VwGH 20.10.1980, 1743/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Unter dem "tatsächlich entgangenen Einkommen" des selbständig erwerbstätigen Zeugen iSd § 3 Abs 1 Z 2 lit b GebAG kann nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes verstanden werden, sondern nur ein konkreter Vermögensschaden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des DDr. HF, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. Jv 635-33/80, betreffend Zeugengebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der als Zeuge im Verfahren 39 Cg 381/80 des Handelsgerichtes Wien geladene Beschwerdeführer machte hiefür fristgerecht einen Einnahmenentgang für 11 Stunden á S 1.500,--, also insgesamt S 16.500,-- zuzüglich 8 % USt als Zeugengebühr geltend. Mit Bescheid vom bestimmte der Kostenbeamte die Entschädigung für Zeitversäumnis mit S 37,-- pro Stunde, für 11 Stunden daher mit S 407,-- gemäß § 18 Abs. 2 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136 (GebAG), mit der Begründung, daß der Zeuge nur den Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis, nicht aber auch dessen Höhe bescheinigt habe. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde gegen diesen Bescheid nicht Folge. Begründend führte sie nach Wiedergabe des Beschwerdevorbringens und der Gesetzesbestimmungen aus, daß im vorliegenden Fall außer Zweifel stehe, daß dem Zeugen ein Anspruch nach § 3 Abs. 1 Z. 2 GebAG zustehe. Er habe auch seine Einnahmen für das Jahr 1979 und seinen Reingewinn für das Jahr 1977 bekanntgegeben, wodurch bescheinigt sei, daß der Zeuge bei einer zehnstündigen Arbeitszeit unter Zugrundelegung des Umsatzes pro Stunde einen Durchschnittsverdienst von S 2.000,-- und unter Zugrundelegung des Reingewinnes einen solchen von zirka S 1.000,-- erziele. Es könne auch als bescheinigt angesehen werden, daß der Zeuge nur Causen mit entsprechend hohem Streitwert übernehme und solche von geringerem Streitwert und weiter viele andere an ihn herangetragene Rechtssachen überhaupt ablehne. Weiters entspreche das Vorbringen, daß sich die Ausgaben einer Rechtsanwaltskanzlei, wenn der Anwalt einige Tage von der Kanzlei abwesend sei, praktisch überhaupt nicht änderten, den gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen. Dieser Umstand könne jedoch auch für die Einnahmen zutreffen: es sei eine Erfahrungstatsache, daß ein Großteil der Arbeit in einer Rechtsanwaltskanzlei vom Kanzleipersonal vorbereitet und vom Anwalt nur überprüft und unterfertigt werde. Ein Verdienstentgang im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebAG müsse daher mit der Abwesenheit des Rechtsanwaltes von seiner Kanzlei nicht unbedingt verbunden sein. Zweifellos wäre er gegeben, wenn infolge der Abwesenheit des Beschwerdeführers ein Klient einen anderen Rechtsanwalt aufgesucht und mit der Vertretung beauftragt hätte. Solches sei aber im vorliegenden Fall nicht behauptet worden. Nach § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. b GebAG sei dem Zeugen jedoch nur das tatsächlich entgangene Einkommen zu ersetzen, das ihm infolge seiner Vorladung zum Gericht entgangen sei. Da der Beschwerdeführer aber einen derartigen tatsächlichen Verdienstentgang nicht behauptet oder bescheinigt habe, der geltend gemachte Verdienstentgang vielmehr nur ein angenommener sei, erweise sich der angefochtene Bescheid als richtig und sei dem Beschwerdeführer die Entschädigung für Zeitversäumnis nur nach § 18 Abs. 2 GebAG zuzuerkennen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach den Ausführungen fühlt sich der Beschwerdeführer darin beschwert, daß ihm statt S 17.820,-- nur S 407,-- als Entschädigung für Zeitversäumnis zuerkannt worden seien.
In der Beschwerde legt der Beschwerdeführer überzeugend dar, daß ein Rechtsanwalt bei Abwesenheit von seiner Kanzlei jedenfalls einen Verdienstentgang erleide, da es „einfach undenkbar“ sei, etwa in einem Rechtsstreit mit hohem Streitwert Konzipienten tätig werden zu lassen oder gar, wie die belangte Behörde angenommen habe, Tätigkeiten des Anwaltes seiner Kanzlei zu überlassen. Da § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a GebAG lediglich eine Bescheinigung des tatsächlich entgangenen Einkommens fordere, könne man von Erfahrungswerten und Durchschnittssätzen ausgehen, wobei ein Einnahmenentgang von S 1.500,-- pro Arbeitsstunde eher gering gerechnet sei. Ein positiver Schaden für die Zuerkennung der Zeugengebühr werde nicht verlangt.
Mit dieser Rechtsansicht verkennt der Beschwerdeführer jedoch den normativen Gehalt des § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b in Verbindung mit § 18 GebAG im Zusammenhalt mit der auf Grund des § 64 leg. cit. erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 358/1979. Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG betrifft die in der Gebühr des Zeugen enthaltene Entschädigung für Zeitversäumnis beim selbständig Erwerbstätigen das „tatsächlich entgangene Einkommen“; nach § 18 Abs. 2 leg. cit. gebührt dem Zeugen, wenn er zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen vermag, eine Entschädigung von S 37,-- für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes kann unter „tatsächlich entgangenem“ Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes verstanden werden, wie dies der Beschwerdeführer auch nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides bescheinigt hat. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu „bescheinigen“, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Würde man weiters der Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgen, einen fiktiven Entgang nach Durchschnittssätzen zugrunde legen zu können, wäre einerseits das Wort „tatsächlich“ im § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG völlig inhaltsleer, andererseits aber die Bestimmung des § 18 Abs. 2 leg. cit. kaum von Bedeutung, wonach eben dort, wo ein Verdienstentgang feststeht, die konkrete Höhe aber nicht errechnet werden kann, von Gesetzes wegen bestimmte - freilich völlig ungenügende - Sätze vorgesehen sind. Es ist jedoch nicht Sache von Organen der Vollziehung, allfällige bewußte Mängel des Gesetzes zu korrigieren.
Abgesehen davon ist aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 3 Abs. 1 GebAG (1336 Blg. Nr. XIII G.P.) zu erschließen, daß beim selbständig Erwerbstätigen unter Verdienstentgang nur das fallen sollte, was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte. Somit zeigt sich, daß sehr wohl und entgegen den Vorstellungen des Beschwerdeführers auf den konkreten Vermögensschaden abzustellen ist. Die belangte Behörde hat daher im angefochtenen Bescheid mit Recht mangels Bescheinigung eines solchen konkreten Schadens (Verdienstentgangs) lediglich die Pauschalsätze des § 18 Abs. 2 GebAG zugrundegelegt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliege, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1980001743.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-55806