Suchen Hilfe
VwGH 23.02.1971, 1617/70

VwGH 23.02.1971, 1617/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BAO §34;
BAO §35;
BAO §36;
BAO §37;
BAO §38;
BAO §39;
BAO §40;
BAO §41;
BAO §42;
BAO §43;
BAO §44;
BAO §45;
BAO §46;
BAO §47;
RS 1
Ausführungen zur Frage, ob von der Geltendmachung der Abgabepflicht bei einem Forstgut abgesehen werden kann.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Kaupp, Hofstätter, DDr. Heller und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Weinke, über die Beschwerde der "N-Stipendienstiftung für Niederösterreich" mit dem Sitz in W, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Rosenbursenstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 254.492-9a/70, betreffend Befreiung von der Agabenpflicht nach § 44 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesministerium für Finanzen) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem das Finanzamt für Körperschaften in Wien die beschwerdeführende Partei um die Vorlage des Stiftsbriefes ersucht hatte, forderte es diese zur Abgabe von Körperschafts- und Vermögensteuererklärungen auf.

Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung als Verwalterin der beschwerdeführenden Partei stellte daraufhin am bei der belangten Behörde den Antrag, sie möge im Dienstaufsichtsweg die Verfügung des Finanzamtes widerrufen oder den Widerruf der Verfügung des Finanzamtes veranlassen bzw. in eventu von der Geltendmachung einer Abgabepflicht gemäß § 44 Abs. 2 BAO absehen.

Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung wiederholte am seinen Antrag. Mit dem nun angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß die nach den einzelnen Abgabenvorschriften bestehende Abgabepflicht der beschwerdeführenden Partei gemäß § 44 Abs. 2 BAO nur hinsichtlich des unter der Bezeichnung "Stiftungsgut X" (Forstamt X) unterhaltenen forstwirtschaftlichen Betriebes geltend gemacht werde. Die Bewilligung sei davon abhängig, daß die Erträge der gesamten forstwirtschaftlichen Tätigkeit zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke verwendet werden.

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid damit, die beschwerdeführende Partei sei nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen, da sie weder auf Grund eines Gesetzes ausdrücklich als solche geschaffen oder anerkannt worden sei und ihr öffentlich-rechtlicher Charakter auch nicht aus dem Zusammenhang einer gesetzlichen Regelung klar erkennbar sei. Sie zähle daher als "sonstige juristische Person des privaten Rechtes" zu den im § 1 Abs. 1 Z. 5 KStG 1966 genannten unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften (Vermögensmassen). Die Stiftung verfolge nach dem Stiftungsbrief gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 35 BAO, doch unterhalte sie einen forstwirtschaftlichen Betrieb, weshalb ihr gemäß § 44 Abs. 1 BAO eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke an sich nicht zukomme. Die belangte Behörde sei jedoch gemäß § 44 Abs. 2 BAO in Ausübung des Ermessens ermächtigt, von der Geltendmachung der Abgabepflicht ganz oder teilweise abzusehen, wenn andernfalls die Erreichung des von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre. Diese Voraussetzung sei als gegeben anzusehen. Eine gänzliche Befreiung von der Abgabepflicht sei aber aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der sonst auftretenden Wettbewerbsverzerrungen gegenüber gleichartigen steuerpflichtigen Betrieben nicht begründet.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Partei vermeint, aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich implizite die Feststellung, daß sie nach Körperschaftsteuergesetz und Vermögensteuergesetz abgabenpflichtig sei. Dies sei jedoch unrichtig, weil die beschwerdeführende Partei eine juristische Person des öffentlichen Rechtes sei. Eine Entscheidung nach § 44 Abs. 2 BAO hätte im übrigen nur ergehen dürfen, wenn die Feststellung der Abgabepflicht der beschwerdeführenden Partei durch die zuständige Abgabenbehörde bereits erfolgt wäre. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liege deshalb vor, weil die belangte Behörde die Prüfung unterlassen habe, ob die Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke der beschwerdeführenden Partei im Falle auch der nur teilweisen Geltendmachung einer Abgabepflicht vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre. Im Falle der Geltendmachung der Abgabepflicht wäre die Erfüllung des Stiftungszweckes, wenn nicht überhaupt unmöglich, so doch ganz wesentlich beeinträchtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Vordergrund der Ausführungen der Beschwerde und auch der Gegenschrift der belangten Behörde steht die Frage, ob die beschwerdeführende Partei als juristische Person des öffentlichen Rechts oder des privaten Rechts zu qualifizieren ist. Auf die Lösung dieser Frage kommt es jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Verfahren nicht entscheidend an. Eine abstrakte Geltendmachung der Abgabepflicht an sich ist den Verfahrensvorschriften fremd. Die beschwerdeführende Partei hat insbesondere die Steuerpflicht nach dem Körperschaftsteuergesetz und dem Vermögensteuergesetz im Auge.

Die von der belangten Behörde auf Antrag der beschwerdeführenden Partei getroffene, die Abgabepflicht ganz allgemein betreffende Verfügung nach § 44 BAO geht jedoch über die beiden genannten Steuern hinaus. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, mit dem bekämpften Bescheid sei implizite über ihre Steuerpflicht nach dem Körperschaftsteuergesetz und dem Vermögensteuergesetz entschieden worden, nicht zu teilen. Es bleibt der beschwerdeführenden Partei vielmehr unbenommen, ihre diesbezüglichen Einwendungen hinsichtlich der Steuerpflicht in einem Abgabenverfahren geltend zu machen, wenn von der Abgabenbehörde eine konkrete Steuerleistung nach dem Körperschaftsteuergesetz oder nach dem Vermögensteuergesetz festgesetzt wird. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich zu prüfen, ob bezüglich der Abgabepflicht der beschwerdeführenden Partei im allgemeinen die Bestimmung des § 44 BAO von der belangten Behörde rechtlich richtig angewendet wurde bzw. ob das vorliegende Verfahren infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 BAO kommt einer Körperschaft, die einen Gewerbebetrieb oder einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke nicht zu. Gemäß Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle ist das Bundesministerium für Finanzen ermächtigt, von der Geltendmachung einer Abgabepflicht in den Fällen des § 44 Abs. 1 BAO ganz oder teilweise abzusehen, wenn andernfalls die Erreichung des von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre. Eine solche Bewilligung kann von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden, die mit der Erfüllung der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke zusammenhängen oder die Erreichung dieser Zwecke zu fördern geeignet sind.

Die belangte Behörde hat von der Bestimmung des § 44 Abs. 2 BAO insoweit Gebrauch gemacht, als lediglich bezüglich des Stiftungsgutes X die Abgabepflicht nach den einzelnen Abgabevorschriften bejaht wurde, während bezüglich des übrigen Vermögens (Mietwohngrundstücke in Wien und Wertpapiere) von der Abgabepflicht unter der Bedingung abgesehen wurde, daß die Erträge der gesamten forstwirtschaftlichen Tätigkeit zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke verwendet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß der belangten Behörde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Nach der Aktenlage steht jedenfalls fest daß das Forstgut, bezüglich dessen von der Geltendmachung der Abgabepflicht nicht abgesehen wurde, im Verhältnis zum übrigen Vermögen der Stiftung (nach § 2 Z. 1 des von der beschwerdeführenden Partei selbst vorgelegten Stiftbriefes und der dem Stiftbrief angeschlossenen Vermögensbilanz zum : 4 Mietwohngrundstücke in Wien V, VII, VIII und XIX sowie Bargeld und Wertpapiere) nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Nach dem vorliegenden Grundstücksverzeichnis des Forstgutes hat dieses ein Grundausmaß von 3117,5 ha; aus der erwähnten Vermögensbilanz ergib sich ein Wert des Forstgutes von über S 25 Millionen. Reeger und Stoll weisen in ihrem Kommentar zur Bundesabgabenordnung in Anmerkung 5 zu § 44 BAO zutreffend darauf hin, daß eine völlige Freistellung von der Abgabepflicht nach § 44 Abs. 2 BAO ausnahmsweise nur dann bewilligt werden könnte, wenn der land- und forstwirtschaftliche Betrieb oder der Gewerbebetrieb, gemessen an der gesamten Tätigkeit der Körperschaft und im Vergleich zu anderen Betrieben, von nur untergeordneter Bedeutung und nur Mittel zum Zweck der Erreichung der steuerbegünstigten Ziele der Körperschaft ist, die Körperschaft ohne diesen Betrieb ihre steuerbegünstigten Ziele nicht erreichen könnte und eine Schädigung Interessen Dritter (einseitige günstigere Wettbewerbsverhältnisse) nicht zu befürchten wäre.

Die belangte Behörde war zur Durchführung weiterer Ermittlungen in dieser Richtung nicht genötigt, da auf Grund der von der beschwerdeführenden Partei selbst vorgelegten Urkunden feststeht, daß das Forstgut im Verhältnis zum übrigen Stiftungsvermögen nicht von nur untergeordneter Bedeutung ist und daß im Fall einer völligen Freistellung von der Abgabepflicht auch hinsichtlich des Forstgutes eine Verschiebung der Wettbewerbsverhältnisse zu Lasten konkurrierender Forstbetriebe eintreten würde. Im übrigen hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, daß die Berechnungen in der Beschwerde über die allfällige Steuerbelastung etwa steuerlich mögliche Absetzungen und Rücklagen unberücksichtigt lassen. Demgemäß kann aus den in der Beschwerde dazu angeführten Beträgen auf eine allfällige steuerliche Belastung der beschwerdeführenden Partei der Höhe nach noch nicht geschlossen werden.

Endlich ist noch darauf hinzuweisen, daß sich auch aus der Bestimmung des § 45 BAO ein Hinweis auf die Richtigkeit der Rechtsmeinung der belangten Behörde ergibt, da nach dieser Bestimmung eine Abgabepflicht sogar für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe besteht, die gemäß § 31 BAO eine ohne Gewinnabsicht unternommene Betätigung sind. Dies muß umso mehr gelten, wenn es sich um eine gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit handelt, die in Gewinnabsicht erfolgt.

Die Beschwerde erweist sich daher als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens gründet sich auf die 47 ff. VwGG und die Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BAO §34;
BAO §35;
BAO §36;
BAO §37;
BAO §38;
BAO §39;
BAO §40;
BAO §41;
BAO §42;
BAO §43;
BAO §44;
BAO §45;
BAO §46;
BAO §47;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1971:1970001617.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-55450

Feedback

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden