VwGH 01.12.1954, 1739/53
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | |
RS 1 | Die bloße Möglichkeit, für die einem anderen vorgeschriebene Gebühr als Mitschuldner in Anspruch genommen zu werden, berechtigt nicht zur Beschwerde an den VwGH gegen einen Bescheid, mit dem die Berufung des Mitschuldners gegen den an den anderen ergangenen Gebührenbescheid abgewiesen worden ist, und zwar auch dann nicht, wenn die Begründung des Gebührenbescheides auf die Möglichkeit einer solchen Inanspruchnahme des Mitschuldners hingewiesen hat. |
Normen | GebG 1946 §15 Abs3; GebG 1946 §33 TP16 Z1 litc; GebG 1957 §15 Abs3 impl; GebG 1957 §33 TP16 Z1 litc impl; |
RS 2 | Die Schenkung eines Anteiles an einer Personengesellschaft unter Vorbehalt des Fruchtgenusses unterliegt der Schenkungssteuer und ist deshalb von der Gesellschaftsvertragsgebühr ausgenommen. |
Normen | |
RS 3 | Auch eine bloß teilweise unentgeltliche Abtretung eines Anteiles an einer Personengesellschaft fällt als gemischte Schenkung ganz unter das Erbschaftsteuergesetz. |
Entscheidungstext
Betreff
Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer - Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des OG sen. und des OG jun., beide in F, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 5059/1-1953, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, Fruchtgenussrecht, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner beschlossen, die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer, der an der Firma G als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist - der Wert seines Geschäftsanteiles betrug am ... 1,946.756 S - hatte laut Notariatsakt vom die Hälfte dieses Anteiles seinem Sohne, dem Zweitbeschwerdeführer, geschenkt. Nach Art. III des Schenkungsvertrages behielt er sich das lebenslängliche Fruchtgenussrecht im Höchstausmass von 120.000 S jährlich am geschenkten Geschäftsanteil vor. Im Hinblick auf das Alter des Geschenkgebers wurde der Wert des Fruchtgenussrechtes mit 900.000 S veranschlagt und in Art. IV festgestellt, dass die auf den Erstbeschwerdeführer entfallenden Gewinnausschüttungen durchschnittlich jährlich 266.561 S betragen haben. Nach Art. VI des Schenkungsvertrages nahm der Zweitbeschwerdeführer die Schenkung an und wurde der als Verrechnungsstichtag festgesetzt.
Das Finanzamt hat auf Grund des erwähnten Vertrages an den Erstbeschwerdeführer einen vorläufigen Bescheid über eine Schenkungsteuer und eine Gesellschaftsvertragsgebühr erlassen. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer ging es vom geschenkten Geschäftsanteil aus, von dem es den Wert des vorbehaltenen Fruchtgenussrechtes abzog. Der Gesellschaftsvertragsgebühr nach § 33 TP. 16 Z. 1 lit. c des Gebührengesetzes, BGBl. Nr. 184/1946 (GG) unterwarf es den Wert des bei der Schenkung vorbehaltenen Fruchtgenussrechtes. Das Finanzamt wies im Steuerbescheid darauf hin, dass der Bundesschatz berechtigt sei, für diesen Steueranspruch auch die gesetzliche Zahlungspflicht des Geschenknehmers in Anspruch zu nehmen. Die Beschwerdeführer beriefen. Sie wandten sich gegen die Vorschreibung der Gesellschaftsvertragsgebühr. Eine entgeltliche Uebertragung eines Gesellschaftsanteiles liege nicht vor. Dem Fruchtniesser stehe vielmehr nach den Bestimmungen der §§ 509 und 513 ABGB ein unmittelbares Recht an dem Gegenstande des Fruchtgenusses zu. Sein Anspruch sei also auf die Nutzung des Geschäftsanteiles, nicht auf Leistungen des Zweitbeschwerdeführers gerichtet. Sohin sei in dem Vorbehalte des Fruchtgenusses nicht die Uebernahme einer Leistungspflicht auf Seiten des Geschenknehmers gelegen. Der Erstbeschwerdeführer habe über seine Beteiligung an der Firma G nur teilweise verfügt. Zur Feststellung der dem Zweitbeschwerdeführer zugekommenen Bereicherung sei erforderlich gewesen, den Wert der Rechte zu ermitteln, über die der Erstbeschwerdeführer nicht verfügt habe. Nachdem das Finanzamt die Berufung mit Einspruchsbescheid abgewiesen hatte, beantragten die Beschwerdeführer die Entscheidung der Finanzlandesdirektion. Auch die Finanzlandesdirektion wies die Berufung als unbegründet ab. Sie stützte sich, ausgehend von den Bestimmungen des 354 ABGB, darauf, dass mit dem Eigentumserwerb auch das Recht auf sämtliche Nutzungen des erworbenen Gegenstandes auf den Erwerber übergehe. Der Erwerber verliere sein Nutzungsrecht erst dadurch, dass er durch die Annahme eines von dem Uebergeber ausbedungenen Nutzungsvorbehaltes auf Nutzungen verzichte. So sei auch im vorliegenden Falle mit der Uebergabe des Eigentumes an dem geschenkten Geschäftsanteil auch das Recht auf dessen Nutzung auf den Zweitbeschwerdeführer übergegangen. Der Erstbeschwerdeführer habe sich mit dem Vorbehalt des Fruchtgenusses für seine Leistung eine Gegenleistung, nämlich den Verzicht auf die Früchte des Anteiles ausbedungen. In diesem Verzicht sei die von der Berufung in Abrede gestellte Vermögensminderung auf Seiten des Zweitbeschwerdeführers, also eine Gegenleistung, gelegen, deren Wert durch den nach § 16 des Bewertungsgesetzes (DRGBl. 1934 I S. 1035) ermittelten Kapitalwert der Nutzungen bestimmt werde.
Die Beschwerdeführer bekämpfen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion in der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde damit, dass der Erstbeschwerdeführer die Hälfte seines Geschäftsanteiles an der Firma G dem Zweitbeschwerdeführer nicht "gegen" den Vorbehalt, sondern "unter" Vorbehalt einen (mit dem Betrage von 120.000 S jährlich beschränkten) Fruchtgenussrechtes geschenkt habe. Der Geschenkgeber habe sich nicht aller Rechte aus dem geschenkten Anteile, sondern nur des Rechtes auf einen bestimmten Anteil am Vermögensstamm und an dessen Erträgnissen (soweit diese nämlich den mit 120.000 S jährlich begrenzten Fruchtgenuss übersteigen) begeben. Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass der Zweitbeschwerdeführer ein Verfügungsrecht auch über die Früchte der Beteiligung erlangt habe, sei aktenwidrig. Die belangte Behörde übersehe, dass auch die Uebertragung eines rechtlich beschränkten Eigentumes möglich sei, sodass nur dessen Wert bei der gebührenrechtlichen Behandlung des Vertrages vom festzustellen gewesen sei. Schliesslich werde der Nutzniesser einer Sache auch im Steuerrecht wie der unmittelbare Bezieher der betreffenden Einkünfte behandelt.
Das Finanzamt hat die Rechtsgeschäftsgebühr nur dem Erstbeschwerdeführer vorgeschrieben. Dass es im Bescheid ausgeführt hat, es könne auch die gesetzliche Zahlungspflicht des Zweitbeschwerdeführers in Anspruch nehmen, ändert nichts daran, dass zunächst nur der Erstbeschwerdeführer als Gebührenschuldner in Anspruch genommen worden ist. Den Bescheid hätte also gemäss § 11 Abs. 1 des Abgabenrechtsmittelgesetzes (BGBl. Nr. 60/1949, AbgRG) nur der Beschwerdeführer anfechten können, tatsächlich haben ihn jedoch beide Beschwerdeführer angefochten. Der Zweitbeschwerdeführer, der die Vertragsurkunde mitunterschrieben hat, hätte zwar gemäss § 28 Abs. 1 I lit. a und Abs. 3 GG als Gebührenschuldner zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeschwerdeführer in Anspruch genommen werden können, hat aber keinen Gebührenbescheid erhalten, so dass sein Recht durch den Bescheid der Finanzlandesdirektion nicht berührt wurde. Es fehlt dem Zweitbeschwerdeführer deshalb im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den vorbezeichneten Bescheid die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde. Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers musste daher gemäss § 34 Abs. 1 und 3 des VwGG 1952 als unzulässig zurückgewiesen werden.
Ueber die Berufung des Erstbeschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Mit dem vorliegenden Vertrag hat der Erstbeschwerdeführer dem Zweitbeschwerdeführer die Hälfte seines Gesellschaftsanteiles überlassen. Nach § 33 TP. 16 GG unterliegen Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, einer Rechtsgeschäftsgebühr. Nach Z. 1 lit. c dieser Tarifpost ist bei Ueberlassung eines Geschäftsanteiles von einem Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten eine 2 %ige Gebühr vom Entgelt, mindestens aber vom Werte des Gesellschaftsanteiles zu entrichten. Das Gesetz behandelt also die Abtretung eines Gesellschaftsanteiles (oder eines Teiles eines solchen) an einer Personengesellschaft an eine andere Person als Gesellschaftsvertrag und dies mit Recht, da ja auch der Erwerber eines Gesellschaftsanteiles nur dadurch Gesellschafter werden kann, dass er mit allen in diesem Zeitpunkt der Gesellschaft angehörenden Teilhabern einen Gesellschaftsvertrag abschliesst. Voraussetzung für die Einhebung dieser Gebühr ist es allerdings, dass nach dem Willen der Vertragsteile der Uebernehmer auch wirklich Gesellschafter einer Personengesellschaft werden soll.
Nach § 15 Abs. 3 GG sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschaftsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen und nach § 1 Abs. 1 Z. 2 des Erbschaftsteuergesetzes unterliegen der Erbschaftsteuer (und fallen somit unter dieses Gesetz) Schenkungen unter Lebenden, wobei nach § 3 Abs. 1 Z. 1 und 2 desselben Gesetzes als Schenkungen alle Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechtes und alle anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden gelten, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Der vorliegende Vertrag, demzufolge die Hälfte des Geschäftsanteiles des Erstbeschwerdeführers an einer offenen Handelsgesellschaft auf den Zweitbeschwerdeführer unter Vorbehalt des Fruchtgenussrechtes des Erstbeschwerdeführers übergeht, ist - mag er auch kein vollkommen unentgeltlicher Vertrag sein - doch als Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes anzusehen, was weder von den Beschwerdeführern noch von der belangten Behörde bestritten wird. Tatsächlich wurde auch, soweit dieser Vermögensübergang unentgeltlich ist, die Schenkungsteuer eingehoben und deren Vorschreibung auch nicht bekämpft. Allein bei einem teilweise unentgeltlichen Geschäft, also einer gemischten Schenkung, kann für Zwecke der Bemessung einer Rechtsgeschäftsgeber der Inhalt des Geschäftes nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgespalten und vom unentgeltlichen Teil die Schenkungsteuer, von dem entgeltlichen eine Rechtsgeschäftsgebühr nach Massgabe der Vorschriften des Gebührengesetzes eingehoben werden. Vielmehr fällt das ganze als gemischte Schenkung anzusehende Geschäft unter das Erbschaftsteuergesetz. Sein Gegenstand, nämlich die Ueberlassung eines Geschäftsanteiles, lässt eine Teilung in zwei verschiedene Rechtsgeschäfte im Sinne des Gebührengesetzes nicht zu. Nur die Höhe der Schenkungsteuer richtet sich nach der Höhe der im Einzelfall vorliegenden Bereicherung, die nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu ermitteln ist. Eine Vorschrift, wie sie dem früheren österreichischen Gebührenrecht eigen war, dass nämlich die Gebühr für eine teilweise unentgeltliche Uebertragung nicht niedriger bemessen werden dürfe als für eine vollkommen entgeltliche Uebertragung (vgl. Tarifpost 106, § 16 Abs. 2 des Allgemeinen Gebührentarifs 1925, BGBl. Nr. 208 und § 34 Abs. 4 des Erbgebührengesetzes StGBl. Nr. 98/1919), ist dem heutigen Gebühren recht fremd.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit seinem Inhalte nach als rechtswidrig und musste demgemäss aufgehoben werden. Bei dieser Sach- und Rechtslage war die Prüfung der weiteren Frage, ob der Vorbehalt des Fruchtgenusses an dem geschenkten Gesellschaftsanteil eine "Gegenleistung" für die Ueberlassung des Anteiles bildet, entbehrlich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | B-VG Art131; ErbStG §3 Abs1 Z1; ErbStG §3 Abs1 Z2; GebG 1946 §15 Abs3; GebG 1946 §33 TP16 Z1 litc; GebG 1957 §15 Abs3 impl; GebG 1957 §33 TP16 Z1 litc impl; |
Sammlungsnummer | VwSlg 1060 F/1954 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1954:1953001739.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-55794