VwGH 25.04.1961, 1584/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BAO §160 GJGebG 1962 §27 Abs1 |
RS 1 | Der Umstand, daß einer der bei der Berechnung des Saldos für die Pauschalgebühr berücksichtigten Aktivposten, nämlich der Einheitswert eines Liegenschaftsanteiles, nachträglich eine andere Bewertung erfahren hat, könnte sich nur dann auf die Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr auswirken, wenn er eine Abänderung des im Abhandlungsverfahren ergangenen Beschlusses über das der Abhandlung zugrunde gelegte Nachlaßvermögen zur Folge hätte. |
Norm | GJGebG 1962 §29 Abs1 |
RS 2 | Die Angabe des Betrages des Einheitswertes in der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nicht eine bescheidmäßige Festsetzung, sondern nur eine bloße Mitteilung. |
Norm | GJGebG 1962 §29 Abs1 |
RS 3 | Das mit der Festsetzung der gerichtlichen Eintragungsgebühr betraute Organ muß sich, wenn sachlich begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der bekanntgegebene Betrag unrichtig ist, vor Berechnung der Eintragungsgebühr darüber Gewißheit verschaffen, welcher Betrag nun tatsächlich der Ermittlung der Erbschaftssteuer zugrunde zu legen und somit für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebend ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Eichler, Dr. Kaupp und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Skarohlid als Schriftführer, über die Beschwere des FW in London, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , Zl. Jv 569-33a/59, betreffend Gerichtsgebühren (Einverleibungs- und Pauschalgebühr für die Verlassenschaftsabhandlung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Zahlungsauftrag der Einbringungsstelle beim Oberlandesgerichte Wien vom , KVZ 111/58, wurden dem Beschwerdeführer in der Abhandlungssache nach seiner am verstorbenen Mutter Dr. HW Gebühren in der Höhe von insgesamt 2362,60 S vorgeschrieben. Diese setzen sich zusammen wie folgt.:
Einhebungsgebühr .................................. 1,-- S
Pauschalgebühr nach TP 10 a .............. 80,-- S
Pauschalgebühr nach TP 10 b ......... 357,30 S
Eintragungsgebühr nach TP 11b/5 .. 1.918,30 S
Duplikats- und Portogebühr .......................6,-- S
Summe .............................................. 2.362,60 S
In dem gegen den Zahlungsauftrag eingebrachten Berichtigungsantrage wurde geltend gemacht, daß der Einheitswert des in den Nachlaß fallenden Achtelanteiles an der Liegenschaft EZ. 378 Grundbuch I mit dem in Abschrift beigelegten Fortschreibungsbescheide des Finanzamtes für den 1. Bezirk vom mit Wirkung vom , also von einem vor dem Todestage der Erblasserin liegenden Tage, mit 129.552 S festgesetzt worden sei. Dadurch sei der vorhergehende zum erstellte Einheitswertbescheid, der auf 383.662 S gelautet habe, überholt und es hätte nicht dieser, sondern der niedrigere Wert der Gebührenberechnung zugrunde gelegt werden müssen. Es wurde beantragt, den Zahlungsauftrag in nachstehender Weise zu berichtigen:
Einhebungsgebühr ............................................ 1,-- S
Pauschalgebühr nach TP 10 a ......................... 80,-- S
Pauschalgebühr nach TP 10 b ....................... 136,-- S
Eintragungsgebühr nach TP 11 b/5 ............... 647,70 S
Duplikats- und Portogebühr ............................... 6.-- S
Summe 870,7 S
Mit dem angefochtenen Bescheide wurde dieser Berichtigungsantrag im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Für die Pauschalgebühr sei gemäß § 27 des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes (BGBl. Nr. 75/1950, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 124/1952, GJGebGes) der reine Wert des abgehandelten Nachlaßvermögens maßgebend. Dieser sei auf Grund des vom Erben gelegten eidesstättigen Vermögensbekenntnisses mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom , GZ. 4 A 578/57-12, mit 238.174.30 S, bestimmt worden. Die Pauschalgebühren nach TP 10 a und 10 b des Gesetzes seien daher richtig mit 80 S bzw. 357.30 S festgesetzt worden. Die Eintragungsgebühr sei nach dem Werte zu bemessen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder der Erbschaftssteuer zugrunde zu legen wäre. Dieser sei vom Finanzamt in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben und für die Berechnung der Eintragungsgebühr bindend, in der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom sei aber die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr mit 383,660 S angegeben worden. Demgegenüber sei der vom Beschwerdeführer angegebene Einheitswert belanglos, da dieser in der Regel nicht mit dem Werte, der der Ermittlung der Erbschaftssteuer oder Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen ist, übereinstimme.
Die vorliegende Beschwerde begehrt die Aufhebung dieses Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie nachstehendes erwogen:
A. Pauschalgebühr.
Gemäß § 27 Abs.1 GJGebGes wird die Pauschalgebühr nach den Verhältnissen am Todestage des Erblassers ermittelt. Maßgebend ist der Wert des abgehandelten Nachlaßvermögens. Im vorliegenden Falle wurde mit dem Beschlusses des Abhandlungsgerichtes vom als reiner Nachlaßwert der im eidesstättigen Vermögensbekenntnis angegebene Betrag von S 238.174.30 S anerkannt und der Abhandlung zugrundegelegt. Wenn dieser Betrag auch rechnungsmäßig einen Saldo darstellt, der sich aus den zahlreichen im eidesstättigen Vermögensbekenntnis angeführten Aktiv- und Passivposten ergibt, so bildet er doch einen beschlußmäßig festgestellten einheitlichen Wertbetrag, der mangels anderer im Gerichtsgebührengesetz enthaltener Bewertungsvorschriften auch bei der Anwendung des § 2 Abs. 1 maßgebend ist. Der Umstand, daß eine der bei der Berechnung des Saldos berücksichtigten Besitzposten, nämlich der Einheitswert des Liegenschaftsanteiles, nachträglich eine andere Bewertung erfahren hat, könnte sich nur dann auf die Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr auswirken, wenn er auch zu einer Abänderung des im Abhandlungsverfahren ergangenen Beschlusses über das der Abhandlung zugrunde gelegte Nachlaßvermögen geführt hätte. Da dies nicht der Fall ist, erweist sich die vom Kostenbeamten der Anwendung der TP 10 a und 10 b GJGebGes zugrunde gelegte Berechnungsgrundlage von 238.174.30 S als unanfechtbar. Aus diesem Grunde wurde der Berichtigungsantrag, soweit darin eine andere Festsetzung der Pauschalgebühr beantragt worden war, zu Recht abgewiesen.
B. Eintragungsgebühr.
§ 29 Abs. 1 GJGebGes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 124/1952 lautet auszugsweise:
„Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert ist bei der Eintragung des Eigentumsrechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder Erbschaftssteuer zugrunde zu legen wäre; hiebei sind Steuerbegünstigungen nicht zu berücksichtigen. Das Finanzamt hat diesen Betrag in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben; dies gilt auch für den Fall, als die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer unterbleibt ....... Wird nachträglich eine Änderung der Bemessungsgrundlage bekanntgegeben, so ist die Eintragungsgebühr auf dieser Grundlage von Amts wegen neu zu bemessen.“
An dieser Regelung fällt auf, daß sich die Wertermittlung entweder nach der Bemessungsgrundlege der Grunderwerbsteuer oder nach jener der Erbschaftssteuer zu richten hat, ohne daß das Gesetz sagt, wann das eine und wann das andere der Fall sein soll. Diese Regelung geht auf die Gerichtsgebührennovelle 1952 zurück und, trägt, wie aus dem Berichte des Justizausschusses (592 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VI.G.P.) hervorgeht, der Tatsache Rechnung, daß auf Grund einer dieser Gerichtsgebührennovelle vorausgegangenen Novelle zum Grunderwerbsteuergesetze (BGBl. Nr. 108/1952) bei einem Erwerbe von Liegenschaften von Todes wegen keine Grunderwerbsteuer zu entrichten war. Diese Regelung ist auch in das geltende Grunderwerbsteuergesetz, BGBl. Nr. 140/1955, übernommen worden (siehe dessen § 3 Z. 2). Sonach war im vorliegenden Falle für die Eintragungsgebühr der Wert des Liegenschaftsanteiles, der der Erbschaftssteuer zugrunde zu legen wäre, maßgebend Berechnungsgrundlage der Erbschaftssteuer ist gemäß § 19 Abs. 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes, BGBl. Nr. 141/19552 bei inländischem Grundvermögen der Einheitswert, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes auf den dem. Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Diesen Einheitswert hatte demnach das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzuführen,
Wenn nun in der am ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr der Betrag von 383.660 S angegeben wurde, so entsprach dies, wie dem eidesstättigen Vermögensbekenntnisse zu entnehmen ist, dem damals geltenden Einheitswerte des dem Beschwerdeführer im Erbwege zugefallenen Achtelanteiles der Liegenschaft. Mit dem am vom Finanzamte für den I. Bezirk in Wien erlassenen Einheitswertbescheide wurde jedoch der Einheitswert dieses Liegenschaftsanteiles rückwirkend auf den mit 129.582 S festgestellt. ES kann dahingestellt bleiben, ob der Kostenbeamte bei Ausfertigung des Zahlungsauftrages am die Eintragungsgebühr deshalb von dem in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebenen höheren Werte berechnet hat, weil er von der inzwischen eingetretenen bescheidmäßigen Herabsetzung des Einheitswertes keine Kenntnis hatte, oder deshalbeweil er der Ansicht war, daß auf jeden Fall der in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Betrag maßgebend sei. Der belangten Behörde war bei Erlassung des angefochtenen, den Berichtigungsantrag abweisenden Bescheides die Tatsache der Neufestsetzung des Einheitswertes jedenfalls bekannt, weil der Beschwerdeführer sich in seinem Berichtigungsantrage darauf berufen und eine Abschrift des Einheitswertbescheides vorgelegt hatte. Der Ansicht der belangten Behörde, daß auf diesen Bescheid deshalb kein Bedacht zu nehmen gewesen sei, weil der vom Finanzamt in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Betrag für die Berechnung der Eintragungsgebühr bindend und der vom Beschwerdeführer nachgewiesene neue Einheitswert mit Rücksicht darauf belanglos sei, daß dieser in der Regel nicht mit dem Werte, der der Ermittlung der Erbschaftssteuer oder Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen wäre, übereinstimme, kann aus nachstehenden Erwägungen nicht beigepflichtet werden:
In dem oben angeführten Wortlaute des Gesetzes ist von einer Bindung des die Eintragungsgebühr festsetzenden Organes an die vom Finanzamt in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Berechnungsgrundlage ausdrücklich nicht die Rede. Der erste Satz des § 29 Abs. 1 GJGebGes enthält die Sachvorschrift über die Berechnungsgrundlage der Eintragungsgebühr. Er verweist auf den Betrag, der der Ermittlung (im vorliegenden Falle) der Erbschaftssteuerzugrunde zu legen wäre. Dies ist gemäß § 19 Abs. 2 des Erbschaftssteuergesetzes der zum (als dem der Entstehung der Steuerschuld - Todestag - unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkte) festgestellte Einheitswert des auf den Beschwerdeführer durch die Einantwortung übergegangenen Liegenschaftsanteiles. Der zweite Satz des § 29 Abs. 1 GJGebGes, in welchem dem Finanzamt aufgetragen wird, diesen Betrag in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben, dient offensichtlich dazu, dem Kostenbeamten die vom Gesetz ausersehene Bemessungsgrundlage der. Eintragungsgebühr auf einfache Weise zur Kenntnis zu bringen. Die Angabe des Betrages in der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist aber, wie die Beschwerde richtig ausführt, nicht eine bescheidmäßige Festsetzung, sondern nur eine bloße Mitteilung. Wenn es nun auch sicherlich der Absicht des Gesetzgebers entspricht, daß sich das mit der Festsetzung der gerichtlichen Eintragungsgebühr betraute Organ im Normalfall an den in der Unbedenklichkeitsbescheinigung bekanntgegebenen Betrag hält und nicht selbständig Berechnungen über den der Grunderwerbsteuer bzw. Erbschaftssteuer zugrunde zu legenden Wert anstellt - insoweit kann von einer grundsätzlichen Bindung gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom Slg. Nr. 1229 (F)) -, so kann es ebensowenig einem Zweifel unterliegen, daß dieses Organ, wenn Sachlich begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der bekanntgegebene Betrag unrichtig ist, sich vor Berechnung der Eintragungsgebühr darüber Gewißheit verschaffen muß, welcher Betrag nun tatsächlich der Ermittlung der Erbschaftssteuer zugrunde zu legen und somit für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebend ist.
Im vorliegenden Falle hätte dir belangte Behörde bei Berücksichtigung des Umstandes, daß der in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Betrag mit der im eidesstättigen Vermögensbekenntnis als Einheitswert des Liegenschaftsanteiles angegebenen Summe übereinstimmte, ferner bei Beachtung des Ausstellungsdatums der Unbedenklichkeitsbescheinigung und des vom Beschwerdeführer im Berichtigungsantrage vorgelegten neuen Einheitswertbescheides unschwer erkennen können, daß der in der Unbedenklichkeitsbescheinigung mitgeteilte Wert offenbar überholt und daher sachlich unrichtig war. Sie hätte demgemäß beim zuständigen Finanzamte rückfragen und diesem die ihr vom Beschwerdeführer bekanntgegebenen Gründe, die gegen die Richtigkeit der seinerzeit mitgeteilten Bemessungsgrundlage sprachen, vorhalten müssen. Dieser Vorgang hätte zweifellos zu einer Bereinigung der Sache im Sinne des vom Beschwerdeführer vertretenen Standpunktes geführt. Da die belangte Behörde in Verkennung der Bestimmung des § 29 Abs. 1 GJGebGes glaubte, auf den vom Beschwerdeführervorgelegten Einheitswertbescheid überhaupt nicht Bedacht nehmen zu müssen und so zu einer Abweisung des Berichtigungsantrages auch hinsichtlich der vom Kostenbeamten festgesetzten Eintragungsgebühr gelangt ist, mußte der angefochtene Bescheid, der nach seinem Spruch eine unteilbare Einheit bildet, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufgehoben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 2425 F/1961 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1961:1959001584.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-55356