VwGH 20.09.1966, 1765/65
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BAG 1969 §5 Abs1 VStG §5 Abs1 |
RS 1 | Die Verantwortung für die in einem Bäckereibetrieb vorfallenden Verstöße gegen die Vorschriften des Bäckereiarbeitergesetzes trifft grundsätzlich den Betriebsinhaber. Werden derartige Verstöße von einem Dienstnehmer ohne Wissen und Willen des Betriebsinhabers begangen, so ist dieser gleichwohl strafbar, wenn er nicht solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließe (Hinweis E , 1844/57). Hiefür ist, sofern auf die übertretene Norm die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Satz 2 VStG 1950 zutreffen, der Betriebsinhaber beweispflichtig. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0996/58 E RS 1 |
Norm | VwGG §47 |
RS 2 | Einem Begehren auf "kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde" kann nicht entnommen werden, welchen Aufwandersatz die Behörde ausspricht (Hinweis E , 1419/65). |
Norm | VStG §5 Abs1 |
RS 3 | Es gehört zum Begriff der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, dass derjenige, den diese Verantwortlichkeit trifft, als Täter auch dann anzusehen ist, wenn er das strafbare Verhalten zwar nicht selbst gesetzt, aber trotz Rechtspflicht hiezu schuldhaft nicht verhindert hat. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Striebl, Dr. Skorjanec und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialoberkommissärs Öhler, über die Beschwerde des AW in P, vertreten durch Dr. Othmar Aigner, Rechtsanwalt in Hallein 229, gegen den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom , Zl. VII-371/4-1965, betreffend die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 des Bäckereiarbeitergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung eines Aufwandersatzes wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom fand die Bezirkshauptmannschaft Hallein den Beschwerdeführer für schuldig, er habe am schon um 3 Uhr 03 früh mit der der Erzeugung von Backwaren dienenden Arbeit (Tafelarbeit) begonnen. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers wertete die Behörde als eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 des Bäckereiarbeitergesetzes, Gesetz vom , BGBl. Nr. 69 (im folgenden kurz als BAG bezeichnet), und verhängte über ihn wegen dieser Übertretung gemäß § 19 Abs. 1 desselben Gesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Arreststrafe in der Dauer von 14 Tagen. Zur Begründung wurde in Erwiderung auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers ausgeführt, die Behörde vermöge dessen Auffassung, er sei für die Einhaltung der Vorschriften des BAG durch seine Dienstnehmer nur insofern verantwortlich, als er diese entsprechend zu belehren habe, nicht zu teilen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, nicht er habe, wie die Erstinstanz ihm vorwerfe, vorzeitig mit der Tafelarbeit begonnen; die ihm zur Last gelegte Handlung habe vielmehr einer seiner Dienstnehmer gesetzt. Für dessen Verhalten könne es aber eine „absolute“ Haftung seinerseits nicht geben. Der ihm obliegenden Belehrungs- und Ermahnungspflicht aber sei er nachgekommen. Ferner habe er sich durch Stichproben von der Einhaltung seiner bezüglichen Anordnungen überzeugt. Daher habe er sich darauf verlassen dürfen, daß seine Bediensteten vor dem in § 5 BAG festgesetzten Zeitpunkt (4 Uhr früh) nur die gemäß § 6 Abs. 2 desselben Gesetzes erlaubten Vorarbeiten durchführen würden. Schließlich bekämpfte der Beschwerdeführer hilfsweise auch die Strafe als unangemessen hoch.
Das Amt der Salzburger Landesregierung gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom dieser Berufung nicht Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis. In dem angeführten Bescheid wird zur Begründung ausgeführt, der Inhaber eines Bäckereibetriebes sei als solcher dafür verantwortlich, daß in diesem Betrieb „die Bestimmungen des Gesetzes“ eingehalten würden. Er habe dafür Sorge zu tragen, daß Unzukömmlichkeiten durch seine Hilfsorgane unterblieben. Dieser Pflicht sei der Beschwerdeführer, aus welchem Grund immer, nicht nachgekommen, weshalb seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit eindeutig feststehe. Abschließend wurde ausgeführt, es sei zu berücksichtigen gewesen, daß im Betrieb des Beschwerdeführers wiederholt Übertretungen des Bäckereiarbeitergesetzes festgestellt und durch Verwaltungsstrafen geahndet worden seien.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid schon deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil in der durch die belangte Behörde übernommenen Umschreibung des inkriminierten Tatbestandes abweichend vom wahren Sachverhalt davon die Rede sei, er selbst habe vorzeitig mit der Tafelarbeit begonnen. Schon vor Erfließen der erstinstanzlichen Entscheidung habe er demgegenüber darauf aufmerksam gemacht, daß er zur Tatzeit weder in seinem Betrieb anwesend gewesen sei noch irgendwelche Bäckereiarbeiten verrichtet habe. Nun gehört es aber zum Begriff der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, daß derjenige, den diese Verantwortung trifft, als Täter auch dann anzusehen ist, wenn er das strafbare Verhalten zwar nicht selbst gesetzt, aber trotz Rechtspflicht hiezu schuldhaft nicht verhindert hat. Die strafrechtliche Verantwortung für die in einem Bäckereibetrieb vorfallenden Verstöße gegen die Vorschriften des BAG trifft grundsätzlich den Betriebsinhaber, im vorliegenden Fall also den Beschwerdeführer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 996/58). Fraglich kann daher im gegebenen Zusammenhang nur sein, ob den Beschwerdeführer ein Verschulden daran trifft, daß in seinem Betriebe durch seine Angestellten, und zwar, wie er behauptet, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen, zur Nachtzeit verbotswidrig Tafelarbeiten verrichtet worden sind. Der Beschwerdeführer stellt dies in Abrede und führt in dieser Hinsicht unter Berufung auf die im oben zitierten hg. Erkenntnis niedergelegte Rechtsanschauung aus, er habe seine Dienstnehmer über die Rechtslage (Verbot der nächtlichen Tafelarbeit) belehrt und die Einhaltung seiner Anordnung stichprobenartig überprüft. Er habe daher, wie dies nach dem erwähnten Vorerkenntnis Voraussetzung für seine Straffreiheit sei, alle jene Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grunde die Einhaltung der Vorschrift des § 5 Abs. 1 BAG durch seine Dienstnehmer erwarten ließen. In der zur Gegenschrift der belangten Behörde erstatteten Äußerung hat der Beschwerdeführer des weiteren vorgebracht, er sei „nach wie vor“ jederzeit in der Lage, nachzuweisen, daß er seiner Belehrungs- und Überprüfungspflicht nachgekommen sei. Während des Verwaltungsstrafverfahrens hingegen hat er lediglich eine Behauptung dieses Inhaltes aufgestellt, Beweise hiefür aber nicht angeboten; das durch den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, und zwar in der Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vom , angebotene Beweismittel der Einvernahme eines seiner Dienstnehmer als Zeugen sollte nämlich entsprechend dem betreffenden Beweisantrag nicht der Klärung des hier in Betracht kommenden Themas, ob der Beschwerdeführer seiner Belehrungs- und Überwachungspflicht nachgekommen sei, dienen. Dies ungeachtet des Umstandes, daß, wie gleichfalls schon in dem mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom hervorgehoben worden ist, der Betriebsinhaber dann, wenn auf die übertretene Norm die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG zutreffen, was für die Norm des § 5 Abs. 1 BAG gegeben ist, in dieser Hinsicht beweispflichtig ist. Da sich bei dieser verfahrensrechtlichen Situation der Beschwerdeführer, um straflos zu bleiben, nicht auf beweislose Behauptungen hätte beschränken dürfen, sondern entsprechende Beweisanträge (etwa Einvernahme seiner Dienstnehmer als Zeugen) hätte stellen müssen, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verschulden des Beschwerdeführers angenommen hat. Auch fällt der belangten Behörde die Unterlassung von Beweiserhebungen zu, diesem Thema nicht als Verfahrensmangel zur Last. Da demnach die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes den angefochtenen Bescheid nicht belastet und auch eine zur Aufhebung führende Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht feststellbar ist, war die zur Gänze unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Das Kostenbegehren der belangten Behörde ist auf „kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde“ gerichtet. Diesem Antrag kann der Gerichtshof nicht entnehmen, welchen Aufwandersatz die belangte Behörde anspricht, weshalb er abzuweisen war (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1419/65).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1966:1965001765.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-55860