewerbeberechtigung verboten sei. Auf die äußere Form der Verkaufstätigkeit als solche kann es aber auch nicht ankommen; diese bildet auf dem Boden des Gewerberechtes in der Regel nur ein Indiz dafür, daß eine alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit aufweisende Tätigkeit ausgeübt wird In dieser Hinsicht sind die Ausführungen in dem Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom etwas irreführend; sie sollten ja nur dartun, daß der im Beschwerdefall vorgenommene Abverkauf eines an Zahlungsstatt übernommenen Warenlagers eine gewerbliche Tätigkeit darstellte, weil darin eine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit, nämlich die Hereinbringung der Schuld nach dem Verkaufswert der Waren zu erblicken war. Die Bedeutung des äußeren Ansehens der Verkaufstätigkeit eines Landwirtes als gewerblicher Betrieb könnte im übrigen nur darin gelegen sein, daß durch diese besondere Art der Verkaufstätigkeit der Landwirt in die Lage kommt, seine Waren zu Kleinhandelspreisen abzusetzen und damit einen höheren Gewinn zu erzielen, als dies beim Absatz der Produkte beim Verkauf ab Hof möglich ist. Allein das ist ein Aspekt, der steuerrechtlich von Belag sein kann, aber in gewerberechtlicher Hinsicht nicht ins Gewicht fällt, weil ja das charakteristische Merkmal der Erwerbstätigkeit schön bei der auf Absatz der Erzeugnisse eingestellten Produktion gegeben ist, die Absicht, einen höheren Gewinn zu erzielen, aber keinen begrifflichen Unterschied ausmacht. Es kann wohl nicht geleugnet werden, daß das Halten eines eigenen Verkaufslokales auf dem Betriebsgrundstück, wie dies insbesondere bei landwirtschaftlichen Gärtnereien oft der Fall sein wird, dem landwirtschaftlichen Produzenten nicht verwehrt sein kann. Es kann auch kein Anstand darin bestehen, daß in einem solchen Verkaufslokal ausschließlich mit dem Verkauf beschäftigte Hilfskräfte verwendet werden. Lassen sich aber keine überzeugenden Argumente dafür gewinnen, daß diese Tätigkeit nicht ausgenommen werden sollte, dann fehlt auch der schlüssige Nachweis dafür, daß bei einem außerhalb der Betriebsstätte gelegenen Verkaufslokal das Gegenteil zutreffen müsse Letzteres läßt sich auch nicht mit einem Hinweis auf die Bestimmung des § 41 Gewerbeordnung begründen, da diese Gesetzesstelle, wie der Motivenbericht (Dokupil a.a.O. S 865) zu erkennen gibt, lediglich zum Ausdruck bringen soll, daß die gewerbliche Betätigung von den früher bestandenen Beschränkungen frei sei, somit keine verläßliche Richtschnur für die Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerberechtlichen Tätigkeit darstellen kann. Daß auch die Bestimmungen der §§ 39 und 40 der Gewerbeordnung nicht für eine solche Annahme sprechen, zumal sie einen funktionellen Unterschied zwischen einer weiteren Betriebsstätte der Erzeugung und einem Verkaufslokal nicht kennen, ist bereits oben gesagt worden. Bezeichnenderweise waren auch die gewerblichen Kreise nicht durchwegs der Meinung des Bundesministeriums. So wird in einem in der Sammlung Frey Maresch (Band 4, S. 5287) abgedruckten Gutachten aus dem Jahre 1901 die Meinung vertreten, daß es für die gewerberechtliche Beurteilung des Verkaufes selbstgewonnener landwirtschaftlicher Produkte irrelevant sei, ob dieser Verkauf an Ort und Stelle des betreffenden landwirtschaftlichen Betriebes oder an einem anderen Ort stattfindet (vgl. auch das Gutachten Nr. 17.047 Band VII der Sammlung Frey Maresch, in dem dem Landwirt das Recht zugesprochen wird, in einem Laden, den er auf Grund einer nicht auf diese Produkte lautender Gewerbeberechtigung unterhält, die von ihm in der Landwirtschaft gewonnenen Produkte zu verkaufen). Dem stehen freilich verschiedene anders lautende Gutachten gegenüber, von denen das ausführlichst begründete (Nr. 17.050) sich auf eine allgemein anerkannte Übung beruft, wonach der Landwirt niemals als berechtigt gegolten habe, sein Getreide, seine Milch- und Molkereiprodukte, seine Erzeugnisse und tierischen Produkte usw. in eigens hiezu gemieteten Verkaufsläden' oder eigens erbauten Kiosken feilzubieten. Eine Begründung, die, wie aus dem Vorgesagten erhellt, einer näheren Prüfung nicht standzuhalten vermag.
Es zeigt sich somit, daß weder aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang noch aus der Absicht des Gesetzgebers, soweit sich diese erforschen läßt, ein schlüssiger Nachweis dafür zu erbringen ist, daß unter die von den Bestimmungen der Gewerbeordnung gemäß Artikel V lit. a Kundmachungspatent ausgenommene land- und forstwirtschaftliche Produktion der Verkauf der eigenen Erzeugnisse, wenn er in Einrichtungen stattfindet, die das Bild eines gewerblichen Betriebes ergeben, nicht fällt. Der Verwaltungsgerichtshof verschließt sich keineswegs der Tatsache, daß gewichtige gewerbepolitische Bedenken dagegen bestehen mögen, daß der Landwirt mit den Kleinhandeltreibenden unter gleichen Bedingungen in Wettbewerb treten darf, er hat daher auch alle etwa für den Standpunkt des Bundesministeriums sprechenden Momente einer sorgfältigen Erörterung unterzogen; allein diese Bedenken vermögen an sich an der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern.
Da somit der Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zu Unrecht bestraft und dieses Straferkenntnis von der belangten Behörde aufrecht erhalten worden ist, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 4827 A/1958 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1958:1955001808.X07 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-55962