VwGH 27.09.1968, 1654/67
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | WRG 1959 §100; WRG 1959 §122 Abs1; WRG 1959 §99; |
RS 1 | Ausführungen zur Frage der Zuständigkeit zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 122 Abs 1 WRG 1959. |
Normen | AVG §56; VwRallg; |
RS 2 | Für die Auslegung des Spruches eines BESCHEIDES muß auch dessen Begründung herangezogen werden. |
Normen | AVG §39 Abs2; WRG 1959 §122 Abs7; |
RS 3 | Bei der Bestimmung des § 122 Abs 7 WRG 1959 handelt es sich um eine Ausnahme von der im § 39 Abs 2 AVG 1950 festgelegten Offizialmaxime § 122 Abs 7 WRG 1959 ist daher eng auszulegen. |
Norm | WRG 1959 §122 Abs7; |
RS 4 | Für eine einstweilige Verfügung im Sinne des § 122 Abs 7 WRG 1959 gilt nicht, daß eine endgültige nachfolgen muß, wohl aber muß Gefahr im Verzuge vorliegen und muß eine solche Verfügung mit einer anderen endgültigen Verfügung in irgend einem Zusammenhang stehen. |
Norm | WRG 1959 §122 Abs5; |
RS 5 | Einer einstweiligen Verfügung muß binnen Jahresfrist eine endgültige Verfügung, soferne noch erforderlich, nachfolgen Ausnahme § 122 Abs 7 WRG 1959). |
Normen | WRG 1959 §122 Abs1; WRG 1959 §122 Abs3; |
RS 6 | Eine einstweilige Verfügung kann nur dann erlassen werden, wenn zur Abwehr einer bestehenden oder wahrscheinlichen Gefahr ein sofortiges behördliches Einschreiten erforderlich ist. |
Norm | WRG 1959 §122 Abs7; |
RS 7 | Es kann nicht der Sinn des § 122 Abs 7 WRG 1959 sein, der Behörde die Möglichkeit zu geben, von demjenigen, von dem sie annimmt, daß er eine Gewässerverunreinigung herbeiführt, Ermittlungen in der Richtung zu verlangen, ob eine Verunreinigung vorliegt (hier: Mineralöllagerung). |
Normen | BauRallg; VwRallg; WRG 1959 §122; |
RS 8 | Ein Polizeibefehl kann nicht eine Verpflichtung auferlegen, hinsichtlich der der Verpflichtete erst die Zustimmung einer dritten Person benötigt. |
Norm | WRG 1959 §58 Abs2; |
RS 9 | Auf Grund der Bestimmung des § 58 Abs 2 WRG 1959 kann nur die Duldung amtlicher Maßnahmen der Gewässerkunde vorgeschrieben werden (Daher kein Auftrag an Partei die Brunnen von dritten Personen untersuchen zu lassen). |
Normen | WRG 1959 §10 Abs1; WRG 1959 §58 Abs2; |
RS 10 | Eine Person die lediglich ihr Grundwasser nach Maßgabe des § 10 Abs 1 WRG 1959 benützt ist kein Wasserberechtigter im Sinne des § 58 Abs 2 legcit. |
Normen | AVG §76; WRG 1959 §122; |
RS 11 | Ausführungen zur Frage der unrichtigen Vorschreibung der Kosten des Verwaltungsverfahrens im Zusammenhang mit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 122 WRG 1959 (hier: Mineralöllagerung). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Administrationsrat Dohnal, über die Beschwerde der Firma FD in W, vertreten durch Dr. Grete Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 36, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 48.745- I/1/67, betreffend eine einstweilige Verfügung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm der Auftrag gemäß Punkt I/1 des erstinstanzlichen Bescheides und der Auftrag zum Ersatz der Verfahrenskosten aufrechterhalten wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Das Kostenbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem namens des Landeshauptmannes gefertigten Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 10, 30 bis 35, 50, 99, 105, 111, 112, 120 und 132 bis 134 des Wasserrechtsgesetzes 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur unterirdischen Lagerung von
702.500 l Mineralölprodukten (Treibstoffe und Heizöl) auf dem Grundstück n/1 der Katastralgemeinde Wels sowie zur Errichtung und zum Betriebe der hiezu dienenden Anlagen erteilt. Vorgeschrieben wurde u. a., dass bei jedem der vier Lagerbehälter und bei dem Heizölbehälter ein Vacu-Tankschutzgerät der Type LAS Ö(Leckanzeiger) entsprechend den Einbauvorschriften des Herstellerunternehmens zu installieren sei. Hiefür wurde eine "Bauvollendungsfrist" bis festgesetzt. Mit Schreiben vom suchte die Beschwerdeführerin unter Berufung auf Lieferschwierigkeiten um Erstreckung der vorgenannten Frist bis an. In einer weiteren Eingabe vom teilte die Beschwerdeführerin der Behörde mit, dass bei einem der vier Kessel das Tankschutzgerät bereits eingebaut sei, der Einbau bei den übrigen drei Kesseln jedoch erst Ende 1967 erfolgen könne. Der Heizöllagerbehälter sei in der Zwischenzeit wieder ausgebaut worden.
Auf Grund mehrerer Anzeigen, darunter auch einer nahe gelegenen Molkerei, über Verschmutzungen von Brunnen in der Nähe des Betriebes der Beschwerdeführerin, führte das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung am eine Überprüfung des Betriebes der Beschwerdeführerin durch. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass die Beseitigung der Abwässer und der Niederschlagswässer des gegenständlichen Tanklagers durch eine Rohrleitung in den Kanal der Stadt Wels erfolge. Hiefür sei mit Bescheid des Magistrates Wels vom gemäß §§ 12 und 85 der Welser Bauordnung die nachträgliche Baubewilligung erteilt worden. Bei Einhaltung der in diesem Bescheid erteilten baupolizeilichen Aufträge sei eine Verunreinigung des Grundwassers nicht zu erwarten. Den Vorschreibungen sei im wesentlichen entsprochen worden. Eine wasserrechtliche Bewilligung (gemäß § 32 WRG 1959) für die Einleitung der Abwässer in den städtischen Kanal sei nicht erforderlich.
Auf Grund der beim Ortsaugenschein abgegebenen Gutachten des ärztlichen, geologischen, chemischen, maschinenbautechnischen, wasserbautechnischen und hydrographischen Sachverständigen erging sodann der namens des Landeshauptmannes gefertigte Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom . Mit diesem wurden gemäß §§ 10, 30 bis 33, 99, 105, 112 und 122 WRG 1959 der Beschwerdeführerin folgende Aufträge erteilt:
1) Aus den grundwasserstromabwärts des gegenständlichen Mineralöllagers gelegenen Brunnen sind durch einen Fachkundigen Wasserproben zu entnehmen und chemisch-bakteriologisch untersuchen zu lassen. Die diesbezüglichen Wasseruntersuchungsbefunde sind jeweils unverzüglich dem Sanitätsdienst des Magistrates der Stadt Wels vorzulegen. Im Sinne des Gutachtens des amtsärztlichen Sachverständigen sind die Wasseruntersuchungen bei ca. 10 vom Sanitätsdienst des Magistrates näher zu bezeichnenden Brunnenanlagen vorzunehmen, welche in dem durch das Bahnhofspostamt Wels, die Magazinstraße, die Hans-Sachs-Straße, die Unterführung der Schubertstraße und durch den Kaiser-Josef-Platz umgrenzten Gebiete liegen. Diese Wasseruntersuchungen sind bis auf weiteres in Abständen von 1 bis 3 Monaten vorzunehmen.
2) Der beim Lokalaugenschein an der Westseite der Lagerhalle festgestellte Lagerbehälter mit einem Inhalt von ca. 35.000 l ist sofort zu entfernen.
3) Die Fläche des Schleppgleises im Bereich der Lagerhalle ist flüssigkeitsdicht zu befestigen.
4) Die Manipulation mit Mineralölprodukten auf nicht flüssigkeitsdicht befestigten Flächen ist zu unterlassen.
Gleichzeitig wurden der Beschwerdeführerin gemäß §§ 66, 67 und 68 AVG die Kosten des Verwaltungsverfahrens (S 6.300,-- Kommissionsgebühren, S 75,-- Stempelgebühren und S 640,40 Barauslagen, zusammen S 7.015,40) zum Ersatz vorgeschrieben. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid (mit Ausnahme des Punktes 2), den die Beschwerdeführerin als erfüllt meldete) erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte im wesentlichen vor, die Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung seien nicht gegeben, weil keine unmittelbare Gefahrenabwehr vorliege, sondern die Feststellung der Ausbreitung einer bereits seit Jahren vorhandenen Verunreinigung des Bodens. Die Vorschreibung der Wassergüteuntersuchung zeige dies deutlich. Der Bereich entlang des Schleppgleises sei bereits flüssigkeitsdicht befestigt. Der Bereich, der für die Verlegung des künftigen Schleppgleises vorgesehen sei, sei nicht befestigt, weil dieser bei der vorgesehenen Verlegung des Schleppgleises wieder entfernt werden müsste. Das Verbot der Unterlassung jeglicher Manipulation auf nicht öldicht befestigten Flächen gehe weit über die Zuständigkeit der Behörde hinaus, da die Beschwerdeführerin nicht für Manipulationen auf dem Bahngelände, der Straße oder im Werksgelände der Österreichischen Mineralölverwaltung verantwortlich gemacht werden könne. Für die Überprüfung der Anlage seien Sachverständige auf dem Gebiete der Geologie, der Hydrographie, der Chemie und der Hygiene nicht erforderlich gewesen. Das Thema des Lokalaugenscheines, nämlich die Überprüfung der Anlage, wäre in einer halben Stunde erschöpft gewesen. Es würden daher nur Kosten in der Höhe von S 210,-- anerkannt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als sie die Vorschreibung nach Punkt 3 sowie die Vorschreibung der Stempelgebühren von S 75,-- behob. Im übrigen bestätigte sie den erstinstanzlichen Bescheid. Die Aufhebung des Auftrages nach Punkt 3 begründete sie damit, dass eine ähnliche Vorschreibung bereits von der Baubehörde in der baurechtlichen Bewilligung der Einleitung, der Abwässer in den städtischen Kanal ergangen sei, die Aufhebung der Vorschreibung der Stempelgebühren damit, dass zu deren Einhebung ausschließlich die Finanzbehörden zuständig seien.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Bevor der Gerichtshof in die Prüfung der Frage eintreten konnte, ob der angefochtene Bescheid aus den in der Beschwerde geltend gemachten Gründen rechtswidrig ist, musste er prüfen, ob die im gegenständlichen Verfahren eingeschrittenen Verwaltungsbehörden zur Erlassung des angefochtenen Auftrages zuständig waren. Seinem Inhalte nach handelt es sich bei dem Bescheid des Landeshauptmannes vom um eine einstweilige Verfügung nach § 122 WRG 1959. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen. Die nach § 99 oder § 100 zuständige Wasserrechtsbehörde kann solche einstweilige Verfügungen abändern oder selbst treffen. Diese Befugnis steht, während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens auch der Berufungsbehörde zu, selbst dann, wenn gegen die einstweilige Verfügung keine Berufung erhoben wurde. Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen mit den Bestimmungen der §§ 98 bis 100 WRG 1959 ergibt sich, dass zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde berufen ist. Jedoch können auch die Wasserrechtsbehörde II. Instanz (der Landeshauptmann) und die Wasserrechtsbehörde III. Instanz (das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft) eine solche Verfügung erlassen, diese beiden Behörden jedoch zum Unterschied von den Bezirksverwaltungsbehörden nur dann, wenn sie nach den §§ 99 bzw. 100 WRG 1959 an sich berufen wären, in dem betreffenden Bereich als Wasserrechtsbehörde tätig zu werden. Eine weitere Zuständigkeit des Landeshauptmannes und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft ist dann gegeben, wenn sie als Berufungsbehörde einschreiten (§ 122 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959).
Im vorliegenden Fall war Anlass zum Einschreiten der Wasserrechtsbehörde eine Überprüfung der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wasserrechtlich bewilligten Betriebsanlage der Beschwerdeführerin. Bei dieser Anlage handelt es sich um die Lagerung von 702.500 l Mineralölprodukten. Zur Genehmigung derartiger Betriebsanlagen ist zufolge § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 379/1936 der Landeshauptmann zuständig. Dies hat nach § 99 Abs. 1 lit. i WRG 1959 zur Folge, dass auch für die Angelegenheiten des Wasserrechtes die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gegeben ist. In dieser Hinsicht bestehen daher gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keine Bedenken. In der Sache selbst ist folgendes zu sagen:
Von den vier Aufträgen des erstinstanzlichen Bescheides wurde der Auftrag nach Punkt 3 von der belangten Behörde selbst aufgehoben. Den Auftrag nach Punkt 2 meldet die Beschwerdeführerin als erfüllt. Jedenfalls hat sie gegen diesen Auftrag nichts vorgebracht. Er ist sohin als nicht angefochten anzusehen.
Hinsichtlich des Auftrages Punkt 4 bringt die Beschwerdeführerin vor, bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid darauf hingewiesen zu haben, sie könne nicht verpflichtet werden, die Manipulation mit Mineralöl in ganz Österreich nur auf flüssigkeitsdichten Flächen vorzunehmen. Die belangte Behörde habe zwar im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass diese Ansicht abwegig sei. Sie übersehe jedoch, dass der Umfang der Rechtskraft eines Bescheides nur aus dem Spruch ermittelt werden könne, nicht aber aus seiner Präambel. Es sei daher das Recht der Beschwerdeführerin, gegen diese unbeschränkte Anordnung einzuschreiten. Es ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass die Formulierung des in Rede stehenden Auftrages allgemein gehalten ist und dass nur der Spruch eines Bescheides in Rechtskraft erwächst. Für die Auslegung des Spruches eines Bescheides muss aber auch dessen Begründung herangezogen werden. Aus dieser ergibt sich aber zweifelsfrei, dass sich die behördliche Anordnung nur auf das Tanklager der Beschwerdeführerin in Wels bezieht. Gegen die Rechtmäßigkeit dieses behördlichen Auftrages bestehen daher keine Bedenken.
Bei dem Auftrag nach Punkt 1 handelt es sich um einen solchen zur Vornahme von Ermittlungen. Rechtsgrundlage hiefür ist § 122 Abs. 7 WRG 1959. Nach dieser Bestimmung kann mit einer einstweiligen Verfügung auch die Vornahme von Ermittlungen und die vorläufige Aufbringung der Durchführungskosten angeordnet werden. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Ausnahme von dem im § 39 Abs. 2 AVG allgemein aufgestellten Grundsatz, dass die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes Sache der erkennenden Behörde ist. Diese Bestimmung ist daher eng auszulegen. Aus der Verwendung der Worte "bei Gefahr im Verzuge" im Abs. 1 und "bei besonderer Dringlichkeit" im Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ergibt sich, dass bei ihrer Anwendung eine Situation gegeben sein muss, die zur Abwehr einer bestehenden oder wahrscheinlichen Gefahr ein sofortiges behördliches Einschreiten erfordert. Daraus, dass es sich hier um eine einstweilige Verfügung handelt - nach Abs. 5 tritt eine solche Verfügung grundsätzlich mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit - folgt, dass in irgend einem Zeitpunkt eine endgültige Verfügung nachfolgen muss, sofern sich nicht ergibt, dass eine Verfügung nicht mehr erforderlich ist. Für eine einstweilige Verfügung nach Abs. 7 des § 122 WRG 1959 kann die letztgenannte Voraussetzung allerdings nicht gefordert werden. Wohl aber muss auch für eine solche Verfügung das Erfordernis der "Gefahr im Verzuge" gegeben sein. Schließlich muss auch eine Verfügung nach der letztgenannten Gesetzesstelle mit einer "endgültigen Verfügung" in irgend einem Zusammenhang stehen. Rechtsgrundlage für eine solche endgültige Verfügung kann im vorliegenden Fall nur die Bestimmung des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 sein. Nach dieser Gesetzesstelle kann, unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde verhalten werden, auf seine Kosten die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Missstände zu beheben.
Im vorliegenden Falle haben die bisherigen Feststellungen der Behörde nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin irgendwelchen zum Schutze des Grundwassers erteilten Vorschreibungen nicht nachgekommen ist. Es konnte vielmehr nicht einmal festgestellt werden, dass eine Verunreinigung des Grundwassers vorliegt, anderenfalls der bekämpfte Auftrag nicht verständlich wäre. Ein solcher Sachverhalt reicht aber für eine einstweilige Verfügung nach § 122 Abs. 7 WRG 1959 nicht aus. Es kann nämlich nicht der Sinn dieser Gesetzesstelle sein, der Behörde die Möglichkeit zu geben, von demjenigen, von dem sie annimmt, dass er eine Gewässerverunreinigung herbeiführt, Ermittlungen in der Richtung zu verlangen, dass eine Gewässerverunreinigung tatsächlich vorliege. Hiezu kommt noch, dass der Beschwerdeführerin aufgetragen wurde, Brunnen zu untersuchen, über die sie nicht verfügt. Nun kann aber nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Polizeibefehl nicht eine Verpflichtung auferlegen, hinsichtlich welcher der Verpflichtete erst die Zustimmung einer dritten Person benötigt. Wenn die belangte Behörde auf Grund einer Anfrage gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 ausgeführt hat, die Zustimmung der Betroffenen sei bei der mündlichen Verhandlung vom erteilt worden, selbst wenn sie aber nicht vorläge, böte § 58 Abs. 2 WRG 1959 eine ausreichende Rechtsgrundlage, um die Brunnenbesitzer zur Duldung der Untersuchungen zu verpflichten, so vermag sich der Verwaltungsgerichtshof dieser Ansicht nicht anzuschließen. Nach dem Inhalt des hier in Rede stehenden Auftrages sind die Untersuchungen bei ca. 10 vom Sanitätsdienst des Magistrates zu bezeichnenden Brunnen durchzuführen. Es stand daher im Zeitpunkt der Auftragserteilung überhaupt noch nicht fest, welche Brunnen untersucht werden sollen. Was aber den Hinweis auf die Bestimmung des § 58 Abs. 2 WRG 1959 anlangt, so besagt diese Gesetzesstelle, dass die Wasserberechtigten mit Bescheid verhalten werden können, Beobachtungen, Messungen und sonstige Maßnahmen zu dulden und zu unterstützen, die zur Förderung der Gewässerkunde auf ihren Grundstücken und Anlagen durchgeführt werden. Abgesehen davon, dass derjenige, der das Grundwasser lediglich im Rahmen des § 10 Abs. 1 WRG 1959 benutzt, kein Wasserberechtigter im Sinne der vorangeführten Gesetzesstelle ist, kann auf Grund derselben nur die Duldung amtlicher Überprüfungen vorgeschrieben werden.
Den Auftrag zum Ersatz der Kosten des Verwaltungsverfahrens - mit Ausnahme der Stempelgebühren - hat die belangte Behörde im wesentlichen mit der Begründung aufrechterhalten, dass zur Feststellung und Beurteilung potenzieller Verunreinigungsherde und der nachteiligen Auswirkungen der Verunreinigung des Grundwassers und der zur Gefahrenabwehr und Hintanhaltung einer weiteren Schädigung der Wasserversorgung die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises notwendig gewesen sei, wobei die verschiedenen Fachfragen nur von Sachverständigen verschiedener Wissensgebiete beantwortet werden konnten. Dass mit einem maschinenbautechnischen Amtssachverständigen und einer halben Stunde Verhandlungsdauer, wie die Beschwerdeführerin meint, die Behörde das Auslangen hätte finden können, um die umfassenden Fachfragen zu lösen und den Sachverhalt klarzustellen, könne bei Würdigung der Bedeutung des Grundwasservorkommens für die Wasserversorgung nicht behauptet werden. Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, dass zur Klarstellung des Sachverhaltes nicht alle Sachverständigen erforderlich gewesen seien. Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Es geht nicht darum, ob die Behörde zur Feststellung der Ursachen der Verunreinigung mehrerer Brunnen im Bereiche des Tanklagers der Beschwerdeführerin alle von ihr herangezogenen Sachverständigen benötigte, sondern ob diese Sachverständigen zur Erlassung der einstweiligen Verfügung erforderlich waren. Bleibt aber als einziger dem Gesetz entsprechender Auftrag nur der Auftrag nach Punkt 4 (Verbot der Manipulation mit Mineralölprodukten auf nicht flüssigkeitsdicht befestigten Teilen der Liegenschaft) übrig, dann ist nicht ersichtlich, welche Sachverständigengutachten zur Erteilung dieses Auftrages notwendig waren. Denn dass beim Manipulieren mit größeren Mengen von Mineralölprodukten, wenn der Boden nicht flüssigkeitsdicht ist, mit dem Eindringen dieser Produkte in das Grundwasser und damit mit einer Verunreinigung desselben gerechnet werden muss, bedarf keines weiteren Beweises.
Der angefochtene Bescheid musste daher, soweit mit ihm der Auftrag nach Punkt 1 und die Vorschreibung der Kosten aufrechterhalten wurden, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Dagegen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den übrigen Teil dieses Bescheides richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Aufwandersatz musste abgewiesen werden, weil dieser Antrag entgegen der Bestimmung des § 59 Abs. 2 VwGG 1965 nicht in der Beschwerde, sondern erst in der Ergänzung der Beschwerde gestellt wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1968:1967001654.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-55561