VwGH 04.12.1956, 1735/56
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | |
RS 1 | Die grundsätzliche Gebührenpflicht des Hauptgeschäftes oder dessen grundsätzliche Erfassung durch eine Verkehrsteuer deckt die Gebühr von dem Sicherungsnebengeschäft oder Erfüllungsnebengeschäft. Unterliegt aber das Hauptgeschäft weder einer Gebühr noch einer Verkehrsteuer, dann ist das Sicherungsnebengeschäft oder Erfüllungsnebengeschäft nach seine Beschaffenheit selbständig gebührenpflichtig (Hinweis E , 386/47, VwSlg 29 F/1948; E , 413/47, VwSlg 35 F/1947; E , 1014/47, VwSlg 36 F/1948). |
Normen | |
RS 5 | Die Bestellung einer Hypothek zur Sicherstellung der Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches ist ein selbständig gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft und kann nicht etwa als gebührenfreies Nebengeschäft zur Erklärung, den Pflichtteil beanspruchen zu wollen, angesehen werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Rat Dr. Ondraczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Porias, Dr. Schirmer und Dr. Dorazil als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde der T A in P gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. GV 21 - 336/1 - III - 1956, betreffend Vorschreibung einer Rechtsgeschäftsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die am verstorbene A. P. hatte mit letztwilliger Verfügung vom ihre minderjährige Adoptivenkelin A. A. zur Alleinerbin eingesetzt und ihre Adoptivtochter T. A., die Beschwerdeführerin auf den Pflichtteil beschränkt. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung gab die minderjährige Erbin auf Grund des Testamentes eine bedingte Erbserklärung ab. Bereits vorher hatte die Beschwerdeführerin erklärt, ihren Pflichtteil in Anspruch zu nehmen. In der Niederschrift über die Verlassenschaftsabhandlung vom wurde neben anderen Erklärungen auch ein Pflichtteilsübereinkommen zwischen der Beschwerdeführerin und der Erbin beurkundet, wonach die Beschwerdeführerin der Erbin die Zahlung des Pflichtteils gegen halbjährige Aufkündigung und gegen Verzinsung des Pflichtteilsbetrages zum jeweiligen gesetzlichen Zinsfuß im nachhinein stundete. Zur Sicherstellung der Pflichtteilsforderung samt Zinsen und Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung von 5.000 S für sonstige Nebenverbindlichkeiten verpfändete die Erbin die ererbten Liegenschaften und erteilte die Einwilligung, daß dieses Pfandrecht in den Grundbuchseinlagen der verpfändeten Liegenschaften grundbücherlich einverleibt werde. Das zuständige Finanzamt schrieb darauf der Beschwerdeführerin von der Vereinbarung über die hypothekarische Sicherstellung des Pflichtteilsbetrages eine Rechtsgeschäftsgebühr in der Höhe von 300 S unter Berufung auf § 33 TP 18 des Gebührengesetzes (BGBl.Nr. 184/1946, GG.) in der damals geltenden Fassung vor. Bemessungsgrundlage der Gebühr war der Pflichtteilsbetrag von 25.000 S zuzüglich der Nebengebührensicherstellung von 5.000 S.
Die Beschwerdeführerin berief. Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung ab und führte aus, die Beschwerdeführerin habe nach ihrer verstorbenen Adoptivmutter den ihr auf Grund des Gesetzes zustehenden Pflichtteil in Anspruch genommen. Dieser sei ihr also nicht erst auf Grund einer Vereinbarung mit der Erbin zugekommen. Wohl unterliege der Anfall des Pflichtteils der Erbschaftsteuer, aber nicht auf Grund eines zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erben abgeschlossenen Rechtsgeschäftes, sondern weil das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG.) im § 2 Abs. 1 Z. 1 den Erwerb des Pflichtteils ausdrücklich der Erbschaftsteuer unterwerfe. Wenn nun die Erbin zur Sicherstellung der Pflichtteilsforderung samt Nebengebührensicherstellung mit ihrer Mutter übereingekommen sei, eine Hypothek zu bestellen, so sei dies kein Nebengeschäft zur Sicherung eines Hauptgeschäftes, das einer Gebühr oder sonstigen Verkehrsteuer unterliegt, sondern selbst ein Hauptgeschäft, das gemäß § 33 TP 18 GG. der Gebühr unterliege.
Diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion hat die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde angefochten. Sie macht darin ebenso wie im Berufungsverfahren geltend, daß die Verbindlichkeit der Erbin zur Zahlung des Pflichtteiles erst durch die Erklärung der Pflichtteilsberechtigten, ihn zu beanspruchen, entstanden sei. Diese Erklärung sei eine rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung, die gemäß § 1 ErbStG. die Erbschaftsteuerpflicht nach sich ziehe und somit als ein einer Verkehrsteuer unterliegendes Hauptgeschäft anzusehen sei. Die Einräumung der Hypothek zur Sicherstellung des Pflichtteiles sei deshalb als ein Nebengeschäft anzusehen, das einer Gebühr nicht unterliege, da es auch im Verlassenschaftsprotokoll mit den übrigen Erklärungen im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung beurkundet worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 33 TP 18 GG. unterliegen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Wert dieser Verbindlichkeit einer Gebühr von 1 %. Eine solche Hypothekarverschreibung liegt auch hier vor. Es ist allerdings richtig, daß auch Hypothekarverschreibungen unter bestimmten Voraussetzungen gebührenfrei sind, nämlich dann, wenn die Abmachung über die Bestellung der Hypothek zwischen Vertragsteilen getroffen wird, die auch ein anderes Rechtsgeschäft abgeschlossen haben, zu dessen Sicherung sie als Nebengeschäft oder Nebenverabredung die Bestellung einer Hypothek vereinbaren und wenn dieses andere Geschäft (Hauptgeschäft) und das Sicherungs- oder Erfüllungsnebengeschäft in derselben Urkunde niedergelegt sind (§ 19 Abs. 2 zweiter Satz GG.). Dabei ist es für die Gebührenfreiheit dieses Nebengeschäftes gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach dem Gebührengesetz einer Gebühr oder nach einem Verkehrsteuergesetz einer Verkehrsteuer unterliegt. Die grundsätzliche Gebührenpflicht des Hauptgeschäftes oder dessen grundsätzliche Erfassung durch eine Verkehrsteuer deckt also auch die Gebühr von dem Sicherungs- oder Erfüllungsnebengeschäft. Unterliegt aber das Hauptgeschäft weder einer Gebühr noch einer Verkehrsteuer, dann ist des Sicherungs- oder Erfüllungsnebengeschäft nach seiner Beschaffenheit selbständig gebührenpflichtig. Auf die hg. Erkenntnisse vom , Slg. 29/F, und vom , Slg.Nr. 35 und 36/F, wird hingewiesen.
Die Voraussetzungen der Gebührenfreiheit nach § 19 Abs. 2 GG. sind nun im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das Recht auf den Pflichtteil entspringt dem Gesetz (§§ 762 und ff. ABGB.), allerdings bedarf es zu seiner Geltendmachung einer formellen Erklärung des „Noterben“. Diese Erklärung, mal man sie nun als Rechtsgeschäft ansehen oder nicht, unterliegt aber weder einer Rechtsgeschäftsgebühr noch der Erbschaftsteuer, denn Gegenstand der Erbschaftsteuer ist nach § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG. der Erwerb von Vermögen auf Grund eines geltendgemachten Pflichtteilsrechtes, nicht aber ein Rechtsgeschäft oder eine Rechtshandlung, an dem oder an der der Erbe und der Pflichtteilsberechtigte beteiligt sind. Auch einer sonstigen Verkehrsteuer unterliegt die Geltendmachung des Pflichtteilsrechtes nicht. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Rechtsfall von dem, der dem hg. Erkenntnis vom , Slg.Nr. 1143/F, zugrunde gelegen ist.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin mit der Erbin allerdings noch ein anderes Rechtsgeschäft abgeschlossen, sie hat nämlich die Stundung ihrer Pflichtteilsforderung mit der Erbin vereinbart und diese Vereinbarung ist in derselben Urkunde enthalten wie die Hypothekarverschreibung, die auch als Sicherungsnebengeschäft zur Stundungsvereinbarung angesehen werden könnte. Allein auch die Stundungsvereinbarung unterliegt als solche weder einer Gebühr noch einer Verkehrsteuer. Nach dem Vorgesagten konnte somit die Hypothekarverschreibung der Gebührenfreiheit nach § 19 Abs. 2 GG. nicht teilhaft werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und mußte demgemäß abgewiesen werden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 1546 F/1956 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1956:1956001735.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-55782