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VwGH 18.05.1978, 1759/76

VwGH 18.05.1978, 1759/76

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssätze


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Normen
ABGB §6;
AVG §56 impl;
EO §1;
JN §1;
VVG §1;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63;
RS 1
Ein im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenes Übereinkommen nach § 111 Abs 3 WRG hat nicht Gegenstand des behördlichen Abspruches zu bilden, sondern ist vielmehr im Bescheid außerhalb des Spruches zu beurkunden. Das so beurkundete Übereinkommen stellt wohl eine öffentliche Urkunde, aber keinen Exekutionstitel iSd § 1 VVG bzw iSd § 1 EO dar.
Normen
ABGB §6;
AVG §56 impl;
EO §1;
JN §1;
VVG §1;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63;
RS 2
§ 111 Abs 3 zweiter Satz WRG 1959 enthält eine kompetenzmäßige Zuordnungsvorschrift. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen beruft der Gesetzgeber nicht das ordentliche Gericht, sondern die Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung.
Normen
ABGB §6;
AVG §56 impl;
EO §1;
JN §1;
VVG §1;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63;
RS 3
Die Wasserrechtsbehörde ist berechtigt und verpflichtet, im Bescheidspruch nach § 111 Abs 3 zweiter Satz WRG 1959 erforderlichenfalls auch Leistungsverbindlichkeiten aufzuerlegen, und zwar dann, wenn ein Streit über die Rechtswirkungen eines Übereinkommens, gem § 111 Abs 3 zweiter Satz WRG 1959 entstanden ist. Die Entscheidung über derartige Leistungsstreitigkeiten ist nämlich vom Gesetzgeber zufolge der Worte "und Rechtswirkungen" der Wasserrechtsbehörde zugewiesen worden. Würde an einem derartigen Streitfall eine Leistungsklage beim ordentlichen Gericht eingebracht, hätte diese die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen (Die Beschlüsse des EvBl Nr 340/1963, und vom , SZ XXXVII Nr 166; Hinweis E 734/75).
Normen
PauschV VwGH 1977 Art3 Abs2;
VwGG §49 Abs1;
RS 4
Aufwandersatz: Art III Abs 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl Nr 542, ist nicht anwendbar, wenn die beschwerdeführende Partei nicht den Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand im Sinne der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl Nr 4/1975, wie jener Satz im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde gegolten hat, sondern weniger verlangt hat.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Leibrecht, Dr. Zach, Kobzina, Dr. Schima, Dr. Hrdlicka, Öhler, Dr. Hoffmann und DDr. Hauer als Richter, im Beisein der Schriftführerinnen Magistratsrat Dr. Thumb und Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister JE, dieser vertreten durch Dr. Albert Ritzberger, Rechtsanwalt in Villach, Hauptplatz 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 510.243/01-I 5/75, betreffend Auslegung und Rechtswirkungen eines Übereinkommens im wasserrechtlichen Verfahren (mitbeteiligte Partei: HK in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.299,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Landeshauptmann von Kärnten hat mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Nutzung der sogenannten W-quellen - Quellgebiet Ost und zur Fassung und Nutzung der O-quellen I und II, der H-quellen I bis III, der F-quelle, der K-quellen und der G-quelle Quellgebiet West, für die Gemeindewasserversorgungsanlage B sowie den Ausbau dieser Gemeindewasserleitung gemäß dem eingereichten Projekt erteilt. Gleichzeitig wurden einige Übereinkommen im Abschnitt V des Spruches beurkundet, darunter jenes zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin der sogenannten K-quellen andererseits (Abschnitt V/E), in dem folgendes - soweit dies für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist - vereinbart wurde:

1) HK verkauft und übergibt und die Gemeinde S kauft und übernimmt die sogenannten K-quellen mit ihrer gesamten Quellspende zur Nutzung für die Gemeindewasserleitung B.

2) HK behält sich für sich und seine Rechtsnachfolger eine Wassermenge von 0,2 l/sec zurück. Er ist jedoch nur berechtigt, diese Wassermenge bei einem echten Bedarf in Anspruch zu nehmen. Die Entnahmevorrichtung hat er auf eigene Kosten herstellen zu lassen und im übrigen hiebei das Einvernehmen mit der Gemeinde S herbeizuführen.

3) Die Gemeinde S verpflichtet sich, pro l/sec ein einmaliges Entgelt in der Höhe von S 10.000,-- zu bezahlen. Maßgeblich für die zu entschädigende Quellspende ist die Mindestschüttung innerhalb der folgenden drei Jahre nach erfolgter Fassung der Quellen, wobei extreme Mindestschüttungen wie im Jahre 1971 nicht herangezogen werden dürfen. Für die Entschädigung wird Wertsicherung auf Basis des Verbraucherpreisindex 1966 vereinbart, wobei von der veröffentlichten Indexzahl für Oktober 1971 auszugehen ist.

4) HK stimmt im übrigen der projektsgemäßen Ausführung der Wasserleitung auf seinen Grundstücken sowie der Bestimmung des engeren Quellschutzgebietes zu. Für die Einräumung der Dienstbarkeiten der Quellfassung und der Errichtung und Erhaltung der Quellsammelstuben gebührt HK ein Entgelt von S 35,-- je m2 benutzter Fläche, für die mit dem engeren Quellschutzgebiet verbundenen Wirtschaftsbeschränkungen eine einmalige Entschädigung von S 7,-- pro m2. Auch für diese Entgelte und Entschädigungen gilt die unter Pkt. 2) vereinbarte Wertsicherung.

6) Innerhalb von drei Monaten nach dem mit der Fassung der Kquellen begonnen worden ist, hat die Gemeinde S an HK eine Akontozahlung in Höhe von 30 % des Entgeltes, welchem vorläufig der Durchschnitt der bis dahin gemessenen Quellspende im Sinne des Pkts. 3) zugrunde zu legen ist, sowie die gesamte Entschädigung für die engeren Quellschutzgebiete zu leisten.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, daß die mitbeteiligte Partei die erforderlichen Bewilligungen der Gemeinde nicht erteile, weshalb ein Vollstreckungsverfahren gegen die mitbeteiligte Partei notwendig werden wird. Die Beschwerdeführerin beantragte, der Landeshauptmann möge die Rechtswirkungen und die Auslegung des im Bescheid vom beurkundeten Übereinkommens gegenüber der mitbeteiligten Partei vornehmen. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtete der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 die mitbeteiligte Partei der Beschwerdeführerin sofort zu gestatten, auf den in seinem Eigentum stehenden Parzellen nn/24, nn1, nn2, nn3, nn4, nn5 und nn6, KG O, die Wasserleitung gemäß dem Projekt des Dipl. Ing. HP vom September 1967 und September 1971 zu verlegen und die sonst in diesem Projekt vorgesehenen Anlagen zu errichten. Auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Partei änderte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom dahin gehend ab, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Der Landeshauptmann von Kärnten stellt gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 fest, daß auf Grund des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom unter Abschnitt V/E beurkundeten Übereinkommens, HK verpflichtet ist, der Gemeinde S die Fassung und Nutzung der K-quellen sofort zu gestatten und dabei auf den in seinem Eigentum stehenden Parzellen nn/24, nn1, nn2, nn3, nn4, nn5 und nn6 KG O die Wasserleitung gemäß dem Projekt des Dipl.-Ing. HP, Ziv. Ing. für Bauwesen, von September 1967 und September 1971 verlegen und die sonst in diesem Projekt vorgesehenen Anlagen errichten zu lassen.

Über die Frage der hiefür gebührenden Entschädigung in Auslegung dieses mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. Wa - 470/I/15/71, beurkundeten Übereinkommens wird gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950, in Verbindung mit § 111 Abs. 3 WRG 1959 im Nichteinigungsfall gesondert entschieden."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei als erwiesen anzunehmen, daß mit der Beschwerdeführerin eine Einigung über Ware und Preis und die Übergabe erzielt worden und daher eine verbindliche Übereinkunft zustande gekommen sei. Die mitbeteiligte Partei habe vor allem ihre Duldungsverpflichtungen im Vertrag in zeitlicher Hinsicht nicht von der endgültigen vorherigen Klärung sämtlicher Entschädigungsfragen abhängig gemacht, also nicht an die vorherige völlige Lösung allfälliger einschlägiger Probleme geknüpft. Nach dem Wortlaut und Sinn des Übereinkommens habe Übereinstimmung bestanden, daß die endgültige Klärung der gesamten Entschädigungssummen noch Untersuchungen in Dauer von einigen Jahren (gerechnet vom Vertragsabschluß an) bedürfe. Daraus erhelle, daß die Entscheidung über Auslegung und Rechtswirkung des Übereinkommens bezüglich der Duldungsverpflichtungen der mitbeteiligten Partei einerseits und hinsichtlich der ihr dafür gebührenden angemessenen Entschädigung andererseits im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG 1950 in Verbindung mit § 117 Abs. 2 WRG 1959 durchaus voneinander trennbar seien. Gemäß § 59 Abs. 1 und 2 AVG 1950 könne, wenn der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zulasse und dies zweckmäßig erscheine, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif sei, gesondert abgesprochen werden. Nach der Aktenlage stehe außer Zweifel, daß im Falle der Nichteinigung der Parteien die Voraussetzungen für die Einräumung von Zwangsrechten im Sinne der §§ 63 und 64 WRG 1959 gegeben gewesen wären. Der Anschluß der Gemeindewasserversorgungsanlage an die K-quellen liege jedenfalls im vordringlichen öffentlichen Interesse, um Engpässe in der Wasserversorgung zu vermeiden. Gemäß § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 habe die Wasserrechtsbehörde über die Auslegung und Rechtswirkungen eines im Bescheid beurkundeten Übereinkommens im Streitfalle zu entscheiden, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz habe eine Leistungsverfügung getroffen; dazu biete aber das Gesetz insofern keine Handhabe, als Übereinkommen, auch wenn sie von der Wasserrechtsbehörde beurkundet wurden, ihrer Natur nach zivilrechtlich zu beurteilen seien und die Ausnahmebestimmung des § 111 Abs. 3 WRG 1959 nicht extensiv ausgelegt werden dürfe. Die Tätigkeit der Wasserrechtsbehörde habe sich daher im wesentlichen nur auf die Interpretation des Übereinkommens und seiner Rechtswirkungen zu beschränken. Streitigkeiten hinsichtlich der etwaigen Gültigkeit und Einhaltung eines beurkundeten Übereinkommens gehörten auf den Zivilrechtsweg. Dies gelte im wesentlichen auch von der laut Übereinkommen noch offenen Entschädigungsfrage, sodaß sich auch hier der Spruch eines erst späteren gesonderten wasserrechtlichen Bescheides in der diesbezüglichen Auslegung des Übereinkommens erschöpfen werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, daß die belangte Behörde in ihrer Entscheidung über die Auslegung eines Übereinkommens nur einen Feststellungsbescheid, nicht aber einen verfügenden Bescheid über die Duldung der Ausführung der Wasserbauten getroffen und die Durchsetzung des Übereinkommens einem gerichtlichen Urteil überlassen habe. Wenn es zwischen den Vertragspartnern zu einem Streit komme, dann erweise sich eben im nachhinein, daß die Entscheidung des Streites eines obrigkeitlichen Aktes, eines Leistungs-(Duldungs)befehles nach den §§ 60 bis 72 WRG 1959 bedürfe. Die belangte Behörde habe sich daher zu Unrecht einem solchen Leistungsbefehl entzogen.

Über die vorliegende Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift in einem gemäß § 13 Z 3 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat - ebenso wie der Landeshauptmann von Kärnten als Wasserrechtsbehörde erster Instanz - ihren teilweise abändernden Berufungsbescheid vom auf § 111 Abs. 3 WRG 1959 gestützt. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung sind alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen im Bescheide zu beurkunden. Über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens hat im Streitfalle die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht kein Streit darüber, daß im Beschwerdefall die in § 111 Abs. 3 zweiter Satz zweiter Halbsatz WRG 1959 normierten

Voraussetzungen (sofern den Gegenstand ... gewesen wäre)

vorliegen. Das Übereinkommen zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei ist im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffen und vom Landeshauptmann von Kärnten im Bescheid vom beurkundet worden. Aber auch die zweite Voraussetzung des § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 liegt vor, daß nämlich Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer Gegenschrift ausführt, hätte, sofern die Parteien eine gütliche Übereinkunft nicht erzielen, die Wasserrechtsbehörde über die Zwangsrechte (vgl. § 60 und § 63 WRG 1959) und über die entsprechende Entschädigung (§§ 117 ff WRG 1959) bescheidmäßig abzusprechen gehabt. Im Sinne des § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 haben die Wasserrechtsbehörden im Instanzenzug ihre Zuständigkeit zum bescheidmäßigen Abspruch über die Auslegung und die Rechtswirkungen des gegenständlichen Übereinkommens vom in Anspruch genommen.

Die belangte Behörde hat den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten mit der Begründung abgeändert, daß dieser auf Grund des § 111 Abs. 3 WRG 1959 eine Leistungsverfügung getroffen habe. Dazu biete aber nach Ansicht der belangten Behörde - wie bereits oben dargelegt - das Gesetz insofern keine Handhabe, als Übereinkommen, auch wenn sie von der Wasserrechtsbehörde beurkundet worden seien, ihrer Natur nach zivilrechtlich zu werten seien und die Ausnahmebestimmung des § 111 Abs. 3 WRG 1959 nicht ausdehnend ausgelegt werden dürfe. Die Tätigkeit der Wasserrechtsbehörde habe sich daher gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 im wesentlichen nur auf die Interpretation des Übereinkommens und seiner Rechtswirkungen zu beschränken, Streitigkeiten hinsichtlich der etwaigen Gültigkeit und auch Einhaltung eines beurkundeten Übereinkommens gehörten hingegen auf den Zivilrechtsweg. Dies gelte auch von offenen Entschädigungsfragen, sodaß sich der Spruch eines erst späteren gesondert erlassenen wasserrechtlichen Bescheides in der Auslegung des Übereinkommens in dieser Hinsicht erschöpfen müsse.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, daß die belangte Behörde in ihrem abändernden Bescheid vom eine bloße Feststellung über die Auslegung des Übereinkommens getroffen und in der Begründung die zwangsweise Durchsetzung des Übereinkommens von einem im Klageweg zu erwirkenden Urteil des Zivilgerichts abhängig gemacht habe, anstatt selbst in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides einen unmittelbar der Zwangsvollstreckung zugänglichen Bescheidspruch zu erlassen.

Die Frage, welcher rechtliche Gehalt einem vor der Wasserrechtsbehörde geschlossenen und gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959 beurkundeten Übereinkommen innewohnt, ist in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet worden. In seinem Erkenntnis vom , Zl. 248/68 - an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, wird erinnert -, hat der Verwaltungsgerichtshof den Standpunkt vertreten, daß vor der Wasserrechtsbehörde abgeschlossene Übereinkommen auch dann, wenn sie in einem wasserrechtlichen Verfahren beurkundet werden, nach bürgerlichem Recht zu beurteilen sind. Ein Teil der Lehre (vgl. Haager-Vanderhaag, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 1934, S. 402, und Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, S. 452) vertritt die Ansicht, daß eine derartige privatrechtliche Vereinbarung durch die bei der mündlichen Verhandlung erfolgte Kenntnisnahme und Beurkundung seitens der Wasserrechtsbehörde öffentlich-rechtlichen Charakter erhielte oder im Streitfall zu einem öffentlich-rechtlichen Vertrag würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hält es in dem gegebenen Zusammenhang nicht für erforderlich, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein vor der Wasserrechtsbehörde abgeschlossenes und in einem wasserrechtlichen Bescheid beurkundetes Übereinkommen öffentlich-rechtlichen Charakter hat. Er ist jedenfalls aus den folgenden Erwägungen der Ansicht, daß die Beurkundung im Bescheid nicht einen Teil des Spruches darzustellen hat.

Nach § 111 Abs. 3 WRG 1959 sind alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen im Bescheid zu beurkunden. Da es der Gesetzgeber vermieden hat, die Beurkundung im Spruch des Bescheides anzuordnen und er überdies eine Beurkundung angeordnet hat, was nach allgemeinem Sprachgebrauch sich sowohl von einer förmlichen Feststellung als auch von einer Verfügung abhebt, ist der Schluß gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber diese Beurkundung nicht als einen Teil des Spruches des Bescheides gestaltet hat. Für diese Auslegung spricht schließlich auch der Umstand, daß der Gesetzgeber in § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 angeordnet hat, es habe die Wasserrechtsbehörde über die Auslegung und die Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens im Streitfall zu entscheiden, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß auch andere, mit dem Gegenstand des Verfahrens zusammenhängende Übereinkommensinhalte zu beurkunden sind, über deren Auslegung und Rechtswirkungen aber nicht die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden hat. Da ein solches Übereinkommen daher nicht Gegenstand des behördlichen Abspruches zu sein hat, vielmehr im Bescheid außerhalb des Spruches zu beurkunden ist, stellt es schon aus diesem Grund wohl eine öffentliche Urkunde, aber keinen Exekutionstitel im Sinne des § 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950 bzw. im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung dar.

§ 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 enthält eine kompetenzmäßige Zuordnungsvorschrift: Liegt ein Streitfall über die Auslegung und Rechtswirkungen eines im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen und im Bescheid beurkundeten Übereinkommens vor, dann beruft der Gesetzgeber bei Vorliegen der weiteren im § 111 Abs. 3 zweiter Satz zweiter Halbsatz WRG 1959 genannten Voraussetzung nicht das ordentliche Gericht (wie etwa § 1 der Jurisdiktionsnorm - JN), sondern die Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung.

Die belangte Behörde vertritt in Auslegung des § 111 Abs. 3 WRG 1959 die Ansicht, es hätte hier bei bloßen nicht der Zwangsvollstreckung zugänglichen Feststellungen der Wasserrechtsbehörde sein Bewenden zu haben; exekutionsfähige Leistungsbescheide dürfe die Wasserrechtsbehörde im Rahmen des § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 nicht fällen.

Dieser Ansicht der belangten Behörde vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil sie von der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang abweicht und eine klare Absicht des Gesetzgebers für die enge von der belangten Behörde gewählte Auslegung nirgends zu erschließen ist. Der Gesetzgeber beruft die Wasserrechtsbehörde bei Vorliegen der übrigen im Gesetz genannten Voraussetzungen zur Entscheidung über die Auslegung undRechtswirkungen des Übereinkommens. Die Entscheidung über die Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens stellt mehr als eine bloße Auslegung im Sinne des § 111 Abs. 3 WRG 1959 dar. Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage dem Wort "Rechtswirkungen" einen über den Begriff der "Auslegung" nicht hinausreichenden Inhalt zugemessen und dem Gesetzgeber damit unterstellt, er hätte mit dem Wort "und Rechtswirkungen" eine überflüssige Aussage getroffen, statt von einem eigenständigen Inhalt des Begriffes "Entscheidung über die Rechtswirkungen" auszugehen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist die Wasserrechtsbehörde berechtigt und verpflichtet, im Bescheidspruch nach § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 erforderlichenfalls auch Leistungsverbindlichkeiten aufzuerlegen, und zwar dann, wenn ein Streit über die Rechtswirkungen eines Übereinkommens gemäß § 111 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 entstanden ist. Die Entscheidung über derartige Leistungsstreitigkeiten ist nämlich vom Gesetzgeber infolge der Worte "und Rechtswirkungen" der Wasserrechtsbehörde zugewiesen worden. Würde in einem derartigen Streitfall eine Leistungsklage beim ordentlichen Gericht eingebracht, hätte dieses die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen (vgl. die Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes vom , EvBl. Nr. 340/1963, und vom , SZ XXXVII Nr. 166).

Da der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft im Spruch des Bescheides vom den erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom in Verkennung der Rechtslage von einem der Zwangsvollstreckung zugänglichen Bescheid, nämlich bestimmte Maßnahmen zu dulden, in einen seinem Inhalt nach der Zwangsvollstreckung nicht zugänglichen Bescheid abgeändert hat, ist die beschwerdeführende Gemeinde durch diesen abändernden Bescheid im Zusammenhalt mit der von der belangten Behörde gewählten Begründung in ihren Rechten verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft in einer anderen Rechtssache, betreffend die Auslegung eines Übereinkommens nach § 111 Abs. 3 WRG 1959 einen Leistungsauftrag - ebenfalls des Landeshauptmannes von Kärnten - unbeanstandet gelassen hat (vgl. Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 769.213-I/1/74) und auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 734/75, keinen Grund gefunden hat, diesen Bescheid etwa deshalb aufzuheben, weil die Wasserrechtsbehörde keinen Leistungsbescheid hätte erlassen dürfen.

Der Spruch über den Aufwandersatz an die beschwerdeführende Partei gründet sich auf § 47 und § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542. Art. III Abs. 2 der angeführten Verordnung war nicht anwendbar, weil die beschwerdeführende Partei nicht den Pauschalsatz im Sinne der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 4/1975, wie jener Satz im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde gegolten hat, sondern weniger verlangt hat.

Wien, am

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Normen
ABGB §6;
AVG §56 impl;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4 impl;
EO §1;
JN §1;
PauschV VwGH 1977 Art3 Abs2;
VVG §1;
VwGG §49 Abs1;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63;
Sammlungsnummer
VwSlg 9559 A/1978
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter Abspruch
Inhalt der Berufungsentscheidung
Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und
der mitbeteiligten Partei Aufgliederung des Pauschbetrages in
mehrere Teilbeträge Nichtausschöpfung des Pauschbetrages
Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den
Zivilrechtsweg VwRallg5/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1976001759.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-55852