VwGH 13.04.1967, 1753/66
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | WRG 1959 §137 Abs4; WRG 1959 §38; |
RS 1 | Auch nach § 38 WRG 1959 bewilligungspflichtige Uferaufschüttungen gelten als Wasseranlagen nach § 137 Abs 4 dieses Gesetzes. |
Norm | WRG 1959; |
RS 2 | Ausführungen zum Begriff der "Wasseranlage" |
Normen | WRG 1959 §137 Abs4; WRG 1959 §38 Abs1; |
RS 3 | Wenn § 38 Abs 1 alle Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer, die einer Bewilligungspflicht nach § 9 oder § 41 nicht unterliegen, unter Bewilligungspflicht stellt, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß auch solche Anlagen als Wasseranlagen iSd § 137 Abs 4 zu verstehen sind. Bei Übertretungen gegen § 38 (Abs 1) beginnt daher zufolge § 137 Abs 4 die Verjährung erst nach Beseitigung des konsenswidrigen Zustandes. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Guggenbichler sowie die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Leibrecht als Richter im Beisein des Schriftführers Dr. Bily, über die Beschwerde des FP in O, vertreten durch Dr. Peter Franzmayr, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 32, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-2082/3-1966/Gsch, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Entscheidung über den von der belangten Behörde gestellten Anspruch auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird einem abgesonderten Beschluß vorbehalten.
Begründung
Das Gemeindeamt O brachte am bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Anzeige, daß der Beschwerdeführer in demselben Monate sein an den B-bach angrenzendes Grundstück Nr. 676/1 im Uferbereiche durch Aufschotterung um etwa 30 cm erhöht und dadurch bewirkt habe, daß bei Hochwasser die ausufernden Wässer ausschließlich auf die gegenüberliegenden Grundparzellen gedrängt würden. Außerdem habe der Beschwerdeführer durch Einschlagen von Piloten eine Bachverengung herbeigeführt. Ein hiezu eingeholter Gendarmeriebericht vom besagte, daß der Beschwerdeführer auf seinem Grundstücke, unmittelbar am linken Ufer des B-baches, Schotter und Erdreich in einer Länge von etwa 100 m, einer Breite von 2 m und einer Höhe von ca. 20 cm aufgeschüttet habe. Bei einem in der Folge durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck unter Beiziehung eines Amtssachverständigen vorgenommenen Ortsaugenscheine wurde festgehalten, daß ein Teil der Aufschüttung bereits entfernt worden sei und der Beschwerdeführer zugesichert habe, nach dem Ende der Frostperiode auch den übrigen Teil der Aufschüttung soweit wieder entfernen zu wollen, daß eine Ufererhöhung nicht mehr gegeben sein werde. Die vom Beschwerdeführer durchgeführte Ufersicherung (Flechtwerk) erscheine unbedenklich.
Am gab die Flußbauleitung Gmunden auf Grund örtlicher Besichtigung bekannt, daß die fraglichen Anschüttungen noch nicht gänzlich beseitigt worden seien. Dies lasse sich leicht feststellen, weil eine aus Schottermaterial bestehende Aufschüttung in einer Höhe bis zu etwa 15 bis 20 cm vorhanden sei, unter der sich die früher bestandene Geländeoberfläche befinde.
Nunmehr forderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Beschwerdeführer am gemäß § 40 Abs. 2 VStG 1950 zur Rechtfertigung darüber auf, daß er in den Jahren 1963 und 1964 ohne wasserrechtliche Bewilligung eine Erhöhung des linken Ufers des B-baches durch Herstellung einer Anschüttung vorgenommen und dadurch eine Änderung des Hochwasserabflusses bewirkt habe. Er habe hiedurch eine Übertretung gegen § 38 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215/1959 (kurz WRG 1959), begangen. In seiner Rechtfertigungsschrift vom brachte der Beschwerdeführer vor, zu seinem Vorgehen genötigt gewesen zu sein, weil er durch anderweitige Aufschüttungen hochwassergefährdet geworden sei.
Schließlich erließ die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das Straferkenntnis vom , mit dem sie über den Beschwerdeführer wegen der geschilderten Tat gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 2000,--, im Falle der Nichteinbringung Ersatzarrest in der Dauer von acht Tagen, verhängte. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß laut § 38 WRG 1959 jede Anlage innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer der Bewilligungspflicht unterworfen sei.
In der dagegen eingebrachten Berufung wendete der Beschwerdeführer abermals ein, daß er zum Schutze seines Eigentumes zu seinem Vorgehen gezwungen und nach § 41 WRG 1959 überdies berechtigt gewesen sei, seine Uferseite zu verkleiden und hiezu auch Aufschüttungen vorzunehmen. Vorsichtshalber wende er auch Verjährung ein. Er werde überdies nunmehr um wasserrechtliche Bewilligung für seine Anschüttung einkommen.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem Bescheide vom nur insoweit Folge, als sie die verhängte Geldstrafe auf S 1000,-- die Ersatzarreststrafe auf vier Tage herabsetzte. Sie begründete diese Entscheidung in den hier wesentlichen Punkten damit, daß eine im Hochwasserabflußbereich errichtete und 15 bis 20 cm hohe Aufschüttung als bewilligungspflichtige Anlage im Sinne des § 38 WRG 1959 zu qualifizieren sei. Verjährung liege angesichts der Bestimmung des § 137 Abs. 4 WRG 1959 nicht vor.
Der gegen diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde konnte aus nachstehenden Erwägungen Berechtigung nicht zuerkannt werden:
Der Beschwerdeführer hat zwar in seiner Beschwerde das Thema der Verjährung nicht neuerlich aufgeworfen. Seine Behauptung, in seinem Rechte "auf ein dem Gesetz entsprechendes Verfahren" verletzt worden zu sein, könnte jedoch gerade in diesem Punkte zutreffen, sodaß dies näherer Überprüfung bedarf. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom stellte nämlich die erste Verfolgungshandlung gegenüber einem tatbestandsmäßigen Verhalten - Vornahme einer Aufschüttung - dar, das nach der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde spätestens im Jahre 1964 abgeschlossen worden war. Die hiedurch eingeleitete Strafverfolgung des Beschwerdeführers als Beschuldigten konnte angesichts der Vorschriften des § 31 Abs. 1 und 2 VStG 1950 nur dann zulässig sein, wenn eine andere als die sonst allgemein geltende dreimonatige Verjährungsfrist platzzugreifen hatte. Die belangte Behörde hat in dieser Richtung geltend gemacht, daß ein Anwendungsfall des § 137 Abs. 4 WRG 1959 vorliege. Nach dieser Gesetzesstelle beginnt nämlich bei Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage ohne behördliche Genehmigung die Verjährung erst nach Beseitigung des konsenswidrigen Zustandes. Die belangte Behörde ist ist mit dieser Gesetzesanwendung im Recht:
Der Begriff der "Anlage" wird im Wasserrechtsgesetz 1959 vielfältig angewendet. Er umschreibt ja auch, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 5070/A, im Zusammenhange mit der Auslegung des § 34 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1934 (jetzt § 38 Abs. 1 WRG 1959) klargestellt hat, alles das, was durch die Hand des Menschen "angelegt", also errichtet wird. § 137 Abs. 4 spricht nun von "Wasseranlagen". Dieser Begriff findet sich wörtlich in den §§ 44, 50, 51, 55, 62, 63, 64, 70, 73, 74, 76, 86, 95, 98, 102, 105, 120, 121, 130, 132, 133, 135, 136 und 137 WRG 1959. Er wird dazu verwendet, um (in der Reihenfolge der eben bezeichneten Bestimmungen) Beitragsverpflichtungen zu öffentlichen Schutz- und Regulierungsbauten klarzustellen, die Instandhaltungspflichten zu umschreiben, Beitragsleistungen zu fremden Anlagen zu normieren, die Anzeigepflicht bestimmter Bauvorhaben für die wasserwirtschaftliche Planung festzulegen, Zwangsrechte für die Duldung von Vorarbeiten auf fremdem Grund und die Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken, ferner von Privatgewässern, Wasserrechten, Anlagen und anderen Vorrichtungen für zulässig zu erklären, weiters auch den Fall der nach dem Erlöschen von Zwangsrechten fälligen Rückübereignung des enteigneten Gutes zu ordnen. Er findet weiters Anwendung bei der Darstellung des Zweckes und der Bildung von Wassergenossenschaften und hinsichtlich der Beitragsleistung von Nichtmitgliedern zu solchen Genossenschaften. Er wird genannt bei den Aufsichtsaufgaben von Wasserverbänden, bezüglich der Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden bei Bergbaubetrieben bei der Schilderung des Parteibegriffes, der im Bewilligungsverfahren zu wahrenden öffentliche Interessen, bei der Bauaufsicht, der Überprüfung der Anlagenausführung, der Aufsicht über Gewässer und Anlagen einschließlich der Gewässerbeschau und der Aufsichtskosten, endlich in der gegenständlich in Betracht kommenden Strafvorschrift.
Auffällig an dieser Art der Begriffsverwendung ist vor allem, daß es sich dabei um keinen einzigen Fall handelt, der die "bewilligungspflichtige Errichtung oder Änderung" einer Anlage (§ 137 Abs. 4 WRG 1959) zum Gegenstand hätte. Des weiteren fällt auf, daß der Begriff "Wasseranlage" zwar in der Überschrift zu § 51 des Gesetzes verwendet wird, daß darunter aber nach dem Text dieser Vorschrift ausschließlich Wasserbenutzungsanlagen zu verstehen sind. Es würde ja auch der Systematik des Wasserrechtsgesetzes entsprechen, wenn man als "Wasseranlagen" im Sinne des § 137 Abs. 4 WRG 1959 jene Anlagen bezeichnete, die der Benutzung des Wassers dienen und aus solchem Grunde der Bewilligung bedürfen. Dafür spräche die als Überschrift zu § 9 gewählte Begriffsdarstellung "Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern" als dem Hauptfall der Bewilligungspflicht von Anlagen, die die Verwendung von Wasser zum Gegenstande haben. Dazu wären weiters jene Anlagen zu zählen, die Wasser für ihren Betrieb benutzen, um Stoffe in festen, flüssigem oder gasförmigem Zustand abzuführen, und die die Wasserbeschaffenheit dadurch beeinträchtigen (§ 32 WRG 1959). In allen diesen Fällen weist die Beifügung "Wasser-" zum Oberbegriff der "Anlage" darauf hin, daß mit dieser Anlage Wasser in Anspruch genommen, benützt wird.
Dennoch kann der Begriff "Wasseranlage" auch bei Anlagen, die - wie hier - zwar im Bereich des Hochwasserabflußes von Gewässern errichtet werden, nicht aber deren Benützung dienen, wasserrechtlich kein anderer sein. Es liefert nämlich bei solcher Zusammenschau § 50 Abs. 6 WRG 1959 ein entscheidendes Argument dafür, daß auch solche Anlagen als Wasseranlagen zu gelten haben. Denn dort heißt es ja, daß auf Wasseranlagen, die nicht der Wasserbenützung dienen, ebenfalls die Instandhaltungsbestimmungen des § 50 Abs. 1 bis 5 anzuwenden sind. Ein ebenso durchschlagendes Argument für diese Auslegung bietet § 135 Abs. 4, der von der Beschau der "Wasserbenutzungs- und sonstigen Wasseranlagen, einschließlich der im § 38 erwähnten" spricht. Wenn mithin § 38 Abs. 1 WRG 1959 alle Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer, die einer Bewilligungspflicht nach § 9 oder § 41 desselben Gesetzes nicht unterliegen, unter Bewilligungspflicht stellt, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß auch solche Anlagen als Wasseranlagen im Sinne des § 137 Abs. 4 WRG 1959 zu verstehen sind. Damit aber steht fest, daß die Verjährung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat erst nach Beseitigung des konsenswidrigen Zustandes beginnen konnte. Da anderseits außer Streit steht, daß im Zeitpunkte der Einleitung des Strafverfahrens die fragliche Anschüttung weder bewilligt noch beseitigt war, konnte Verfolgungsverjährung nicht eingetreten sein.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß er die Aufschüttung späterhin weitgehend abgebaut habe, daß anderseits auf dem gegenüberliegenden Ufer ähnliche Aufschüttungen bewilligt worden seien und die von ihm ergriffenen Maßnahmen zum Uferschutze nötig gewesen seien, so ändert dies nichts an der im § 38 Abs. 1 WRG 1959 normierten Bewilligungspflicht derartiger Anlagen. Wozu es bei der im übrigen doch unbestritten gebliebenen Durchführung der Anschüttung noch eines Lokalaugenscheines bedurft hätte, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird, ist nicht zu ersehen. Daß es sich aber bei dieser Anschüttung nicht um eine bewilligungsfreie "Stein-, Holz- oder andere Verkleidung zum Schutz und zur Sicherung des Ufers" im Sinne des § 41 Abs. 3 WRG 1959 gehandelt hat, wie dies der Beschwerdeführer geltend macht, durfte die belangte Behörde bereits aus der Natur der Anlage einwandfrei entnehmen.
Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen. Nach § 59 Abs. 3 VwGG 1965 war die Entscheidung über den seitens der belangten Behörde gestellten Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz einem abgesonderten Beschlusse vorzubehalten, weil diese Entscheidung im dermaligen Zeitpunkte noch nicht getroffen werden konnte.
Wien, am
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Normen | WRG 1959 §137 Abs4; WRG 1959 §38 Abs1; WRG 1959 §38; WRG 1959; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1967:1966001753.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-55829