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VwGH 17.02.1982, 1696/80

VwGH 17.02.1982, 1696/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EheG §78;
EStG 1972 §16 Abs1 Z1;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4 idF 1975/636;
EStG 1972 §34;
RS 1
Unterhaltsleistungen, die den Steuerpflichtigen nach § 78 EheG mit der Annahme der Erbschaft als Universalerben belasten, sind weder Werbungskosten noch Sonderausgaben; sie bilden auch solange keine außergewöhnliche Belastung, als sie wertmäßig aus dem ererbten Vermögen erfüllt werden können.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde der LM in W, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien I, Annagasse 8, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6-2119/78, betreffend die Einkommensteuer 1974, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Erich Kadlec, sowie des Vertreters der belangten Behörde, Oberrat Dr. KV, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 5.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die frühere Ehe des Ehemannes der Beschwerdeführerin wurde aus dessen Verschulden am geschieden. Er verpflichtete sich zuletzt durch den gerichtlichen Vergleich vom , seiner geschiedenen Ehefrau einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 4.900,-- wertgesichert zu leisten.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin errichtete am ein Testament. In diesem setzte er die Beschwerdeführerin zur Universalerbin ein und verwies seine drei Töchter auf den Pflichtteil. Am starb er.

In dem während des Verlassenschaftsverfahrens geführten Rechtsstreit sprach das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht mit seinem dann durch den Obersten Gerichtshof bestätigten Urteil vom - gestützt auf § 78 Abs. 2 Ehegesetz - aus, daß der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin aus dem gerichtlichen Vergleich vom "ab Klagstag () in Ansehung von 50 % des dort vereinbarten wertgesicherten Unterhaltsbetrages erloschen" ist.

Der Nachlaß des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin wurde dieser, nachdem sie am eine unbedingte Erbserklärung abgegeben hatte, am zur Gänze eingeantwortet. Er bestand


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aus Aktiven im Werte von
S
3,437.729,86
und aus Passiven im Werte von
S
1,547.013,34,
sodaß sich ein Reinnachlaß ergab von
S
=
1,890.716,52.
==========

Im Eidesstättigen Vermögensbekenntnis schien unter den Passiven die Unterhaltsforderung der geschiedenen Ehefrau des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin mit einem Kapitalwert von S 180.000,-- auf (S 5.000,-- mal 12 = S 60.000,-- mal Kapitalisierungsfaktor 3 = Kapitalwert laut Bewertungsgesetz S 180.000,--).

Die geschiedene Ehefrau des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin erhielt 1974 an Unterhaltsleistungen S 20.600,--.

Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Einkommensteuererklärung für 1974 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Witwenpension) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen an und beantragte eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung; es seien an die geschiedene Ehefrau des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin als Unterhaltsleistungen "12 x 4.900,-- = S 58.800,--" bezahlt worden.

Das Finanzamt versagte die Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung. Die Alimentationsverpflichtung ergebe "sich aus einem Erbanfall und ist eine vermögensrechtliche Belastung".

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß einer Witwe, die zur Bestreitung ihres Unterhaltes ausschließlich auf die Einkünfte aus dem ererbten Vermögen angewiesen sei, weil sie weder eigenes Vermögen noch eigene Einkünfte vor dem Ableben ihres Ehemannes besessen habe, in der Mehrzahl der Fälle keine Alimentationsverpflichtung erwachse, die lediglich darauf beruhe, daß dem verstorbenen Ehemann gegenüber seiner ersten Ehefrau eine solche Alimentationsverpflichtung zwangsläufig erwachsen sei.

Das Finanzamt wies mit seiner Berufungsvorentscheidung diese Berufung ab. Auf Dauer gesehen ergebe sich "nur ein verminderter Erbanfall, nicht jedoch eine Belastung des Einkommens".

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. An Unterhaltszahlungen seien 1974 nur S 20.600,-- geleistet worden. Die Berufung werde "dahin gehend modifiziert", "daß es sich bei den letztlich" der geschiedenen Ehefrau des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin "zugesprochenen Alimentationsverpflichtungen auf der Seite" der Beschwerdeführerin "nicht um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG handelt, vielmehr deren Anerkennung als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG beantragt werden muß". Für den Fall, daß "der Charakter der Unterhaltslasten als Werbungskosten nicht anerkennt werden sollte", werde "vorsorglich in eventu schon jetzt beantragt, diese Aufwendungen im oben genannten Ausmaß (für das Jahr 1974: S 20.600,--) als Sonderausgaben anzuerkennen".

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung ab. Die Unterhaltsleistungen seien weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Sie seien Zuwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person. Als solche dürften sie weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden und als Sonderausgaben seien sie kraft gesetzlicher Anordnung zum Abzug nicht zugelassen. Die Unterhaltsleistungen seien aber auch als außergewöhnliche Belastung nicht zu berücksichtigen. Unterhaltsleistungen, die der Erbe des verstorbenen Unterhaltspflichtigen nach § 78 Ehegesetz zu erbringen habe, seien Nachlaßverbindlichkeiten, die in erster Linie das erworbene Vermögen belasten und deshalb, solange sie wertmäßig aus diesem Vermögen erfüllt werden könnten, "keine begünstigungsfähige außergewöhnliche Belastung des damit Belasteten bedeuten".

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung, "soweit ihren Anträgen auf Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung, Sonderausgaben oder Werbungskosten keine Folge gegeben wurde".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde behandelte sowohl in der angefochtenen Berufungsentscheidung als auch in der Gegenschrift zur Beschwerde die Unterhaltsleistungen unter dem Gesichtspunkt der Werbungskosten, der Sonderausgaben und auch der außergewöhnlichen Belastung.

Gemäß § 78 Abs. 1 Ehegesetz geht mit dem Tod des zum Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten Verpflichteten die Unterhaltspflicht auf die Erben als Nachlaßverbindlichkeit über. Gemäß § 78 Abs. 2 leg. cit. haftet der Erbe ohne die Beschränkungen des § 67 leg. cit. Der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente auf einen Betrag gefallen lassen, der bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Erben und der Ertragsfähigkeit des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

Die Unterhaltsverbindlichkeit geht auf den Erben über, wenn ein zur Deckung dieser Verbindlichkeit ausreichender Reinnachlaß vorhanden ist. Der Hinweis auf die Ertragsfähigkeit des Nachlasses läßt erkennen, daß dem Gesetzgeber eine Berichtigung der Unterhaltsschuld aus den Erträgnissen vorschwebt. Ist der Nachlaß ertragslos, so wird eine Ertragsfähigkeit anzunehmen sein, wenn er durch wirtschaftlich zumutbare Veräußerung ertragsfähig gemacht werden kann. Die Verhältnisse des Erben sind durch einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Erben und den Interessen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Über das ererbte Vermögen hinaus haftet aber auch bei einer unbedingten Erbserklärung der Erbe für die Unterhaltsverbindlichkeiten des Erblassers nicht (Schwind in Klang, Kommentar zum ABGB, I, 903 f).

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 in der Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 1975 dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen - auch wenn die Zuwendungen auf einer den Zuwendenden verpflichtenden Vereinbarung beruhen - abgezogen werden; derartige Zuwendungen sind auch nach § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht abzugsfähig.

Die Beschwerdeführerin erfüllte durch die Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau ihres verstorbenen Ehemannes eine Nachlaßverbindlichkeit. Die Unterhaltszahlungen waren deshalb keine Gegenleistung, die mit der Übernahme des Erbes in engem Zusammenhang stand (vgl. dazu Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, EStG 1972, § 18, Anm. 7, S. 509).

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß die von der Beschwerdeführerin erbrachten Unterhaltsleistungen nicht als Werbungskosten behandelt werden können. Die Nichtabzugsfähigkeit bleibt auch für solche Unterhaltsleistungen bestehen, die der Erbe des ursprünglich Unterhaltsverpflichteten gemäß § 78 Abs. 1 Ehegesetz gegenüber dem unterhaltsberechtigt geschiedenen Ehegatten als Nachlaßverbindlichkeit zu erfüllen hat (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 20, Anm. 13, S. 600, Z. 2).

Der belangten Behörde ist weiters zuzustimmen, daß die von der Beschwerdeführerin erbrachten Unterhaltsleistungen nicht als Sonderausgaben behandelt werden können. Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen bilden nach der oben wiedergegebenen gesetzlichen Anordnung weder als Renten noch als dauernde Lasten Sonderausgaben (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 20, Anm. 17).

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1972 liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Der belangten Behörde ist auch hier zuzustimmen, daß den von der Beschwerdeführerin erbrachten Unterhaltsleistungen die Eigenschaft einer außergewöhnlichen Belastung fehlt.

Die Außergewöhnlichkeit, also eine der Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Anspruch auf Ermäßigung der Einkommensteuer besteht, ist zu verneinen, wenn dem Steuerpflichtigen die zwangsläufigen Aufwendungen nur deshalb erwachsen, weil ihm das zu ihrer Deckung dienende Vermögen zugekommen ist. Unterhaltsleistungen, die den Steuerpflichtigen nach § 78 Ehegesetz mit der Annahme der Erbschaft als Universalerben belasten, bedeuten deshalb solange keine außergewöhnliche Belastung, als sie wertmäßig aus dem ererbten Vermögen erfüllt werden können (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, EStG 1972, § 34 Einzelfälle, Lfg. September 1978, Unterhaltsleistungen aus ererbtem Vermögen).

Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände können in dieser Beschwerdesache auf sich beruhen. Auch bei Berücksichtigung des Unterhaltes der Beschwerdeführerin und der Pflichtteile der Töchter des verstorbenen Ehemannes der Beschwerdeführerin wurde 1974 der Reinnachlaß durch die Unterhaltszahlungen nicht erschöpft (Reinnachlaß des am Verstorbenen:

S 1,890.716,52; Pflichtteile der Töchter des Verstorbenen:

S 709.018,68; Unterhaltszahlungen: S 20.600,--). Zur Leistung des Unterhaltes aus versteuerten Einkünften ist zu beachten, daß eine außergewöhnliche Belastung selbst dann nicht vorläge, wenn zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung, die den Steuerpflichtigen mit der Annahme der Erbschaft als Universalerben belastet, ein Teil der Erbmasse in einer Art realisiert wird, die als einkommensteuerpflichtiger Vorgang anzusehen ist (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, § 34 Einzelfälle, Lfg. September 1978, Unterhaltsleistungen aus ererbtem Vermögen). Die 1974 geleisteten S 20.600,-- endlich waren schon deshalb keine über das Gesetz hinausgehende Leistung, weil sie nicht einmal die Hälfte jener monatlichen Unterhaltszahlung von S 4.000,-- erreichten, die die Beschwerdeführerin für die Lebenszeit ihres verstorbenen Ehemannes als dem Gesetz entsprechend bezeichnet.

Die Beschwerde ist deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am

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EheG §78;
EStG 1972 §16 Abs1 Z1;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4 idF 1975/636;
EStG 1972 §34;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1980001696.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-55669