Suchen Hilfe
VwGH 17.03.1966, 1688/65

VwGH 17.03.1966, 1688/65

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
WRG 1934 §31;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
RS 1
Der Anspruch auf Entschädigung für besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken kann nur in dem Verfahren geltend gemacht werden, in dem diese besonderen Anordnungen getroffen werden (Hier: Im Zusammenhang mit dem Autobahn-West).
Norm
BStG 1948 §2 Abs1;
RS 2
Die Herstellung einer Bundesstraße bedarf zwar eines Bundesgesetzes, sonst aber keiner besonderen straßenrechtlichen oder anderen behördlichen Bewilligung. Der Bund ist daher, sofern ein entsprechendes Bundesgesetz vorliegt und das Eigentum am Straßengrund erworben wurde, ohne weiteres berechtigt, eine Bundesstraße herzustellen.
Norm
VwGG §59 Abs2 lita;
RS 3
Abweisung des erst in der mündlichen Verhandlung vor dem VwGH gestellten Antrages auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes.
Normen
VwGG §47 Abs2 litb;
VwGG §47 Abs5;
RS 4
Kein Kostenzuspruch an die obsiegende belangte Behörde (Bundesministerium) wenn Bf ebenfalls ein Bundesministerium ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde der Republik Österreich (Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, Bundesstraßenverwaltung) gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 26.986-I/1-1965 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Linz), betreffend eine Entschädigung nach § 34 des Wasserrechtsgesetzes 1959, nach der am durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Ministerialoberkommissärs Dr. HM, des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialoberkommissärs Dr. KH, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Senatsrates Dr. MA, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau) hat der Stadtgemeinde Linz Aufwendungen in der Höhe von S 1.518,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Stadtgemeinde Linz wird gemäß § 59 Abs. 3 letzter Satz VwGG 1965 zurückgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom hatte der Reichsstatthalter in Oberdonau der obersten Bauleitung der Reichsautobahn in Linz den Entwurf für den Bau des Reichsautobahnzubringers Linz, mit dem Bemerken übermittelt, daß vom landespolizeilichen Standpunkt aus gegen den Entwurf keine Bedenken bestehen, wenn die in der Verhandlungsschrift vom aufgenommenen Forderungen der Amtssachverständigen, der Behördenvertreter und der Parteien sowie die Forderungen des Oberbürgermeisters von Linz vom eingehalten werden. Im Anschluß daran war mit den Bauarbeiten begonnen worden, die jedoch im Jahre 1942 zur Einstellung gelangten.

In der Zeit vom 16. bis führte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft - die nunmehr belangte Behörde - eine wasserrechtliche Verhandlung über das Ansuchen der Stadtgemeinde Linz um Erweiterung der Berechtigung zur Aufnahme von Grundwasser aus dem Wasserwerke Scharlinz und um Festlegung der hiefür notwendigen Schutzgebiete durch. Bei dieser Verhandlung erklärte der Vertreter der Bundesstraßenverwaltung, daß die Wiener Bundesstraße zum Teil im Wasserfassungsgebiet und zum Teil in den Schutzzonen I, II und III liege. Gegen die Erweiterung der Schutzgebiete werde keine Einwendung erhoben, wenn die Kosten der für die Entwässerung der Bundesstraße notwendigen Anlagen von der Stadtgemeinde Linz übernommen werden. Die Bundesstraßenverwaltung behalte sich jedoch vor, die geplante Verbreiterung der Straße zur gegebenen Zeit durchzuführen, wobei die Stadtgemeinde Linz die für die besonderen Maßnahmen zur Sicherung des Einzugsgebietes des Grundwasserwerkes erforderlichen Mehrkosten zu tragen haben werde.

Mit dem Bescheide vom erteilte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft sodann der Stadtgemeinde Linz die angestrebte wasserrechtliche Bewilligung und setzte gleichzeitig gemäß § 31 des Wasserrechtsgesetzes 1934 das Schutzgebiet für das Grundwasserwerk Scharlinz fest. Für die hier allein interessierenden Schutzzonen II und III wurde u. a. vorgeschrieben, daß Aufgrabungen, Schürfungen, Bohrungen, Sprengungen, Baggerungen, soweit sie nicht im Interesse des Wasserwerkes notwendig sind oder wegen Vorliegens eines besonderen öffentlichen Interesses ohne Beeinträchtigung des Grundwasserwerkes zugelassen werden können, verboten sind (Punkt 7 lit b und c bzw. Punkt 8 lit. b und e).

Mit Rücksicht darauf, daß der Autobahnast (die Zubringerstraße) der Autobahn Wien - Salzburg durch die Schutzzone II und III geführt werden sollte, ersuchte der Bund (die Bundesstraßenverwaltung) am beim Amte der Oberösterreichischen Landesregierung um die wasserrechtliche Bewilligung für die hiezu notwendigen baulichen Maßnahmen. Mit dem namens des Landeshauptmannes gefertigten Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde diese Bewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Die Entscheidung über die Tragung bzw. Aufteilung der Kosten für die zum Schutze des Grundwasserwerkes Scharlinz vorgeschriebenen Maßnahmen wurde gemäß § 59 AVG 1950 einem besonderen Bescheide vorbehalten. In dem Schreiben vom hatte die Bundesstraßenverwaltung nämlich zugleich den Antrag auf Refundierung des Mehraufwandes gestellt, der sich bei der Errichtung des gegenständlichen Autobahnzubringers durch Maßnahmen zum Schutze des Grundwassers schon ergeben habe und noch ergeben werde. Diesem Antrage gab der Landeshauptmann für Oberösterreich mit Bescheid vom gemäß den §§ 34, 99 und 117 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 215/1959 (kurz WRG 1959), dahin Folge, daß er die Stadtgemeinde Linz verpflichtete, die Mehrkosten zu tragen bzw. gegen Nachweis derselben der Republik Österreich zu ersetzen, die ihr beim Bau des Autobahnastes "Linz" durch die Erfüllung der mit dem Bescheide vom zum Schutze des Grundwasserwerkes Scharlinz erteilten Auflagen entstanden sind bzw. noch entstehen werden.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid von der Stadtgemeinde Linz, der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingebrachten Berufung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid der Vorinstanz gemäß § 66 AVG 1950 und wies den Antrag der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung A, auf Refundierung des Mehraufwandes bei der Errichtung des Autobahnzubringers "Linz-Mitte" ab. "In der beigefügten Begründung wurde im wesentlichen darauf verwiesen, daß die Republik Österreich durch die Bestimmung des Schutzgebietes eine Einschränkung in der Benützung ihrer Liegenschaften nach Art und Umfang nicht erfahren habe und daß sie sich bei der Herstellung der Straße auch auf ein bestehendes Recht nicht berufen könne.

Gegen den vorstehenden Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (unrichtige Anwendung des § 34 WRG 1959) erhobene Beschwerde. Über sie hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

In der Beschwerde und in den Gegenschriften wird ein breiter Raum der Untersuchung der Frage gewidmet, welche Bedeutung dem Schreiben des Reichsstatthalters von Oberdonau vom zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß diese Frage für die anstehende Entscheidung irrelevant ist, weil die Angelegenheiten der Bundesstraßen - nur um eine solche kann es sich bei dem Autobahnzubringer Linz-Mitte handeln - durch das Gesetz vom , BGBl. Nr. 59, über die Bundesstraßen, auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wurden, nach diesem Gesetz aber die Herstellung einer Bundesstraße zwar eines Bundesgesetzes (§ 1 Abs. 2), sonst aber keiner besonderen straßenrechtlichen oder anderen behördlichen Bewilligung bedarf. Der Bund ist daher, sofern ein entsprechendes Bundesgesetz vorliegt und das Eigentum am Straßengrund erworben wurde, ohne weiteres berechtigt, eine Bundesstraße herzustellen. Denn nach § 354 ABGB ist das Eigentum als ein Recht betrachtet, die Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden an deren davon auszuschließen. Sofern daher die Erledigung des Reichsstatthalters in Oberdonau vom überhaupt als Bescheid anzusehen ist, ist dieser durch das Bundesstraßengesetz vom Jahre 1948 seiner rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Wirkung entkleidet worden.

Auch die im angefochtenen Bescheide, in den Schriftsätzen und in den Vorträgen vor dem Verwaltungsgerichtshof behandelte Frage, ob seit dem Inkrafttreten der Wasserrechtsnovelle 1959 (BGBl. Nr. 54/1959) jeder Straßenbau einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 32 des Wasserrechtsgesetzes 1959 bedarf, kann nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes aus nachstehenden Erwägungen ununtersucht bleiben:

Durch den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , mit welchem die Schutzgebiete für das Grundwasserwerk Scharlinz festgelegt wurden, wurde unter anderem angeordnet, daß die in diesem Bescheid angeführten, im Sachverhalte wiedergegebenen Maßnahmen in den Schutzzonen II und III, um die es vorliegend geht, grundsätzlich verboten sind. Diese Maßnahmen sind aber solche, die bei der Herstellung einer Straße unvermeidlich sind. Das Verbot der angeführten Maßnahmen in den Schutzgebieten ist jedoch kein absolutes. Vielmehr hat sich die Wasserrechtsbehörde vorbehalten, hievon Ausnahmen zu gewähren. Durch den vorangeführten Bescheid wurde daher der Bund (die Bundesstraßenverwaltung) gezwungen, bei der Herstellung des Autobahnastes "Linz-Mitte" um eine wasserrechtliche Ausnahmebewilligung anzusuchen, was auch geschehen ist. Diese Bewilligung wurde der Bundesstraßenverwaltung unter Auflagen erteilt. Es handelte sich dabei also keineswegs um einen Fall der Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959, sondern um die Ausnahmebewilligung von einem nach § 31 des Wasserrechtsgesetzes 1934 (nunmehr § 34 Abs. 1 WRG 1959) bescheidmäßig erlassenen Verbote, dessen Rechtswirkungen durch eine Bewilligung nach § 32 nicht hätte entgegengewirkt werden dürfen, sodaß eine solche Bewilligung vom Gesetz auch nicht gefordert sein konnte.

Im Zeitpunkte der Erlassung des Bescheides vom , womit unter anderem auch die hier in Betracht kommenden Schutzzonen festgesetzt wurden, stand § 31 des Wasserrechtsgesetzes 1934 in Kraft. Der erste Satz dieser Gesetzesstelle hatte folgenden Wortlaut:

"Zum Schutze von Trink- und Nutzwasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken unter Festsetzung einer angemessenen Entschädigung (§ 99) treffen."

Bei diesem Wortlaute kann nicht zweifelhaft sein, daß der Anspruch auf Entschädigung in dem Verfahren geltend zu machen war, in dem die "besonderen Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung" von Grundstücken getroffen wurden. Das war im vorliegenden Falle das Verfahren, das mit dem Bescheide vom seinen Abschluß gefunden hat. Dieser Bescheid hat eine Reihe von Anordnungen enthalten, darunter auch solche, die für die spätere Straßenherstellung von Bedeutung wurden. In diesem Verfahren wurden zwar von der Bundesstraßenverwaltung Vorbehalte für die in diesem Zeitpunkte bereits vorhandene Wiener Bundesstraße, nicht aber solche für die Autobahn Wien-Salzburg gemacht. Sie konnten nicht gemacht werden, weil zu dieser Zeit der Bund noch nicht Eigentümer der Grundstücke war, auf welchen die in Rede stehende Zubringerstraße zur Autobahn angelegt werden sollte. Denn diese Grundstücke waren damals, soweit sie nicht überhaupt noch im Eigentum Privater standen, "deutsches Eigentum". Sie sind erst auf Grund der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes (BGBl. Nr. 165/1956) mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages () in das Eigentum der Republik Österreich übergegangen. Demgemäß konnten erst durch die Novelle vom , BGBl. Nr. 56, in das Bundesstraßengesetz Bestimmungen über die Autobahnen eingebaut werden. Aus dieser geschichtlichen Entwicklung des Rechtes der Autobahnen ergibt sich, daß die Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) bei der in der Zeit vom 16. bis abgeführten mündlichen Verhandlung irgendwelche Rechtsansprüche oder rechtlich bedeutsame Vorbehalte zugunsten der Zubringerstraßen zur Autobahn nicht geltend machen konnte. Die gegenständlichen Grundstücke sind daher schon mit den aus dem Bescheide vom sich ergebenden Belastungen in das Eigentum der Republik Österreich übergegangen.

Wenn daher in der Folgezeit der Bund (die Bundesstraßenverwaltung) auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom gezwungen war, um eine wasserrechtliche Ausnahmebewilligung für den Bau der Zubringerstraße anzusuchen und ihr in dem über dieses Ansuchen ergangenen Bescheide vom besondere Auflagen zum Schutze des Grundwasserwerkes Scharlinz erteilt wurden, so kann er die ihm hiedurch entstandenen Mehrkosten nicht unter Berufung auf § 34 Abs. 4 WRG 1959 von der mitbeteiligten Partei begehren, da ein Verfahren nach dieser Gesetzesstelle nicht mehr durchführbar war und auch nicht durchgeführt wurde, sondern nur ein Verfahren, das seinen Rechtsgrund in den rechtskräftigen Vorschreibungen des Bescheides vom hatte.

Eine Entschädigung für die Vorschreibung und Ausführung der erteilten Auflagen konnte mithin nicht in Betracht kommen, da es sich nicht um eine zu Lasten des Beschwerdeführers verfügte Maßnahme gehandelt hatte, für die er nach bestehender Gesetzesanordnung Entschädigung begehren durfte, sondern um die Ausnahme von einem bescheidmäßig erlassenen und nach wie vor aufrechten Verbot, die der Beschwerdeführerin auf Ansuchen gewährt worden war.

Die Abweisung des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anspruches erweist sich sohin, wenn auch zum Teil aus anderen Erwägungen, als im angefochtenen Bescheid angeführt, als im Gesetz begründet. Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 48 Abs. 3 lit. c und d VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. C Z. 8 der Verordnung vom , BGBl. Nr. 4.

Das Begehren der Stadtgemeinde Linz nach Ersatz des Schriftsatzaufwandes mußte zurückgewiesen werden, da es entgegen der Vorschrift des § 59 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 nicht im Schriftsatz, sondern erst anläßlich der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gestellt worden war.

Der von der belangten Behörde geltend gemachte Anspruch auf Kostenersatz mußte abgewiesen werden, weil Rechtsträger dieser Behörde und des beschwerdeführenden Bundesministeriums ein und dieselbe Person, nämlich der Bund, ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BStG 1948 §2 Abs1;
VwGG §47 Abs2 litb;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §59 Abs2 lita;
WRG 1934 §31;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
Schlagworte
Rechtsträger der belangten Behörde Gebietskörperschaft als
Beschwerdeführer Behörde gegen Behörde
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1965001688.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-55646