Suchen Hilfe
VwGH 20.01.1971, 1602/70

VwGH 20.01.1971, 1602/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
RS 1
Bloße Pauschalzahlungen, auf die nicht zutrifft, daß in von vornherein erkennbarer Weise festgelegt wurde, für welchen vom Grunde und der Höhe nach bestimmten Aufwand sie als Ersatz geleistet wurden, können nicht als steuerfrei gemäß § 3 Abs Z 7 EStG 1953 behandelt werden.
Norm
RS 2
Die Ermöglichung von Gastspielen ausländischer Musiker in Österreich, um durch Kontakte die kunstschöpferische Tätigkeit österreichischer Musiker anzuregen, ist ein typisches Beispiel bloß mittelbarer Kunstförderung, sodaß eine Steuerfreiheit der Zahlungen an die gastierenden Ausländer unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs 1 Z 6 EStG 1967 nicht zugestanden werden kann.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Kaupp, Hofstätter, Dr. Karlik und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschwerde der Stadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, gegen die Punkte 1) und 2) des Bescheides der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 220/3-IIIa/K-1969, betreffend Nachforderung zur Einkommensteuer für die Jahre 1961 bis 1965 gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 EStG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer bei der Musikdirektion und dem Jugendreferat der Beschwerdeführerin, einer Gebietskörperschaft öffentlichen Rechts, zwischen 3. Jänner und durchgeführten, die Jahre 1961 bis 1965 umfassenden Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß in den genannten Jahren an beschränkt Steuerpflichtige für künstlerische Tätigkeit pauschalierte Zahlungen geleistet und Steuerabzüge von diesen Einkünften seitens der Beschwerdeführerin entgegen den Bestimmungen des § 90 Abs. 1 und 2 EStG nicht durchgeführt worden seien. Auf Grund dieses Betriebsprüfungsberichtes erließ das Finanzamt am einen Bescheid über eine Nachforderung von Einkommensteuer gemäß § 90 Abs. 1 Z 1 EStG im Betrage von S 475.882,--, was einem Satz von 24.481 % des festgestellten vollen Betrages der Einnahmen der beschränkt Steuerpflichtigen entsprach.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin zu den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch als strittig verbliebenen Punkten aus, die Veranstaltung von Konzerten der ausländischen Symphoniebzw. Philharmonieorchester, Chöre und großen Ensembles sei nur möglich, weil diese Ensembles in ihren Heimatländern Subventionen und sonstige Zuschüsse zur Bestreitung ihres Personal- und Sachaufwandes erhalten. Deshalb seien diese Ensembles bereit, in Österreich um ein Honorar zu spielen, das ausreiche, nur die direkten Mehrkosten des Auftretens in Österreich zu decken. Damit stellten die an diese Ensembles gezahlten Beträge überwiegend oder fast ausschließlich kein Honorar, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung dar und seien als aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Aufwandsentschädigungen und Reisekosten gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 EStG steuerfrei. Auch die Zahlungen an Kammerorchester und kleinere Ensembles seien, soweit es sich dabei um nicht zur Erzielung von Gewinnen tätige Vereine handle, die nur eine Deckung der Kosten aus den erzielten Einnahmen anstreben, in erster Linie Aufwandsentschädigungen nach § 3 Abs. 1 Z 7 EStG. Soweit diese Honorare das Ausmaß von Aufwandsentschädigungen überschritten (nach den Behauptungen der Berufung sei das mit S 21.500,-- der insgesamt an jene kleineren Ensembles gezahlten Beträge von S 70.000,-- der Fall gewesen) seien sie als nach § 3 Abs. 1 Z 6 EStG steuerfreie Subventionen zu behandeln. Insgesamt errechnete die Berufung, daß aus den hier dargestellten Überlegungen von der Beschwerdeführerin bezahlte Beträge von S 662.000,-- (Zahlungen an die sogenannten großen Ensembles) und von S 70.000,-- (Zahlungen an die sogenannten kleineren Ensembles) aus der Steuerbemessungsgrundlage auszuscheiden seien.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise, in den oben dargestellten Streitpunkten jedoch keine Folge. Zur Begründung hiefür führte sie aus, bei ausländischen Vereinigungen, wie Orchestern und Chören, die fallweise im Inland auftreten, sei der Steuerabzug gemäß § 90 Abs. 1 EStG durchzuführen. Der klare Wortlaut des § 90 Abs. 2 EStG, daß der Steuerabzug vom vollen Betrag der Einnahmen vorzunehmen sei, schließe die steuerfreie Behandlung von allenfalls in den gewährten Vergütungen enthaltenen Aufwandsentschädigungen und Reisekosten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 7 EStG oder von Bezügen für Zwecke der Kunst im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 6 EStG aus. Die Honorare seien vor allem für die künstlerische Leistung und nicht als Kostenersatz für den inländischen Aufenthalt gewährt worden. Als Ermittlungsgrundlage des Steuerabzuges habe der Gesetzgeber die Roheinnahmen gewählt. Die Vorschrift über den Steuerabzug von bestimmten Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger seien in Wahrheit als Pauschalierungsvorschriften zu verstehen. Sie sähen eine erleichterte Art der Steuereinhebung von Einkünften vor, die sonst für die Steuerbemessung und die Steuereinhebung schwer erfaßbar wären. Diese Vereinfachung des Steuervorganges könne, wie bei jeder Pauschalierung, für den Steuerschuldner in manchen Fällen zu Vorteilen, in anderen zu Nachteilen gegenüber dem Zustand führen, der sich bei einer Veranlagung ergeben würde, aus welchen Gründen der Berufung in dem hier erörterten Punkt kein Erfolg habe beschieden sein können.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

In erster Linie glaubt sich die Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 7 EStG berufen zu können. Darnach sind die aus öffentlichen Kassen gezahlten Aufwandsentschädigungen und Reisekosten steuerfrei, während die Entschädigungen, die für Verdienstausfall und Zeitverlust gewährt werden, ausdrücklich für steuerpflichtig erklärt sind. Die Steuerfreiheit ausbezahlter Beträge unter dem Titel des § 3 Abs. 1 Z 7 EStG kann also, was sich schon aus dem Grundsatz ergibt, daß Steuerbegünstigungen oder Ausnahmsbestimmungen im Wege der Auslegung oder Anwendung nicht über die vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen hinaus erweitert werden dürfen, nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Zahlungen ausschließlich und zur Gänze als Aufwandsentschädigungen oder als Ersatz von Reisekosten gewährt wurden. Sind hingegen in pauschal geleisteten Zahlungen auch solche aus anderen Titeln enthalten, dann können diese Zahlungen nicht von vornherein zur Gänze steuerfrei bleiben, sondern es können nur jene Teilbeträge, die sich als Vergütungen für Aufwendungen oder als Ersatz für Reisekosten darstellen, als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt und von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden (vgl. dazu die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zln. 212/213/54, Slg. 1310/F).

Nun gesteht die Beschwerdeführerin selbst zu, daß die Beträge, die sie an die sogenannten "kleineren Ensembles" ausbezahlt hat, über das Ausmaß von Entschädigungen für Aufwand und Reisekosten hinausgingen, weshalb § 3 Abs. 1 Z 7 EStG auf diese Bezüge nicht angewendet werden kann. Eine Anwendungsmöglichkeit der genannten Gesetzesstelle auf die Zahlungen an die sogenannten "größeren Ensembles" aber hätte vorausgesetzt, daß schon bei Leistung der Zahlungen selbst genau und im einzelnen zum Ausdruck hätte gebracht sein müssen, für welche konkret erwachsenen Aufwendungen und für die Kosten welcher bestimmter Reisen sowohl dem Grunde wie der Höhe nach bestimmte Gelder gegeben wurden. Daß dies der Fall gewesen wäre, behauptet die Beschwerdeführerin selbst nicht. Sie räumt im Gegenteil ein, den engagierten ausländischen Künstlern über die reinen Unterkunfts- und Verpflegskosten hinaus eine Art Taschengeld zu ihrer freien Disposition, u. a. z. B. für die "Spesen zur Befriedigung ihrer kulturellen Bedürfnisse" zur Verfügung gestellt zu haben. Diese zum letztgenannten Zweck bezogenen Beträge sind zweifellos nicht mehr dem Begriff der "Aufwandsentschädigung" des § 3 Abs. 1 Z 7 EStG zu unterstellen. Bloße Pauschalzahlungen aber, auf die nicht zutrifft, daß in von vornherein erkennbarer Weise festgelegt wurde, für welchen dem Grunde und der Höhe bestimmten Aufwand sie als Ersatz geleistet wurden, können nicht als steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 EStG behandelt werden. Ein solcher Vorgang widerspräche, weil er der Abgabenbehörde jede Möglichkeit nähme, das Zutreffen der vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen zu überprüfen, dem Postulat der gleichmäßigen Behandlung aller Abgabepflichtigen (§ 114 BAO) und damit dem Gesetz.

Die weitere Steuerbefreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 6 EStG will die Beschwerdeführerin deshalb angewendet wissen, weil durch die erfolgte Subvention von Gastspielen ausländischer Künstler in Österreich das Musikleben Österreichs "unmittelbar gefördert" werde. Es ist richtig, daß Steuerfreiheit nach der zitierten Bestimmung nur für Beihilfen aus öffentlichen Mitteln besteht, die eine unmittelbare Kunstförderung darstellen (vgl. dazu die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 284/61, Slg. 2715/F). Diese unmittelbare Förderung des künstlerischen Schaffens erblickt die Beschwerdeführerin vornehmlich darin, daß Kontakte mit ausländischen Künstlern eine unabdingbare Voraussetzung für die Kunstförderung darstellten, weil erst diese Kontakte, der Austausch von Erfahrungen und vor allem das Wettbewerbsmoment zu einer Leistungssteigerung im Inland führten und den österreichischen Künstlern neue Impulse gäben. Darin muß aber geradezu ein typisches Beispiel einer bloß mittelbaren Förderung der möglicherweise durch das Anhören solcher Gastspiele angeregten kunstschöpferischen Tätigkeit österreichischer Musiker erblickt werden, sodaß eine Steuerfreiheit der in Rede stehenden Bezüge auch unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs. 1 Z 6 EStG nicht zugestanden werden kann. Auf die weitere Frage, ob die gezahlten Beträge überhaupt als "Beihilfen" anzusehen sind, braucht daher bei dieser Sachlage nicht eingegangen werden.

Weder § 3 Abs. 1 Z 7 noch § 3 Abs. 1 Z 6 EStG hindern oder beschränken daher die Behandlung der Bezüge der in Österreich tätig gewordenen ausländischen Künstler als dem Steuerabzug nach § 90 EStG unterliegende Einkünfte. Auch die subsidiär von der Beschwerde ins Treffen geführte Auffassung, die den ausländischen Ensembles bezahlten Beträge seien der Besteuerung nach der eben genannten Gesetzesstelle nicht zu unterwerfen, weil sie nicht Einkünfte aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit, sondern solche aus einem von jenen Ensembles in Österreich geführten Gewerbebetrieb darstellten, ist nicht richtig. Dafür, daß auch nur auf eines dieser Ensembles die Annahme zuträfe, es übe in Österreich nicht nur eine gelegentliche, sondern eine gemäß § 28 BAO für das Bestehen eines Gewerbebetriebes nach Steuerrecht wesentliche nachhaltige Betätigung aus, bei der Streben nach Gewinn zumindest Nebenzweck wäre, hat das Abgabeverfahren niemals einen Anhaltspunkt ergeben. Nahm die belangte Behörde daher, weil sie dafür keinen wie immer gearteten Anlaß hatte, Überprüfungen in dieser Richtung nicht vor, so hat sie damit ein Recht der Beschwerdeführerin nicht verletzt. Es wäre vielmehr deren. Sache gewesen, einschlägige Tatsachenbehauptungen rechtzeitig aufzustellen; was sie in diesem Punkt erst in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof behauptet, ist als unzulässige Neuerung nicht zu beachten.

Die Tätigkeit der ausländischen Ensembles in Österreich, möge es sich dabei um Vereinigungen mit oder ohne Rechtspersönlichkeit handeln, wurde auch richtig als künstlerische Tätigkeit qualifiziert. Denn dabei kommt es - ebenso wie bei der Annahme einer wirtschaftlichen Betätigung einer Personenvereinigung - nicht darauf an, daß die Vereinigung ihrer Natur und ihren Statuten nach die einzelnen künstlerischen Betätigungen nur durch ein Tätigwerden ihrer Mitglieder ausüben kann.

Damit aber war es gerechtfertigt, von den demnach dem § 90 Abs. 1 Z 1 EStG zu unterstellenden Einkünften der Mitglieder der ausländischen Ensembles die Einkommensteuer durch Steuerabzug einzuheben. Daß in diesen Einkünften Beträge enthalten sind, die bei unbeschränkt Steuerpflichtigen zwecks Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als Betriebsausgaben abgezogen werden könnten, wird richtig sein. Der Gerichtshof hält aber an seiner, insbesondere im Erkenntnis vom , Zl. 581/53, Slg. Nr. 1285/F, ausführlich dargelegten Rechtsmeinung fest, daß - insbesondere, weil § 90 Abs. 2 EStG den Steuerabzug mit einem Hundertsatz des vollen Betrages der Einnahmen festsetzt und es sich um eine Pauschalierungsvorschrift zwecks Erleichterung der Steuereinhebung handelt - eine Absetzung von Betriebsausgaben oder (Werbungskosten) für im Wege des Steuerabzuges besteuerte beschränkt Steuerpflichtige gesetzlich nicht möglich ist. Gegen diese Auffassung vermag auch die Beschwerde nichts Stichhältiges vorzubringen, weshalb sie insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 4174 F/1971
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1971:1970001602.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-55403