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VwGH 30.01.1978, 1633/76

VwGH 30.01.1978, 1633/76

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Reichel, Dr. Seiler, Dr. Großmann und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des HP in W, vertreten durch Dr. Richard Wandl, Rechtsanwalt in St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-665/4/76, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom traten AS und WA, beide vertreten durch den Beschwerdeführer, die ihnen gehörigen Geschäftsanteile an der A GesmbH. an HB ab. Als Abtretungsentgelt wurde unter anderem die Zahlung einer lebenslänglichen monatlichen Rente von S 15.000,-- an den Beschwerdeführer vereinbart. Nach Abschnitt XII des Abtretungsvertrages bestellte "der Übernehmer Herr HB" zur Sicherung der Leibrentenforderung eine der A GesmbH gehörige Liegenschaft und einen ihr gehörigen Anteil an einer anderen Liegenschaft zum Pfand und erteilte seine Einwilligung zur Einverleibung dieses Pfandrechtes. Im Notariatsakt ist ferner festgehalten, daß der Beschwerdeführer "im eigenen Namen und im Vollmachtsnamen" unter anderem auch der oben genannten Zedenten, und HB "im eigenen Namen und als Geschäftsführer der A GesmbH" anerkennen, diese Urkunde errichtet und eigenhändig unterzeichnet zu haben, daß ferner HB "im eigenen Namen und als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer" der GesmbH seine Einwilligung erteile, daß der Notariatsakt in Ansehung der von ihm übernommenen Verpflichtung zur Zahlung einer Leibrente gegen ihn persönlich als Schuldner und gegen die A GesmbH vollstreckbar sei, und daß schließlich HB "als allein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer der A GesmbH für diese Gesellschaft" die Einwilligung erteile, daß die Vollstreckbarkeit bei der Einverleibung des Pfandrechts bücherlich angemerkt werde.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien dem Beschwerdeführer für die Pfandbestellung gemäß § 33 TP 18 des Gebührengesetzes 1957 eine Rechtsgebühr in Höhe von S 30.600,-- zur Zahlung vor. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und beantragte die Auflassung der Gebührenvorschreibung mit der Begründung, daß es sich bei der Pfandbestellung um ein gemäß § 19 Abs. 2 des Gebührengesetzes 1957 von der Gebührenpflicht ausgenommenes Sicherungsgeschäft handle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 2 des Gebührengesetzes 1957 habe unter anderem zur Voraussetzung, daß Hauptgeschäft und Nebengeschäft zwischen denselben Vertragspartnern abgeschlossen würden. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Vertragspartner des Hauptgeschäftes seien AS, WA und HB gewesen. Vertragspartner des Nebengeschäftes seien hingegen die A GesmbH und der Beschwerdeführer gewesen, denn es könne wohl keinem Zweifel unterliegen, daß HB die im Vermögen der A GesmbH befindlichen Grundstücke nicht im eigenen Namen, sondern nur als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der A GesmbH zum Pfand habe bestellen können. Zum Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde darauf hingewiesen, daß gemäß § 284 Abs. 1 BAO nur im Verfahren vor einem Berufungssenat eine solche Verhandlung vorgesehen sei. Die Entscheidung über Berufungen betreffend Rechtsgebühren obliege jedoch nach § 260 Abs. 1 BAO der Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 2 des Gebührengesetzes 1957 ist auch dann, wenn in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen werden, die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenverabredungen, gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder einer Verkehrsteuer unterliegt.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die im Notariatsakt vom enthaltene Verpfändung von Grundbesitz als ein Nebengeschäft zur Sicherung der in derselben Urkunde vereinbarten Abtretung von GesmbH-Anteilen anzusehen ist. Die belangte Behörde hat die Anwendbarkeit der oben wiedergegebenen Vorschrift des zweiten Satzes des § 19 Abs. 2 des Gebührengesetzes 1957 jedoch mit der Begründung verneint, daß das Hauptgeschäft und das Nebengeschäft nicht von denselben Vertragsteilen abgeschlossen worden seien.

Diese Beurteilung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen. Nach dem Urkundeninhalt konnte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß HB seine Erklärung zur Sicherung der Leibrentenforderung des Beschwerdeführers der A GesmbH gehöriges Grundvermögen zu verpfänden; in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der A GesmbH abgegeben hat. Sohin war nicht HB, sondern die genannte Gesellschaft Vertragsteil des streitgegenständlichen Nebengeschäftes. Da sie aber am Hauptgeschäft nicht beteiligt war, liegt schon aus diesem Grund die vom Gesetz verlangte Identität der Vertragsparteien nicht vor.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, es müsse davon ausgegangen werden, daß HB durch den Erwerb aller Geschäftsanteile an der A GesmbH deren alleiniger Gesellschafter geworden sei. Er habe daher die Bestellung der der A GesmbH gehörenden Liegenschaften zum Pfand nicht nur in der Eigenschaft als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer vorgenommen; sondern vielmehr in der Eigenschaft als Gesellschafter, oder besser ausgedrückt als Eigentümer des Gesellschaftsvermögens. Die A GesmbH sei in Ansehung des Pfandbestellungsvertrages nicht als Vertragspartner zu qualifizieren, sondern als eine Sache, die dem Vermögen der physischen Person des Geschäftsführers und alleinigen Gesellschafters HB zugeordnet sei.

Diesen Gedankengang hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 263/76, das über die gegen den angefochtenen Bescheid gemäß Art. 144 B-VG erhobene Beschwerde ergangen ist, als eine Verkennung des Wesens der juristischen Person charakterisiert. Nach bürgerlichem Recht ändert auch eine Vereinigung aller Anteile einer GesmbH in einer Hand nichts daran, daß sich Gesellschaft und Gesellschafter als eigene Rechtssubjekte gegenüberstehen und daß die Gesellschaft und nicht der Alleingesellschafter Träger des Gesellschaftsvermögens ist. Da das Gebührengesetz 1957 in Ansehung des Abschlusses von Rechtsgeschäften an das Vertragsrecht des bürgerlichen Rechts anknüpft und insbesondere für den Begriff "Vertragsteil" keine hievon abweichende Umschreibung enthält, ist es nicht zulässig, einen Durchgriff auf den hinter der Gesellschaft stehenden Alleingesellschafter vorzunehmen und auf diese Weise nur zu einer vertragschließenden Person zu gelangen. Die Auffassung des Beschwerdeführers ist daher abzulehnen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt auch die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Rechts auf Parteiengehör nicht vor. Die belangte Behörde war aus dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits aufgezeigten Grund nicht verpflichtet, über die Berufung des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Sie war auch nicht gehalten, dem Beschwerdeführer ihre rechtliche Beurteilung des Falles vor Fällung der Entscheidung zur Kenntnis zu bringen. Der Sachverhalt selbst war mit dem Notariatsakt vom und dessen Inhalt von vornherein gegeben und dem Beschwerdeführer auch bekannt.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
GebG 1957 §19 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1976001633.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-55494