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VwGH 30.11.1964, 1595/64

VwGH 30.11.1964, 1595/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §88 Abs2
RS 1
Die Anbringung einer Schilfmattenverkleidung an einer Drahtgittereinfriedung im Bereiche des Vorgartens verstößt gegen die Bestimmung des § 88 Abs 2 der BauO für Wien und ermächtigt die Baubehörde, einen Auftrag zur Beseitigung der Verkleidung nach § 129 Abs 10 der BauO zu erteilen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek, Dr. Lehne und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Morscher, über die Beschwerde der ES in W gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. M.D.R. - B XVIII 10/64/R), betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Wiener Magistrates, M. Abt. 37, Außenstelle für den 18. Bezirk, vom wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft Wien 18, A Gasse gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, die ohne baubehördliche Bewilligung an der Drahtgittereinfriedung der Front A Gasse angebrachte Schilfmattenverkleidung binnen sechs Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Hinzugefügt wurde, daß die Erfüllung dieser Verpflichtung entfalle, wenn um die nachträgliche Baubewilligung angesucht und diese in der Folge erwirkt werde. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und stellte überdies den Antrag, die für die Erfüllung des Auftrages festgesetzte Frist zu verlängern. Diesen Antrag wies der Wiener Magistrat mit Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Auch dagegen berief die Beschwerdeführerin.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung gegen den Bescheid des Magistrates vom (Auftrag zur Entfernung der Schilfrohrmatten) keine Folge gegeben, wogegen der Berufung gegen den Bescheid vom Erfolg beschieden war und dieser Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben wurde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, gemäß § 88 Abs. 2 der Bauordnung für Wien dürfen Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche in der Regel den freien Durchblick nicht hindern. Die Zulassung von Einfriedungen ohne Unterbau, lebenden Zäunen sowie Mauereinfriedungen mit Einzeldurchblicken unterliege der fallweisen Genehmigung. Die Anbringung von Schilfrohrmatten an einer Drahtgittereinfriedung stelle daher eine Vorschriftswidrigkeit im Sinne des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien dar, für die eventuell eine nachträgliche Genehmigung möglich wäre, wobei eine solche Genehmigung aber, da es sich bei Schilfrohr-matten um keinen guten haltbaren Baustoff handle, höchstens befristet auf kürzere Zeit erfolgen könne. Im Hinblick auf diese Rechtslage bestehe die Pflicht der Beschwerdeführerin, die Vorschriftswidrigkeit zu beseitigen, wenn eine nachträgliche Baubewilligung nicht erwirkt werde. Dem Antrag auf Erstreckung der Erfüllungsfrist sei durch den Zeitpunkt des Ergehens der Berufungsentscheidung Rechnung getragen. Die Aufhebung des Bescheides vom sei darin begründet, daß der Bescheid vom im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom noch nicht rechtskräftig gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt die Beschwerdeführerin vor, die Ansicht der belangten Behörde, die Anbringung der Schilfrohrmatten sei ein vorschriftswidriger Bau, sei unrichtig. Die belangte Behörde räume ein, daß es sich bei diesen Matten um keinen haltbaren Baustoff handle. Es könne sich daher auch bei der Anbringung der Matten um keinen Bau handeln. Solche Matten würden üblicherweise für die Zeit des Überganges angebracht, bis das längs dem Gitter anzubringende Buschwerk entsprechend herangewachsen sei. Die Gestaltung des Vorgartens durch Anpflanzung von Buschwerk sei dem Hauseigentümer überlassen. Auch durch eine lebende Hecke längs des Einfriedungsgitters könne der freie Durchblick gehindert werden. Hiebei handle es sich keineswegs um eine Behinderung des freien Durchblicks im Sinne des § 88 Abs. 2 der Bauordnung für Wien. Hiezu ist nachstehendes zu sagen:

Unter einem Bau (Bauwerk, Bauanlage, Baulichkeit) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Juli 1899, Slg. Nr. 13.059) jede Anlage zu verstehen, zu deren ordnungsgemäßer Herstellung ein gewisses Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse. Verbindung gebracht wird und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren. Als Bauanlage kommt im vorliegenden Fall die Einfriedung in Betracht. Sie bedarf zufolge § 60 Abs. 1 lit. d der Bauordnung für Wien (Gesetz vom 25. November 19299 LGBl. Nr. 11/1930, mit Änderungen) einer baubehördlichen Bewilligung. Wie Einfriedungen von Vorgärten auszuführen sind, ergibt sich aus § 88 Abs. 2 leg. cit. Nach dieser Gesetzesstelle dürfen Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den Seitlichen Grenzen auf die Tiefe des Vorgartens in der Regel die freie Durchsicht nicht behindern. Die Zulassung von Einfriedungen ohne Unterbau und von lebenden Zäunen sowie Mauereinfriedungen mit Einzeldurchblicken unterliegt der fallweisen Genehmigung. Damit hat der Gesetzgeber bestimmt, wie derartige Einfriedungen auszuführen sind. Es ist daher jede Einfriedung, die in einer anderen, als der vorhin beschriebenen Weise ausgeführt wird, ein vorschriftswidriger Bau im Sinne des § 129 Abs. 10 der Bauordnung, weil sie gegen Bestimmungen der Bauordnung verstößt. Darauf, ob die Anbringung von Schilfrohrmatten an einer Drahtgittereinfriedung eine nach § 60 der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtige Bauführung ist, kommt es nicht an, wenn nur feststeht, daß die geplante Maßnahme die Einfriedung zu einer solchen macht, die mit den Bestimmungen des § 88 Abs. 2 der Bauordnung in Widerspruch steht. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes liegt sohin nicht vor.

Auch die Rüge der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist unbegründet. Sie soll nach Meinung der Beschwerdeführerin darin gelegen sein, daß die belangte Behörde nicht feste gestellt habe, daß die Anbringung Ton. Matten an den Einfriedungen im Cottageviertel gebräuchlich sei. Darauf kommt es aber, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht an.

Die Beschwerde erweist sich sohin allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden mußte.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlaßt, dar auf hinzuweisen, daß er auf die durch den Bescheid vom erteilte nachträgliche Bewilligung zur Anbringung der in Rede stehenden Matten gemäß § 71 der Bauordnung für Wien bis nicht Bedacht nehmen konnte, weil dieser Bescheid nach dem angefochtenen Bescheid ergangen ist und keine Klaglosstellung, sondern nur eine Abänderung der Erfüllungsfrist darstellt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §88 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1964:1964001595.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-55385