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VwGH 06.10.1961, 1649/59

VwGH 06.10.1961, 1649/59

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 1
Hat die erste Instanz einen Antrag auf Rentengewährung wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, so kann die Partei im Berufungsverfahren nicht neue Gründe für die Zulässigkeit der neuerlichen Geltendmachung ihres Anspruches ins Treffen führen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Borotha und die Räte Dr. Strau, Dr. Lehne, Dr. Klecatsky und Dr. Hinterauer als Richter, im Beisein des Polizeikommissärs Dr. Primmer als Schriftführer, über die Beschwerde des FK in G gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Steiermark vom , Schl. Zl. II - 165/1/59, betreffend Kriegsopferversorgung (Zusatzrente), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. Seinen Antrag vom auf Gewährung von Zusatzrente wies das Landesinvalidenamt für Steiermark mit Bescheid vom  mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin eine Landwirtschaft im Ausmaße von 14,40 ha besitze und die Erträgnisse aus diesem Betriebe "die für die Gewährung der Zusatzrente festgesetzte Einkommensgrenze bzw. die Gebührnisse bei Erwerbsunfähigkeit wertmäßig übersteigen". Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Am 4. Apri1 1959 beantragte der Beschwerdeführer die "Abänderung des Bescheides vom bzw. die Zuerkennung der Zusatzrente samt Frauen- und Kinderzulagen". Hiezu führte er aus, das Landesinvalidenamt habe seinen Anspruch auf Zusatzrente verneint, weil er mit seiner Ehegattin eine 14 ha große Landwirtschaft besitze. Tatsächlich gehöre diese Landwirtschaft zu drei Vierteln seinen Schwiegereltern, ihm aber nur zu einem Viertel. Die Erträgnisse aus diesem Viertelanteil erreichten bei weitem nicht die für ihn geltende Einkommensgrenze. Das Landesinvalidenamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurück, weil weder in der Sach- noch Rechtslage gegenüber dem abweislichen Bescheid vom eine Änderung eingetreten sei. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er erziele aus dem Viertelanteil des landwirtschaftlichen Betriebes im Gesamtausmaße von 14 ha ein schwankendes Einkommen. Es sei daher "absurd, unter Hinweis auf einen Bescheid, vom bei einem schwankenden Einkommen eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache vorzunehmen". Eine derartige Vorgangsweise stehe insbesondere mit der Vorschrift des § 13 Abs. 3 KOVG 1957 in Widerspruch. Außerdem hatten sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse aus der Liegenschaft und seine Liegenschaftsanteile "wesentlich verringert". Die belangte Behörde gab der Berufung keine Folge. In der Begründung führte sie aus, im Zeitpunkte der Erlassung des Bescheides vom sei die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers durch Erhebungen klargestellt und dem Landesinvalidenamt bekannt gewesen, daß der Beschwerdeführer nur zu einem Viertel Eigentümer einer 14,40 ha großen Landwirtschaft sei. Die gleiche Sachlage bestehe auch derzeit noch, was auch aus den Berufungsausführungen einwandfrei hervorgehe. Was die Berufungseinwendung betreffe, das Landesinvalidenamt hätte das Einkommen nach § 13 Abs. 3 KOVG 1957 ermitteln müssen, so habe das Landesinvalidenamt nach Ansicht der Schiedskommission richtigerweise nicht § 13 Abs. 3, sondern § 13 Abs. 4 KOVG 1957 angewendet, weil es sich bei den Einkünften aus Landwirtschaft um solche handle, die zur Gänze oder zum Teil in Güterform erzielt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Zusatzrente gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 zurückgewiesen. Nach dieser Bestimmung sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Demnach könnte ein neuerliches Anbringen nur dann Anlaß zu einer Abänderung des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides bilden, wenn es sich um eine seit Erlassung des rechtskräftigen Bescheides eingetretene Änderung der Rechtslage oder um eine Änderung des damals angenommenen Sachverhaltes handelte. Eine Änderung der Rechtslage war vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet worden. Der Beschwerdeführer strebte vielmehr eine neuerliche Entscheidung über seinen Anspruch auf Zusatzrente im wesentlichen deswegen an, weil das Landesinvalidenamt im rechtskräftigen Bescheide vom von der objektiv unrichtigen Annahme ausgegangen sei, daß der Beschwerdeführer Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes im Ausmaße von 14,40 ha sei, während er in Wirklichkeit nur zu einem Viertel Miteigentümer derselben sei. Ob nun diese Behauptung den Tatsachen entspricht oder nicht (nach einem Bericht des Bürgermeisters von G vom gehört von dieser Landwirtschaft im Ausmaße von 14 ha dem Beschwerdeführer "die Hälfte mit der Frau", nach einem Bericht der gleichen Behörde vom bezieht die beschwerdeführende Partei ein Einkommen aus "1/4 Anteil ihrer Landwirtschaft, Ausmaß 14,40 ha"), das Landesinvalidenamt im rechtskräftig abgeschlossenen früheren Verfahren demnach von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder nicht, ist im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung, weil hier die Gesetzmäßigkeit des Bescheides vom zu prüfen ist. In dieser Hinsicht wurde aber vom Beschwerdeführer eine Änderung des Sachverhaltes nicht behauptet, sondern nur darauf hingewiesen, daß im Bescheide vom die Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Hiegegen hätte er sich nur wenden können, indem er gegen diesen Bescheid berief. Das hat er jedoch nicht getan. Da eine Änderung des objektiven Sachverhaltes - soweit es sich um das Ausmaß des dem Beschwerdeführer gehörigen landwirtschaftlichen Betriebes handelt -

nicht eingetreten ist, bestand für die belangte Behörde auch kein Hindernis, nach § 68 Abs. 1 AVG 1950 vorzugehen.

Der Beschwerdeeinwand, die Ausführungen der belangten Behörde über die Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 und 4 KOVG 1957 widersprächen dem Gesetze, könnte im Beschwerdefalle nur dann von rechtsentscheidender Bedeutung sein, wenn - was wie eben ausgeführt, nicht zutrifft - seit der Erlassung des Bescheides vom in der Sachlage eine Änderung eingetreten wäre. Da dies nicht der Fall ist, kommt diesem Einwand im vorliegenden Verfahren eine rechtserhebliche Bedeutung nicht zu, weil die Behörde nur die Änderung der Rechts- und Sachlage, nicht aber auch eine allfällige Rechtswidrigkeit des rechtskräftigen Bescheides vom zu berücksichtigen hatte. Im übrigen sei bemerkt, daß sich die Bestimmungen der Abs. 3 und 4 des § 13 KOVG 1957 gegenseitig keineswegs ausschließen, vielmehr beide Gesetzesstellen in dem Fall anzuwenden sind, wenn ein Einkommen, das seiner Höhe nach nicht rein zahlenmäßig ermittelt werden kann (Abs. 4), gleichzeitig auch schwankend (Abs. 3) ist.

Nun hat der Beschwerdeführer (zwar noch nicht in seinem Zusatzrentenantrage vom , wohl aber in der Berufungsschrift vom ) neben seinen sonstigen Einwendungen bei Stellung des Berufungsantrages in Parenthese beigefügt, es hätten "sich außerdem seine wirtschaftlichen Verhältnisse aus der Liegenschaft und seines Liegenschaftsanteiles wesentlich verringert.". Mit dieser Behauptung hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings nicht auseinandergesetzt. Dies ist jedoch aus folgender Überlegung für die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Belang: Die bei einer nachträglichen Änderung des Sachverhaltes bestehende Möglichkeit, einen Anspruch, über den bereits rechtskräftig in abweisendem Sinn entschieden wurde, neuerlich vor der Behörde zu erheben, setzt voraus, daß die Umstände, die die Rechtskraft zu durchbrechen geeignet sind, ähnlich wie bei der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens aus den im § 69 AVG 1950 genannten Gründen, von der Partei geltend gemacht werden. Erst das Vorliegen solcher Gründe bildet in jenen Fällen, in denen, wie im vorliegenden, die Wirkung der Rechtskraft zufolge der der getroffenen Entscheidung innewohnenden clausula rebus sic statibus nur eine beschränkte sein kann, die rechtliche Grundlage, auf der über dieselbe Angelegenheit eine neue Entscheidung getroffen werden kann.

Das Fehlen solcher Gründe berechtigt die Behörde, den Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Aus dieser Rechtslage folgt ihrem Wesen nach zwingend, daß die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes (dem iudicium rescindens vergleichbar) ausschließlich an Hand jener Gründe erfolgen darf, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Es können somit derartige Gründe in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden. Die belangte Behörde wäre somit im vorliegenden Beschwerdefall gar nicht in der Lage gewesen, auf den erst in der Berufung vorgebrachten Grund der Verminderung der Erträgnisse der Liegenschaft des Beschwerdeführers, der von ihm übrigens auch gar nicht konkretisiert worden ist, einzugehen. Es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, auf diesen Grund gestützt und unter näherer Darlegung, worin die Ertragsminderung besteht und welche Ursachen sie hat, beim Landesinvalidenamt allenfalls einen neuen Antrag auf Zuerkennung der Zusatzrente zu stellen.

Der vorliegenden Beschwerde mußte aber aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 ein Erfolg versagt bleiben. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Sammlungsnummer
VwSlg 5642 A/1961
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren
Einwendung der entschiedenen Sache
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1961:1959001649.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-55541