VwGH 15.04.1980, 1661/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1972 §23 Z2; |
RS 1 | Ist der Kommanditist einer KG nach dem Gesellschaftsvertrag nach Leistung der bedungenen Einlage in keinem Fall zu irgendeiner Nachschußpflicht verhalten, so sind die ihm vertraglich angelasteten und von seinem Kapitalkonto (bzw einem besonderen Verrechnungskonto) abgebuchten Verlustanteile an der KG insoweit dem Komplementär zuzurechnen, als sie die Kommanditeinlage übersteigen. |
Entscheidungstext
Beachte
Besprechung in:
AnwBl 1980/7, S 299 (mit Glosse von Peloschek);
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde der Ggesellschaft m.b.H. & Co. KG. in P, vertreten durch Dr. Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, Fronleichnamsweg 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat I, vom , Zl. B 185-2/78, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1976, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde zwischen der im Spruch genannten Gesellschaft mbH als Komplementär und der Sparkasse Sch.-G. als Kommanditistin mit Wirkung ab 1971 die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft errichtet. Im Gesellschaftsvertrag (die Paragraphenzitierung im folgenden Absatz bezieht sich auf die Paragraphen dieses Vertrages) sind im wesentlichen folgende Vereinbarungen enthalten:
Die Komplementärgesellschaft übernimmt die persönliche Haftung sowie die Geschäftsführung und Vertretung. Ihre Einlage beträgt S 10.000,-- und kann erhöht oder vermindert werden. Die Kommanditeinlage der "Gründungskommanditistin" beträgt S 50.000,-- . Die Komplementärgesellschaft ist ermächtigt, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten entsprechende Verträge zu schließen, bis die Summe der neuen Kommanditeinlagen S 3,000.000,-- erreicht hat. Die Einlage des Kommanditisten lautet auf S 5.000,-- oder ein Mehrfaches hievon. Die Komplementärgeselischaft ist ermächtigt, a) den Rücktritt von einem Vertrag über den Beitritt eines Kommanditisten zu erklären, wenn dieser die übernommene Kommanditeinlage, sonstige Zahlungen oder Leistungen und Verpflichtungen gemäß Beitrittserklärung nicht erbringt, b) gegebenenfalls das Ausscheiden einzelner Kommanditisten zum Handelsregister anzumelden, wobei im Falle a) der Kommanditist verpflichtet bleibt, die auf seine Kommanditeinlage bezahlten Beträge solange zinsenlos stehen zu lassen, bis an seiner Stelle ein neuer Kommanditist eingezahlt hat (§ 4 des Gesellschaftsvertrages). "Über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus übernimmt der Kommanditist weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber Dritten eine Verpflichtung, Haftung oder Mithaftung, insbesondere auch keine Ausgleichsverpflichtung gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin oder eine Nachschußpflicht. Derartige Verpflichtungen können auch nicht durch einen Gesellschafterbeschluß begründet werden, mit dem der Gesellschaftsvertrag geändert wird" (§ 5). Die Kommanditgesellschaft hat einen aus sieben natürlichen Personen "aus der Gesellschaft" bestehenden Aufsichtsrat (§ 8). Es findet alljährlich innerhalb der ersten sechs Monate eines jeden Jahres eine ordentliche Generalversammlung statt, zu der alle Gesellschafter einzuberufen sind (§ 9). "Der Jahresabschluß ist von der persönlich haftenden Gesellschafterin nach ordentlichen kaufmännischen Grundsätzen unter Berücksichtigung steuerlicher
Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit ... aufzustellen." Der
Jahresabschluß ist festgestellt, wenn ihn der Aufsichtsrat billigt; andernfalls beschließt die Gesellschafterversammlung hierüber (§ 14). Die Komplementärgesellschaft erhält neben Aufwand- und Kostenersatz "vorweg" für Geschäftsführung und das sie treffende Haftungsrisiko ein Entgelt von 5 v.H. des Gewinnes, mindestens jährlich 3 v.H. des eingezahlten Kommanditkapitals. Die Ansprüche auf diese Zahlungen bestehen auch in Verlustjahren (§ 15). Der verbleibende Gewinn steht den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer einbezahlten Komplementär- bzw. Kommanditeinlagen zu. Etwaige Verluste werden auf die Kommanditisten im gleichen Verhältnis verteilt. Anteilige Verluste werden den Kommanditisten auch zugerechnet, wenn sie die Höhe der nominalen Kommanditeinlagen übersteigen. Eine Nachschußpflicht des Kommanditisten ist für diesen Fall ausdrücklich ausgeschlossen (§ 16). "1) Für jeden Kommanditisten werden zwei Kapitalkonten errichtet. a) Kapitalkonto I: Es nimmt die Kommanditeinlage bis zu ihrer Auffüllung auf und bleibt in seinem Bestand unverändert. b) Kapitalkonto II: Es nimmt Gewinnanteile und Verlustanteile sowie Entnahmen und allfällige Einlagen außerhalb der Kommanditeinlage auf. 2) Etwaige Verlustanteile werden von den Kapitalkonten II abgebucht, wodurch buchmäßig auch negative Kapitalkonten II entstehen können. Hiedurch entsteht jedoch keine Nachschußpflicht." (§ 17) Jedem Kommanditisten ist es gestattet, seinen Kommanditanteil auf einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten zu übertragen, wobei die Wirksamkeit einer solchen Übertragung gegenüber der Kommanditgesellschaft unter in § 19 des Vertrages näher umschriebenen Voraussetzungen wirksam wird. Dieses "Übertragungsrecht" ist insoweit eingeschränkt, als der Aufsichtsrat über die "Aufnahme" entscheidet, wenn die Komplementärgesellschaft die Person des Erwerbers aus "wichtigen Gründen" für "nicht tragbar" hält. In allen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters erhält der Ausscheidende als Auseinandersetzungsguthaben den Kapitalanteil zuzüglich Gewinnanteil bzw. abzüglich Verlustanteil laut Bilanz (§ 21). Für den Liquidationsfall ist in § 23 bestimmt: "Das sich durch die Liquidation ergebende Vermögen wird, soweit es über die buchmäßigen Kontenstände hinausgeht, nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels verteilt. Das gleiche gilt für einen etwaigen Liquidationsverlust; eine Ausgleichsverpflichtung der Kommanditisten gegen die persönlich haftende Gesellschafterin ist ausgeschlossen." In den Z. 1 bis 3 des § 25 ist bestimmt: "1) Im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen. 2) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. 3) Sollten sich einzelne Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages als unwirksam erweisen, so wird dadurch die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt. Eine ungültige oder unklare Bestimmung ist so zu deuten, daß der mit ihr beabsichtigte wirtschaftliche Zweck erreicht wird; dasselbe gilt hinsichtlich etwa hervortretender Vertragslücken."
Durch Aufstockung der Kommanditeinlagen und Aufnahme neuer Gesellschafter erhöhte sich das Kommanditkapital in der Folge auf S 4,602.000,--. Die Summe der negativen Kapitalkonten der Kommanditisten ist zum mit S 2,508.521,-- ausgewiesen.
Für 1976 (Wirtschaftsjahr bis ) erklärte die Beschwerdeführerin einen Verlust von S 1,114.650,-- den sie anteilsmäßig auf 93 Gesellschafter aufteilte. Im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1976 setzte das Finanzamt Verlustanteile nur für drei Kommanditisten an, die Summe der Verlustanteile der übrigen rechnete sie der Komplementärgesellschaft zu, "soweit die Verlustanteile 1976 der Kommanditisten nicht mehr gedeckt sind und zu einem negativen Kapitalkonto führen".
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, die, nachdem eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes durch Antrag gemäß § 276 Abs. 1 BAO außer Wirksamkeit gesetzt worden war, der belangten Behörde vorgelegt wurde. Die belangte Behörde hat mit dem nun angefochtenen Bescheid der Berufung keine Folge gegeben:
Gemäß § 169 HGB, dessen Anwendung durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen sei, könne der Kommanditist die Auszahlung eines Gewinnes nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert sei. Mangels Vorliegen einer Auffüllungsverpflichtung werde der Kommanditist durch einen durch den Stand eines Kapitalkontos nicht mehr gedeckten Verlustanteil wirtschaftlich nicht berührt. Es scheine daher in einem derartigen Fall eine Verlustzurechnung an den Kommanditisten nicht gerechtfertigt. Die in Hinkunft gemäß § 169 HGB zum Ausgleich des Kapitalkontos bis auf S 0 heranzuziehenden Gewinnanteile berührten den Kommanditisten wirtschaftlich ebenfalls nicht, und könne beim Kommanditisten erst nach dem durch diesen Ausgleich zustande gekommenen Kapitalstand von S 0 von einem Beziehen (vgl. § 2 Abs. 1 EStG 1972) von Gewinnanteilen wieder die Rede sein (erst nach Erreichung dieses Kapitalkontostandes trete beim Kommanditisten durch einen Gewinnanteil wieder eine Vermögensvermehrung ein). Die Lösung der Frage, ob ein Abgabepflichtiger Einkommen und damit Einkünfte bezogen habe, hänge von der Beantwortung der Frage ab, ob bei diesem Steuerpflichtigen eine Vermögensvermehrung (Vermögensverminderung) eingetreten sei. Diese Auffassung ergebe sich daraus, daß das Gesetz sowohl bei betrieblichen als auch bei nichtbetrieblichen Einkünften auf Vermögensvermehrungen bzw. Vermögensverminderungen durch die Berücksichtigung von Forderungen bzw. Schulden sowie von vereinnahmten bzw. verausgabten Beträgen Bedacht nehme. Wenn daher nach solchen Gesichtspunkten ermittelte Einkünfte zuzurechnen seien, wäre es geradezu absurd, diese Einkünfte dem zuzurechnen, bei dem die Vermögensvermehrung bzw. Vermögensverminderung nicht eingetreten sei, und nicht dem, bei dem diese Folgen eingetreten seien. Die durch die Kapitalkontostände per nicht mehr gedeckten Verlustanteile seien daher dem Komplementär zuzurechnen, da zum im Falle des Ausscheidens eines Kommanditisten nur der Komplementär den ungedeckten Verlustanteil des Ausscheidenden zu tragen hätte. Die Führung negativer Kapitalkonten für die Kommanditisten stehe dieser Auffassung nicht entgegen, da ein derartiges negatives Kapitalkonto als Vormerkposten für die künftige Gewinnverteilung anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Trotz der Vorschrift des § 167 Abs. 3 HGB, wonach der Kommanditist am Verlust der Gesellschaft nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlage teilnimmt, ist es herrschende handelsrechtliche Ansicht, daß das Kapitalkonto des Kommanditisten durch Verlustzuweisungen negativ sein kann. Das ist dann der Fall, wenn die geleistete Pflichteinlage durch Verluste bereits aufgezehrt ist und noch weitere Verluste entstehen, an denen der Kommanditist partizipiert. Die rechtliche Folge eines negativen Kapitalkontos ist, daß gemäß § 169 HGB die künftigen Gewinnanteile des Kommanditisten bis zum Erreichen der bedungenen Einlage nicht ausgezahlt werden dürfen; sie dienen zur Abdeckung des Verlustsaldos (vgl. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts3, S. 117, und Blümich-Falk11, S. 120 bis 122 zu § 15 und das dort reichlich zitierte Schrifttum).
Nicht einig ist sich die Literatur, ob auch für den Bereich der steuerlichen Gewinnaufteilung ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten mit der Folge anzuerkennen ist, daß stets und in jedem Fall der dem Kommanditisten auf Grund der gesellschaftsvertraglichen Regelung angelastete Verlust ihm auch steuerlich zuzurechnen ist (vgl. hiezu für den österreichischen Bereich: Ruppe-Jud, "Der negative Kapitalanteil des Kommanditisten"; Pokorny, ÖStZ 1976, 253; Stoll in Kastner-Stoll, GesmbH & Co KG2, 403; Gassner, ÖStZ 1976, 246, und "Der Wirtschaftstreuhänder", 1978, 5; Neuner, ÖStZ 1979, 223. Für den deutschen Bereich neben Schulze-Osterloh, ÖStZ 1979, 150, beispielsweise das bei Blümich-Falk11 a. a. O., S. 120, Littmann12, RdNr 105 zu § 15, Hermann-Heuer18, E 168 zu § 15, jeweils angeführte Schrifttum).
Der Verwaltungsgerichtshof befaßte sich mit der gegenständlichen Frage bisher nur indirekt. Im Erkenntnis vom , Zl. 1225/65, Slg. Nr. 3765/F, entschied er, daß die Kommanditgesellschaft kein Recht hat, im Jahr des Ausscheidens eines Kommanditisten dessen negatives Kapitalkonto als Betriebsausgabe zu verrechnen. Neben Ausführungen über den Charakter der Kapitalkonten der Gesellschafter heißt es in jenem Erkenntnis wörtlich: "Nach der herrschenden Meinung bedeutet das, daß auch der Kommanditist einen passiven Kapitalanteil haben kann, aber seine späteren Gewinne zur Deckung eines entstandenen Passivsaldos und zur Deckung einer durch Verluste verlorenen Einlage verwenden muß. Bei seinem Ausscheiden ist er aber anders als der persönlich haftende Gesellschafter zur Deckung des Verlustes nicht verpflichtet. Seine Beteiligung nicht am jährlichen, aber am endgültigen Verlust ist begrenzt. Er nimmt daran nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlage teil (vgl. Schlegelberger, Kommentar zum Handelsgesetzbuch zu § 167)." Aus den Erkenntnissen vom , Zl. 840/73, und vom , Zl. 477/75, Slg. Nr. 4901/F, ergibt sich, daß ein ohne Abfindung ausscheidender Gesellschafter einer Personengesellschaft, der ein negatives Kapitalkonto hat, nur dann einen Veräußerungsgewinn zu versteuern hat, wenn er aus einer Dritten oder den Mitgesellschaftern gegenüber bestehenden Verpflichtung zur Auffüllung des Negativsaldos entlassen wird. Aus den beiden zuletzt zitierten Erkenntnissen folgt, daß ein negatives Kapitalkonto allein nichts über die einen Veräußerungsgewinn begründende Vermögensvermehrung des Ausscheidenden aussagt. Das gilt grundsätzlich für alle Formen der Mitunternehmerschaft, sohin auch für den Kommanditisten. Es kann daher aus der Sicht dieser beiden Erkenntnisse das frühere Erkenntnis vom nur so aufgefaßt werden, daß es lediglich die handelsrechtliche und buchhaltungsmäßige Anerkennung des Entstehens eines negativen Kapitalkontos des Kommanditisten bestätigt, aber keine Aussage darüber trifft, ob diese Verlustzuschreibungen beim Kommanditisten auch steuerliche Wirkung haben. Nun hängt die Frage des Veräußerungsgewinnes des ausscheidenden Gesellschafters mit negativem Kapitalkonto wechselseitig mit der steuerlichen Anerkennung der zum negativen Kapitalkonto führenden Verlustabschreibungen zusammen. Liegt der Fall so, daß der Buchstand (= negatives Kapitalkonto) mit der materiell-rechtlichen Stellung des Kommanditisten im Zeitpunkt seines Ausscheidens deswegen nicht übereinstimmt, weil der Kommanditist niemand gegenüber verpflichtet ist, sein Negativkapital auszugleichen, so erweisen sich die zum Negativkapital führenden Verlustzuweisungen als steuerlich unbeachtliche, bloß formelle Buchungsvorgänge.
Diese Grundsätze bedeuten, daß im Beschwerdefall die rechtliche Stellung der Kommanditisten maßgebend ist. Dabei ist entscheidend, daß laut dem Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin die Kommanditisten in keinem Fall zu irgendeiner Nachschußpflicht, sei es bei ihrem Ausscheiden aus welchem Grund immer, sei es bei Liquidation der Beschwerdeführerin verhalten sind. Darüber hinaus hat ihre Stellung als Mitunternehmer, der im Innenverhältnis die Beteiligung an den stillen Reserven des Unternehmens und am Firmenwert entspricht, vorliegendenfalls nur im Liquidationsfall der Beschwerdeführerin und unter Umständen bei der "Übertragung" des Kommanditanteiles Aktualität, sodaß sich, wirtschaftlich gesehen, ihre Situation der von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft nähert.
Bei dieser Sachlage kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht jener vielfach vertretenen Ansicht anschließen, die steuerlich wirksame Bildung negativer Kapitalkonten von Kommanditisten sei deswegen zu bejahen, weil über künftige Gewinngutschriften gemäß § 169 HGB nicht oder nur eingeschränkt disponiert werden kann. Vielmehr schließt sich der Verwaltungsgerichtshof - jedenfalls für vertragliche Gestaltungen der vorliegenden Art - der bei Littmann a. a. O., RdNr. 105 zu § 15, wiedergegebenen und von diesem Autor geteilten Ansicht von Thiel an. Darnach können Verluste über die Einlage des Kommanditisten hinaus im Jahr der Entstehung nicht den Kommanditisten, sie müssen den Komplementär treffen, der solange dafür einsteht, bis diese Verluste durch spätere Gewinne abgedeckt sind. Die dazu verwendeten Gewinnanteile sind dementsprechend (nach Meinung des Autors auch handelsrechtlich) steuerrechtlich Gewinne des Komplementärs. Daß allein diese Lösung möglich sei - so wird zutreffenderweise weiter ausgeführt -, zeige die ordnungsmäßige Darstellung in der Handelsbilanz.
Ein auf der Aktivseite ausgewiesenes, durch Verlustabschreibung entstandenes negatives Kapitalkonto des Kommanditisten sei ein bloßer Luftposten, der nur die Hoffnung auf Abdeckung durch künftige Gewinne, aber keine Forderung der Gesellschaft gegen den Kommanditisten beinhalte. Eine Aktivierung unter diesem Gesichtspunkt bedeute eine nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verbotene Aktivierung künftiger Gewinnchancen. Dieser Auffassung schließt sich Littmann unter Zitierung weiterer Belegstellen mit Recht an, da der Kommanditist, nachdem seine Einlage durch den Verlust aufgezehrt ist, den auf ihn vertraglich entfallenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht trägt. Hat der Kommanditist seine Einlage einmal einbezahlt, so beträgt sein Kapitalkonto im schlimmsten Fall Null, darunter kann es als Ausdruck echter Vermögensminderung nicht sinken. Er hat somit auch finanziell keine Verpflichtung, einen über die geleistete Einlage hinausgehenden Verlust abzudecken, weder den Gläubigern der Kommanditgesellschaft noch seinen Mitgesellschaftern gegenüber.
Bei dieser vom Verwaltungsgerichtshof für richtig betrachteten und den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechenden rechtlichen Würdigung erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | EStG 1972 §23 Z2; |
Sammlungsnummer | VwSlg 5471 F/1980 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979001661.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-55581