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VwGH 09.09.1955, 1610/53

VwGH 09.09.1955, 1610/53

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1939 §6 Abs1 Z1;
EStG 1953 §6 Abs1 Z1;
RS 1
Nachzahlungen, die der Steuerpflichtige auf die Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens geleistet hat, erhöhen den Wert, mit dem das Wirtschaftsgut in der Schlußbilanz des Jahres der Nachzahlung auszuweisen ist. Eine allfällige Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert bleibt zulässig.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Putz und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des RP in T gegen den Bescheid der Berufungskommission für Tirol vom , Zl. 1726/1 - I a - 1952, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1949/1950, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

RP, der Vater des Beschwerdeführers, ein Loden- und Schafwollwarenfabrikant in T hatte im Jahre 1940 ein bisheriges Werkswohngebäude (Fuggerhaus) gegen ein nunmehr für den Betrieb bestimmtes Wohnhaus (Neunerhaus) getauscht. Nach Annahme der Vertragschließenden hatte das von ihm abgegebene Fuggerhaus im Zeitpunkt des Tausches einen Wert von 21.600 RM, das von ihm erworbene Neunerhaus einen solchen von 29.000 RM. Um diese Wertspanne auszugleichen, hatte sich P verpflichtet, auf dem hingegebenen Grundstück innerhalb von 3 Jahren einige Zubauten und Verbesserungen vorzunehmen. Diese von ihm zu erbringenden Leistungen waren im Abschnitt IV des Vertrages nach Art und Umfang bestimmt und mit 7.400 RM bewertet. Bald darauf ist RP gestorben, das Unternehmen wurde von seinem gleichnamigen Sohn - dem nunmehrigen Beschwerdeführer - und dessen Ehefrau in Form einer offenen Handelsgesellschaft weiterbetrieben. Infolge kriegs- und nachkriegsbedingter Schwierigkeiten konnten die zusätzlichen Leistungen von der Firma erst in den Jahren 1949 und 1950 erbracht werden; sie erforderten einen Aufwand von 68.011 S. Von diesem Aufwand hat die Firma 7.440 S in der Schlussbilanz 1949 als zusätzliche Anschaffungskosten "aktiviert" - im Jahre 1940 war dies unterlassen worden -, den Rest hat sie über das Konto "Kurs- und Währungsverluste" zu Lasten der Gewinne 1949 und 1950 abgesetzt. Das Finanzamt erklärte den gesamten Aufwand als Anschaffungskosten des eingetauschten Wohnhauses für aktivierungspflichtig und erließ die entsprechenden Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide. Der Beschwerdeführer berief, die belangte Behörde hat die Berufungen mit der Begründung abgewiesen, Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnützung unterliegen, seien nach § 6 Z. 1 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7 EStG anzusetzen. Zu den Anschaffungskosten gehörten auch nachträglich notwendig werdende Aufwendungen ohne Rücksicht darauf, ob der Wert der Güter dadurch erhöht worden ist. Die Anschaffungskosten für das Neunerhaus seien gleich dem Teilwert der dafür hingegebenen Liegenschaft im Zeitpunkt des Tausches zuzüglich der Aufwendungen, die die übernommenen zusätzlichen Leistungen erforderten.

Diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer nunmehr im eigenen Namen und namens der Firma vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten. Die belangte Behörde habe im Widerspruch zur Aktenlage über die Verpflichtung laut Punkt IV des Tauschvertrages hinausgehende Mehrleistungen des Berufungswerbers angenommen, ohne zu erheben, um welche Art von Mehrleistungen es sich dabei handle, und ohne zu prüfen, welcher Teil der Aufwendungen von 60.611 S (68.011 - 7.400) auf die bereits im Vertrag bedungenen Leistungen und welcher auf die vermeintlichen Mehrleistungen entfalle. Die Feststellung der Berufungsentscheidung, dass die Höhe der Aufwendungen für die zu erbringenden Leistungen im Zeitpunkt des Tausches unbestimmt war, widerspreche dem Vorbringen der Partei; die belangte Behörde hätte über die Behauptungen der Berufung nicht ohne nähere Klärung des Sachverhaltes hinweggehen dürfen. Der bekämpfte Bescheid sei aber auch inhaltlich rechtswidrig. Nach dem Steuerrecht gelte ebenso wie nach dem für den Steuerpflichtigen als protokollierten Kaufmann maßgebenden Handelsrecht der so genannte "Anschaffungswertgrundsatz". Danach seien für die Beurteilung der Frage, was Anschaffungskosten und wie hoch diese sind, allein die Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Ein erst später eintretendes Ereignis, das am Bilanzstichtag nicht voraussehbar war, könnte für den Stichtag keine Berücksichtigung finden. Der Anschaffungsgrundsatz gebe dem "Wert im Zeitpunkt des Betriebsvorganges" eine entscheidende Bedeutung. Der Tauschvertrag habe den Wert der vom Beschwerdeführer zu erbringenden Leistungen ziffernmäßig festgelegt, nur mit diesem Wert könne das erworbene Grundstück daher in der Bilanz zum Ansatz kommen.

Der Gerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Einwand, die Berufungsbehörde habe Mehrleistungen des Beschwerdeführers, also Leistungen angenommen, die über die im Tauschvertrag vereinbarten hinausgehen, widerspricht der Aktenlagen Der bekämpfte Bescheid spricht zwar in seinem vorletzten Absatz von "zusätzlichen Leistungen", allein aus dem Zusammenhang mit den vorhergehenden Ausführungen ergibt sich eindeutig, dass darunter nichts anderes als die vom Beschwerdeführer neben der Hingabe des Fuggerhauses zu erbringenden, im Punkt IV des Tauschvertrages aufgezählten Leistungen zu verstehen sind. Die Berufungsbehörde hatte demnach keinen Anlass, irgendwelche Feststellungen über die Aufteilung der ausgegebenen 60.611 S auf einzelne Gruppen von Leistungen zu treffen. Aber auch die Behauptung der Berufung, dass die Höhe der Aufwendungen für die zu erbringenden Leistungen im Vertrag ziffernmäßig bestimmt war, wird durch den klaren Wortlaut des Vertrages widerlegt; denn danach hat sich der Erwerber des Neunerhauses nicht zu einer Ausgleichszahlung in Geld, sondern zu bestimmten Naturalleistungen verpflichtet und stellen die in diesem Zusammenhang genannten Geldbeträge nur den von den Vertragschließenden nach den damaligen Preisverhältnissen geschätzten Wert dieser Naturalleistungen dar, dessen Angabe lediglich dem Nachweis der Gleichwertigkeit der von jedem der beiden Vertragsteile übernommenen Verpflichtungen dienen sollte. Mithin erweist sich der in der Beschwerde erhobene Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens als unbegründet.

Ebenso wenig vermag die Beschwerde aber auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Wenn sie nämlich daraus, dass der Wert der vom Beschwerdeführer zu erbringenden Leistungen im Tauschvertrag festgelegt sei, ableiten will, dass für die "Bewertung" von Leistung und Gegenleistung die Verhältnisse am "Abschlusstag" als dem nach § 6 EStG maßgeblichen Stichtag zu gelten hätten, weil "eine nachträgliche Höherbewertung von Leistungen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sachlich genau umschrieben waren, einen Verstoß gegen die Bewertungsvorschriften des Handelsgesetzes darstellt", so setzt sie sich zu den Bewertungsgrundsätzen des Einkommensteuergesetzes in Widerspruch; denn nach § 6 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sohin auch das strittige, von der Firma eingetauschte Betriebsgebäude (das "Neunerhaus"), mit den Anschaffungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7, anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Der Beschwerdeführer hatte den Wert des Neunerhauses demnach im Jahre seiner Erwerbung, d. i. im Jahre 1940, mit dem Teilwert der dafür hingegebenen Liegenschaft zuzüglich des geschätzten Wertes der von ihm zusätzlich übernommenen Leistungen anzusetzen. Wenn sich die Schätzung des Aufwandes für die zusätzlichen Leistungen dann in den Jahren 1949 und 1950, in denen diese wirklich erbracht worden sind, aus was immer für Gründen als zu niedrig erwiesen hat, so waren die tatsächlichen Mehrausgaben gegenüber der ursprünglichen Schätzung nach der bezogenen Bestimmung des § 6 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten des eingetauschten Gebäudes zu "aktivieren". (Hiebei hätte für den Beschwerdeführer die Möglichkeit bestanden, im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle auf den Teilwert des erworbenen Betriebsgebäudes herabzugehen, wenn dieser niedriger gewesen wäre als die so errechneten "Anschaffungskosten". Ein solches Zurückbleiben des Teilwertes hinter den Anschaffungskosten hat aber der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet). Auch aus dem vom Beschwerdeführer angezogenen Grundsatz der Maßgeblichkeit des Bilanzstichtages lässt sich für seinen Standpunkt nichts gewinnen, denn für den Bilanzstichtag Ende 1940 waren zwar die damals gegebenen maßgeblichen Verhältnisse zu berücksichtigen, für die Bilanzstichtage Ende 1949 und 1950 aber die in diesen Jahren gegebenen; zu den letztgenannten Stichtagen waren also auch die nachträglichen, in den betreffenden Jahren entstandenen Anschaffungskosten zu aktivieren. Die im Bescheid der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht steht sohin entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers mit den Bestimmungen der §§ 40 HGB und 6 EStG im Einklang.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1939 §6 Abs1 Z1;
EStG 1953 §6 Abs1 Z1;
Sammlungsnummer
VwSlg 1223 F/1955
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1955:1953001610.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAF-55425

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