VwGH 21.03.1962, 1666/60
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | GewO 1859 §25 idF 1957/178; |
RS 1 | Die Gewerbebehörde hat sich im gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren auf die Feststellungen zu beschränken, ob durch die Inbetriebnahme der Betriebsanlage unzulässige Immissionen zu werten sind bzw. ob diese auf ein zumutbares Maß herabgesetzt werden können. Sie hat jedoch nicht zu berücksichtigen, ob mit dem Gewerbebetrieb im Zusammenhang stehende Tätigkeiten außerhalb der Betriebsanlage unzumutbare Belästigungen verursachen. |
Norm | GewO 1859 §25 idF 1957/178; |
RS 2 | Nur zeitweise auftretender, den (sonstigen) Störpegel weit überschreitender Lärm einer Eisenbahn kann nicht als Grund dafür angeführt werden, der Lärm der geplanten Betriebsanlage sei nicht unzumutbar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Dr. Striebl und Dr. Skorjanec als Richter, im Beisein des Amtsoberrevidenten Heinz als Schriftführer, über die Beschwerde des MP in G gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom , Zl-157.152 - IV -
22 - BA -1960, betreffend Genehmigung einer Betriebsanlage unter
Auflagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Magistrat Graz genehmigte mit seinem Bescheid vom auf Grund eines Ansuchens des Beschwerdeführers - welcher eine Gewerbeberechtigung für den Lastentransport mit Kraftfahrzeugen im Standort Graz, Eggenberg, S-straße 60, besitzt -
gemäß den §§ 25, 26 und 30 GewO die Errichtung und den Betrieb eines Autoabstellplatzes im Standort Graz-Eggenberg, G-straße 99, unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen, darunter das Verbot, Reparaturen und sonstige Lärm verursachende Arbeiten wie Umladen usw. zwischen 22 und 6 Uhr vorzunehmen, ferner das Verbot, während eben dieser Zeit sowie an Sonn- und Feiertagen auf den Abstellplatz ein- und von diesem auszufahren sowie, dies ohne zeitliche Begrenzung, das Verbot jeglicher Reparaturarbeiten, Schweißarbeiten und übermäßigen Lärm verursachender Umladearbeiten. Nach der Feststellung der Behörde standen damals drei dieselbetriebene Lastkraftwagen mit Anhängern in Verwendung. Eine Reihe von Anrainern hatte gegen die Betriebsanlage wegen Lärm- und Geruchsbelästigung Einwendungen erhoben, doch wurden diese zurückgewiesen, weil der Magistrat meinte, es seien durch die vorgeschriebenen Auflagen alle Maßnahmen getroffen, um übermäßige oder den Anrainern nicht zumutbare Immissionen seitens der Betriebsanlage weitestgehend auszuschalten.
Der Beschwerdeführer berief gegen diesen Bescheid, jedoch nur in Ansehung mehrerer der vorgeschriebenen Auflagen, darunter der oben wiedergegebenen. Aus Anlaß dieser Berufung änderte das Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit dem Bescheid vom gemäß dem § 66 Abs. 4 AVG 1950 den Bescheid des Magistrates dahin ab, daß die erwähnten Auflagen nun wie folgt zu lauten haben:
"1. In der Zeit von 22 bis 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen dürfen auf dem Abstellplatz keinerlei lärmerregende Arbeiten (Umladen, Reparaturen, Hämmern, Motoren anlaufen und laufen lassen usw.) vorgenommen werden. Der Begriff "lärmerregende Arbeiten" ist dabei im Hinblick auf das besondere Ruhebedürfnis der Anrainer in der Nacht und an Sonn- und Feiertagen streng auszulegen.
2. Das Aus- und Einfahren vom und zum Abstellplatz ist an Sonn- und Feiertagen gänzlich, an allen anderen Tagen zwischen 22 und 6 Uhr untersagt.
3. Übermäßigen Lärm verursachende Arbeiten (lärmende Nachtarbeiten, Fässerwerfen, lärmendes Hämmern, langes Motorenlaufen, lärmerregende Reparaturen usw.) und Schweißarbeiten sind auch zu jenen Zeiten verboten, in denen die Beschränkungen gemäß Punkt 1. nicht gelten."
Im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Die Berufungsbehörde fand, es sei bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen einschließlich der jetzt neugefaßten das Ausmaß der für die Nachbarschaft zu erwartenden Belästigungen auf das zumutbare Ausmaß herabgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob abermals Berufung, worauf das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau nach Durchführung ergänzender Ermittlungen den jetzt angefochtenen Bescheid erließ. Mit diesem gab es der Berufung nicht Folge, wobei die Begründung des Bescheides des Amtes der Landesregierung als im wesentlichen zutreffend erachtet wurde.
Das Bundesministerium traf zudem folgende Feststellungen:
Das etwa 1200 m2 große Grundstück des Beschwerdeführers liege in einem Siedlungsgebiet westlich der Graz-Köflacher Eisenbahn, welches Gebiet die 12 m breite und für den durchgehenden Verkehr gesperrte G-straße verkehrsmäßig aufschließe. Es handle sich um eine offen bebaute Wohngegend mit Siedlungshäusern und Gärten, darunter die Anrainerliegenschaften, wobei die nächstgelegenen Wohnhäuser vom Grundstück des Beschwerdeführers ungefähr 20 bis 40 Meter entfernt seien. Störspiegelmessungen auf der Straße vor dem Grundstück des Beschwerdeführers hätten Dauergeräusche von 42 Phon, bei eingeschalteten Radioapparaten in den Nachbarhäusern Werte von 45 bis 50 Phon und durch Hundegebell Spitzen von 73 Phon ergeben. Beim Vorbeifahren von Eisenbahnzügen seien über 80 Phon gemessen worden, während sonstige Geräusche oder Abgas- und Geruchseinwirkungen von seiten schon bestehender Betriebe (worauf der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren hingewiesen hatte) oder des Verkehrs auf nahe gelegenen Verkehrsflächen nicht festzustellen gewesen seien. Die Dauergeräusche von 42 Phon seien schwach hörbare Ferngeräusche tieferer Frequenz aus der weiteren Umgebung, während die Eisenbahnzüge laute, rollende Geräusche mittlerer und tieferer Frequenz verursachten. Der Verkehrslärm der schweren Diesellastkraftwagen (des Beschwerdeführers) beim Ein- und Ausfahren könne in 7 m Entfernung mit ungefähr 80 bis 90 Phon angenommen werden und ergäbe bei einer erfahrungsgemäßen Verminderung der Lautstärke um 5 Phon bei verdoppelter Entfernung 75 bis 85 Phon in 14, 70 bis 80 Phon in 28, 65 bis 75 Phon in 56 und 60 bis 70 Phon in 128 m Entfernung. Gleiche Lautstärkeverhältnisse ergäben sich in der Nachbarschaft bei Probelaufen der Motoren, wenn die Fahrzeuge im Freien auf dem Grundstück des Beschwerdeführers abgestellt seien und bei mit Hammerarbeiten, insbesondere an den Karosserieblechen, verbundenen Fahrzeugreparaturen. Die Behörde legte sodann das Ausmaß der Abgasentwicklung, die Zusammensetzung der Abgase, deren Wirkungen und deren Ausbreitung dar. Sie nahm an, daß die durch das Ein- und Ausfahren sowie durch allfälliges Probelaufen der Fahrzeugmotore zu erwartenden Abgas- und Geräuscheinwirkungen durch technische Vorkehrungen praktisch weder zu verhüten noch zu verringern seien. Ebensowenig sei dies hinsichtlich der beim autogenen Schweißen im Freien entstehenden Gase und Gerüche der Fall, die sich gleichfalls in der Nachbarschaft ausbreiten könnten.
Abschließend sagte das Bundesministerium, daß bei der Abstellung von Lastkraftwagen im Freien durch den Fahr- und Reparaturbetrieb Lärm- und Geruchsbelästigungen hervorgerufen, durch die erlassenen Vorschreibungen aber auf ein den Anrainern zumutbares Ausmaß eingeschränkt würden; da der Abstellplatz jedoch in einem reinen Wohngebiet gelegen sei, glaubte das Bundesministerium, eine Lockerung der Vorschreibungen, wie sie der Beschwerdeführer anstrebe, nicht vertreten zu können.
In seiner Beschwerde gegen den Bescheid der Ministerialinstanz macht der Beschwerdeführer dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, dies alles jedoch nur in Ansehung jener drei, im Bescheid des Amtes der Landesregierung ihrem Wortlaut nach neugefaßten und mit dem angefochtenen Bescheid aufrechterhaltenen Auflagen. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer geht von den vorgenommenen Lautstärkemessungen aus und bringt vor, daß darnach die Geräusche eines Diesellastkraftwagens in jener Entfernung, in der die dem Abstellplatz nächsten Häuser liegen, geringer seien, als die der tagsüber und nachts vorbeifahrenden Eisenbahnzüge.
Hiebei übergeht der Beschwerdeführer die Feststellungen der belangten Behörde, daß der Störspiegel, d.i. die ohne Berücksichtigung des von seinen, des Beschwerdeführers, Fahrzeugen oder im Zusammenhang mit dem Betrieb derselben und im gegebenen Fall auch ohne Berücksichtigung des von den Eisenbahnzügen verursachten Lärms vorhandene akustische Umgebung einen Wert von nur 42 Phon ergeben hatte, also ein niedriges Lärmausmaß, wie es reinen Wohngebieten noch entspricht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer der behördlichen Feststellung, wonach Geräusch- oder Geruchseinwirkungen von seiten der schon bestehenden Betriebe in jenem Gebiet und von seiten des Straßenverkehrs auf nahe gelegenen Verkehrsflächen nicht wahrzunehmen seien, nicht entgegentritt und neben der Eisenbahn in der Beschwerde nur auf ein Zementwerk Bezug nimmt, ohne aber zu behaupten, daß durch dessen Betrieb der zuvor erwähnte Störspiegel erhöht würde. Der Beschwerdeführer geht also auch von einem in Wohngebieten ortsüblichen Störspiegel aus, soweit es sich nicht um den Eisenbahnbetrieb handelt. Was diesen anlangt, ist folgendes zu sagen:
Der Beschwerdeführer gründet seine Überlegungen darauf, daß der Lärm der Eisenbahn den Störspiegel weit übersteige, wobei jedoch auch nach seinem Vorbringen der durch den Eisenbahnbetrieb hervorgerufene Lärm nicht ununterbrochen auftritt. Das zeitweise Auftreten eines solchen Lärms aber kann nicht als Grund dafür angeführt werden, daß es sich bei dem durch die Dieselfahrzeuge des Beschwerdeführers verursachten Lärm nicht um einen unzumutbaren Lärm handle; dieser Lärm nämlich würde bei Außerachtlassung des durch die Eisenbahnzüge bedingten Lärms das ortsübliche Ausmaß weit überschreiten, was die belangte Behörde nicht als zulässig ansehen durfte.
Der Beschwerdeführer meint weiters, er müßte bei Einhaltung der Auflagen seine Fahrzeuge nachts sowie an Sonn- und Feiertagen auf der öffentlichen Verkehrsfläche bei seiner Grundstückeinfahrt abstellen; damit wäre den Anrainern nicht geholfen. Ihm ist auch darin nicht zu folgen, denn die Gewerbebehörde hatte sich nach ihrem Aufgabenbereich auf die Prüfung der Frage zu beschränken, inwieweit unzulässige Immissionen von der Ingebrauchnahme der Betriebsanlage zu erwarten seien und gegebenenfalls, ob diese auf ein zumutbares Ausmaß herabgesetzt werden könnten. Darüber aber Erörterungen anzustellen, ob und in welchem Ausmaß mit einem allfälligen Abstellen der Lastkraftwagen auf der Straße Belästigungen für die Anrainer verbunden sein würden, war die belangte Behörde nicht angehalten.
Erwiesen sich mithin die vorgeschriebenen Einschränkungen der Zu- und Abfahrt als gerechtfertigt, dann kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit Grund nicht daraus abgeleitet werden, daß sich aus den Beschränkungen für den Beschwerdeführer und dessen Betrieb Schwierigkeiten ergeben mögen, ja selbst, wie er sagt, eine wesentliche Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebes oder ein geringerer Schutz seiner Fahrzeuge vor Diebstahl. Die in diese Richtung gehenden Beschwerdeausführungen sind daher verfehlt.
Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen das Verbot Lärm erregender Arbeiten, wodurch, würde diese Auflage streng ausgelegt, selbst ein Reifenwechsel oder ein Wechsel von Zündkerzen unterbunden wäre, obgleich derlei Arbeiten keinen Lärm verursachten.
Er geht hiebei jedoch nicht vom Inhalt der von ihm bekämpften Auflagen aus, denn darnach sind ihm sogar Reparaturarbeiten nicht einmal zwischen 22 und 6 Uhr untersagt, die mit überhaupt keinem Lärm verbunden sind; das unter dem Punkt 1. der Auflagen in Klammer gesetzte Wort "Reparaturen" ist als ein Beispiel Lärm erregender Arbeiten zu verstehen und nur im Zusammenhang mit solchen Arbeiten, nicht aber für sich allein, wie dies in der Beschwerde geschieht. Tagsüber sind Reparaturarbeiten gestattet, bei denen zwar Lärm, aber nicht solcher übermäßiger Art erregt wird. Im übrigen handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer selbst als Beispiel angegebenen Arbeiten gar nicht um Reparaturen, sondern um ein bloßes, in die beispielsweise Aufzählung der Behörde nicht hineinfallendes Auswechseln von Bestandteilen, das, soweit dabei Lärm (starkes Geräusch) vermieden wird, gestattet ist. Von einem längeren Laufenlassen der Motoren schließlich wird man ernstlich nicht sprechen können, solange es sich um einige wenige Minuten handelt.
Die sonach in aller Punkten unbegründete Beschwerde war gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | GewO 1859 §25 idF 1957/178; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1962:1960001666.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-55587