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VwGH 21.02.1979, 1752/77

VwGH 21.02.1979, 1752/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO NÖ 1976 §14
BauO NÖ 1976 §15
RS 1
Ausführungen darüber, daß im Falle einer nach den Bestimmungen des NÖ Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971 erfolgten Vereinigung von Gemeinden die Rechtsnachfolgerin zur Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages berechtigt ist. Nicht rechtsförmliche Äußerungen eines Gemeindefunktionärs vermögen eine taugliche Rechtsgrundlage für einen Abgabenbescheid nicht abzugeben. Der Grundsatz von Treu und Glauben kann sich nur im Bereiche des prozessualen Handelns sowie in jenem Bereiche auswirken, in welchem es auf Fragen der Billigkeit ankommt. Dies ist im Fall der Geltendmachung eines Abgabenanspruches nicht der Fall.
Normen
BAO §289 Abs2
LAO NÖ 1977 §213 Abs2
RS 2
Gemäß § 213 Abs 2 LAO NÖ ist die Abgabenbehörder zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Allerdings findet die hier normierte Abänderungsbefugnis der belangten Berufungsbehörde dann eine Grenze, wenn ein Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe vorliegt. Denn § 213 Abs 2 LAO NÖ setzt die Identität der Sache im erstinstanzlichen Verfahren und im Rechtsmittelverfahren voraus (Hinweis E , 1708/51, VwSlg 841 F/1953).
Normen
BauO NÖ 1969 §14
BauO NÖ 1969 §15
RS 3
§ 15 BauO NÖ enthält bezüglich jener Bauplätze, die nicht durch eine Grundabteilung geschaffen wurden, oder die zwar durch eine Grundabteilung entstanden sind, aber von denen Anliegerleistungen bisher nicht erbracht worden sind, nicht bloß eine Fälligkeitsbestimmung, sondern einen eigenen Verpflichtungsgrund; als erbrachte Anliegerleistungen können nur jene gewertet werden, welche sich auf die nunmehr in Betracht kommenden Verpflichtung (Grundabteilung nach § 13 BauO NÖ 1969 oder Aufschließungsbeitrag nach § 14 NÖ BauO 1969) beziehen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1677/71 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Mag. Kobzina, Dr. Salcher, Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Mag. Papp, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. Dr. GK in B und des Dr. RP in W, beide vertreten durch Dr. Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, Preinsbacherstraße 5, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Waidhofen an der Ybbs vom , Zl. 3-9/1-105/9- 1977, betreffend Aufschließungsbeitrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit dieser an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet ist, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Die Stadt Waidhofen an der Ybbs hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat der Stadt Waidhofen an der Ybbs Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Bürgermeister der ehemaligen Gemeinde A dem Erstbeschwerdeführer und dessen Ehefrau BK mit Bescheid vom , AZ. 153, die Baubewilligung zur Erbauung eines Wohnhauses auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück, Parzelle Nr. 127/1, EZ. 406, KG. X, erteilt.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Waidhofen an der Ybbs vom - auf Grund des § 3 Abs. 2 des NÖ Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. für das Land Niederösterreich Nr. 264, gehört das ehemalige Gebiet der Gemeinde A seit zur Stadt Waidhofen an der Ybbs - wurde dem Erstbeschwerdeführer und dessen Ehefrau als Grundeigentümern anläßlich der erstmaligen Bauführung unter Berufung auf den § 15 der Bauordnung für Niederösterreich, LGBl. für das Land Niederösterreich Nr. 166/1969, ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 75.272,12 zur Entrichtung vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob lediglich der Erstbeschwerdeführer im eigenen Namen das Rechtsmittel der Berufung, worin er einwendete, er habe seitens des Bürgermeisteramtes der Gemeinde A im Jahre 1971 - also vor Aufnahme der Bautätigkeit - die Zusicherung erhalten, daß die Gemeinde A auf die Einhebung einer Aufschließungsgebühr verzichte. Diese Zusage sei damit begründet worden, daß eine Vorschreibung der Aufschließungsgebühren den Intentionen der Gemeinde, kräftig zu wachsen, zuwiderliefe, weil sie bei den meisten präsumtiven Bauherren eine Abkehr vom Bauvorhaben bewirken würde. Es sei ferner festgestellt worden, daß durch die Errichtung des in Rede stehenden Zweifamilienhauses der Gemeinde keinerlei Belastungen bzw. Verpflichtungen erwachsen würden. Die Strom- und Wasserversorgung sei bereits gegeben und die Errichtung einer Kanalisation wäre in nächster Zukunft keinesfalls aktuell. Nur unter diesen Prämissen habe der Beschwerdeführer im September 1971 mit dem Bau des Zweifamilienhauses, dessen Nutzung aus finanziellen Gründen frühestens 1979 erfolgen werde, begonnen.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, im Zuge dessen festgestellt worden war, daß mit dem Bau des Zweifamilienhauses tatsächlich am begonnen und der der BK gehörende halbe Anteil an der genannten Liegenschaft am  mit Schenkungsvertrag an den Zweitbeschwerdeführer übereignet worden war, gab der Stadtsenat der Stadt Waidhofen an der Ybbs nach Anhörung des Erstbeschwerdeführers mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen und an die beiden Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom der Berufung des Erstbeschwerdeführers gemäß dem § 213 Abs. 2 der niederösterreichischen Abgabenordnung, LGBl. für das Land Niederösterreich Nr. 142/1963 (nö AO), teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahin gehend ab, daß der Aufschließungsbeitrag mit S 65.132,-- festgesetzt und den beiden Beschwerdeführern die Entrichtung zur ungeteilten Hand binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides aufgetragen wurde. Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und des Verwaltungsgeschehens aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Partei entgegen den Bestimmungen des § 106 Abs. 3 der Bauordnung für Niederösterreich den Baubeginn für das Gebäude auf Parzelle 127/1 nicht gemeldet hatte. Es sei deshalb für den Gebührentatbestand der Zeitpunkt des bei der Baubehörde erfolgten Bekanntwerdens der Bauführung, nämlich der anzunehmen gewesen. Auf Grund der Berufung habe aber entgegenkommenderweise festgestellt werden können, daß der Baubeginn tatsächlich schon am erfolgt war. Für den Gebührentatbestand habe daher der zur Anwendung des damals geltenden, Einheitssatzes zu kommen. Der Einheitssatz sei mit Gemeinderatsbeschluß vom  mit S 1.200,-- festgesetzt worden. Die Benützungsbewilligung sei bisher nicht erteilt worden. Schließlich sei dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die beiden Beschwerdeführer Grundeigentümer des gegenständlichen Grundstückes seien, nicht aber BK. Auf die Argumente der Berufung vom betreffend die Vorgangsweise der Gemeinde A vor ihrer Vereinigung mit der Stadt Waidhofen an der Ybbs sei nicht einzugehen gewesen, da dies auf den Gebührentatbestand keinen Einfluß habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen

Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem Vorbringen in dem Recht verletzt, den ihnen vorgeschriebenen Aufschließungsbeitrag nicht entrichten zu müssen. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes wird in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens zunächst vorgebracht, in bezug auf den Zweitbeschwerdeführer liege ein wesentlicher Verfahrensmangel insofern vor, als diesem lediglich der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid und überhaupt kein erstinstanzlicher Bescheid zugestellt worden sei. Der Zweitbeschwerdeführer habe daher weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen gehabt.

Dieses Vorbringen ist begründet. Gemäß § 213 Abs. 2 nö AO (seit der Wiederverlautbarung: NÖ AO 1977) ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Allerdings findet die hier normierte Abänderungsbefugnis der belangten Berufungsbehörde dann eine Grenze, wenn ein Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe vorliegt (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Seite 897). Denn § 213 Abs. 2 leg. cit. setzt die Identität der Sache im

erstinstanzlichen Verfahren und im Rechtsmittelverfahren voraus (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 841/F). Der Aufschließungsbeitrag ist gemäß dem § 14 Abs. 7 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200-0, eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948. In Angelegenheiten der nicht bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben des Landes und der Gemeinden, soweit diese Abgaben durch Organe des Landes oder der Gemeinden zu erheben sind und nicht Abgabenbehörden des Bundes einzuschreiten haben, gelten gemäß § 1 Abs. 1 nö AO die Bestimmungen dieses Gesetzes. Nun ist nach der Anordnung des § 38 Abs. 3 Z. 7 des Waidhofner Stadtrechtes, LGBl. für das Land Niederösterreich Nr. 122/1969, der Stadtsenat zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Magistrates im eigenen Wirkungsbereich berufen. Dadurch, daß die belangte Behörde in Hinsicht auf die Festsetzung des Aufschließungsbeitrages gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer Befugnisse ausgeübt hat, die in die sachliche Zuständigkeit des Magistrates der Stadt Waidhofen an der Ybbs als Abgabenbehörde erster Rechtsstufe fallen, erweist sich der angefochtene Bescheid insoweit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde als rechtswidrig. Er war daher, soweit er sich auf den Zweitbeschwerdeführer bezieht, gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

II.

Der weitere Beschwerdeeinwand, eine Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages wäre nur möglich, wenn durch die Stadt Waidhofen an der Ybbs Aufschließungsanlagen errichtet worden wären, erweist sich jedoch als nicht stichhältig.

Gemäß § 14 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200-0, hat die Gemeinde aus Anlaß der Grundabteilung einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einzuheben. Der Beitrag ist gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und wird drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchsbeschlusses fällig. Im Grunde des § 15 leg. cit. sind die in den §§ 13 und 14 vorgesehenen Anliegerleistungen jedenfalls nur einmal zu erbringen und zwar anläßlich der Grundabteilung. Anläßlich der erstmaligen Bauführung gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1, 2 und 3 sind sie dann zu erbringen, wenn keine Grundabteilung durchgeführt oder Anliegerleistungen bisher nicht erbracht wurden. Die Beiträge nach § 14 können von der Gemeinde auch noch nach vollendeter Bauführung anläßlich der Errichtung der betreffenden Aufschließungsanlagen eingehoben werden.

Die Abgabenbehörden erster und zweiter Rechtsstufe haben die Agabenvorschreibung ausschließlich auf den Tatbestand der erstmaligen Bauführung gestützt. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1677/71 - auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird -, mit der normativen Bestimmung dieser Gesetzesstelle befaßt und darin in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Erkenntnis vom , B 62/71) ausgesprochen, daß ungeachtet der Überschrift des § 15 (Fälligkeit der Anliegerleistungen) der Wortlaut dieser Gesetzesstelle keinen Zweifel darüber offen läßt, daß hier zusätzlich zu den Abgabentatbeständen der §§ 13 und 14 ein weiterer Abgabentatbestand für den Fall festgelegt wurde, daß ein nicht durch Grundabteilung geschaffener Bauplatz erstmalig bebaut wird oder daß die erstmalige Bauführung zwar auf einem durch Grundabteilung geschaffenen Bauplatz durchgeführt wird, für diesen aber bisher gleichartige Anliegerleistungen nicht erbracht wurden.

Wie sich aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 15 der NÖ Bauordnung 1976 ergibt, ist ein Tatbestand, an den dieses Gesetz die Abgabepflicht knüpft, die erstmalige gemäß dem § 92 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. bewilligungspflichtige Bauführung. Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens wurde dem Erstbeschwerdeführer und seiner Ehefrau mit Bescheid des Bürgermeisters der ehemaligen Gemeinde A vom die Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem gegenständlichen Grundstück erteilt, welche Baulichkeit von den beiden Beschwerdeführern in der Folge auch errichtet worden ist.

Der Aufschließungsbeitrag ist gemäß dem § 14 Abs. 7 zweiter Satz der NÖ Bauordnung 1976 eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 und einer der "Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern" im Sinne der Finanzausgleichsgesetze (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972), die nicht schon durch den Bundesgesetzgeber zu ausschließlichen Gemeindeabgaben erklärt worden sind (§ 13 Abs. 2 FAG 1973). Unter dem Begriff "öffentliche Abgaben" im Sinne der Finanzverfassung sind alle einmaligen oder laufenden Geldleistungen zu verstehen, die kraft öffentlichen Rechtes auf Grund einer generellen Norm zwecks Erzielung von Einnahmen der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zur Bestreitung des Aufwandes im öffentlichen Interesse allen auferlegt werden (vgl. u.a. VfSlg Nr. 1465, 3221, 3670, 3919, 4945 und 6755). Die Art der Einnahmenverwendung ist für den Abgabenbegriff irrelevant (vgl. u.a. VfSlg. Nr. 3033, 3159 und 6755).

Der in Streit stehende Aufschließungsbeitrag stellt eine einmalige Abgabe (vgl. § 15 erster Satz der NÖ Bauordnung 1976) zur - zweckgebundenen (vgl. § 14 Abs. 7 erster Satz leg. cit.) - Deckung der Kosten für die Herstellung von Fahrbahn, Gehsteig, Oberflächenentwässerung und Straßenbeleuchtung dar. Der klare Wortlaut des § 15 letzter Satz der NÖ Bauordnung 1976 läßt keinen Zweifel darüber offen, daß die Abgabepflicht nicht

notwendigerweise von der Erbringung der genannten Aufschließungsarbeiten durch die Gemeinde in Hinsicht auf das jeweilige Grundstück abhängig, sondern auch für im Bauland gelegene Grundstücke vorzuschreiben ist, bezüglich welcher die Fahrbahn, der Gehsteig, die Oberflächenentwässerung und die Straßenbeleuchtung noch nicht hergestellt sind. Eine auf den Abgabentatbestand der erstmaligen Bauführung gestützte Abgabenvorschreibung kann ohne Rücksicht darauf geltend gemacht werden, ob die Aufschließung der erstmaligen Bauführung vorangegangen ist, oder ihr nachfolgt (arg.: "..... auch noch nach vollendeter Bauführung anläßlich der Errichtung der betreffenden Aufschließungsanlagen .....").

Auch der weitere Beschwerdeeinwand, der mit Verordnung des Gemeinderates der Stadt Waidhofen an der Ybbs vom gemäß dem § 14 Abs. 4 letzter Satz der NÖ Bauordnung 1976 festgelegte Einheitssatz könne der Festsetzung des Aufschließungsbeitrages deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil sich der räumliche und zeitliche Geltungsbereich der Rechtsverordnung nicht auf das Gebiet der (ehemaligen) Gemeinde A erstrecke, vermag die Auffassung der Beschwerde von der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu stützen.

Der Rechtsnorm ist die räumliche Begrenzung eigentümlich. Der räumliche Geltungsbereich einer (Rechts-)Verordnung deckt sich mit dem Zuständigkeitsbereich des Verordnungsgebers. Jeder Verordnungsgeber kann für sein Rechtsgebiet, und nur für dieses, Rechtssätze erlassen. Die hoheitliche Gewalt des im § 14 Abs. 4 letzter Satz der NÖ Bauordnung 1976 normierten Verordnungsgebers hat an den Grenzen der Gebietskörperschaft Gemeinde (Art. 116 Abs. 1 B-VG) ihre absolute Schranke. Innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches gilt jedoch die Rechtsnorm grundsätzlich unbeschränkt. Zufolge der mit Wirkung vom auf Grund des § 3 Abs. 2 des NÖ Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. für das Land Niederösterreich Nr. 264, erfolgten Vereinigung der Gemeinde A mit der Stadt Waidhofen an der Ybbs konnte die erwähnte Verordnung der Gemeindevertretung zufolge der im § 5 des genannten Gesetzes getroffenen Regelung (Rechtsnachfolge) die Grundlage für den angefochtenen Bescheid bilden. Der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt verwirklichte sich zu einem Zeitpunkt, zu dem die zitierte Verordnung unbestrittenermaßen bereits in Geltung stand. Da im Abgabenrecht der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabe gilt, war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde, einem im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung () gehörig kundgemachten Beschluß des zuständigen Gemeinderates der Stadt Waidhofen an der Ybbs als gültige Norm anerkannte und ihrer Entscheidung zugrunde legte. Insoweit liegt daher eine Rechtsverletzung nicht vor.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerde, zum einen sei die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen in Hinsicht auf die seinerzeitige Zusage seitens der Gemeinde A, daß keine Aufschließungsbeiträge eingehoben würden, nicht näher eingegangen, zum anderen sei die Stadt Waidhofen an der Ybbs als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde A an diese Zusage gebunden.

Auch diesem Beschwerdevorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Die Beschwerde übersieht nämlich, daß es sich hier um eine öffentlichrechtliche Abgabe handelt, die von der Gemeinde kraft eines Hoheitsrechtes eingehoben wird. Beurteilungsmaßstab für die in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallende Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides sind allein Verfassungsgesetze, Gesetze und (Rechts-) Verordnungen. Da der Abgabenanspruch gemäß dem § 3 Abs. 1 nö AO (bzw. NÖ AO 1977) nur durch Verwirklichung des Abgabentatbestandes entsteht, vermögen nicht rechtsförmlich abgegebene Äußerungen eines Gemeindefunktionärs weder die Rechtsgrundlage für einen Bescheid abzugeben noch das unabhängige Gericht zu binden. Die Rechtswidrigkeit eines dem Gesetz entsprechenden Abgabenanspruches kann nicht mit der Auskunft eines Organwalters dargetan werden. Es ist zwar einzuräumen, daß der Grundsatz von Treu und Glauben auch im Abgabenverfahren Geltung hat, doch kann dies nicht dazu führen, daß nach dem Gesetz nicht rechtserhebliche Umstände den Inhalt der zutreffenden Entscheidung zu beeinflussen vermögen. Der Grundsatz von Treu und Glauben kann sich im Bereich des prozessualen Handelns sowie in jenem Bereiche auswirken, in welchem es auf Fragen der Billigkeit ankommt. Ein solcher Anwendungsfall ist jedoch bei der Beurteilung der Abgabepflicht nach § 15 der NÖ Bauordnung 1976 nicht gegeben.

Somit wurde aber der Erstbeschwerdeführer im Beschwerdepunkt durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Seine Beschwerde war deshalb gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in der vorzitierten Fassung und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542, wobei die Stempelgebühren dem Zweitbeschwerdeführer nur in der Höhe zu ersetzen waren, in der für deren Entrichtung eine gesetzliche Veranlassung bestand.

Wien, am

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Normen
BAO §289 Abs2
BauO NÖ 1969 §14
BauO NÖ 1969 §15
BauO NÖ 1976 §14
BauO NÖ 1976 §15
LAO NÖ 1977 §213 Abs2
Sammlungsnummer
VwSlg 5348 F/1979
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1977001752.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-55827